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Fahrerlaubnisentziehung nach gelegentlichem Drogenkonsum

Verwaltungsgericht Saarlandes, Az.: 10 K 156/12, Urteil vom 23.01.2013

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Fahrerlaubnisentziehung wegen Drogenkonsum
Symbolfoto: Kagenmi/Bigstock

Der Kläger ist Inhaber der Fahrerlaubnis der Klassen B, C 1, BE, C 1E, M, L und T/S. Laut Bericht der Polizeiinspektion Birkenfeld vom 14.07.2012 wurde er am 13.07.2011 um 15.50 Uhr im Rahmen einer Verkehrskontrolle als Fahrer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen WND-….. in der Saarstraße in Hoppstedten-Weihersbach angehalten. Wegen dabei festgestellter Anzeichen für einen Drogenkonsum (Finger zitterten in ausgestrecktem Zustand, Augenlider zitterten ebenso in geschlossener Haltung, Pupillen waren stecknadelgroß) wurde vor Ort der Mahsan-Test durchgeführt, der positiv auf THC reagierte. Nach entsprechendem Vorhalt und erfolgter Belehrung räumte der Kläger ein, am Samstag, dem 09.07.2011, „gemeinsam mit einem Bekannten einen Joint geraucht zu haben.“ Daraufhin wurde dem Kläger um 16.18 Uhr eine Blutprobe entnommen.

Laut dem eingeholten Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz vom 16.08.2011 ergab die toxikologische Untersuchung der Blutprobe folgendes Ergebnis: THC 7,9 ng/ml, Hydroxi-THC 2,4 ng/ml und THC-Carbonsäure 31 ng/ml. Der gutachterlichen Äußerung ist zu entnehmen, dass die toxikologische Untersuchung sowie die weiter durchgeführte Untersuchung einer Urinprobe die Aufnahme von Cannabisprodukten (Haschisch, Marihuana) belegten. Die im Blutserum festgestellten Cannabinoidkonzentrationen wiesen auf eine engfristige Cannabisaufnahme hin. Ein aktueller Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt sei anzunehmen.

Mit Bescheid vom 14.10.2011 entzog der Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 11, 14 und 46 FeV und forderte ihn unter Zwangsmittelandrohung auf, den Führerschein abzugeben. Weiter setzte er aufgrund von § 6 a Abs. 1 StVG und Nr. 206 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 100,– Euro zuzüglich 3,10 Euro Auslagen fest. Zur Begründung berief er sich auf die toxikologische Untersuchung der Universitätsmedizin Mainz und wies darauf hin, dass die Führerscheinakte bereits eine Verurteilung durch das Amtsgericht Kaiserslautern vom 29.11.2004, 6410 Js 020551/04, ebenfalls wegen des Konsums von Cannabinoiden und Alkohol ausweise. Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung zu entziehen, weil bei ihm vom fehlenden Trennungsvermögen zwischen gelegentlichem Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen sei.

Gegen den ihm am 15.10.2011 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 20.10.2011 Widerspruch. Zur Begründung legte er dar, dass nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung im Hinblick auf die geringen Konzentrationen von THC, Hydroxi-THC und THC-Carbonsäure nicht von der Fahruntüchtigkeit des Klägers zum Anhaltezeitpunkt auszugehen und mit einer strafrechtlichen Verfolgung nicht zu rechnen sei. Die Verurteilung durch das Amtsgericht Kaiserslautern liege sieben Jahre zurück. In dieser Zeit habe der Kläger unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen. Der bloße Drogenkonsum für sich allein rechtfertige nicht die nun angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis, da offensichtlich sei, dass der Kläger den Drogenkonsum im Griff habe, nachdem zwischen dem eingeräumten Drogenkonsum am 09.07.2011 und der zugrunde liegenden Fahrt am 13.07.2011 immerhin ein Zeitraum von vier Tagen liege. Der festgestellte THC-Wert von 7,9 ng/ml rechtfertige für sich allein gesehen nicht die Annahme einer Drogenabhängigkeit und schon gar nicht die Annahme, dass der Kläger durch Drogeneinfluss nicht mehr in der Lage sei, ein Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen.

Nach Maßgabe seines Vorbringens im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegenüber dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes berief sich der Kläger weiter darauf, dass es eine feststehende Tatsache sei, dass der Drogenkonsum vier Tage vor der Verkehrskontrolle gelegen habe und demnach nicht mehr davon habe ausgegangen werden können, dass im Zeitpunkt der gegenständlichen Fahrt noch die festgestellten Rückstände bestanden hätten. Im Nachhinein könne er sich diese hohe Konzentration nur daraus erklären, dass er aufgrund von Nierenkoliken vom 08.07. bis 12.07.2011 in ambulanter und stationärer Krankenhausbehandlung gewesen sei und möglicherweise insoweit in diesem Zeitraum, in dem er sicherlich keinen Drogenkonsum gehabt habe, die im Blut- und Urin vorhandenen Substanzen über die beschädigte Niere nicht hinreichend abgebaut worden seien. Hinsichtlich des durch ärztliche Bescheinigung nachgewiesenen Krankheitszustandes habe der Kläger demnach nicht damit rechnen brauchen und können, dass am 13.07.2011 in Blut und Urin noch die festgestellten Werte vorgelegen hätten.

Mit Beschluss vom 07.11.2011, 10 L 1549/11, hat die Kammer den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs zurückgewesen. Diese Entscheidung ist durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15.12.2011, 1 B 420/11, bestätigt worden.

Mit Widerspruchsbescheid aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25.01.2012 wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch zurück und berief sich zur Begründung auf die Gründe der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidungen der Kammer und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes.

Gegen den ihm am 27.01.2012 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 22.02.2012 Klage, mit der er sein Begehren bezogen auf den konkreten Vorfall weiter darauf stützt, dass er während eines Zeitraums von vier Tagen vor dem Vorfall keinen Cannabiskonsum gehabt habe. Insoweit könne er sich die in der Blutprobe festgestellten Rückstände nur so erklären, dass durch seine akuten Nierenkoliken und die damit bestehende Nierenerkrankung sich der Abbau der Rückstände aus dem vorangegangenen Cannabiskonsum verzögert habe, was er aber bei Antritt der Fahrt nicht habe erkennen und auch nicht voraussehen können. Er bleibe dabei, dass er jedenfalls letztmals am 09.07.2011 Cannabis geraucht habe und dies auch nur in der üblichen geringen Dosis. Bei ordnungsgemäßer Funktion der Nieren wären zwischen dem Konsum am 09.07.2011 und dem Fahrtantritt am 13.07.2011 alle Rückstände vollständig abgebaut und demnach eine irgendwie geartete Beeinflussung der Fahrtüchtigkeit des Klägers nicht mehr gegeben gewesen.

Unter Hinweis auf die durch das Amtsgericht Idar-Oberstein im Verfahren 1025 Js 1573/12 eingeholte ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz vom 28.03.2012 zu der Frage, ob dem Kläger angesichts der festgestellten Wirkstoffkonzentrationen bewusst gewesen sei oder bewusst hätte sein können, dass er zum Tatzeitpunkt unter der Wirkung eines berauschenden Mittels gestanden hat, beruft er sich ergänzend darauf, dass danach die von dem aufnehmenden Polizeibeamten festgehaltenen Auffälligkeiten beim Kläger nichts mit dem Cannabiskonsum des Klägers zu tun hätten. Im Gegenteil ergebe sich aus der medizinischen Dokumentation, dass die Pupillenadaption als normal einzuschätzen und das Zittern der Finger und Augenlider durchaus durch die außergewöhnliche Situation der Verkehrskontrolle mit Anspannung des Sympathikotonus zu erklären sei. Wegen der dokumentierten Ergebnisse der ärztlichen Untersuchung des Klägers sei davon auszugehen, dass keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Klägers im Vorfallzeitpunkt gegeben gewesen sei. Aus Sicht des Gutachters sei es nach Maßgabe des ergänzenden Gutachtens nicht als erwiesen anzusehen, dass sich der Kläger einer berauschenden Wirkung des Cannabiskonsums bewusst gewesen sei, selbst wenn zu seinen Lasten davon ausgegangen werde, dass der Konsum nicht vier Tage vor der Polizeikontrolle, sondern zeitlich wesentlich näher hierzu erfolgt sei. Es komme daher entscheidungserheblich darauf an, wann vorher Cannabiskonsum stattgefunden habe und inwieweit der Kläger sich einer seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Auswirkungen des Konsums bewusst gewesen sei. Gegen Letzteres sprächen eindeutig die Feststellungen bei der ärztlichen Untersuchung anlässlich der Blutentnahme, wonach eben gerade keinerlei Auffälligkeiten oder Bewusstseinseinschränkungen hätten festgestellt werden können, was nunmehr auch in der ergänzenden Stellungnahme der Universitätsmedizin Mainz bestätigt werde.

Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 14.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er tritt der Klage im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Bescheide entgegen und weist ergänzend darauf hin, dass der vom Kläger dargelegte Ursachenzusammenhang zwischen dem Nierenleiden und der festgestellten Cannabiskonzentration offensichtlich unbelegt sei. Im Übrigen komme es auf das Bewusstsein des Klägers zum Zeitpunkt des Führens des Fahrzeuges unter Drogeneinfluss und die tatsächliche Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit gar nicht an. Zu Punkt 9.2.2 FeV Anlage 4 lägen inzwischen zahlreiche Entscheidungen vor, in denen zum Teil umfangreich dargelegt sei, bei welcher Cannabiskonzentration ein fehlendes Trennungsvermögen angenommen werden könne, ohne dass hierbei die persönliche Befindlichkeit und Konstitution des Drogenkonsumenten von Bedeutung sei. Lediglich der untere Randbereich sei innerhalb der Rechtsprechung umstritten. Die beim Kläger festgestellte Konzentration liege weit außerhalb des strittigen Bereichs. Nach allem sei davon auszugehen, dass der Kläger gelegentlicher Cannabiskonsument sei mit der Folge, dass es angesichts der festgestellten Cannabiskonzentration ihm nicht möglich sei, Konsum und Fahren zu trennen. Im Übrigen sei in dem ergänzenden Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz vom 28.07.2012 ausgeführt, dass von einer Beeinflussung des Klägers durch Cannabisprodukte zum Zeitpunkt der rechtserheblichen Fahrt auszugehen sei. Bei der hier vorzunehmenden Bewertung komme es dabei nicht darauf an, dass im Bußgeldverfahren eine anderweitige Bewertung erfolge.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der Akten 10 L 1549/11 und 1 B 420/11 sowie der vorgelegten Verwaltungsakten des Beklagten und des Kreisrechtsausschusses beim Beklagten sowie der Akte 1025 Js 1573/12 der Staatsanwaltschaft Bad-Kreuznach und der Bußgeldakte 32/020113734 der Kreisverwaltung Birkenfeld, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage, mit der der Kläger die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 14.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2012 begehrt, mit dem ihm die Fahrerlaubnis entzogen und er mit Kosten belastet worden ist, bleibt ohne Erfolg.

Nach den §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 4 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) und § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde eine Fahrerlaubnis (zwingend) zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2. der Anlage 4 ist derjenige, der gelegentlich Cannabis einnimmt, im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wenn er nicht hinreichend zwischen Konsum und Fahren trennt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind demnach nur gegeben, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen zumindest gelegentlichen Konsumenten von Cannabis handelt vgl. dazu etwa die Beschlüsse der Kammer vom 13.9.2007, 10 L 1006/07, und vom 18.05.2010, 10 L 401/10, sowie den Beschluss des OVG Saarlouis vom 19.07.2010, 1 B 192/10 und dieser unter einem fahreignungsrelevanten Einfluss dieser Droge ein Kraftfahrzeug geführt hat. Beide Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt.

Für die Beurteilung, ob ein die Fahreignung beeinträchtigender Einfluss von Cannabis vorgelegen hat, wird regelmäßig auf die in Blutproben nachgewiesenen Mengen des Cannabis-Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) abgestellt. Ab welcher THC-Konzentration ein fahreignungsrelevanter Cannabiseinfluss angenommen werden kann, ist indes in der Rechtsprechung für den Bereich einer Konzentration dieses Wirkstoffes zwischen 1,0 ng/ml und 2,0 ng/ml umstritten.

Vgl. hierzu etwa die Beschlüsse der Kammer vom 14.2.2008, 10 L 2082/07 und vom 6.3.2009, 10 L 80/09, sowie den Beschluss des OVG des Saarlandes vom 14.07.2006, 1 W 35/06, jeweils mit weiteren Nachweisen

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist ein ausreichendes Trennungsvermögen, welches eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hinnehmbar erscheinen lässt, nur gegeben, wenn der Konsument Fahren und Konsum in jedem Fall derart zu trennen vermag, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann. Insoweit spricht Vieles dafür, bei gelegentlichem Konsum von Cannabis bereits bei einer THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml ein fehlendes Trennungsvermögen im Sinne der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV und damit eine Fahrungeeignetheit des Konsumenten anzunehmen. In diesem Fall hat der Betreffende nämlich nach dem bewussten Konsum von Cannabis zeitnah ein Kraftfahrzeug geführt, obwohl er, wie gerade das Ergebnis der Blutprobe zeigt, nicht sicher sein konnte, dass in seinem Blut die psychoaktiv wirkende Substanz THC nicht mehr in relevantem Umfang vorhanden ist.

So die Kammer etwa in ihren Beschlüssen vom 30.05.2008, 10 L 304/08, 8.7.2008, 10 L 518/08, vom 6.3.2009, 10 L 80/09, und vom 30.07.2009, 10 L 590/09, sowie a.a.O.

Des Weiteren geht die Kammer davon aus, dass jedenfalls ab einer THC-Konzentration von über 2,0 ng/ml ein fahreignungsrelevanter Cannabiseinfluss anzunehmen ist und in diesem Falle bei demjenigen, der unter diesen Umständen ein Kraftfahrzeug geführt hat, allein aufgrund des Ergebnisses der Blutanalyse auf mangelndes Trennungsvermögen geschlossen werden darf.

Vgl. etwa die Beschlüsse der Kammer vom 14.2.2008, 10 L 2082/07, und vom 30.07.2009, a.a.O.; ferner den Beschluss des BVerfG vom 20.06.2002, 1 BvR 2062/96, NJW 2002, 2378 = ZfS 2002, 454, zitiert nach juris

Diese Rechtsprechung ist vorliegend einschlägig. Laut Bericht des Polizeipräsidiums Trier vom 14.07.2011 war der Kläger am 13.07.2011, 15.50 Uhr, als Fahrer eines Pkw in der Saarstraße in Hoppstädten-Weiersbach unterwegs, als er von Polizeibeamten kontrolliert wurde und ein durchgeführter Drogenvortest positiv auf THC reagierte. Die um 16.18 Uhr beim Kläger genommene Blutprobe wurde im Institut für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz untersucht. Die Untersuchung hatte zum Ergebnis, dass die im Blutserum festgestellten Konzentrationen an Cannabinoiden auf eine engfristige Aufnahme von Cannabis hindeuteten und ein aktueller Cannabiseinfluss zum Blutentnahmezeitpunkt anzunehmen war. Im Einzelnen ergaben sich laut dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin vom 16.08.2011 Analysewerte von 7,9 ng/ml THC, 2,4 ng/ml Hydroxy-THC und 31 ng/ml THC-Carbonsäure.

Aufgrund dieses Sachverhalts steht nach der o.a. Rechtsprechung der Kammer im Hinblick auf den festgestellten Wert von 7,9 ng/ml THC im Blut fest, dass der Kläger, der nach eigenen Angaben bei der o.a. Verkehrskontrolle am 13.07.2011 jedenfalls am 09.07.2011 Cannabis konsumiert haben will, zumindest gelegentlicher Konsument von Cannabis ist und ein Fahrzeug unter dem fahreignungsrelevanten Einfluss dieser Droge geführt hat, wodurch sein fehlendes Trennungsvermögen hinreichend belegt ist, ohne dass es der vorherigen Anordnung eines Medizinisch-Psychologischen Gutachtens zur Frage eines Trennungsvermögens bedurfte. Bereits der Umstand, dass sich der Kläger in der Antragsschrift vom 19.10.2011 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren 10 L 1549/11 „gerade“ auf „die Tatsache des langjährigen, gelegentlichen Konsums von Cannabis bei gleichzeitiger unauffälliger Teilnahme am Straßenverkehr beruft“, spricht vor dem so erneut zugestandenen zumindest gelegentlichen Konsum dieser Droge in Verbindung mit der zeitnah zur Verkehrskontrolle festgestellten THC-Konzentration eindeutig dafür, dass die Behauptung des Klägers, verkehrsteilnahmebezogen seinen Drogenkonsum „im Griff“ zu haben, objektiv widerlegt ist. Der gutachterliche Befund steht der Annahme einer realistischen Einschätzung seines angeblichen Trennungsvermögens durch den Kläger eindeutig entgegen, zumal dieser bereits früher einschlägig und dann auch noch mit Mehrfachkonsum (Cannabis und Alkohol) in Erscheinung getreten ist. Von einer Fehlerhaftigkeit und Unverhältnismäßigkeit der Entziehung kann daher keine Rede sein.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, er könne die festgestellten THC-Konzentrationen im Nachhinein nur damit erklären, dass die im Blut und Urin vorhandenen Substanzen über seine geschädigte Niere nicht hinreichend abgebaut worden seien, rechtfertigt dies keine andere Bewertung. Die durch Vorlage des Arztschreibens des ….krankenhauses ….. vom 24.11.2011 sowie dessen Arztbriefe vom 08.07.2011 und 20.07.2011 dargetanen Nierenkoliken gingen ausweislich des Schreibens des ….krankenhauses ….. vom 24.11.2011, wie dort ausdrücklich dargelegt ist, nicht mit einem Nierenversagen zum Behandlungszeitpunkt einher. Nach dem ärztlichen Schreiben befand sich der Kläger am 08.07.2011 und am 12.07.2011 in stationärer Behandlung, nachdem er sich mit der dritten Nierenkolik innerhalb einer Woche vorgestellt habe. Laut Arztschreiben vom 20.07.2011 erfolgte am 12.07.2011 die Aufnahme des Klägers zur symptomatischen Therapie, wobei der Kläger nach Rücksprache mit der Urologie im Städtischen Klinikum ….. zur weiteren Therapie dorthin verlegt werden sollte. Eine Bescheinigung über eine weitere ärztliche Behandlung hat der Kläger bisher nicht vorgelegt. Ebenso wenig hat er sich, worauf das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in seinem Beschluss vom 15.12.2011, 1 B 420/11, bereits hingewiesen hat, um eine weitere Substantiierung seiner Erkrankung und deren Folgen für die Funktionsfähigkeit seiner Nieren bemüht. Im Hinblick auf die bereits zitierte ärztliche Bewertung im Arztbrief vom 24.11.2011 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers, dass an beiden Behandlungstagen ein Nierenversagen nicht vorgelegen habe, stellt sich der diesbezügliche Vortrag des Klägers nach allem als vollkommen unsubstantiiert und unschlüssig dar. Von daher liegen von vornherein keine Anhaltspunkte dafür vor, weitere Ermittlungen – auch nicht in Form des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragten Sachverständigengutachten – dahingehend einzuleiten, ob die Nierenkoliken in irgendeiner Weise Einfluss auf den Abbau der Drogeneinnahme des Klägers, wie er sie – ebenfalls ohne nähere Substantiierung – für den 09.07.2011 zugestanden hat, gehabt haben bzw. gehabt haben konnten. Ebenso wie sich das Zugeständnis, am 09.07.2011 „einen Joint geraucht“ zu haben, als nicht weiter belegte, bloße Behauptung des Klägers darstellt, ist der von ihm hergestellte Zusammenhang zwischen seinen Nierenkoliken und dem verzögerten Abbau der THC-Konzentration im Blut bzw. Urin des Klägers als nicht einmal ansatzweise belegte Vermutung zu bewerten.

Auch die im Verfahren 1025 Js 1573/12 vom Amtsgericht Idar-Oberstein eingeholte ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Mainz vom 28.03.2012 führt nicht zu einer anderen Bewertung. Aus ihr geht eindeutig hervor, dass „zum Zeitpunkt der rechtserheblichen Fahrt von einer Beeinflussung durch Cannabisprodukte auszugehen“ war. Dabei räumen die Gutachter ein, dass die polizeilich bei der Verkehrskontrolle am 13.07.2011 festgestellten Auffälligkeiten „auch durch die außergewöhnliche Situation der Verkehrskontrolle mit Anspannung des Sympathikotonus erklärt werden“ könnten. Zugleich wird aber darauf hingewiesen, dass solche „zentral-bedingte, unwillkürliche Muskelfaszikulationen“ auch „typischerweise nach Konsum von zentral-dämpfenden Mitteln, wie z.B. Cannabis, zu beobachten sind.“ Weiter wird dargelegt, dass die von den Polizeibeamten beschriebenen stecknadelgroßen Pupillen untypisch für Cannabiskonsum, bei dem regelmäßig deutlich erweiterte Pupillen beobachtet würden, und ausweislich der ärztlichen Dokumentation bei der Entnahme der Blutprobe keinerlei Auffälligkeiten -u.a. für Drogenkonsum- notiert worden seien. Ungeachtet der so aufgezeigten Widersprüchlichkeiten ist indes der gutachterlichen Feststellung weiter zu entnehmen, dass die im Blut des Klägers gemessene THC-Konzentration von 7,9 ng/mL in einem erhöhten Bereich liege, so dass dessen Angabe, zuletzt am 09.07.2011, also circa vier Tage vorher, einen Joint geraucht zu haben, gemäß aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse aus rechtsmedizinischer Sicht nicht nachvollziehbar sei. Diese Konzentration weise vielmehr auf einen Konsum innerhalb von 24 Stunden vor der rechtserheblichen Fahrt hin und könne anhand der Serumkonzentrationen zeitlich nahe zum Vorfallszeitpunkt vermutet werden. Zusammenfassend wird dann dargelegt, dass anhand der gemessenen THC- und Hydroxi-THC-Konzentrationen von einem Konsum deutlich weniger als 24 Stunden vor der rechtserheblichen Fahrt ausgegangen werden könne, wobei als Zeitpause circa vier bis sechs Stunden anzunehmen seien. Gehe man von dieser Überlegung aus, so habe dem Kläger zum Vorfallszeitpunkt bewusst gewesen sein können, dass er unter der Wirkung eines berauschenden Mittels gestanden habe.

Dies berücksichtigend und angesichts des Umstandes, dass, wie bereits dargelegt, die Erklärungsversuche des Klägers für einen verzögerten Abbau der von ihm zugestandenermaßen eingenommenen Betäubungsmittel mit der, wie ebenfalls bereits dargelegt, verkehrsrechtlich relevanten THC-Konzentration von 7,9 ng/ml bereits im Ansatz nicht überzeugen, steht für die Kammer fest, dass es dem Kläger nicht gelungen ist, die Fahrt mit dem Kfz unter Drogeneinfluss zum fraglichen Zeitpunkt als eine Verkehrsteilnahme darzustellen – geschweige denn zu belegen -, bei der er sicher sein konnte, nicht mehr unter Drogeneinfluss zu stehen. Dafür spricht weiter, dass der Kläger, aktenkundig und wie er das selbst ebenfalls eingeräumt hat, seit längerer Zeit Cannabiskonsument ist und auch von daher seine Fähigkeit, Fahren und Cannabiskonsum zu trennen, überschätzt haben dürfte. Aus dem in der Verwaltungsakte des Beklagten befindlichen Gutachten des TÜV Süd, Saarbrücken, vom 7.12.2005 (Bl. 20 ff. VA) und den dort auf Seite 7 (Bl. 26 VA) vom Kläger selbst geschilderten, seit 2001 bestehenden „Drogenkarriere“ ist zu folgern, dass der Kläger, aktuell wieder und weiter Cannabis konsumiert und er als erfahrener Drogenkonsument anzusehen ist, nachdem er bereits früher einschlägig (14.08.2004 mit Cannabis und Alkohol) im Verkehr auffällig geworden ist. Als solcher musste er, insbesondere dann, wenn die durch nichts belegte Angabe des Klägers, letztmals vor der verfahrensgegenständlichen Verkehrskontrolle am 09.07.2011 Cannabis konsumiert zu haben, als zutreffend unterstellt wird, bei Weiterführung seines Drogenkonsums und seinem gleichzeitigen Anspruch, Fahren und Cannabiseinnahme trennen zu können, entsprechend sensibilisiert sein und gerade angesichts einer akuten Nierenerkrankung mit der vom Kläger vermuteten, wenn auch in keiner Weise belegten Folge eines verzögerten Abbaus des Betäubungsmittels über die Nieren bei einer Teilnahme am Straßenverkehr Rechnung tragen und in besonderer Weise sein Verhalten hierauf einstellen, um dem für sich in Anspruch genommenen Trennungsvermögen Rechnung zu tragen. Das ist hier offensichtlich misslungen mit der Folge, dass sich der Kläger nicht mit Erfolg auf eine Ausnahmesituation berufen kann. Wie der Alkoholkonsument das Risiko des Bestehens von Restalkohol beim Fahrtantritt trägt, trägt dies letztlich auch der Cannabiskonsument, der eine Fahrt mit dem Kfz antritt, selbst.

Die Festsetzung der Gebühren und Auslagen gemäß § 6 a Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt und die eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen gem. §§ 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, 47 Abs. 1 FeV sowie §§ 13 Abs. 1 Nr. 2, 19, 21 SVwVG sind nicht zu beanstanden.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

B e s c h l u s s

Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen zu Ziffer 46.3 im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2004) auf 12.500 € festgesetzt (vgl. den Beschluss des OVG Saarland vom 15.12.2011, 1 B 420/11).

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