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Fahrverbote – Schonfrist und parallele Vollstreckung

Amtsgericht Viechtach

Az: 6 II OWi 818/11

Beschluss vom 14.10.2011


In dem Bußgeldverfahren gegen pp. wegen Entscheidung gg. Zulässigkeit d. Vollstreckung §§ 103, 62 OWiG erlässt das Amtsgericht Viechtach durch die Richterin am Amtsgericht am 14.10.2011 folgenden Beschluss

I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 21.09.2011 wird als unbegründet zurückgewiesen.

II. Der Betr. hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

I. D. Betr. wendet sich mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Berechnung der Fahrverbotsfrist durch die Verwaltungsbehörde nach Verhängung zweier Fahrverbote.

Mit Bußgeldbescheid vom 05.05.2011 hat die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt gegen d. Betr. ein Fahrverbot von 1 Monat festgesetzt. Zugleich hat die Verwaltungsbehörde gemäß § 25 Abs. 2a StVG bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Der Bußgeldbescheid ist seit 08.08.2011 rechtskräftig.

Mit weiterem Bußgeldbescheid vom 06.06.2011 ist gegen d. Betr. erneut ein Fahrverbot von 1 Monat festgesetzt worden. Zugleich hat die Verwaltungsbehörde wiederum gemäß § 25 Abs. 2a StVG bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Der Bußgeldbescheid ist ebenfalls seit 08.08.2011 rechtskräftig.

D. Betr. hat den Führerschein am 09.09.2011 in amtliche Verwahrung gegeben und ist der Meinung, die Frist für beide Fahrverbote müsse ab der Ablieferung des Führerscheins in amtliche Verwahrung berechnet werden. Die Fahrverbote seien parallel zu vollziehen. Demgegenüber vertritt die Verwaltungsbehörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung, die Frist für das weitere Fahrverbot schließe an den Vollzug des zuerst rechtskräftig gewordenen Fahrverbots an. Dem Betroffenen stehe aber eine weitere 4-Monatsfrist zur neuerlichen Führerscheinabgabe zu.

II.

Der gemäß §§ 103 Abs.1 Nr. 1, 62 OWiG zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet.

Gemäß § 25 Abs. 2a StVG sind die Fristen der gegen den Betroffenen verhängten Fahrverbote nacheinander in der Reihenfolge der Rechtskraft der Bußgeldentscheidungen zu berechnen. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2a StVG liegen vor. Nach Erlass eines Bußgeldbescheides mit der Ausnahmeregelung nach § 25 Abs. 2 a StVG ist gegen den Betroffenen ein weiteres Fahrverbot nach § 25 2 a StVG verhängt worden. Die beiden Fahrverbote können nach ständiger Rechtsprechung des Amtsgerichts Viechtach (statt vieler AG Viechtach vom 04.03.2008, Az.: 7 II OWi 307108) nicht zeitgleich vollzogen werden.

§ 25 Abs. 2a StVG ist durch Änderungsgesetz vom 26.1.1998 eingefügt worden. Die frühere Rechtsprechung zum Parallelvollzug mehrerer Fahrverbote ist, soweit die gesetzliche Neuregelung greift, überholt. Der Gesetzeszweck der Neuregelung, Missbrauch durch willkürliche Zusammenlegung mehrerer Fahrverbote zu vermeiden, trifft auch im vorliegenden Fall zu.

Durch den Nacheinandervollzug von zwei Fahrverboten nach § 25 Abs. 2a (oder § 25 Abs. 2 und § 25 Abs. 2a StVG) kann der weniger hartnäckige Verkehrssünder (Ersttäter) zwar in Einzelfällen schlechter gestellt sein als der Betroffene, gegen den 2 Fahrverbote nach § 25 Abs. 2 StVG (Wiederholungstäter) oder § 44 StGB (Straftäter) zu vollstrecken sind. Diese Möglichkeit haben bereits Albrecht (a.a.O.) und Deutscher (NZV 1999,111, 115) erörtert und als noch sachgerecht bzw. folgerichtig bezeichnet. Die mit der 4-Monatsfrist bewirkte Besserstellung des Betroffenen wird, um Missbräuche auszuschließen, durch eine mit dem Nacheinandervollzug verbundene Schlechterstellung des Betroffenen kombiniert. Der Gesetzgeber hat also versucht. Vor- und Nachteile auszugleichen. Damit ist ein sachlicher Grund gegeben, der eine Ungleichbehandlung bzw. eine Schlechterstellung des über § 25 Abs. 2a Satz 1 StVO privilegierten Betroffenen gegenüber dem mit zwei Fahrverboten nach § 25 Abs. 2 StVG oder § 44 StGB Betroffenen rechtfertigt.

Hier ist auch zu berücksichtigen, dass eine Zusammenlegung bei privilegierten Fahrverboten wesentlich einfacher zu bewerkstelligen wäre, die Missbrauchgefahr mithin bei Vorliegen auch nur eines privilegierten Fahrverbotes wesentlich höher ist, als bei „normalen“ Fahrverboten.

Das gleichzeitige Eintreten der Rechtskraft hindert nicht den Nacheinander-Vollzug gern. § 25 Abs. 2a StVG (vgl. auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39, Aufl., StVO, § 25, Rz. 30). § 25 Abs. 2a StVO bestimmt vorrangig, dass die Fahrverbote ,,nacheinander zu berechnen sind. Sinn und Zweck von § 25 Abs. 2a S. 2 StVG ist, einen möglichen Missbrauch durch ein Zusammenlegen von Fahrverboten zu verhindern. Entgegen Krumm, DAR 2008 Seite 54 f. ist somit auch bei gleichzeitiger Rechtskraft ein Nacheinander-Vollzug zu bejahen. Ansonsten würde der Sinn und Zweck der Norm konterkariert und überdies von der Rechtsfolgenseite der Norm auf deren tatbestandliche Voraussetzungen geschlossenen werden. Die Reihenfolge der Rechtskraft ist nämlich nicht Voraussetzung der Norm, sondern lediglich Rechtsfolge. Die Unklarheit der Bestimmung auf Rechtfolgenseite kann durch sachgerechte Auslegung geschlossen werden, insofern als ein sachgerechter Nacheinandervollzug der Fahrverbote zu erfolgen hat.

Da dem Betroffenen in beiden Fällen die Viermonatsfrist gemäß § 25 Abs. 2a S. 1 StVG gewährt wurde, steht dem Betroffenen in dem noch zu vollziehenden Fahrverbot allerdings, wie bereits von der Verwaltungsbehörde festgestellt, die 4-Monatsfrist zur Abgabe des Führerscheins zu.

Kosten: § 62 Abs. 2 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.

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