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Fahrzeugbeschädigung durch herabfallendes Werbeschild – Schadensersatzansprüche

Ein Windstoß, ein fallendes Werbeschild – Blechschaden auf dem Firmenparkplatz. Doch für den Betreiber wurde es weit mehr als das: Das Landgericht Meiningen verhandelte die Frage, wer für die Sicherheit auf Firmengeländen geradestehen muss. Ein unerwarteter Schaden am Auto eines Besuchers rückte die oft unterschätzte Verkehrssicherungspflicht in den Fokus.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 O 302/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Meiningen
  • Datum: 29.12.2021
  • Aktenzeichen: 2 O 302/21
  • Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht (Verkehrssicherungspflicht)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Prüfingenieur, der Schadensersatz wegen eines Vorfalls auf dem Firmengelände der Beklagten fordert.
  • Beklagte: Eine Firma, auf deren Gelände sich der Vorfall ereignete.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Prüfingenieur parkte sein Auto auf dem Firmengelände der Beklagten, während er dort arbeitete. Ein Werbeschild der Beklagten löste sich und fiel auf das Auto, wodurch dieses beschädigt wurde.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Beklagte ihre Pflicht zur Sicherung ihres Geländes (Verkehrssicherungspflicht) verletzt hat und deshalb für den Schaden am Auto des Klägers haften muss.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beklagte wurde größtenteils zur Zahlung von Schadensersatz an eine Bank (für das beschädigte Fahrzeug) und direkt an den Kläger verurteilt. Es wurde zudem festgestellt, dass die Beklagte auch für zukünftige Schäden aus dem Unfall haftet. Ein kleiner Teil der Klage wurde abgewiesen.
  • Folgen: Die Beklagte muss die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn der Kläger eine Sicherheit leistet.

Der Fall vor Gericht


Haftung für heruntergefallenes Werbeschild am Landgericht Meiningen

Das Landgericht Meiningen hat in einem Urteil entschieden, dass ein Unternehmen für Schäden haftbar ist, die durch ein herabfallendes Werbeschild auf seinem Firmengelände entstanden sind.

Fallendes Werbeschild gefährdet PKW: Sachschaden, Haftung, Verkehrssicherheit, Schadensersatzansprüche, Versicherung.
Haftung für herabfallendes Werbeschild | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Die Entscheidung betont die Verkehrssicherungspflicht von Grundstückseigentümern und deren Verantwortung für die Sicherheit von Besuchern und deren Eigentum.

Der Vorfall auf dem Firmengelände

Am 17. September 2020 befand sich der Kläger, ein Prüfingenieur, beruflich auf dem Gelände der Beklagten. Er parkte seinen Skoda Octavia auf dem ausgewiesenen Parkplatz des Unternehmens, um in der Werkshalle Hauptuntersuchungen durchzuführen. Während seiner Abwesenheit ereignete sich der schadenstiftende Vorfall.

Gegen 12:50 Uhr löste sich ein Werbeschild der beklagten Firma von seinem Befestigungsmast. Das Schild fiel auf den geparkten PKW des Klägers und verursachte dabei Schäden im vorderen linken Bereich des Fahrzeugs, insbesondere am Spiegel, Kotflügel und der Fahrzeugecke.

Entdeckung des Schadens

Der Kläger selbst beobachtete das Herabfallen des Schildes nicht direkt. Er wurde jedoch von der Geschäftsführerin der Beklagten informiert und zum Parkplatz gebeten. Dort stellten beide fest, dass das Werbeschild vom Mast gefallen war und nun am beschädigten Fahrzeug des Klägers lehnte.

Details zum Werbeschild

Bei dem herabgefallenen Objekt handelte es sich um ein Werbeschild mit einem Gewicht zwischen fünf und zehn Kilogramm. Es war ursprünglich im Jahr 2010 auf dem Firmengelände montiert worden. Ein wichtiger Aspekt, der im Verfahren eine Rolle spielte, war die Vorgeschichte des Schildes.

Unstreitig war zwischen den Parteien, dass sich das Schild bereits etwa fünf Jahre vor dem aktuellen Vorfall schon einmal aus seiner Halterung gelöst hatte. Dieser Umstand war für die Beurteilung der Sorgfaltspflichten der Beklagten von erheblicher Bedeutung.

Schadensermittlung und Bezifferung

Zur Feststellung des Schadensumfangs ließ der Kläger ein Sachverständigengutachten erstellen. Dieses Gutachten bezifferte die notwendigen Netto-Reparaturkosten auf 4.727,26 Euro. Zusätzlich wurde ein Merkantiler Minderwert des Fahrzeugs in Höhe von 350,00 Euro festgestellt.

Für die Erstellung dieses Gutachtens musste der Kläger Kosten in Höhe von 876,61 Euro aufwenden. Darüber hinaus machte er eine allgemeine Unkostenpauschale von 30,00 Euro geltend, die üblicherweise bei der Abwicklung von Unfallschäden anfällt.

Finanzierung des Fahrzeugs und Prozessführung

Das beschädigte Fahrzeug des Klägers war über die Škoda Bank finanziert. Aufgrund einer Sicherungsübereignung standen die Schadensersatzansprüche bezüglich der Reparaturkosten formal der Bank zu. Die Bank ermächtigte den Kläger jedoch ausdrücklich, diese Ansprüche in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen (sogenannte Prozessstandschaft), mit der Auflage, die Zahlung direkt an die Bank zu leisten.

Streitpunkt: Ursache und Verantwortlichkeit

Der Kläger argumentierte, das Schild habe sich aufgrund einer unsachgemäßen Befestigung gelöst. Er vermutete, dass bereits ein leichter Windstoß ausgereicht habe, um das Schild aus den Halterungsprofilen zu drücken. Er wies darauf hin, dass keine sichtbaren Schrauben vorhanden gewesen seien, die eine sichere Fixierung gewährleistet hätten.

Besonders belastend führte der Kläger an, die Geschäftsführerin der Beklagten habe ihm gegenüber spontan geäußert, das Schild sei „nun schon das dritte Mal heruntergefallen“. Dies hätte ein klares Bewusstsein für die mangelhafte Befestigung und die daraus resultierende Gefahr aufseiten der Beklagten gezeigt.

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Aus Sicht des Klägers hätte die Beklagte aufgrund des bereits bekannten, früheren Vorfalls handeln müssen. Sie hätte entweder das Schild regelmäßig und engmaschig kontrollieren oder es sicherheitshalber demontieren und gegebenenfalls durch eine stabilere Konstruktion ersetzen müssen. Das Unterlassen dieser Maßnahmen stelle eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar.

Die Wetterbedingungen am Schadentag seien laut Kläger normal gewesen, lediglich leichter Wind habe geherrscht. Eine außergewöhnliche Wettersituation als Ursache schloss er damit aus.

Die Entscheidung des Landgerichts Meiningen

Das Gericht folgte im Wesentlichen der Argumentation des Klägers und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz. Es sah die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht als erwiesen an. Insbesondere der unstreitige Umstand, dass das Schild bereits zuvor herabgefallen war, begründete eine erhöhte Sorgfaltspflicht der Beklagten.

Zugesprochene Zahlungen

Die Beklagte wurde verurteilt, die Netto-Reparaturkosten in Höhe von 4.727,26 Euro direkt an die finanzierende Škoda Bank zu zahlen. Zinsen hierauf sind seit dem 23. Mai 2021 geschuldet.

An den Kläger selbst muss die Beklagte weitere Zahlungen leisten:

  1. 1.251,61 Euro: Dieser Betrag setzt sich voraussichtlich aus den Gutachterkosten (876,61 €), dem Minderwert (350 €) und der Unkostenpauschale (ca. 25-30 €) zusammen, wobei die genaue Aufschlüsselung durch das Gericht im Urteilstenor nicht detailliert ist. Zinsen hierauf laufen seit Rechtshängigkeit.
  2. 571,44 Euro: Die Herkunft dieses Betrags wird im vorliegenden Auszug nicht erläutert, könnte aber beispielsweise vorgerichtliche Anwaltskosten oder Nutzungsausfallentschädigung umfassen. Zinsen hierauf sind ebenfalls seit dem 23. Mai 2021 zu zahlen.

Feststellung zukünftiger Schäden

Ein wichtiger Punkt des Urteils ist die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche noch entstehenden Schäden aus dem Unfallereignis vom 17. September 2020 zu ersetzen. Dies sichert den Kläger für den Fall ab, dass Spätfolgen oder weitere, bisher nicht absehbare Schäden auftreten.

Kosten des Rechtsstreits

Die Kosten des gesamten Gerichtsverfahrens wurden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, allerdings nur gegen Leistung einer Sicherheit durch den Kläger. Ein kleiner Teil der Klage wurde abgewiesen, was sich jedoch nicht auf die wesentlichen Schadenspositionen auswirkte.

Bedeutung des Urteils für Betroffene

Für Grundstückseigentümer und Unternehmen

Dieses Urteil unterstreicht die hohe Verantwortung, die Eigentümer von Grundstücken und darauf befindlichen Anlagen tragen. Die Verkehrssicherungspflicht verlangt, dass alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen werden, um Schäden Dritter zu verhindern. Dies gilt insbesondere für potenziell gefährliche Installationen wie Werbeschilder.

Wurden Mängel oder Gefahrenquellen bereits einmal erkannt – wie hier durch das frühere Herabfallen des Schildes –, verschärfen sich die Anforderungen an die Kontroll- und Instandhaltungspflichten. Ein bloßes Ignorieren bekannter Risiken führt zur Haftung. Regelmäßige Inspektionen und fachgerechte Reparaturen sind unerlässlich.

Für Geschädigte

Personen, deren Eigentum auf fremdem Grund durch herabfallende Gegenstände oder andere Gefahrenquellen beschädigt wird, haben gute Chancen auf Schadensersatz, wenn dem Eigentümer eine Verletzung seiner Sicherungspflichten nachgewiesen werden kann.

Die Beweislast kann sich umkehren, wenn feststeht, dass sich eine Gefahr aus dem Herrschaftsbereich des Eigentümers verwirklicht hat. Dann muss der Eigentümer darlegen und beweisen, dass er alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat. Die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden bietet Geschädigten zudem eine wichtige Absicherung gegen unvorhergesehene Spätfolgen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass Eigentümer von Grundstücken und Geschäftsflächen für die Verkehrssicherheit ihrer Werbeschilder verantwortlich sind und bei Verletzung dieser Pflicht für entstandene Schäden haften müssen, besonders wenn ähnliche Vorfälle bereits in der Vergangenheit aufgetreten sind. Die Quintessenz liegt darin, dass bei einem herabfallenden Werbeschild auf einem Geschäftsgrundstück der Beweis des ersten Anscheins für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung spricht. Für Geschädigte ist bedeutsam, dass sie bei entsprechenden Schadensfällen auch als Fahrzeughalter mit finanziertem Fahrzeug Ansprüche geltend machen können, wobei neben Reparaturkosten auch weitere Schadenspositionen wie Wertminderung, Gutachterkosten und Unkostenpauschalen durchsetzbar sind.

Benötigen Sie Hilfe?

Sind Sie von einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht betroffen?

Als Grundstückseigentümer tragen Sie die Verantwortung, dass von Ihrem Grundstück keine Gefahren ausgehen. Kommt es zu Schäden durch mangelhafte Instandhaltung oder unzureichende Sicherung, können Sie haftbar gemacht werden. Auch Geschädigte haben bei Verletzung dieser Pflichten Anspruch auf Schadensersatz, insbesondere wenn bereits bekannte Mängel ignoriert wurden.

Wir unterstützen Sie bei der Prüfung Ihrer individuellen Situation, der Durchsetzung Ihrer Ansprüche oder der Abwehr unberechtigter Forderungen. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren Ihren Fall präzise und entwickeln eine maßgeschneiderte Strategie, um Ihre Interessen optimal zu vertreten. Kontaktieren Sie uns für eine erste Einschätzung.

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Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wer ist verantwortlich, wenn ein Werbeschild herunterfällt und Schaden verursacht?

Wenn ein Werbeschild herunterfällt und dadurch jemand verletzt wird oder etwas beschädigt wird, stellt sich die Frage, wer dafür geradestehen muss. Grundsätzlich verantwortlich ist die Person oder das Unternehmen, das dafür sorgen muss, dass von dem Werbeschild keine Gefahr ausgeht.

Die wichtige Rolle der Verkehrssicherungspflicht

Im Mittelpunkt steht hier die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet: Wer eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält – wie zum Beispiel ein Werbeschild an einer Fassade oder auf einem Mast –, muss alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, damit niemand durch diese Gefahrenquelle zu Schaden kommt.

Für ein Werbeschild heißt das konkret:

  • Es muss fachgerecht montiert sein.
  • Es muss regelmäßig auf seinen Zustand überprüft werden (z.B. auf feste Verankerung, Materialermüdung, Rost). Der Umfang und die Häufigkeit der Kontrollen hängen von der Art, Größe und dem Standort des Schildes ab.
  • Es muss gewartet und bei Bedarf repariert werden.

Wird diese Pflicht verletzt, zum Beispiel weil das Schild nicht ordnungsgemäß befestigt war oder weil notwendige Kontrollen oder Reparaturen unterblieben sind, kann die verantwortliche Person oder das Unternehmen zum Schadensersatz verpflichtet sein.

Wer genau trägt die Verantwortung?

Die Verantwortung liegt meist bei demjenigen, der die Kontrolle über das Werbeschild hat und für dessen Sicherheit sorgen muss. Das können sein:

  • Der Eigentümer des Grundstücks oder Gebäudes, an dem das Schild angebracht ist. Er hat grundsätzlich die Pflicht, dafür zu sorgen, dass von seinem Eigentum keine Gefahren für andere ausgehen.
  • Der Betreiber der Werbeanlage, also das Unternehmen, das das Schild aufgestellt hat oder für eigene Zwecke nutzt (z.B. eine Werbeagentur, der Mieter eines Ladenlokals oder das beworbene Unternehmen selbst). Oft wird die Verkehrssicherungspflicht vertraglich vom Eigentümer auf den Betreiber übertragen.

Es können auch mehrere Personen oder Unternehmen gleichzeitig verantwortlich sein. Wer letztlich haftet, hängt von den genauen Umständen des Einzelfalls und eventuellen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten ab. Entscheidend ist, wer die Pflicht zur Sicherung des Schildes hatte und diese nachweislich verletzt hat.

Wann besteht eine Haftung?

Eine Haftung für den entstandenen Schaden entsteht in der Regel, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Die Verkehrssicherungspflicht wurde verletzt (z.B. durch mangelhafte Montage, fehlende Wartung oder unzureichende Kontrolle).
  2. Durch das Herunterfallen des Schildes ist ein Schaden entstanden (z.B. eine Körperverletzung, beschädigte Kleidung oder ein demoliertes Auto).
  3. Die Pflichtverletzung war die Ursache für den Schaden. Es muss also ein direkter Zusammenhang bestehen.
  4. Der Verantwortliche hat fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt. Fahrlässigkeit liegt schon dann vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet wurde – also wenn man hätte erkennen können und müssen, dass eine Gefahr besteht (z.B. durch sichtbare Schäden am Schild oder dessen Befestigung).

Im Streitfall muss der Geschädigte typischerweise nachweisen, dass ein Schaden entstanden ist und dieser durch das herabfallende Schild verursacht wurde. Gelingt dies, muss oft der Verantwortliche beweisen, dass er seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt hat, also alle zumutbaren Maßnahmen zur Sicherung getroffen hat.

Wann kann die Haftung ausgeschlossen oder gemindert sein?

Es gibt Situationen, in denen der Verantwortliche trotz eines Schadens nicht oder nur teilweise haftet:

  • Höhere Gewalt: Wenn das Schild nachweislich durch ein völlig unvorhersehbares und unabwendbares Naturereignis (z.B. ein Orkan von außergewöhnlicher Stärke, der statistisch extrem selten ist) herunterfällt, kann die Haftung entfallen. Normale Stürme oder starker Wind gelten in der Regel nicht als höhere Gewalt, da Werbeanlagen so konstruiert und gewartet sein müssen, dass sie üblichen Witterungsbedingungen standhalten.
  • Kein Verschulden: Kann der Verantwortliche lückenlos nachweisen, dass er alle notwendigen und zumutbaren Sicherungsmaßnahmen getroffen hat (z.B. regelmäßige, dokumentierte fachmännische Kontrollen und Wartungen entsprechend den technischen Vorgaben) und das Herunterfallen trotzdem nicht verhindern konnte, liegt möglicherweise kein Verschulden vor und eine Haftung entfällt.
  • Mitverschulden des Geschädigten: Hat die geschädigte Person selbst zur Entstehung oder zur Höhe des Schadens beigetragen (z.B. durch bewusstes Ignorieren von Absperrungen oder eindeutigen Warnhinweisen), kann ihr Anspruch auf Schadensersatz entsprechend ihrem Verschuldensanteil gekürzt werden oder unter Umständen sogar ganz entfallen.

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Was bedeutet Verkehrssicherungspflicht im Zusammenhang mit Werbeschildern?

Die Verkehrssicherungspflicht ist eine grundlegende rechtliche Verantwortung. Sie besagt, dass derjenige, der eine potenzielle Gefahrenquelle schafft oder unterhält – wie zum Beispiel ein Grundstück mit einem darauf montierten Werbeschild – dafür sorgen muss, dass Dritte (Passanten, Fahrzeuge etc.) durch diese Gefahrenquelle nicht zu Schaden kommen. Es geht darum, vorhersehbare und vermeidbare Gefahren abzuwenden.

Im Zusammenhang mit Werbeschildern bedeutet das konkret für den Verantwortlichen (in der Regel der Grundstückseigentümer oder derjenige, der das Schild betreibt): Er muss sicherstellen, dass das Schild so angebracht und instand gehalten wird, dass es nicht herabfallen und dadurch Personen verletzen oder Sachen beschädigen kann.

Welche Maßnahmen sind erforderlich?

Um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, müssen Verantwortliche zumutbare und erforderliche Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören typischerweise:

  • Fachgerechte Montage: Das Werbeschild muss von Anfang an stabil und sicher befestigt werden. Dies sollte idealerweise durch Fachpersonal erfolgen, das die örtlichen Gegebenheiten (Windlast, Untergrund etc.) berücksichtigt.
  • Regelmäßige Kontrollen: Das Schild und seine Befestigung müssen in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Wie oft kontrolliert werden muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Größe und Art des Schildes, dem Alter, dem Material und den Witterungsbedingungen am Standort. Nach Stürmen, starkem Schneefall oder bei sichtbaren Alterungserscheinungen (z.B. Rost) sind oft zusätzliche Kontrollen notwendig.
  • Wartung und Reparatur: Werden bei einer Kontrolle Mängel festgestellt (z.B. lockere Schrauben, Risse, Korrosion), müssen diese unverzüglich behoben werden. Ist eine sofortige Reparatur nicht möglich, muss die Gefahrenstelle abgesichert werden (z.B. durch Absperrungen), bis das Schild repariert oder entfernt ist.

Was passiert bei einer Verletzung der Pflicht?

Wird die Verkehrssicherungspflicht verletzt, hat das ernste Konsequenzen:

  • Haftung für Schäden: Fällt ein Werbeschild herab, weil es nicht ordnungsgemäß montiert oder ausreichend kontrolliert und gewartet wurde, und wird dadurch jemand verletzt oder eine Sache (z.B. ein Auto) beschädigt, haftet der Verantwortliche für den entstandenen Schaden. Er muss dann Schadensersatz leisten (z.B. Reparaturkosten, Schmerzensgeld). Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich insbesondere im § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
  • Beweislast: Im Streitfall muss der Geschädigte zwar nachweisen, dass der Schaden durch das herabfallende Schild entstanden ist. Der Verantwortliche für das Schild muss dann aber unter Umständen darlegen und beweisen können, dass er alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um seiner Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Kann er das nicht, wird in der Regel von einer Pflichtverletzung ausgegangen.

Für Sie bedeutet das: Wenn Sie ein Werbeschild aufstellen oder auf Ihrem Grundstück haben, tragen Sie eine Verantwortung für dessen Sicherheit. Regelmäßige Sorgfalt bei Montage und Kontrolle ist entscheidend, um Gefahren für andere und mögliche Haftungsansprüche zu vermeiden.


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Welche Rolle spielt die vorherige Ablösung des Werbeschildes bei der Haftung?

Die Tatsache, dass sich ein Werbeschild bereits zuvor einmal gelöst hat, spielt eine sehr wichtige Rolle für die Frage, wer bei einem erneuten Herabfallen und dadurch verursachten Schaden haftet.

Erhöhte Sorgfaltspflicht durch bekannten Mangel

Grundsätzlich gilt: Wer eine potenzielle Gefahrenquelle schafft oder unterhält – wie zum Beispiel ein Werbeschild an einer Fassade – hat eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet, er muss dafür sorgen, dass von dieser Quelle keine Gefahr für andere ausgeht und alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden zu verhindern.

Wenn sich nun ein Werbeschild schon einmal gelöst hat, ist das ein deutliches Warnsignal für den Verantwortlichen (z.B. den Eigentümer des Gebäudes oder den Betreiber der Werbeanlage). Er weiß dann oder muss zumindest damit rechnen, dass die Befestigung möglicherweise nicht (mehr) sicher ist. Dieses Wissen erhöht seine Sorgfaltspflicht erheblich. Er muss dann besonders gründlich prüfen, die Ursache für die erste Ablösung finden und sicherstellen, dass das Schild dauerhaft und sicher befestigt wird. Eine nur oberflächliche oder provisorische Reparatur reicht in der Regel nicht aus. Es sind möglicherweise auch häufigere und genauere Kontrollen notwendig als bei einer Anlage ohne bekannte Vorschäden.

Auswirkungen auf die Haftung bei erneutem Schaden

Kommt es trotz dieses bekannten Vorschadens erneut zu einer Ablösung des Schildes und entsteht dadurch ein Schaden (z.B. an einem geparkten Auto oder durch Verletzung einer Person), wiegt das Verschulden des Verantwortlichen schwerer.

  • Fahrlässigkeit wird wahrscheinlicher: Gerichte gehen in solchen Fällen eher davon aus, dass der Verantwortliche seine erhöhten Sorgfaltspflichten verletzt hat. Man unterstellt ihm dann leichter Fahrlässigkeit, weil er die bekannte Gefahr nicht ausreichend beseitigt oder kontrolliert hat. Fahrlässigkeit bedeutet vereinfacht gesagt, dass man die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen hat.
  • Haftung für den Schaden: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Verantwortliche für den entstandenen Schaden vollumfänglich haften und Schadensersatz leisten muss, ist dadurch deutlich höher, als wenn das Schild ohne jegliche Vorwarnung zum ersten Mal herabgefallen wäre.

Für Sie bedeutet das: Ein früherer, ähnlicher Vorfall ist ein starkes Indiz dafür, dass der Verantwortliche einer besonderen Pflicht zur Prüfung und Sicherung hätte nachkommen müssen. Hat er dies nachweislich versäumt, kann ihn das für den erneuten Schaden haftbar machen. Die genaue Beurteilung hängt aber immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, beispielsweise von der Art der ersten Reparatur und den danach durchgeführten Kontrollen.


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Welche Schäden können nach einem solchen Vorfall geltend gemacht werden?

Wenn durch ein herabfallendes Werbeschild ein Schaden entsteht, haben Betroffene grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der dadurch verursachten Nachteile. Ziel des Schadensersatzes ist es, Sie so zu stellen, als wäre der Schaden nie eingetreten. Hier ein Überblick über die typischen Schadensarten, die geltend gemacht werden können:

Schäden an Ihrem Eigentum (Sachschäden)

Wurde Ihr Eigentum beschädigt, zum Beispiel Ihr Auto, Fahrrad oder andere Gegenstände, können verschiedene Kostenpositionen ersatzfähig sein:

  • Reparaturkosten: Die Kosten, die notwendig sind, um den beschädigten Gegenstand wieder instand zu setzen. Sie können wählen, ob Sie den Gegenstand tatsächlich reparieren lassen (und die Rechnung einreichen) oder ob Sie sich die geschätzten Reparaturkosten auszahlen lassen (fiktive Abrechnung auf Basis eines Kostenvoranschlags oder Gutachtens). Bei sehr alten oder stark beschädigten Gegenständen (wirtschaftlicher Totalschaden) werden die Reparaturkosten oft nur bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ersetzt.
  • Wiederbeschaffungskosten: Ist eine Reparatur nicht möglich oder unwirtschaftlich (Totalschaden), können Sie die Kosten für die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzgegenstands verlangen. Vom Wiederbeschaffungswert wird in der Regel der Restwert des beschädigten Gegenstands abgezogen.
  • Wertminderung: Auch nach einer fachgerechten Reparatur, insbesondere bei Fahrzeugen, kann ein Wertverlust verbleiben, da es sich nun um einen „Unfallwagen“ handelt. Diese merkantile Wertminderung kann ebenfalls als Schaden geltend gemacht werden.
  • Gutachterkosten: Die Kosten für ein unabhängiges Sachverständigengutachten zur Feststellung der Schadenshöhe sind meist erstattungsfähig, wenn das Gutachten zur Bezifferung und Durchsetzung des Anspruchs notwendig ist. Bei sehr kleinen Schäden (Bagatellschäden, oft unter ca. 750 – 1000 Euro) werden Gutachterkosten nicht immer übernommen, hier kann ein Kostenvoranschlag ausreichen.
  • Nutzungsausfallentschädigung: Können Sie einen für Sie wichtigen Gegenstand, wie Ihr Auto, aufgrund der Beschädigung vorübergehend nicht nutzen, steht Ihnen für die Dauer der Reparatur oder Wiederbeschaffung möglicherweise eine Entschädigung für den Nutzungsausfall zu. Voraussetzung ist, dass Sie den Gegenstand tatsächlich hätten nutzen wollen und können.
  • Mietwagenkosten: Alternativ zur Nutzungsausfallentschädigung können Sie – wenn erforderlich – die Kosten für einen Mietwagen für die Ausfallzeit erstattet bekommen. Hierbei ist auf die Angemessenheit der Kosten zu achten (z.B. Anmietung eines klassenniedrigeren Fahrzeugs).
  • Weitere Kosten: Auch notwendige Nebenkosten wie Abschleppkosten, An- und Abmeldegebühren bei einem Totalschaden oder eine allgemeine Unkostenpauschale (für Telefon, Porto etc., meist ca. 25-30 Euro) können ersatzfähig sein.

Kosten und Entschädigungen bei Verletzungen (Personenschäden)

Sollten Sie oder eine andere Person durch das herabfallende Werbeschild verletzt worden sein, kommen weitere Schadenspositionen hinzu:

  • Heilbehandlungskosten: Alle Kosten für ärztliche Behandlungen, Krankenhausaufenthalte, Medikamente, Therapien (z.B. Physiotherapie), die nicht von der Krankenkasse oder anderen Versicherungen übernommen werden.
  • Verdienstausfall: Wenn Sie aufgrund der Verletzung vorübergehend oder dauerhaft nicht arbeiten können, haben Sie Anspruch auf Ersatz des entgangenen Einkommens.
  • Schmerzensgeld: Für die durch die Verletzung erlittenen Schmerzen, Leiden und Beeinträchtigungen der Lebensqualität kann eine angemessene finanzielle Entschädigung verlangt werden. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von der Schwere und Dauer der Verletzungen sowie deren Folgen ab.
  • Vermehrte Bedürfnisse: Entstehen durch die Verletzung dauerhaft zusätzliche Kosten, z.B. für Pflege, Haushaltshilfen oder behindertengerechte Umbauten, sind auch diese als Schaden zu ersetzen.
  • Haushaltsführungsschaden: Können Sie Ihren Haushalt verletzungsbedingt nicht mehr oder nur eingeschränkt führen, kann auch hierfür ein finanzieller Ausgleich gefordert werden.

Wie weisen Sie die Schäden nach?

Um Ihre Ansprüche erfolgreich geltend machen zu können, ist es entscheidend, die entstandenen Schäden und deren Höhe nachzuweisen. Hierfür sind Belege unerlässlich:

  • Bei Sachschäden: Bewahren Sie Rechnungen (Reparatur, Mietwagen, Abschleppdienst), Kostenvoranschläge und insbesondere das Sachverständigengutachten sorgfältig auf. Fotos von den Beschädigungen sind ebenfalls sehr hilfreich.
  • Bei Personenschäden: Sammeln Sie alle ärztlichen Atteste, Berichte und Gutachten, die Ihre Verletzungen und deren Behandlung dokumentieren. Zum Nachweis von Verdienstausfall benötigen Sie Gehaltsabrechnungen oder Einkommensnachweise. Rechnungen über Heilbehandlungskosten und andere Auslagen sind ebenfalls wichtig.

Grundsätzlich gilt: Je besser Sie den Schaden und seine Höhe dokumentieren können, desto einfacher ist es in der Regel, den entsprechenden Ersatz zu erhalten.


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Wie kann ich meine Ansprüche auf Schadensersatz nachweisen und durchsetzen?

Wenn Ihnen durch ein herabfallendes Werbeschild ein Schaden entstanden ist, stellt sich die Frage, wie Sie Ersatz dafür erhalten können. Grundsätzlich gilt: Wer Schadensersatz fordert, muss beweisen können, dass ein Schaden entstanden ist und dass der andere dafür verantwortlich ist. Hier erklären wir Ihnen die üblichen Schritte, wie Ansprüche nachgewiesen und durchgesetzt werden können.

Schritt 1: Beweise sichern – Das Fundament Ihres Anspruchs

Direkt nach dem Vorfall ist es entscheidend, so viele Beweise wie möglich zu sammeln. Diese dienen dazu, den Hergang und den entstandenen Schaden später nachvollziehen zu können. Wichtige Beweismittel sind:

  • Fotos oder Videos: Machen Sie unmittelbar Aufnahmen vom Ort des Geschehens. Fotografieren Sie das herabgefallene Schild, die Stelle, an der es befestigt war, den entstandenen Schaden (z.B. an Ihrem Auto, Fahrrad oder Verletzungen) und die Umgebung. Detaillierte Bilder sind oft sehr hilfreich.
  • Zeugen: Sprechen Sie Personen an, die den Vorfall beobachtet haben. Notieren Sie sich deren Namen und Kontaktdaten. Zeugenaussagen können später entscheidend sein, um den Hergang zu bestätigen.
  • Eigene Notizen: Schreiben Sie den genauen Zeitpunkt, den Ort und die Umstände des Vorfalls auf (z.B. Wetterbedingungen wie starker Wind). Eine Gedächtnisstütze ist wertvoll, da Details mit der Zeit verblassen können.
  • Belege sammeln: Bewahren Sie alle Rechnungen und Belege auf, die im Zusammenhang mit dem Schaden stehen. Das können Reparaturrechnungen, Kostenvoranschläge, Arztrechnungen, Quittungen für Medikamente oder auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sein.

Schritt 2: Den Schaden beziffern – Die Rolle eines Gutachtens

Um die genaue Höhe des Schadens festzustellen, kann ein Sachverständigengutachten erforderlich sein, insbesondere bei größeren Sachschäden (z.B. an einem Fahrzeug) oder bei Verletzungen.

  • Ein unabhängiger Gutachter untersucht den Schaden und ermittelt die voraussichtlichen Reparaturkosten, eine eventuelle Wertminderung des beschädigten Gegenstands oder im Falle von Verletzungen die Behandlungskosten und mögliche Folgeschäden.
  • Das Gutachten dient nicht nur zur Bezifferung des Schadens, sondern kann auch Hinweise zur Ursache des Schadens geben (z.B. ob das Schild unsachgemäß befestigt war).
  • Ein solches Gutachten ist ein wichtiges Beweismittel, um die Höhe Ihrer Forderung gegenüber dem Verantwortlichen oder dessen Versicherung zu untermauern.

Schritt 3: Ansprüche geltend machen – Von der Einigung bis zur Klage

Haben Sie den Schaden dokumentiert und bestenfalls beziffert, geht es darum, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

  • Anspruch anmelden: In der Regel wenden Sie sich schriftlich an den Verantwortlichen (z.B. den Eigentümer des Gebäudes, an dem das Schild hing) oder direkt an dessen Haftpflichtversicherung, falls diese bekannt ist. Schildern Sie den Vorfall, legen Sie Beweise vor (z.B. Kopien von Fotos und Rechnungen) und fordern Sie den Ersatz des Schadens. Es ist üblich, dafür eine Frist zu setzen.
  • Außergerichtliche Einigung: Oft wird versucht, eine Einigung ohne Einschaltung eines Gerichts zu erzielen. Die Versicherung des Verantwortlichen prüft den Fall und Ihre Forderungen. Wenn die Haftung anerkannt wird, kann es zu einer Einigung kommen, oft in Form eines Vergleichs. Dies ist meist der schnellste und kostengünstigste Weg.
  • Gerichtliches Verfahren: Scheitert eine außergerichtliche Einigung, weil der Verantwortliche oder seine Versicherung die Zahlung verweigert oder nur einen Teil zahlen will, bleibt die Möglichkeit, den Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Sie müssten dann Klage beim zuständigen Gericht einreichen.
  • Beweislast im Prozess: Vor Gericht müssen Sie als Klägerin oder Kläger beweisen, dass Ihnen durch das herabfallende Schild ein Schaden entstanden ist und dass der Beklagte dafür verantwortlich ist. Hier kommen die gesammelten Beweise (Fotos, Zeugen, Gutachten, Belege) zum Tragen. Der Beklagte wiederum kann versuchen zu beweisen, dass er seine Pflichten (wie die regelmäßige Kontrolle des Schildes) nicht verletzt hat.

Das Nachweisen und Durchsetzen von Schadensersatzansprüchen erfordert Sorgfalt bei der Beweissicherung und ein strukturiertes Vorgehen bei der Geltendmachung Ihrer Forderungen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Verkehrssicherungspflicht

Die Verkehrssicherungspflicht ist die rechtliche Pflicht einer Person, dafür zu sorgen, dass von einer Sache oder einem Ort, über den sie die Kontrolle hat, keine vermeidbaren Gefahren für Dritte ausgehen. Wer ein Grundstück besitzt, ein Gebäude betreibt oder auch nur eine potenzielle Gefahrenquelle schafft (z. B. eine Baustelle), muss die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden bei anderen zu verhindern. Diese Pflicht ergibt sich meist aus § 823 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Im vorliegenden Fall hatte die beklagte Firma die Verkehrssicherungspflicht für ihr Firmengelände und insbesondere für das Werbeschild, da sie dieses kontrollierte und davon eine Gefahr ausging. Die Verletzung dieser Pflicht führte zur Haftung, weil das Schild nicht ausreichend gesichert war, obwohl bereits bekannt war, dass es sich schon einmal gelöst hatte.

Beispiel: Ein Hauseigentümer muss im Winter den Gehweg vor seinem Haus streuen, um zu verhindern, dass Passanten auf Glatteis ausrutschen und sich verletzen.


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Merkantiler Minderwert

Der merkantile Minderwert bezeichnet einen Wertverlust, der einer Sache (insbesondere einem Fahrzeug) auch nach einer vollständigen und fachgerechten Reparatur anhaftet. Er entsteht, weil ein repariertes Unfallfahrzeug auf dem Gebrauchtwagenmarkt in der Regel einen geringeren Verkaufspreis erzielt als ein vergleichbares unfallfreies Fahrzeug. Dieser „Makel“ des Unfalls mindert den Wert, selbst wenn technisch alles wieder einwandfrei ist. Dieser Schaden ist Teil des ersatzfähigen Schadens nach § 249 ff. BGB. Im konkreten Fall wurde für den beschädigten Skoda des Klägers ein solcher merkantiler Minderwert von 350 Euro durch ein Gutachten festgestellt und von der Beklagten eingefordert.

Beispiel: Sie verkaufen Ihr Auto, das nach einem Heckschaden perfekt repariert wurde. Ein Käufer ist aber nur bereit, 1.000 Euro weniger zu zahlen als für ein identisches Modell ohne Unfallhistorie – diese Differenz ist der merkantile Minderwert.


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Sicherungsübereignung

Die Sicherungsübereignung ist eine Methode zur Kreditsicherung. Dabei überträgt der Kreditnehmer (Sicherungsgeber) das Eigentum an einer beweglichen Sache (z. B. einem Auto) an den Kreditgeber (Sicherungsnehmer, z. B. eine Bank), darf die Sache aber weiterhin besitzen und nutzen. Anders als beim Pfandrecht bleibt die Sache also beim Schuldner. Die Eigentumsübertragung dient nur als Sicherheit für den Fall, dass der Kredit nicht zurückgezahlt wird. Im Text war das Fahrzeug des Klägers an die Škoda Bank sicherungsübereignet, weshalb die Bank formal Eigentümerin des Autos und damit Inhaberin der Schadensersatzansprüche bezüglich der Reparaturkosten war.

Beispiel: Ein Unternehmen nimmt einen Kredit auf und übereignet zur Sicherheit eine Maschine an die Bank. Das Unternehmen arbeitet weiter mit der Maschine, aber die Bank ist rechtlich gesehen Eigentümerin, bis der Kredit getilgt ist.


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Prozessstandschaft

Prozessstandschaft bedeutet, dass eine Person (der Prozessstandschafter) im eigenen Namen ein Recht geltend macht, das eigentlich einer anderen Person zusteht. Dies ist nur in bestimmten Fällen zulässig, insbesondere wenn der eigentliche Rechtsinhaber den Prozessstandschafter dazu ermächtigt hat (sog. gewillkürte Prozessstandschaft). Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt die allgemeinen Voraussetzungen für die Prozessführung. Im Fall des Werbeschilds war der Kläger (Prüfingenieur) nicht Eigentümer des Schadensersatzanspruchs für die Reparaturkosten (dies war wegen der Sicherungsübereignung die Bank), wurde aber von der Bank ermächtigt, diesen Anspruch in eigenem Namen vor Gericht gegen die beklagte Firma durchzusetzen.

Beispiel: Ein Mieter wird von seinem Vermieter ermächtigt, im eigenen Namen gegen einen anderen Mieter wegen Ruhestörung vorzugehen, obwohl das Recht auf Einhaltung der Hausordnung primär dem Vermieter zusteht.


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Feststellung zukünftiger Schäden

Die Feststellung zukünftiger Schäden ist ein Teil eines Gerichtsurteils, bei dem das Gericht feststellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auch für solche Schäden aufzukommen, die aus dem schädigenden Ereignis resultieren, aber erst in der Zukunft eintreten oder erkennbar werden. Dies ist wichtig, wenn noch nicht alle Folgen einer Handlung absehbar sind (z. B. Spätfolgen bei Verletzungen oder hier möglicherweise noch nicht entdeckte Schäden am Auto). Eine solche Feststellungsklage nach § 256 ZPO sichert den Kläger ab, damit er nicht später erneut klagen muss, wenn sich weitere Schäden zeigen und die Verjährungsfrist möglicherweise schon abgelaufen ist. Im Urteil des LG Meiningen wurde festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger alle künftigen Schäden ersetzen muss, die noch aus dem Vorfall mit dem Werbeschild entstehen könnten.

Beispiel: Nach einem ärztlichen Behandlungsfehler klagt ein Patient auf Schmerzensgeld. Da unklar ist, ob dauerhafte gesundheitliche Probleme auftreten werden, beantragt er zusätzlich die Feststellung, dass der Arzt auch für alle zukünftigen, noch nicht absehbaren Behandlungskosten haften muss.


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Rechtshängigkeit

Rechtshängigkeit bezeichnet den Zeitpunkt, ab dem eine Klage bei Gericht offiziell anhängig ist und dem Beklagten zugestellt wurde. Mit Eintritt der Rechtshängigkeit (§ 261 Zivilprozessordnung – ZPO) treten bestimmte rechtliche Wirkungen ein. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Verjährung des eingeklagten Anspruchs gehemmt wird (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und dass ab diesem Zeitpunkt oft Zinsen auf die Geldforderung verlangt werden können (sog. Prozesszinsen gemäß § 291 BGB). Im vorliegenden Fall wurde die Beklagte verurteilt, Zinsen auf einen Teil des Schadensersatzes (1.251,61 Euro) ab Eintritt der Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

Beispiel: Sie reichen am 10. Mai eine Klage auf Zahlung von 500 Euro ein. Das Gericht stellt die Klageschrift dem Beklagten am 25. Mai zu. Ab dem 25. Mai ist die Klage rechtshängig, und Sie können ab diesem Datum Prozesszinsen auf die 500 Euro verlangen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 823 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Schadensersatzpflicht: Diese Vorschrift begründet eine Schadensersatzpflicht, wenn durch eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung Rechtsgüter wie Eigentum verletzt werden. Wer eine Verkehrssicherungspflicht hat, muss Gefahrenquellen beseitigen oder ausreichend sichern, um Schäden Dritter zu verhindern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das herabfallende Werbeschild der Beklagten beschädigte das Auto des Klägers. Entscheidend ist, ob die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht bezüglich des Schildes verletzt hat und dadurch den Schaden schuldhaft verursacht hat.
  • Verkehrssicherungspflicht: Als Grundstückseigentümerin oder -besitzerin hat die Beklagte die Pflicht, ihr Grundstück in einem Zustand zu erhalten, der die Sicherheit von Personen und Sachen vor vermeidbaren Schäden schützt. Dies umfasst auch die Pflicht, bauliche Anlagen wie Werbeschilder so zu sichern, dass sie keine Gefahr darstellen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte musste sicherstellen, dass das Werbeschild ordnungsgemäß befestigt war und keine Gefahr für parkende Fahrzeuge darstellte. Das Gericht prüft, ob die Beklagte dieser Pflicht genügt hat, insbesondere angesichts des Vorfalls vor fünf Jahren.
  • § 249 Abs. 1 BGB (Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands): Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, muss den Zustand wiederherstellen, der bestehen würde, wenn der Schaden verursachende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Dies bedeutet primär die Reparatur des beschädigten Gegenstands oder die Zahlung des dafür erforderlichen Geldbetrages. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten und des Minderwerts seines Fahrzeugs, um den Zustand vor dem Schadenereignis wirtschaftlich wiederherzustellen. Das Urteil verpflichtet die Beklagte zur Zahlung dieser Kosten.
  • § 276 Abs. 2 BGB (Fahrlässigkeit): Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird. Im Kontext der Verkehrssicherungspflicht bedeutet dies, dass der Pflichtige diejenigen Maßnahmen ergreifen muss, die ein vernünftiger und umsichtiger Mensch in der gleichen Situation ergreifen würde, um Schäden zu vermeiden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht muss beurteilen, ob die Beklagte fahrlässig gehandelt hat, indem sie das Werbeschild nicht ausreichend gewartet oder kontrolliert hat, insbesondere nach dem vorherigen Herabfallen. Die Aussage der Geschäftsführerin könnte hier ein Indiz für Fahrlässigkeit sein.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Grundstücks- und Firmeninhaber zum Thema Verkehrssicherungspflicht

Ihr Firmengelände wird täglich von Kunden, Lieferanten, Besuchern oder Mitarbeitern genutzt. Schnell kann es dabei zu Unfällen kommen, etwa durch lose Teile, Hindernisse oder rutschige Wege. Als Betreiber tragen Sie eine grundlegende Verantwortung für die Sicherheit auf Ihrem Areal.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Regelmäßige Kontrollen durchführen
Überprüfen Sie Ihr gesamtes Gelände inklusive aller Bauten und Installationen (z.B. Schilder, Zäune, Bäume, Beleuchtung, Wege) regelmäßig auf mögliche Gefahrenquellen. Achten Sie besonders auf lose Teile, Instabilität, Stolperfallen oder mangelhafte Beleuchtung.

⚠️ ACHTUNG: Unterlassene oder nur oberflächliche Kontrollen erhöhen Ihr Haftungsrisiko erheblich. Im Schadensfall müssen Sie nachweisen können, Ihrer Pflicht nachgekommen zu sein.


Tipp 2: Gefahren beseitigen und dokumentieren
Stellen Sie bei Kontrollen Mängel oder Gefahren fest, sorgen Sie umgehend für deren fachgerechte Beseitigung. Dokumentieren Sie sowohl die Kontrollen (Was wurde wann geprüft?) als auch die durchgeführten Reparatur- und Wartungsarbeiten sorgfältig (Was wurde wann von wem repariert?).

Beispiel: Ein Protokoll über die jährliche Prüfung der Standfestigkeit von Werbemasten, die Reparatur von Schlaglöchern im Parkplatz oder die regelmäßige Entfernung von Laub auf Gehwegen kann im Streitfall entscheidend sein.


Tipp 3: Wetterbedingungen berücksichtigen
Passen Sie Ihre Sicherungsmaßnahmen an die aktuelle Witterung an. Bei Sturm müssen lose Gegenstände gesichert oder entfernt werden, bei Schnee und Eis besteht Streu- und Räumpflicht auf Wegen und Parkflächen. Denken Sie auch an Gefahren durch herabfallende Äste oder Dachlawinen.


Tipp 4: Warnhinweise anbringen
Können Gefahrenquellen nicht sofort beseitigt werden (z.B. eine temporäre Baustelle, eine frisch gewischte Fläche, ein nicht geräumter Bereich), müssen Sie Besucher deutlich und unmissverständlich darauf hinweisen. Nutzen Sie hierfür Absperrungen, gut sichtbare Warnschilder oder Piktogramme.

⚠️ ACHTUNG: Ein einfacher Hinweis genügt oft nicht, wenn die Gefahr trotzdem leicht übersehen werden kann oder besonders gravierend ist. Die Warnung muss der konkreten Gefahr angemessen sein.


Tipp 5: Zuständigkeiten klar regeln
Gerade bei größeren Arealen oder wenn Teile vermietet sind: Legen Sie klar fest, wer für welche Bereiche und welche Kontroll- bzw. Wartungsaufgaben zuständig ist. Unklare Verantwortlichkeiten führen oft zu Lücken in der Sicherheit.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Ein häufiger Irrtum ist die Annahme, die Pflicht gelte nur während der üblichen Geschäftszeiten. Die Verkehrssicherungspflicht besteht grundsätzlich rund um die Uhr, solange das Gelände zugänglich ist. Auch die Art der Nutzung (z.B. Lieferverkehr, Kundenparkplatz, Fußwege) bestimmt den Umfang der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen.

Checkliste: Verkehrssicherungspflicht auf dem Firmengelände

  • Sind regelmäßige Kontrollintervalle für das Gelände und alle Aufbauten festgelegt?
  • Werden Kontrollen und Reparaturen lückenlos dokumentiert?
  • Sind alle Schilder, Masten, Zäune und sonstigen Außenanlagen fest und stabil?
  • Gibt es einen klaren Plan für Winterdienst und Sicherung bei Sturm?
  • Sind potenzielle Gefahren (z.B. Baustellen, Rutschgefahr) ausreichend abgesichert oder gekennzeichnet?

Das vorliegende Urteil


LG Meiningen – Az.: 2 O 302/21 – Urteil vom 29.12.2021


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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