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Fahrtkostenerstattung bei wechselnden Einsatzorten

LANDESARBEITSGERICHT RHEINLAND-PFALZ

Az.: 1 Sa 331/09

Urteil vom 08.09.2009


1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 1. April 2009 – 6 Ca 1060/08 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zuletzt nur noch über Fahrtkostenerstattung in Höhe von 1.015,50 € für den Zeitraum Juni bis September 2008.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 08.05.2006 beschäftigt. In § 1 des am gleichen Tage geschlossenen Arbeitsvertrages ist die Anwendbarkeit der mit der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung vereinbart.

Der Kläger wird im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei Kunden der Beklagten als Arbeiter eingesetzt. Vor den Arbeitseinsätzen bei den Kunden unterzeichnen die Arbeitnehmer der Beklagten eine „Einsatzmeldung Arbeitnehmerüberlassung“. In das Formular sind sowohl die Entfernung zum Einsatzort als auch Angaben zum „Fahrgeld“ aufzunehmen. Hinsichtlich dieses Punktes können entweder „kein“ angekreuzt oder Angaben zur Höhe des Fahrgeldes gemacht werden. Die Beklagte hat für den streitgegenständlichen Zeitraum mehrere „Einsatzmeldungen“ für Arbeitseinsätze des Klägers in Kopie vorgelegt, in denen das Kreuz bei „kein“ gesetzt worden ist.

Für jede beim Kunden geleistete Arbeitswoche gibt der Kläger bei der Beklagten ein mit „Tätigkeitsnachweis“ überschriebenes Formular ab, in dem neben den vom Kunden abgezeichneten Arbeitszeiten auch die vom Kläger wöchentlich mit dem PKW gefahrenen Kilometer einzutragen sind. Die Tätigkeitsnachweise werden von einem Mitarbeiter der Beklagten gegengezeichnet.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei mit seinem privaten PKW im Juni 1.530 km, im Juli 1.020 km, im August 862 km und im September 650 km gefahren, um die Betriebsstätten der Kunden der Beklagten aufzusuchen und dort weisungsgemäß die ihm aufgetragenen Arbeiten zu verrichten. Ihm stehe aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz für diese Fahrten eine Kostenerstattung in Höhe von 0,25 € pro gefahrenem Kilometer zu. Die Beklagte habe anderen Arbeitnehmern die Fahrtkosten in dieser Höhe erstattet. 0,25 € pro Kilometer sei als Kilometersatz angemessen.

Im September 2008 sei er bei einer Kundin in K. eingesetzt gewesen. Die Entfernung habe 50 km betragen. 32 an gleichem Einsatzort tätige Kollegen hätten Fahrgeld bekommen.

Der Kläger hat insoweit beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.015,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.11.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie zahle Fahrtkosten nur auf freiwilliger Basis in Abhängigkeit von dem jeweiligen Ort des Einsatzes. Auf diesen Umstand weise sie im Rahmen der von den Arbeitnehmern zu unterschreibenden Einsatzmeldungen ausdrücklich hin, was auch beim Kläger der Fall gewesen sei.

Mit Urteil vom 01.04.2009, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Fahrkostenerstattung abgewiesen. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts war der Vortrag des Klägers insoweit jedenfalls der Höhe nach unsubstantiiert. Der Kläger hätte darlegen müssen, welche Fahrten er an welchen Tagen auf Veranlassung der Beklagten mit seinem privaten PKW unternommen haben will.

Mit beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 29.05.2009 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger gegen das am 08.05.2009 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts teilweise Berufung eingelegt und diese mit am 29.06.2009 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Nach seiner Auffassung, habe die Beklagte die geltend gemachten Fahrkosten durch das Abzeichnen auf den Tätigkeitsnachweisen für den fraglichen Zeitraum anerkannt.

Der Kläger beantragt zuletzt, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 01.04.2009, 6 Ca 1060/08, die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.015,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt hinsichtlich der Fahrtkostenerstattung das erstinstanzliche Urteil.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren, sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 lit. b) ArbGG statthafte Berufung ist insbesondere gem. den § 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und erweist sich auch sonst als zulässig. Obwohl der Kläger nicht darlegt, aus welcher Formulierung in den abgezeichneten Tätigkeitsnachweisen sich ein rechtliches Anerkenntnis der Pflicht zur Fahrtkostenerstattung überhaupt ableiten lassen soll, wird die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO (vgl. dazu Schwab/ Weth, ArbGG, 2. Auflage, § 64 Rn. 155 ff.) trotz ihres völlig pauschalen Charakters gerade noch gerecht.

B.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Fahrtkostenerstattung im angefochtenen Urteil abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch schon dem Grunde nach nicht zu.

Aus dem Arbeitsvertrag vom 08.05.2006 ergibt sich kein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung. Insbesondere regelt § 1 des Arbeitsvertrages vom 08.05.2006 i.V.m. dem Manteltarifvertrag Zeitarbeit vom 22.07.2003 keine solche Verpflichtung der Beklagten. Zwar ist im Manteltarifvertrag unter § 8.3 eine Vergütungspflicht für über 1,5 Stunden pro Hin- und Rückweg hinausgehende Wegezeiten von der Geschäftsstelle zum Einsatzort vorgesehen. Der Kläger hat aber gerade nicht die Vergütung der aufgewandten Zeit, sondern die Erstattung der Fahrtkosten verlangt. Hinsichtlich der Erstattung von Fahrtkosten ist § 8.7 des Manteltarifvertrages einschlägig, der wegen „sonstigem Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB“ auf einzelvertragliche Regelungen verweist.

Ein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung ergibt auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kläger ist der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweispflicht hinsichtlich der Voraussetzungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes schon erstinstanzlich nicht nachgekommen. Im Berufungsverfahren fehlt jeglicher weitere Sachvortrag hierzu. Die bloße Behauptung, die Beklagte zahle anderen Arbeitnehmern 0,25 € pro gefahrenem Kilometer ist insoweit nicht ausreichend. Jedenfalls nachdem die Beklagte diesen Vortrag bestritten hatte, hätte der Kläger darlegen und beweisen müssen, dass die Beklagte die Fahrtkostenerstattung in der behaupteten Höhe nach einem erkennbaren generalisierenden Prinzips gewährt und dazu bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festgelegt hat (vgl. dazu ErfK/ Preis, 230 BGB § 611 Rn. 576). Der Kläger hat jedoch nur für den Monat September vorgetragen, 32 Kollegen seien bei demselben Kunden eingesetzt und mit 0,25 € pro gefahrenem Kilometer bezahlt worden. Ein zugrunde liegendes generalisierendes Prinzip ist daraus nicht ableitbar. Beispielsweise ist schon unklar, ob es noch mehr Arbeitnehmer gab, die ohne Fahrtkostenerstattung zu dem Kunden in K. fahren mussten und ob an die behauptete Leistungsgewährung irgendwelche Voraussetzungen geknüpft waren und welche Entfernung diese im Einzelfall zurücklegen mussten. Der Beklagten war bei diesem pauschalen Vortrag des darlegungspflichtigen Klägers ein näheres substantiiertes Bestreiten nicht möglich.

In den gegengezeichneten Tätigkeitsnachweisen ist entgegen der bloß pauschalen Behauptung des Klägers auch kein Anerkenntnis im Sinne des § 781 BGB zu sehen. Die Formulare enthalten nur Angaben zu den vom Kläger für den betreffenden Auftrag gefahrenen Kilometern; wie darin das Anerkenntnis einer Kostenerstattungspflicht durch die Beklagte gesehen werden soll, ist nicht ersichtlich. Mit der Frage der Kostenerstattung nach Grund oder Höhe beschäftigen sich die Tätigkeitsnachweise erkennbar mit keinem Wort.

Schließlich ergibt sich ein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung auch nicht aus § 670 BGB. § 670 BGB bezieht sich auf den Geschäftsbesorgungsvertrag und findet im Arbeitsverhältnis nur entsprechende Anwendung. Was zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers bei der Arbeit gehört, wird bereits durch die Vergütungszahlung ausgeglichen. Nur wer im Interesse des Arbeitgebers und auf dessen Wunsch hin Aufwendungen macht, die durch keine Vergütung abgegolten werden, kann Ersatz dieser Aufwendungen verlangen (vgl. stellvertretend für die st. Rspr. des BAG dessen Urt. v. 16.10.2007 – 9 AZR 170/07, NJW 2008, 1612). Die Aufwendungen für Fahrten von seinem Wohnort zur regelmäßigen Arbeitsstätte hat grundsätzlich der Arbeitnehmer selbst und nicht sein Arbeitgeber zu tragen. Dies gilt auch bei wechselnden Einsatzorten (vgl. LAG Hamm, Urt. v. 16.07.2008 – 2 Sa 1797/07; a. A. wohl LAG Köln, Urt. v. 24.10.2006 – 13 Sa 881/06 für den Weg zwischen dem Betrieb des Verleihers und der jeweiligen Einsatzstätte und LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.08.2001 – 12 Sa 50/01). Wie auch der Manteltarifvertrag Zeitarbeit in § 8.7 klarstellt, bedarf es für einen von diesem Grundsatz abweichenden Erstattungsanspruch daher einer besonderen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, die im Sinne des umfassenden Rechtsbegehrens des Klägers auf Erstattung aller Fahrtauslagen gerade nicht vorliegt.

Ein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung steht dem Kläger nach alldem nicht zu. Die Berufung war somit als unbegründet zurückzuweisen.

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