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Fahrverbotsfrist – Haftzeiten eines Freigängers – Einrechnung

Oberlandesgericht Köln

Az: 2 Ws 233/07

Beschluss vom 11.05.2007


Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten ( § 473 Abs. 1 StPO) verworfen.

Gründe

I.
Das Amtsgericht Aachen verhängte mit Urteil vom 18.7.2003, rechtskräftig seit dem 10.11.2003, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 44 StGB ein Fahrverbot von 3 Monaten. Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 18.9.2003 ununterbrochen teils in Untersuchungshaft, teils in Strafhaft. Seit dem 10.10.2006 verbüßt er Strafhaft im offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Euskirchen. Gemeinsamer 2/3-Termin der zu vollstreckenden Strafen ist der 16.7.2008.

Der Beschwerdeführer ist seit dem 27.11.2006 zur Arbeitssuche bei externen Arbeitgebern zu gelassen und geht nach seinem Vorbringen seither einer Tätigkeit als Reinigungskraft mit 40 Wochenstunden nach.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 19.2.2007 hat der Verurteilte die Feststellung des Ablaufs der Fahrverbotsfrist seit dem 27.2.2007 und die Herausgabe des bei der Staatsanwaltschaft Aachen verwahrten Führerscheines beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die im offenen Vollzug verbrachte Haftzeit müsse in die Verbotsfrist eingerechnet werden. Da er als „Berufsfreigänger“ nicht „in einer Anstalt verwahrt werde“, sei § 44 Abs. 3 Satz 2 StGB nicht anzuwenden, was im übrigen auch Sinn und Zweck des Fahrverbotes widerspreche, weil es ihn unter den Bedingungen des offenen Vollzuges genauso treffe wie einen in Freiheit befindlichen Berufspendler. Die mit dem Fahrverbot verbundenen Erschwernisse (Angewiesensein auf den öffentlichen Personennahverkehr mit entsprechend langen Fahrtzeiten) widersprächen auch dem Resozialisierungsgedanken.

Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer diese Anträge zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Verurteilte seine Anträge weiter.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 462 Abs. 3 StPO statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Das Landgericht hat es zurecht abgelehnt, die Haftzeit des Beschwerdeführers im offenen Vollzug in die Fahrverbotsfrist einzurechnen. Das Landgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung zutreffend auf das Urteil des BGH vom 27.10.2004 – 5 StR 130/04 (NStZ 05, 265) gestützt, in dem ausgeführt ist, dass Freigang im offenen Vollzug als Verwahrung in einer Anstalt anzusehen ist. Der BGH hat hiervon ausdrücklich auch den Fall der Außenbeschäftigung (vgl § 11 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG) nicht ausgenommen.

Zwar bezieht sich die Entscheidung des BGH auf die Verjährungsregelung des § 66 Abs. 4 S. 4 StGB, nach der bei Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in die sog. Fünfjahresfrist Zeiten der Verwahrung in einer Anstalt nicht einzurechnen sind, weil der Täter sich in dieser Zeit nicht in Freiheit bewähren kann. Es ist aber schon wegen des Gebots der Einheit der Rechtsordnung nicht gerechtfertigt, die gleichlautenden Gesetzesbestimmungen in § 66 Abs. 4 StGB und § 44 Abs. 3 StGB unterschiedlich auszulegen.
Rechtsprechung und Schrifttum verstehen die Regelung in § 44 Abs. 3 S. 2 StGB ganz überwiegend im Sinne der vorgenannten Entscheidung des BGH.

(OLGe Stuttgart NStZ 83,429 und 573; Frankfurt NJW 84, 812; LK-Geppert, StGB, 12. Aufl. 2006, § 44 Randnr.62; Schönke/Schröder-Stree, StGB, 27. Aufl., § 44 Randnr.22; Tröndle/Fischer, StGB, 54.Aufl. 2007, § 44 Randnr 18; MK-Athing, StGB 2003, § 44 Randnr.18; Lackner-Kühl, StGB, 25.Aufl., § 44 Randnr. 11; SK-Horn, StGB 2001, § 44 Randnr. 14; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 44 StGB, Randnr. 17; ders., Trunkenheit, Entziehung der Fahrerlaubnis, Fahrverbot, 9. Aufl. 2003, § 44 StGB, Randnr. 944; Jagow/Burmann/Janiszewski, Straßenverkehrsrecht, 18. Aufl. 2004, § 44 StGB, Randnr.11; aA : NK-Herzog, StGB, 2001, § 44 Randnr.42; Kulemeier, Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis, S.87).
Die Nichtanrechnung von Haftzeiten eines Freigängers in die Fahrverbotsfrist nach § 44 Abs. 4 S. 2 StGB ist aber auch nach Sinn und Zweck der Bestimmung sachgerecht. Auch der Strafgefangene, der einer Außenbeschäftigung nachgehen darf, unterliegt der Kontrolle. Wer kontrolliert wird, ist nicht frei (vgl BGH aaO). Nach § 14 StVollzG kann der Anstaltsleiter für Lockerungen Weisungen erteilen, die bei Nichtbefolgung die Zurücknahme der Lockerungen zur Folge haben können. Die Weisungen können sich bei Freigängern namentlich auf die Benutzung von PKW’s erstrecken und erfordern eine Prüfung des Einzelfalles (vgl. OLG Frankfurt, NsTZ 91,407; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 9. Aufl., § 14 Randnr.1; enger: OLG Stuttgart NStZ 83, 573 und Schwind/Böhm, StVollzG, 2. Aufl., § 14 Randnr. 3, die die Kfz-Benutzung nur in begründeten Ausnahmefällen zulassen wollen).
Soweit nach der Darstellung des Beschwerdeführers die Justizvollzugsanstalt Euskirchen den Gebrauch des eigenen PKW für Fahrten zur Arbeitsstelle und während des Urlaubs ohne weitere Auflagen gewährt ( was nach der Auffassung des Senats mit dem Erfordernis einer ermessensgerechten Einzelfallprüfung gerade im Falle des Beschwerdeführers, der wegen betrügerischer Herbeiführung von Verkehrsunfällen und Geldwäschedelikten im Zusammenhang mit der Hehlerei hochwertiger Kraftfahrzeuge verurteilt worden ist, mit dem Erfordernis einer ermessensgerechten Einzelfallprüfung schwerlich vereinbar erscheint ), schließt eine solche Praxis den Widerruf oder Einschränkungen einer solchen Erlaubnis bei Missbrauch gleichwohl nicht aus.
Das bringt die eingeschränkte Freiheit des Beschwerdeführers deutlich zum Ausdruck.

Die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung würde darüber hinaus auch die im Vollstreckungsrecht erforderliche Sicherheit bei der Berechenbarkeit von Fristen gefährden.

Die von der Strafvollstreckungskammer vertretene und vom Senat gebilligte Auffassung ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Das in § 2 StVollzG definierte, auf dem Resozialisierungsgedanken beruhende Vollzugsziel ist nicht ernstlich tangiert, wenn das Fahrverbot erst nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Haft wirkt. Genauso, wie er seinen Arbeitsplatz derzeit offensichtlich mit Nahverkehrsmitteln erreichen kann, wird ihm dies auch nach der Haftentlassung möglich sein. Damit verbundene längere Fahrzeiten mögen unbequem und lästig sein, die jedoch in gleicher Weise einen in Freiheit befindlichen Arbeitnehmer treffen, der sich kein Auto leisten kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

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