Skip to content

Fahrerlaubnisentziehung – Anordnung MPU

OVG Berlin-Brandenburg

Az: OVG 1 S 233.10

Beschluss vom 18.01.2011


Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. November 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde, über die gemäß § 87 a Abs. 2 und 3 VwGO die Berichterstatterin entscheiden kann, ist unbegründet. Das für die Prüfung des Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Beschwerdevorbringen des Antragstellers (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt eine Änderung des angegriffenen Beschlusses nicht.

Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid über die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragsgegners vom 15. September 2010 wiederherzustellen. Die vom Antragsteller dagegen mit der Beschwerde vorgebrachten Gründe sind nicht geeignet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Denn daraus ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und unter Berücksichtigung dessen im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids überwiegt.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtmäßig war. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV i.V.m. § 46 Abs. 3 FeV. Die Vorschrift schreibt zwingend die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vor, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Diese Voraussetzungen lagen im Fall des Antragstellers sowohl bei Erlass der Anordnung als auch bei Ablauf der ihm gesetzten Frist für die Beibringung des Gutachtens – unstreitig – vor. Der Antragsteller wurde am 14. März 2000 durch Urteil des Amtsgerichts Senftenberg wegen Trunkenheit im Verkehr verurteilt und aufgrund einer seit dem 20. August 2009 rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG (festgestellte Atemalkoholkonzentration: 0,32 mg/l) mit einem Bußgeld belegt. Zudem fällt ihm eine Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 26 km/h zur Last, die mit einem seit dem 23. August 2005 rechtskräftigen Bußgeldbescheid geahndet wurde. Bereits die beiden Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss rechtfertigten die Anordnung des Gutachtens.

Dagegen wendet die Beschwerde im Kern ein, dass keine wiederholte Zuwiderhandlung vorliege, weil die mit Urteil vom 14. März 2000 geahndete Trunkenheitsfahrt wegen des Verwertungsverbots nach § 29 Abs. 8 Satz 1 StVG nicht mehr berücksichtigt werden dürfe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei nicht auf den Zeitpunkt der Anordnung des Gutachtens oder den Fristablauf für dessen Beibringung, sondern auf denjenigen der Entziehungsverfügung bzw. des Widerspruchsbescheids abzustellen; im Zeitpunkt des Entziehungsbescheids sei die Entscheidung des Amtsgerichts Senftenberg jedoch bereits getilgt gewesen.

Der Senat folgt dieser Rechtsauffassung nicht. Nach Maßgabe des materiellen Rechts, wie es in § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV seinen Niederschlag gefunden hat, ist eine Abweichung von dem sonst bei der Anfechtung von Fahrerlaubnisentziehungen geltenden Grundsatz, dass die Sach- und Rechtslage bei Erlass der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, geboten. Das ergibt sich bereits daraus, dass die Vorschrift bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss die Anordnung eines Gutachtens zwingend vorsieht, der Fahrerlaubnisbehörde mithin alternative Handlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Mit der von Gesetzes wegen zwingenden Gutachtenanordnung wäre es unvereinbar, wenn die nachträgliche Tilgung von Verkehrsverstößen die Rechtmäßigkeit der Anordnung beeinflussen könnte. Zudem gebieten Sinn und Zweck der Gutachtenanordnung, die der Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs dient, eine nachträgliche Tilgung von Verkehrsverstößen außer Betracht zu lassen. Denn die gesetzlich bestimmte sachliche Notwendigkeit für die Überprüfung der Fahreignung des Betroffenen durch Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens wird durch die nachträgliche Tilgung nicht berührt. Ein – wie hier – nach Erlass der Anordnung des Gutachtens eintretendes Verwertungsverbot für einen Verkehrsverstoß lässt die Rechtmäßigkeit der darauf gestützten Gutachtenanordnung mithin nicht rückwirkend entfallen (vgl. ebenso OVG Bautzen, Beschluss vom 24. Juli 2008 – 3 B 18/08 – juris Rn. 5 f.; OVG Greifswald, Beschluss vom 13. Februar 2007 – 1 M 13/07 – juris Rn. 7). Dass es sich bei der Anordnung des Gutachtens nicht um einen eigenständigen Verwaltungsakt, sondern nur um eine Vorbereitungsmaßnahme im Rahmen des Entziehungsverfahrens handelt, ändert entgegen der Auffassung der Beschwerde an diesen Erwägungen nichts.

Schließlich trägt auch der Einwand des Antragstellers nicht, dass infolge dieser Rechtsansicht „faktisch eine zeitlich unbegrenzte Verwertungsmöglichkeit eigentlich schon getilgter Voreintragungen“ auftrete, wenn nur rechtzeitig die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens erfolge, so dass die Verwaltungsbehörde auch noch nach Jahren die Fahrerlaubnisentziehung darauf stützen könne. Abgesehen davon, dass das vorliegende Verfahren keinen Anhalt für eine derartige zeitliche Vorgehensweise der Fahrerlaubnisbehörde bietet, ist die Frage einer etwaigen unverhältnismäßigen Verzögerung des Entziehungsverfahrens und ihrer Rechtsfolge unabhängig von der hier streitgegenständlichen Auslegung des § 13 Nr. 2 Buchst. b FeV zu beurteilen. Der von der Beschwerde konstruierte extreme Ausnahmefall kann hierauf keinen Einfluss haben.

Bestehen danach gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Gutachtens vorliegend keine Bedenken, durfte der Antragsgegner gemäß § 46 Abs. 3 i. V. m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die mangelnde Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen und ihm gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis entziehen, nachdem der Antragsteller das Gutachten nicht beigebracht hatte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelle Jobangebote


Stand: 25.06.2024

Rechtsanwaltsfachangestellte (n) / Notarfachangestellte(n) (m/w/d) in Vollzeit

 

jetzt bewerben

 


 

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)

als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

 

mehr Infos