Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Az: 11 CS 06.3132
Beschluss vom 27.02.2007
In der Verwaltungsstreitsache wegen Fahrerlaubnisrecht (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO) hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 08. November 2006, erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 11. Senat, ohne mündliche Verhandlung am 27. Februar 2007 folgenden Beschluss:
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 8. Januar 2007 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 7. Dezember 2006 wird hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 des Bescheidstenors wiederhergestellt und hinsichtlich Nr. 3 des Tenors angeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde verworfen.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren – insoweit unter Abänderung von Ziffer 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 8. November 2006 – und für das Beschwerdeverfahren auf je 6.250 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antragsteller, geb. am 13. März 1961, wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 (alte Einteilung).
In der Vergangenheit ist der Antragsteller wegen des Besitzes und Eigenkonsums von Marihuana auffällig geworden. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Altötting vom 19. August 1994 wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit sechs sachlich zusammentreffenden Beleidigungen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt. Das hierauf von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte fachärztliche Gutachten über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen fiel für den Antragsteller positiv aus. Mit Urteil des Amtsgerichts Altötting vom 21, Mai 1997 wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, Auch hier kam das von der Fahrerlaubnisbehörde angeforderte amtsärztliche Drogengutachten vom 8. August 1997 zu einem für den Antragsteller positiven Ergebnis.
Nach einer polizeilichen Festnahme des Antragstellers am 24. September 2004 gegen 1.00 Uhr (Anfahrt des Antragstellers mit dem Auto) wurde ein Drogenschnelltest durchgeführt, der positiv auf Amphetamine reagierte. Die toxikologische Untersuchung der entnommenen Blutprobe – die Blutentnahme wurde um 8.30 Uhr angeordnet – durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität München ergab eine Konzentration von 0,021 mg/1 Amphetamin und 0,027 mg/1 Methamphetamin. Diese Befunde zeigen nach dem Gutachten des Instituts vom 2. Dezember 2004, dass der Antragsteller Methamphetamin (Crystal Speed) aufgenommen habe. Bei dem zusätzlich aufgefundenen Amphetamin handele es sich um ein Abbauprodukt bzw. eine Verunreinigung von Methamphetamin. Die festgestellten Konzentrationen lägen noch im Wirkbereich. Bei der zusätzlich veranlassten Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers wurden weiter Reste von Methamphetamin aufgefunden (vgl. Gutachten des Landeskriminalamts vom 20. Oktober 2004). Das Führen eines Kraftfahrzeugs unter- Drogeneinfluss wurde mit Bußgeldbescheid vom 16. März 2005 geahndet (250,E Geldbuße und 1 Monat Fahrverbot).
Die Fahrerlaubnisbehörde forderte vom Antragsteller; nachdem sie am 20. April 2006 Kenntnis von dem Bußgeldbescheid erlangte, zunächst mit Schreiben vom 13. Juni 2006 die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens zu der Frage der Einnahme von Betäubungsmitteln. Diese Anordnung nahm sie mit Schreiben vom 19. Juli 2006 zurück und ordnete aufgrund von § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung bis spätestens 1. September 2006 an, um zu klären, ob der Antragsteller noch abhängig ist oder weiterhin Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe einnimmt. Am 27. Juli 2006 sandte das vom Antragsteller beauftrage TÜV-Institut Landshut die Unterlagen zurück und gab an, dass sich der Antragsteller mit der Behörde in Verbindung setzen werde. Dies geschah nach Aktenlage jedenfalls mit einer persönlichen Vorsprache am 22. September 2006.
Nach Anhörung entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 20. September 2006, zugestellt am 28, September 2006, die Fahrerlaubnis und ordnete die unverzügliche Rückgabe des Führerscheins (innerhalb einer Woche ab Zustellung) an. Für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € und weiter unmittelbarer Zwang bei Erfolglosigkeit des Zwangsgeldes angedroht. Der Sofortvollzug des Bescheids wurde angeordnet. In den Bescheidsgründen ist ausgeführt, dass die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ansehe, da er das angeforderte Gutachten nicht vorgelegt habe. Das angedrohte Zwangsgeld wurde verhängt, da der Führerschein nicht fristgerecht abgegeben wurde. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2006 drohte die Fahrerlaubnisbehörde die Einziehung des Führerscheins durch unmittelbaren Zwang an, wenn der Führerschein nicht spätestens 3 Tage nach Zustellung des Bescheids beim Landratsamt abgegeben werde. Am 17. November 2006 gab der Antragsteller seinen Führerschein bei der Polizei ab.
Gegen den Bescheid vom 20. September 2006 legten die Bevollmächtigten des Antragstellers am 4. Oktober 2006 Widerspruch ein. Mit dem Widerspruch wird geltend gemacht, dass der Antragsteller zwar am 24. September 2004 unter dem Einfluss von Amphetamin ein Fahrzeug geführt habe, den Konsum von Betäubungsmitteln danach aber aufgegeben habe. Dem Antragsteller sei bei dem vereinbarten Termin beim TÜV erklärt worden, dass er ohne Drogenscreening keine Chance habe, die Begutachtung zu einem positiven Ergebnis zu bringen. Zu dem Drogenscreening habe sich der Antragsteller bereit erklärt. Diese Vorgehensweise habe der Antragsteller auch der Behörde mitgeteilt. Dem Antragsteller sei aufgrund des erforderlichen Drogenscreenings ein angemessener Zeitraum zur Vorlage des MPUGutachtens einzuräumen. Ein Befundbericht des TÜV vom 21. September 2006 als erste von insgesamt 3 bis 4 Kontrollen wurde vorlegt (Drogennachweis negativ).
Den am 23. Oktober 2006 beim Verwaltungsgericht München gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Gericht mit Beschluss vom 8. November 2006, zugestellt am 13. November 2006, ab. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.
Am 22. November 2006 legten die Bevollmächtigten des Antragstellers Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ein und begründeten diese damit, dass der Antragsteller niemals auf eine Begutachtung verzichtet habe. Der Antragsteller habe sich auf ausdrückliche Empfehlung des TÜV dahingehend entschieden, dass er sich zunächst einem vom TÜV überwachten Drogenscreening und anschließend einer MPU unterziehe. Mittlerweile liege ein weiterer Befundbericht vom 8. November 2006 vor, das Urinscreening habe wieder keinen Hinweis auf eine Drogeneinnahme ergeben. Der Antragsteller sei seit 2004 betäubungsmittelabstinent. Er sei wegen seiner beruflichen Tätigkeit dringend auf den Führerschein angewiesen. Weiter werde darauf hingewiesen, dass nicht von vorneherein auf § 14 Abs. 2 FeV abgestellt werden müsse. An erster Stelle stehe die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zum Nachweis der Betäubungsmittelabstinenz. Auf die früheren Vorgänge könne nicht mehr zurückgegriffen werden. Die streitgegenständlichen Amphetamine würden wohl unzutreffend den harten Betäubungsmitteln zugeordnet. Mit Schriftsatz vorn 24. November 2006 wurde nochmals geltend gemacht, dass der Antragsteller die Untersuchung auf ausdrücklichen Hinweis des TÜV abgebrochen habe, und mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2006 ein entsprechendes Bestätigungsschreiben der begutachtenden Ärztin nachgereicht. Bei einer telefonischen Sachstandsanfrage am 19. Februar 2006 teilte Herr Rechtsanwalt Neuberger mit, dass das Drogenscreening mittlerweile für den Antragsteller positiv abgeschlossen sei, die MPU-Begutachtung erfolge in den nächsten Wochen.
Nach -Auskunft des Verwaltungsgerichts München erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers am 8. Januar 2007 Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis. Die Regierung von Oberbayern hat mit Bescheid vom 7. Dezember 2006 den Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Fahrerlaubnisakte verwiesen.
Die Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat im Wesentlichen Erfolg.
Das mit der Beschwerde verfolgte Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist bei sachgerechter Auslegung (vgl. § 88 VwGO) so zu verstehen, dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids hinsichtlich der Nummern 1 und 2 des Tenors wiederhergestellt, und hinsichtlich der kraft Gesetzes (vgl. Art. 21 a VwZVG) sofort vollziehbaren Nummern 3 und 4 des Tenors angeordnet wird. Insoweit hat die Behörde den Sofortvollzug unnötigerweise angeordnet. Für dieses Begehren besteht hinsichtlich Nummer 4 des Tenors des Bescheids vom 20. September 2006 kein Rechtsschutzbedürfnis, da der Antragsgegner offensichtlich hieraus nicht (mehr) gegen den Antragsteiler vorgehen will. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2006 wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs nochmals angedroht, da eine weitere Androhung eines Zwangsmittels erst dann zulässig ist, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist (Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG). Der Bescheid vom 30, Oktober 2006 ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Soweit der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig ist, ist er begründet. Nach summarischer Prüfung hat die Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis voraussichtlich Erfolg, da die Fahrerlaubnisbehörde die Voraussetzungen des § 11 Abs. 8 FeV zu Unrecht bejaht hat.
Die Fahrerlaubnisbehörde hat auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen, da dieser das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht zum angeordneten Termin vorgelegt hat. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 FeV). Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der ärztlichen bzw. medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG vom 9.6.2005 3 C 25/04, NJW 2005, 3081 ff.). Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung war vorliegend zwar nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 46 Abs. 3 FeV geboten, die Gutachtensanforderung vom 19. Juli 2006 hat mit ihrer Fristsetzung aber dem erforderlichen Abstinenznachweis nicht Rechnung getragen. Dieser Mangel der Gutachtensanforderung, der im Beschwerdeverfahren zumindest sinngemäß gerügt wird, führt zu ihrer Rechtswidrigkeit.
Die Fahrerlaubnisbehörde hat, wie das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 8. November 2006 zutreffend ausgeführt hat, vom Antragsteller zu Recht ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert. § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV verlangt zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wenn zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder psychoaktiv wirkende Stoffe einnimmt (vgl. BVerwG vom 9.6.2005 a.a.O.). Die Vorschrift setzt demnach voraus, dass in der Vergangenheit nachweislich ein Betäubungsmittelkonsum und zwar ein Konsum sog. harter Drogen (für den Konsum von Cannabis gilt eine abgestufte Regelung) stattgefunden hat. Ein ärztliches Gutachten ist hingegen zu fordern, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Einnahme von Betäubungsmitteln vorliegt (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV), aber ein Nachweis noch aussteht. Hier soll das Gutachten Klarheit darüber bringen, ob ein Konsum von Betäubungsmitteln vorliegt. Hat der Betroffene in der Vergangenheit nachweislich Betäubungsmittel konsumiert, ist eine reine medizinische Begutachtung bei geltend gemachter Abstinenz nicht ausreichend. Erforderlich ist insbesondere auch eine psychologische Begutachtung, die klären soll, ob sich der (ehemalige) Betäubungsmittelkonsument dauerhaft vom Drogenkonsum gelöst hat. Zu einer positiven Veränderung der körperlichen Befunde muss ein stabiler, tief greifender Einstellungswandel hinzutreten, der es wahrscheinlich macht, dass die notwendige Abstinenz auch in Zukunft eingehalten wird. Nur dann kann wieder eine positive Verkehrsprognose gestellt werden (vgl. die Begründung zu 3,12.1 der Begutachtungsleitlinien; BVerwG vom 9.6.2005 3 C 21/04, DVBI 2005, 1333 ff, unter Hinweis auf die Begründung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Mai 1998, BRDrucks 443/98, S. 263). Der Antragsteller hat nachweislich und unbestritten im September 2004 Methamphetamin als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG, Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG) konsumiert. Im Hinblick auf die geringen festgestellten Konzentrationen ist zu berücksichtigen, dass die Blutentnahme erst ca. 8 Stunden nach der Drogenfahrt erfolgt ist. Die Blutentnahme fand am Wirkungsende der eingenommenen Droge statt, wobei die im Blut aufgefundenen Konzentrationen von Amphetamin und Methamphetamin noch im Wirkbereich lagen (vgl. toxikologisches Gutachten vom 2.12.2004). Zum Zeitpunkt der Verkehrsteilnahme gegen 1.00 Uhr lag damit eine deutlich höhere Wirkkonzentration vor.
Soweit die Bevollmächtigten eine Parallele zu dem Konsum von Cannabis als sog, weiche Droge ziehen wollen, hat der Gesetzgeber eine eindeutige Unterscheidung zwischen der Behandlung des Konsums von Cannabis und den anderen Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes getroffen (vgl. Nummern 9.1 und 9.2 der Anlage 4 zur FeV, § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV). Die Besonderheit, dass einmaliger oder gelegentlicher Cannabiskonsum ohne Bezug zum Straßenverkehr die Fahreignung noch nicht ausschließt, besteht darin, dass der einmalige oder gelegentliche Konsum von Cannabis, unabhängig davon in welcher Verkehrsform (Haschisch oder Marihuana) die in der Cannabispflanze enthaltenen Cannabinoide aufgenommen werden, in der Regel noch nicht zu einer permanenten fahreignungsrelevanten Absenkung der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit führt. Es ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Betroffene außerstande ist, eine drogenkonsumbedingte zeitweilige Fahruntüchtigkeit rechtzeitig als solche zu erkennen oder trotz einer solchen Erkenntnis von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abzusehen (vgl. BVerfG vom 20.6.2002 NJW 2002, 2378 ff.). Die Eignungsbedenken, die der Konsum anderer Drogen auslöst, resultieren zum einen aus der gegebenen Unkontrollierbarkeit des Stoffes und seiner Wirkungen (Rausch- und Nachhallwirkungen) für das Verkehrsverhalten. Es ist weder für den Konsumenten vorhersehbar noch von einem Gutachter zuverlässig einzuschätzen, bei welcher Person mit welchem Konsumverhalten solche Effekte auftreten. Ein Drogenkonsument, der zudem nicht die Möglichkeit hat, Art, Inhalt und Qualität eines ihm überlassenen oder von ihm erworbenen Drogenpräparats genügend zu kennen, muss bei oder nach dem Drogenkonsum stets mit für ihn unerwarteten und ihm bisher unbekannten Wirkungsweisen und Folgen rechnen. Zu diesen Gefahren kommt das Risiko der Entwicklung von unkontrollierten Konsummustern bis hin zur Abhängigkeit hinzu (vgl. Schubert/ SchneiderlEisenmenger/Stephan, Kommentar zu den Begutachungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, S. 170, 171). Diese Bedenken gelten auch für die hier vorliegenden Drogen. Amphetamin und Methamphetamin wirken sehr stark stimulierend; wichtige Wirkungen sind Euphorie, Konzentrationsverlust, Dosissteigerung, subjektives Gefühl der Leistungssteigerung. Die Fahrtüchtigkeit ist im akuten Rausch (erhöhte Risikobereitschaft) massiv beeinträchtigt. Die Zusammensetzung der in der Drogenszene angebotenen „Speedpills“ variiert stark (vgl. Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, S. 276, 278). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayVGH vom 14.2.2006 11 ZB 05.1406, vom 8.11.2006 11 CS 05.2688) hat daher bereits ein einmaliger Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) im Regelfall gem. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahrungeeignetheit zur Folge. Macht der Antragsteller geltend, dass er mittlerweile betäubungsmittelabstinent ist, hat er mit einem medizinisch-psychologischen Gutachten nachzuweisen, dass er die Fahrtauglichkeit wiedererlangt hat. Die Anordnung, zur Klärung der Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs wegen nachgewiesenen Drogenkonsums ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, ist nicht an die Einhaltung einer festen Frist nach dem letzten erwiesenen Betäubungsmittelmissbrauch gebunden. Erforderlich ist eine Einzelfallentscheidung unter Einbeziehung aller relevanten Umstände (vgl. BVerwG vom 9.6.2005 3 C 25/04 a.a.O.). Sich an dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientierend, hat der Senat keine zeitliche Höchstgrenze der Berücksichtigungsfähigkeit von Betäubungsmittelkonsumakten in der Vergangenheit festgelegt (vgl. BayVGH vom 20.11.2006 11 CS 06.118). Vorliegend bestehen auch unter dem Gesichtspunkt eines letzten Drogenkonsums im Jahre 2004 keine,Bedenken gegen die Gutachtensanforderung. Wenn man von dem Vortrag der Bevollmächtigten ausgeht, hat der Antragsteller frühestens Ende September 2004 den Drogenkonsum aufgegeben. Hat der Betäubungsmittelkonsument seine Fahreignung verloren, kann er sie erst nach einjähriger Abstinenz wiedergewinnen (vgl. 9.5 der Anlage 4 zur FeV). Bis zum Ablauf dieser Jahresfrist darf die Behörde auch bei behaupteter Verhaltensänderung des Betroffenen die Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV entziehen und ein auf Wiedergewinnung der Fahreignung abzielendes Vorbringen zum Gegenstand eines gesonderten Wiedererteilungsverfahrens machen (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 BayVBI 2006, 18 ff.). Diese Verfahrenslage hat die Behörde berücksichtigt, als sie im April 2006 Kenntnis von dem Bußgeldbescheid erlangte und nicht mehr gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis entzog, sondern den Antragsteller nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV zur Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens aufforderte. Die nach dem erforderlichen Abstinenzzeitraum von einem Jahr verstrichene Zeitspanne bis zur Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens ist nicht so groß, dass der Antragsteller mit einer Begutachtung nunmehr zu sehr belastet würde. Im Hinblick- auf die Gefährlichkeit der Drogen, die der Antragsteller offensichtlich auch nach den Erkenntnissen der Wohnungsdurchsuchung nicht nur einmal probiert hat, musste die Behörde für das Belassen der Fahrerlaubnis sicherstellen, dass der Antragsteller den Konsum nachweislich aufgegeben hat. Dass der Antragsteller mittlerweile nicht wieder mit Drogen auffällig geworden ist, hat nur einen beschränkten Aussagewert. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Drogenvorgeschichte des Antragstellers berücksichtigt, soweit er mit Urteil des Amtsgerichts Altötting vom 21. Mai 1997 wegen unerlaubten Anbaus von MarihuanaPflanzen zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt wurde. Die Tilgungsfrist dieser Straftat beträgt nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 b BZRG in der maßgeblichen Fassung vom 15. Juli 1992 zehn Jahre und kann daher dem Antragsteller nach § 51 BZRG noch entgegengehalten werden. Allerdings muss die Gutachtensanforderung und dies hat die Fahrerlaubnisbehörde verkannt, mit ihrer Fristsetzung dem erforderlichen Abstinenznachweis Rechnung tragen. Wird die Zeitspanne, innerhalb derer ein Gutachten vorzulegen ist, das dem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nach vorangegangenem Betäubungsmittelkonsum dienen soll, so knapp bemessen, das sich bis zu ihrem Ablauf der von Rechts wegen erforderliche Abstinenznachweis nicht führen lässt, so zieht das die Rechtswidrigkeit der Gutachtensanforderung nach sich (vgl. BayVGH vom 13. Dezember 2005 11 CS 05.1350). Der Betäubungsmittelkonsument muss in der Regel eine einjährige Abstinenz (vgl. oben) durch ärztliche Untersuchungen nachweisen. Dies geschieht bei einem Nachweis durch Urinscreenings auf der Basis von mindestens vier unvorhersehbar anberaumten Laboruntersuchungen innerhalb dieser Jahresfrist in unregelmäßigen Abständen (vgl. 3.12.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung). Im Einzelfall kann der Abstinenznachweis auch durch eine Haaruntersuchung erfolgen. Unabhängig von der Beschaffenheit der Haare, insbesondere auch der Länge, ist es allerdings nicht einfach, das Ausmaß von Drogenkonsum im Haar zu bestimmen. Die Frage, ab welcher Konsumfrequenz und Intensität Drogenrückstände in Haaren individuell zuverlässig nachweisbar sind, ist nicht ausreichend sicher zu beantworten (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Kommentar zu den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, S. 181). In der Regel erfolgt der Abstinenznachweis daher durch Urinscreenings. Von einem solchen Abstinenznachweis ist offensichtlich auch das TÜV-Institut Landshut ausgegan gen und hat dem Antragsteller mitgeteilt, wie er vorgetragen hat, dass ohne dieses überwachte Drogenscreening kein positives Ergebnis der Begutachtung zu erwarten sei (vgl. vorgelegtes Schreiben des TÜV vom 14.12.2006). Der Tatsache, dass ein Abstinenznachweis durch Urinscreenings erfolgen müsse, hätte die Fahrerlaubnisbehörde bei der Fristsetzung zur Vorlage des Gutachtens Rechnung tragen müssen. Die Zeitspanne von 6 Wochen war dafür jedenfalls zu kurz gewählt. Den Belangen der Verkehrssicherheit kann entweder dadurch Rechnung getragen werden, dass zunächst ein von der Behörde überwachtes Drogenscreening angeordnet wird (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 a.a.O.) und anschließend noch die erforderliche psychologische Begutachtung oder die Behörde die medizinisch-psychologische Begutachtung mit längerer Fristsetzung anordnet und Vorlagefristen für die medizinischen Nachweise – ggf. nach Absprache mit der Untersuchungsstelle – vorsieht. Geht die Behörde im Einzelfall davon aus, dass ein Abstinenznachweis durch Haaranalyse in Betracht kommt, hat sie dies sinnvollerweise im Vorfeld mit der Begutachtungsstelle abzuklären oder im Anschreiben an die Begutachtensstelle zum Ausdruck zu bringen. Zwar ist die Untersuchungsmethode wohl grundsätzlich der Wahl des Arztes überlassen, andererseits muss aber die Fristsetzung der Untersuchungsart angemessen sein. Jedenfalls darf das Risiko, das Gutachten wegen der von der Begutachtungsstelle gewählten Untersuchungsart nicht Erfolg versprechend fristgerecht beibringen zu können, nicht dem Betroffenen auferlegt werden. Da es Aufgabe der Behörde ist, mit einer angemessen Frist sicherzustellen, dass der erforderliche Abstinenznachweis erbracht werden kann, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Antragsteller für die Nichtbeibringung des Gutachtens einen ausreichenden Grund vorgebracht hat bzw. der Antragsteller unverschuldet verhindert war, das Gutachten fristgerecht beizubringen (vgl. BVerwG vom 12. März 1985 NJW 1985, 2490 ff., BayVGH vom 7.11.2006 11 ZB 05.3034). Im Übrigen läge auch ein solcher Entschuldigungsgrund vor.
Da somit die auf § 11 Abs. 8 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis voraussichtlich im Klageverfahren keinen Bestand haben wird, war die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren und für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 63 Abs. 3, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG und den Empfehlungen in den Abschnitten II. 1.5 Satz 1, 46.1, 46.5 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).