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Fahrtenbuchauflage bei Geschwindigkeitsüberschreitung

VG Köln

Az.: 18 L 1617/12

Beschluss vom 27.12.2012


1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 4.823,25 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäße Antrag, die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 18 K 6727/12 geführten Klage gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 13.11.2012 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, ist zulässig, aber nicht begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung einer Klage, die – wie hier – durch eine Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bzw. – wie hier hinsichtlich der Festsetzung von Gebühren und Auslagen – gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfallen ist, wiederherstellen bzw. anordnen, wenn es bei der hierbei zu treffenden Ermessensentscheidung zu der Auffassung gelangt, dass das individuelle Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung des in Rede stehenden Verwaltungsakts verschont zu bleiben, gegenüber dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt.

Hier überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen, auf der Grundlage des § 31a StVZO erlassenen Fahrtenbuchauflage das Interesse der Antragstellerin, ein Fahrtenbuch nicht vor rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens führen zu müssen.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung bedarf einer eigenständigen, das heißt für den Regelfall äußerlich und inhaltlich über die Begründung der angeordneten Maßnahme hinausgehenden und am konkreten Einzelfall orientierten, schriftlichen Begründung. Gerade für Maßnahmen der Gefahrenabwehr ist anerkannt, dass sich die Gründe für den Erlass der Ordnungsverfügung mit denen für die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung decken können und die Begründung der Vollzugsanordnung bei gleichgelagerten Konstellationen im Rahmen der Massenverwaltung standardisiert werden kann.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30.9.2008 – 8 B 1355/08 – und vom 15.3.2007 – 8 B 2746/06 -, Juris.

Davon ausgehend reicht der Hinweis in der angefochtenen Ordnungsverfügung auf das Interesse an der Aufklärbarkeit etwaiger künftiger Verkehrsverstöße auch trotz eines laufenden Hauptsacheverfahrens zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aus.

Da bei Maßnahmen gemäß § 31a StVZO das besondere öffentliche Vollzugsinteresse im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsakts zusammenfällt,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.3.1995 – 25 B 98/95 -, NJW 1995, 2242,

im Rahmen des § 31a StVZO eine abstrakte Wiederholungsgefahr ausreicht und deshalb auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung keine konkrete Wiederholungsgefahr erforderlich ist,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.3.2007 a.a.O.,

sind im Rahmen der Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens von entscheidender Bedeutung. Lässt sich bereits im summarischen Verfahren erkennen, dass die gegen den Verwaltungsakt eingelegte Klage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben kann, so überwiegt in der Regel das öffentliche Interesse mit der Folge, dass der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist. Umgekehrt überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, wenn sich feststellen lässt, dass der Rechtsbehelf offensichtlich begründet ist. Erweist sich der Verwaltungsakt bei summarischer Prüfung weder als offensichtlich rechtmäßig noch als offensichtlich rechtswidrig, ist eine allgemeine Interessenabwägung maßgeblich.

Nach diesem Maßstab fällt die Entscheidung zu Ungunsten der Antragstellerin aus, weil sie durch die Ordnungsverfügung, mit der ihr aufgegeben wurde, für das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ….für die Dauer von 24 Monaten ein Fahrtenbuch zu führen, nicht in ihren Rechten verletzt wird. Denn der angefochtene Bescheid erweist sich als offensichtlich rechtmäßig.

Die ermessenseröffnenden Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 StVZO für die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, lagen vor. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann die zuständige Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegen, wenn nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften der Fahrer nicht festgestellt werden kann. Es ist davon auszugehen, dass mit dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen K 00 0000, dessen Halterin die Antragstellerin war, am 4.2.2012 die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft um 34 km/h überschritten wurde. Substantiierte Gründe für das Nichtvorliegen eines Verkehrsverstoßes sind nicht vorgetragen. Messergebnisse, die – wie hier mittels des Messsystems PoliScan speed / Vitronic – mit amtlich zugelassenen Geräten in standardisiertem Verfahren gewonnen werden, können (nach Abzug der Messtoleranz) von Behörden und Gerichten im Regelfall ohne weiteres zugrunde gelegt werden. Hier liegen ein Messprotokoll für den fraglichen Tag und ein Eichschein für das verwendete Messgerät vor. Fehlerquellen brauchen nur erörtert zu werden, soweit der Einzelfall dazu konkrete Veranlassung gibt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31.3.1995 – 25 A 2798/93 -, NWVBl. 1995, 388.

Entgegen der Meinung der Antragstellerin bestehen an der Messung keine erheblichen Zweifel aufgrund der Position des Auswerterahmens. Beim Messsystem PoliScan speed / Vitronic müssen sich für eine eindeutige Zuordnung innerhalb des Rahmens der Auswerteschablone bei einer Frontmessung ein Vorderrad und/oder zumindest das Kennzeichen eines Fahrzeugs teilweise befinden; weitere Verkehrsteilnehmer, die sich auf der gleichen oder einer benachbarten Fahrspur in gleicher Fahrtrichtung bewegen, dürfen innerhalb des Rahmens nicht zu sehen sein; außerdem muss sich die Unterseite des Rahmens unterhalb der Räder befinden.

Vgl. Winninghoff/Hahn/Wietschorke: Vitronic PoliScan speed – Prüfung von Fehlerquellen bei der Messwertzuordnung in: DAR 2010, 106 (108).

Diese Voraussetzungen sind hier sämtlich erfüllt. Auf dem gesamten Messfoto auf Blatt 3 der Verwaltungsvorgänge ist kein anderes Fahrzeug zu sehen, die Unterseite der Auswerteschablone befindet sich deutlich unterhalb der Vorderräder des aufgenommenen Fahrzeugs der Antragstellerin, und innerhalb der Auswerteschablone sind Teile des rechten Vorderrads und des Kennzeichens enthalten. Außerdem besteht bei dem Messsystem PoliScan speed allenfalls bei geringen Geschwindigkeiten die Gefahr, dass ein anderes Fahrzeug als das, dessen Geschwindigkeit als zu hoch gemessen wurde, fotografiert wird.

Vgl. Winninghoff/Hahn/Wietschorke a. a. O.

Diese Voraussetzung für eine Fehlmessung ist bei einer (nach Abzug einer Toleranz von 4 km/h) gemessenen Geschwindigkeit des Fahrzeugs der Antragstellerin von 114 km/h nicht erfüllt.

Hier konnte auch nicht im Sinne des § 31a StVZO, nämlich in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren, der Fahrer festgestellt werden, so dass das Ermittlungsverfahren wegen des zugrundeliegenden Verkehrsverstoßes nach Ablauf der gemäß §§ 26 Abs. 3, 24 StVG i.V.m. §§ 31 ff. OWiG dreimonatigen Verjährungsfrist eingestellt wurde.

Die Feststellung des Fahrzeugführers ist i.S.d. § 31 a StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den angemessenen Maßnahmen gehört grundsätzlich auch, dass der Halter möglichst umgehend (im Regelfall innerhalb von zwei Wochen) von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Insoweit ist es grundsätzlich Sache des Halters, Angaben zu der Person zu machen, die im fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug geführt hat. Ihm obliegt es, die Ermittlungen der Behörde durch Eingrenzungen des möglichen Täterkreises und Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten zu fördern. Lehnt der Halter die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos Zeit raubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. Eine verspätete Anhörung schließt eine Fahrtenbuchauflage allerdings dann nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist. Dies gilt namentlich für die Fälle, in denen nach den gegebenen Umständen erkennbar ist, dass auch eine frühere Ermittlung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Kraftfahrzeughalter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Das ist etwa der Fall, wenn er auf einen erhaltenen Anhörungsbogen nicht reagiert.

Vgl. zu Vorstehendem: OVG NRW, Beschluss vom 15.3.2007 a.a.O. m.w.N.

Dabei steht die Ausübung des Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts der Anwendbarkeit des § 31a StVZO nicht entgegen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.12.1981 – 2 BvR 1172/81 – NJW 1982, 568; BVerwG, Beschluss vom 11.8.1999 – 3 B 96.99 -, NZV 2000, 385; OVG NRW, Beschlüsse vom 6.5.2005 – 8 B 434/05 – und vom 4.11.2003 – 8 B 1464/03 -.

Denn die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, ist eine (präventive) Maßnahme zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, die gewährleistet, dass künftig die Feststellung eines Fahrers nach einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Schwierigkeiten möglich ist.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.11.2003 a.a.O.

Eine Umgehung oder Aushöhlung des Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrechts liegt darin nicht; es bleibt vielmehr dabei, dass im aktuellen (repressiven) Ordnungswidrigkeitenverfahren dieses Recht respektiert wird.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.4.2008 – 8 B 491/08 -, Juris; OVG MP, Beschluss vom 26.5.2008 – 1 L 103/08 -, Juris; VG Saarland, Urteil vom 2.4.2008 – 10 K 323/07 -, Juris (jeweils m.w.N. aus der verfassungsrechtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung).

Einen Hinweis darauf, dass auch bei Ausübung eines Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrechts eine mangelnde Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrers vorliegt, verlangt § 31a Abs. 1 StVZO nicht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6.5.2005 a.a.O.

Trotzdem enthält der Zeugenfragebogen vom 5.3.2012 einen solchen Hinweis.

Die Zweiwochen-Frist zur Anhörung des Halters gilt auch dann nicht, wenn dem Halter in seiner Eigenschaft als Kaufmann eine erhöhte Sorgfalt in Bezug auf die Kontrolle der Nutzung seiner Kraftfahrzeuge obliegt. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass einem Kaufmann, der ein Kraftfahrzeug für seinen Betrieb zugelassen hat, eine erhöhte Mitwirkung obliegt, soweit es um Verkehrszuwiderhandlungen geht, die im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind. Diese erhöhte Mitwirkungsobliegenheit rechtfertigt sich durch die handelsrechtlichen Verpflichtungen des Kaufmanns zur Führung und Aufbewahrung von Büchern, aus denen sich Geschäftsvorfälle „in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen“ (§§ 238 Abs. 1, 257 HGB), sowie aus dem Umstand, dass es unabhängig von der Reichweite dieser Vorschriften sachgerechtem kaufmännischen Verhalten entspricht, auch die Geschäftsfahrten längerfristig zu dokumentieren. Deshalb muss die Antragstellerin grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage sein, Geschäftsfahrten und Ähnliches anhand schriftlicher Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Mit Blick auf diese erhöhte Mitwirkungsobliegenheit entlastet es den Halter nicht, wenn er Geschäftsfahrten nicht längerfristig dokumentiert und deshalb allein auf die Erinnerung oder die Erkennbarkeit von Radarfotos angewiesen wäre, um den Täter eines möglichen Verkehrsverstoßes benennen zu können.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29.7.2008 – 8 B 1039/08 – m.w.N. und vom 15.3.2007 a.a.O. m.w.N.; im Anschluss OVG Bremen, Beschluss vom 12.1.2006 – 1 A 236/05 -, Juris; BayVGH, Beschluss vom 28.3.2008 – 11 ZB 06.2573 -, Juris; OVG MP, Beschluss vom 26.5.2008 a.a.O.; VG Saarland, Urteil vom 2.4.2008 a.a.O.

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Nach diesen Maßstäben ist ein Ermittlungsdefizit der Behörde, das ursächlich dafür gewesen ist, dass der Fahrer nicht ermittelt werden konnte, nicht erkennbar. Die Überschreitung der Zweiwochenfrist ist rechtlich unerheblich, weil der Antragstellerin nach den obigen Ausführungen als Kaufmann erhöhte Mitwirkungspflichten oblagen und zudem davon auszugehen ist, dass sie von vornherein nicht bereit war, an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit mitzuwirken. Sie hat nämlich weder auf den Zeugenfragebogen vom 5.3.2012 noch auf die beiden Erinnerungsschreiben vom 16.4.2012 und vom 17.4.2012 reagiert, obwohl ihr eine Identifizierung des betreffenden Fahrers leicht möglich war, da ein Lichtbild vorlag, das ihr – auch von seiner Qualität her – weitere Anhaltspunkte bei dessen Namhaftmachung liefern konnte.

Im Übrigen besteht die Obliegenheit zur Mitwirkung unabhängig davon, ob ein aussagekräftiges Foto vorliegt, da dies die Ermittlung lediglich erleichtert. Auf die Qualität eines dennoch anliegenden Radarfotos kommt es nicht an.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.12.2006 – 8 B 2467/06 -.

Bei dieser Sachlage braucht die Behörde keine weiteren Ermittlungen anzustellen.

Die Fahrtenbuchauflage würde auch nicht durch eine von der Antragstellerin im Lauf des gerichtlichen Verfahrens gemachte Angabe des für die Ordnungswidrigkeit verantwortlichen Fahrzeugführers ausgeschlossen.

Vgl. zu diesem Gesichtspunkt: OVG Berlin, Beschluss vom 30.6.1976 – I S 87.76 -, DÖV 1977, 104.

Das der Antragsgegnerin eröffnete und von ihr ausweislich der Begründung der angefochtenen Verfügung erkannte Entschließungs- und Ausübungsermessen hat sie frei von Rechtsfehlern ausgeübt. Die angefochtene Ordnungsverfügung verletzt insbesondere nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es ist selbst bei einem erstmaligen Verkehrsverstoß nicht unverhältnismäßig, das Führen eines Fahrtenbuchs für die Dauer von sechs Monaten aufzugeben. Das Gewicht einer Verkehrszuwiderhandlung kann anhand des Punktsystems der Anlage 13 zu § 40 FeV bemessen werden. Denn die Zielrichtung des Systems deckt sich mit dem Normzweck des § 31a StVZO, den Gefahren zu begegnen, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgehen. Schon die mit einem Punkt zu erfassenden Ordnungswidrigkeiten rechtfertigen daher eine Fahrtenbuchauflage regelmäßig bereits bei erstmaliger Feststellung.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.4.1999 – 8 A 699/97 -, NZV 1999, 439.

Die hier in Rede stehende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft um 34 km/h wäre nach Ziffer 5.4 der Anlage 13 zu § 40 FeV mit drei Punkten in das Verkehrszentralregister einzutragen gewesen. Dass die Antragsgegnerin unter Ziffer I. ihrer Begründung der angefochtenen Fahrtenbuchauflage zunächst fehlerhaft von einem zusätzlich verwirkten einmonatigen Fahrverbot ausgegangen ist, ist rechtlich unerheblich, weil sich dieser Fehler nicht auf ihre Ermessenserwägungen ausgewirkt hat. Denn unter Ziffer II. der Begründung der Fahrtenbuchauflage, die die wesentlichen Gründe der Ermessenserwägungen enthält, hebt die Antragsgegnerin nicht auf ein Fahrverbot ab; dass sie trotzdem eine Zeitspanne von mehr als 18 Monaten festgesetzt hat, resultiert aus einer Verschärfung aufgrund des Umstands, dass es sich für die Antragstellerin – unstreitig – um die zweite Fahrtenbuchauflage handelt, wie Ziffer 1 Satz 3 der Fahrtenbuchauflage zu entnehmen ist, wo ausgeführt wird: „Die Frist zur Führung des Fahrtenbuches ist angemessen, da es sich bereits um die 2. Auflage handelt.“ Dies lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Die Gesamtumstände rechtfertigen deshalb eine Fahrtenbuchauflage von 24 Monaten. Es ist hierfür nicht erforderlich, dass noch besondere Umstände wie z.B. eine unklare Verkehrslage oder eine konkrete Gefährdung hinzutreten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.11.2006 – 8 B 2172/06 – m.w.N.

Die Fahrtenbuchauflage verstößt auch im Übrigen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Fahrtenbuch keine Strafe darstellt, sondern nur im Interesse der Verkehrssicherheit sicherstellen soll, dass die Ermittlung des Fahrers bei zukünftigen Verstoßen ohne weiteres möglich ist und nicht noch einmal an der mangelnden Mitwirkung des Halters scheitert.

Die in der angefochtenen Ordnungsverfügung erfolgte Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf jedes eventuelle Ersatzfahrzeug für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen K DO 8000 setzt in nicht zu beanstandender Weise die der Behörde durch § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO eingeräumte Möglichkeit um. Der in der Ordnungsverfügung enthaltene Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht bis zum sechsten Monat nach Ablauf der Fahrtenbuchauflage beruht auf § 31a Abs. 3 StVZO. Die in der Ordnungsverfügung enthaltenen konkreten Hinweise zum Führen des Fahrtenbuchs ergeben sich aus § 31a Abs. 2 StVZO.

Besondere Gründe, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, ausnahmsweise von der sofortigen Vollziehung der Fahrtenbuchauflage abzusehen, sind nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang ist auch die spezialpräventive Funktion einer Fahrtenbuchauflage zu berücksichtigen. Das Führen eines Fahrtenbuchs fördert nicht nur die Ermittlung begangener Verkehrsverstöße, sondern trägt dazu bei, dass etwaige Verstöße künftig unterbleiben. Denn es wirkt sich positiv auf die Verkehrsdisziplin eines Fahrers aus, wenn er damit rechnen muss, für jeden Verkehrsverstoß zur Verantwortung gezogen zu werden. Gerade mit Rücksicht auf die Verkehrssicherheit ist es besonders wichtig, dass das Fahrtenbuch in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem nicht geahndeten Verkehrsverstoß geführt wird.

Vgl. VGH BW, Beschluss vom 17.11.1997 – 10 S 2113/97 -, NZV 1998, 126.

Dagegen bringt das Führen eines Fahrtenbuchs für die Antragstellerin keine schwer wiegende Belastung mit sich und geht nicht über eine gewisse, mit geringem Zeitaufwand verbundene Belästigung hinaus.

Vgl. zu diesem Aspekt: OVG NRW, Beschluss vom 13.6.2002 – 8 B 807/02 -.

Der gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 StVG, § 22 Abs. 1 Hs. 2 VwKostG auf die Gebühren- und Auslagenfestsetzung gerichtete Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist unzulässig, weil die Antragstellerin vor Befassung des Gerichts nicht bei der Behörde einen Aussetzungsantrag im Sinne des § 80 Abs. 4 VwGO gestellt hatte. Ein solcher Aussetzungsantrag muss bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben bzw. Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, wozu die hier in Rede stehenden Gebühren bzw. Auslagen gehören, gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO bei der Behörde vor Erhebung eines Antrags bei Gericht im Sinne des § 80 Abs. 5 VwGO gestellt und von der Behörde abgelehnt worden sein. Die vorherige Erfüllung dieses Erfordernisses ist eine Zugangsvoraussetzung, die während des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens nicht mehr nachgeholt werden kann.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.6.2002 – 9 B 1062/02 – m.w.N.

Die Ausnahmen nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nrn. 1 oder 2 VwGO, nach denen ein vorheriger Aussetzungsantrag nicht erforderlich ist, wenn die Behörde über den – aber eben auch zuvor einzulegenden – Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder eine Vollstreckung – der Kostenfestsetzung – droht, lagen hier nicht vor.

Außerdem hätte der Antrag auch in der Sache keinen Erfolg. Denn die angegriffene Gebühren- und Auslagenfestsetzung ist formell und materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Gebührenfestsetzung ist § 6a Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Satz 1 StVG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) und Ziffer 252 des dazu gehörigen Gebührentarifs (GebTSt). Die erhobenen Gebühren sind rechtmäßig, wenn die ihnen zugrundeliegenden Amtshandlungen rechtmäßig sind, der Antragsteller Gebührenschuldner ist und die Gebühren innerhalb eines etwaig vorgegebenen Gebührenrahmens angemessen sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Fahrtenbuchauflage ist nach den obigen Erläuterungen rechtmäßig. Die Antragstellerin hat als an der Aufklärung der Ordnungswidrigkeit nicht ausreichend mitwirkende Kraftfahrzeughalterin die Amtshandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt veranlasst. Die Gebührenfestsetzung ist auch in der Höhe nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich insbesondere im Gebührenrahmen des Gebührentatbestands der Ziffer 252 GebTSt. Die Ausschöpfung des Gebührenrahmens ist nicht zu beanstanden, weil dadurch nicht einmal der Verwaltungskostenaufwand gedeckt wird,

vgl. VG Köln, Urteil vom 13.5.2011 – 18 K 5999/10 -,

zumal damit gemäß dem genannten Gebührentarif zugleich die Überprüfung des Fahrtenbuchs gebührenmäßig erfasst ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 und 3 GKG. Dabei legt die Kammer nach Ziffer 46.13 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) für jeden Monat der Fahrtenbuchauflage einen Wert von 400,00 Euro zugrunde und bemisst den Streitwert des vorläufigen Rechtsschutzes mit der Hälfte dieses Betrags zuzüglich eines Viertels der ebenfalls angefochtenen Abgaben gemäß Ziffer 1.6.1 Satz 1 Halbsatz 2 des Streitwertkatalogs.

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