Oberlandesgericht Zweibrücken
Az: 1 SsBs 24/11
Beschluss vom 25.08.2011
In dem Bußgeldverfahren gegen pp. wegen Verkehrsordnungswidrigkeit hier: Rechtsbeschwerde hat der Senat für Bußgeldsachen des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken .(§ 80a Abs. 1 OWG) am 25. August 2011 beschlossen:
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Speyer vom 15. April 2011 dahin geändert, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.
2. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
3. Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Die Gebühr für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird um die Hälfte ermäßigt. Die Landeskasse trägt die Hälfte der im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Auslagen einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen.
Gründe:
I. Die Bußgeldrichterin des Amtsgerichts Speyer hat den Betroffenen am 15. April 2011 wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit — Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 41 km/h — zu einer Geldbuße von 320,00 € verurteilt und ein Fahrverbot von 1 Monat gegen ihn festgesetzt (§§ 41 Abs. 2, 49 StVO, § 24, 24 a Abs. 2 und 3, 25 Abs. 1 StVG). Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen.
II.
Die aus Antrag und Begründung zweifelsfrei zu entnehmende Beschränkung des Rechtsmittels ist (lediglich) insoweit wirksam, als sie den Schuldspruch insgesamt von der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht ausnimmt. Die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils bilden eine hinreichende Grundlage für die rechtliche Überprüfung der Rechtsfolgenentscheidung. Einer weitergehenden Einschränkung des Umfangs der Anfechtung innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs auf die Anordnung des Fahrverbots muss dagegen die Anerkennung versagt bleiben. Wegen der Wechselwirkungen zwischen Fahrverbot und Geldbuße kann die Rechtsbeschwerde grundsätzlich nicht auf eine der beiden Rechtsfolgen beschränkt werden (Göhler, OWiG, 15. Aufl., § 79 Rdnr. 9 m. w. Nachw.).
Der danach veranlassten Nachprüfung hält das angefochtene Urteil hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldbuße stand. Zwar lässt das Urteil Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen vermissen, die angesichts der Höhe der verhängten Geldbuße grundsätzlich erforderlich wären (Göhler, a.a.O. § 17 Rdnr 24 m.w.N.). Allerdings sind fehlende Angaben unschädlich, wenn eine geringere Geldbuße unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen im Hinblick auf ausreichend dargelegte Voreintragungen im Verkehrszentralregister ausgeschlossen werden kann (Vgl. OLG Frankfurt a. M., NZV 2002, 135). So liegt der Fall hier. Der Verkehrszentralregisterauszug für den Betroffenen weist drei einschlägige Voreintragungen aus, wobei die Tatzeiten im Juni 2008, im April 2009 und im Juni 2009 lagen. Ohne die Verhängung des zweifachen Regelsatzes des nach dem BKatV vorgesehenen Regelsatzes ist der Betroffene offensichtlich nicht in ausreichendem Maße zu erreichen.
Keinen Bestand haben kann jedoch die Anordnung eines. Fahrverbots. Das Fahrverbot ist als so genannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen (BVerfGE 27, 36), um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweiligen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln. Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot — auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter — aber nur erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Nach einem längeren Zeitablauf verliert der spezialpräventive Charakter eines Fahrverbots seine eigentliche Bedeutung, so dass nur noch der Charakter als Funktionsinhalt übrig bleibt (vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 03.06.2004, 2 Ss 112/04 und vom 23.07.2007, 2 Ss 224/04 — juris).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei einer Tat, die ein Jahr und neun Monate zurückliegt, die Anordnung eines Fahrverbots als Warnungs¬ und Besinnungsstrafe nicht mehr geeignet (BGH ZfS 2004, 133). Etwas anderes kann nach der Rechtsprechung nur gelten, wenn der erhebliche Zeitablauf zwischen der Tat und der Verhängung des Fahrverbots dem Angeklagten anzulasten ist (BayObLG NZV 2004, 210).
Vorliegend beträgt der seit der Tat am 6. November 2009 verstrichene Zeitablauf mehr als ein Jahr und neun Monate. Dabei ist auch die zwischen dem angefochtenen Urteil und der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts verstrichene Zeit bei der Prüfung der Frage, ob wegen Zeitablaufs von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen ist, zu berücksichtigen (vgl. KG ,VRS 113, 69 ff).Anhaltspunkte, dass der Betroffene das Verfahren in unlauterer Weise verzögert hat, sind nicht erkennbar. Insbesondere kann der Gebrauch der im OWiG und in der StPO eingeräumten Rechte dem Betroffenen nicht als Verfahrensverzögerung entgegen gehalten werden.
Nach diesem Zeitablauf kann das Fahrverbot seinen spezialpräventiven Charakter vorliegend nicht mehr entfalten. Es liegen auch keine besonderen Umstände für die Annahme vor, dass zu einer nach wie vor erforderlichen erzieherischen Einwirkung auf den Täter die Verhängung eines Fahrverbots neben der Hauptstrafe unbedingt erforderlich ist.
Die Kostenfolgen ergeben sich aus § 79 Abs. 3 OWiG, 473 Abs. 1 und 4 StPO.