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Fahrzeugsbeschädigungen durch Baum – Versicherungspflichtverletzung

Oberlandesgericht Frankfurt/Main

Az: 1 U 30/07

Urteil vom 27.06.2007

Vorinstanz: Landgericht Frankfurt – Az.: 2-04 O 309/06


In dem Rechtsstreit hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2007 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.12.2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Denn es ist nicht hinreichend dargetan, dass die Beklagte eine schuldhafte Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht begangen hat, auf welcher der vom Kläger geltend gemachte Schaden – Dellen im Autodach mit Reparaturwert von 1.500 Euro – beruht.

1. Es erscheint bereits ganz erheblich zweifelhaft, ob die Beklagte unter den hier obwaltenden Gegebenheiten ihre Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt hat, dass sie die Platane nicht mittels eines Hubwagens auf ihren Zustand kontrolliert hat. Zwar mag jeder Baum im innerstädtischen Grün eine mögliche Gefahrenquelle dergestalt darstellen, dass Astteile herabfallen können. Dies rechtfertigt aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen; eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt vielmehr nur dann vor, wenn bei der gebotenen regelmäßigen Kontrolle Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen (BGH, Urt. v. 04.03.2004 – III ZR 225/03 -, NJW 2004, 1381 unter 2.a der Gründe). Dabei ist – wie stets im Bereich der Verkehrssicherungspflicht seitens der öffentlichen Hand – auch der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit und finanziellen Machbarkeit in die Betrachtung einzubeziehen. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung zur Notwendigkeit der sicheren und freien Benutzung von Verkehrswegen in einer Stadt sind deshalb in dieser Allgemeinheit rechtlich gänzlich unbehelflich.

Besondere Gegebenheiten, weshalb über die hier seitens der Beklagten vorgenommene fachlich qualifizierte Inaugenscheinnahme vom Boden aus – eine solche reicht grundsätzlich aus, vgl. BGH, a.a.O. – eine Kontrolle mittels Hubwagen hätte durchgeführt werden müssen, sieht der Senat nicht. Eine solche Besonderheit ergibt sich – anders als der Kläger meint – nicht bereits allein aus der Höhe des Baumes, von dem der Ast abgebrochen ist. Die Fälle, in denen die Rechtsprechung eine Kontrolle von einem Hubwagen aus für erforderlich gehalten hat, sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass weitere, zusätzliche Umstände hinzugetreten sind, die eine besondere, nachhaltige Nachschau als geboten erscheinen ließen. Dies gilt insbesondere für den Sachverhalt, welcher der vom Kläger angeführten Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 07.03.2000 – 2 U 58/99 -, NJW-RR 2000, 1696 zugrunde lag.

Der Baum dort war nicht nur 20 Meter hoch, sondern es gab insbesondere Anhaltspunkte dafür, dass der Baum schadhaft sein könnte (a.a.O., [juris Rn. 4]). Auch in einer späteren Entscheidung desselben Gerichts (Urt. v. 17.07.2001 – 2 U 99/00 -, MDR 2000, 93 [juris Rn. 8]) wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass solche Bäume, die aufgrund ihrer besonderen Situation (Standort, Alter etc.) ein besonderes Gefährdungspotential darstellen, bei einer dichten, den Blick auf höher-gelegene Äste versperrenden Krone mittels eines Hubwagens zu untersuchen sind. Eine derartige Verpflichtung wird auch in Fällen bejaht, in denen der Verkehrssicherungspflichtige die Bäume über Jahre nicht durch einen regelmäßigen Schnitt gepflegt hat, oder in denen es um einen exponierten Standort geht mit der Gefahr schwerer Schäden bis hin zur Tötung eines Menschen (so OLG Koblenz, Urt. v. 25.02.2002 – 12 U 1214/00 -, NVwZ-RR 2002, 782 [juris Rn. 15, 17]). Dass solche besonderen Voraussetzungen hier gegeben gewesen wären, hat der Kläger nicht vorgetragen, insbesondere fehlt jeder Hinweis auf die Erkennbarkeit einer besonderen Gefährdungssituation. Der Senat weist darauf hin, dass die Örtlichkeit, an der sich der Schadensfall ereignete, gerichtsbekannt ist.

2. Selbst wenn man die schuldhafte Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht seitens der Beklagten annehmen wollte, fehlt es an jeglicher Darlegung des Klägers, dass bei der von ihm für erforderlich angesehenen Kontrolle des Baums mittels eines Hubwagens der heruntergestürzte Ast als schadhaft entdeckt worden wäre, so dass die Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung für eine beim Kläger eingetretene Rechtsgutverletzung zu bejahen wäre, die Rechtsgutverletzung und damit der Schaden also auf der vom Kläger geltend gemachten Verletzung der Verkehrssicherungspflicht beruhte. Für diese Ursächlichkeit ist entgegen den Ausführungen auf S. 3 der Berufungsbegründung der Kläger darlegungs- und beweispflichtig, ohne dass ihm Beweiserleichterungen, etwa aufgrund eines als typisch anzusehenden Geschehensablaufes, zugute kommen (s. BGH, a.a.O., unter 3. der Gründe; Senat, Beschl. v. 17.04.2007 – 1 U 178/06 -, amtl. Umdr. S. 2). Zweifel an der Möglichkeit, den Ast als schadhaft zu entdecken, ergeben sich insbesondere daraus, dass es sich bei dem einen heruntergefallenen Ast – anders als in den in der zitierten Rechtsprechung behandelten Fällen – um einen relativ kleinen Ast von lediglich ca. 75 cm Länge und ca. 3,5 cm Durchmesser handelte. Zwar mag ein solches Aststück geeignet gewesen sein, Dellen im Dach des Pkw des Klägers zu verursachen.

Nach seiner Beschaffenheit spricht aber nichts dafür, dass er bei einer Kontrolle mittels eines Hubwagens, die sich im Rahmen dessen, was der Beklagten angesichts des Fehlens jeglicher sonstiger Anhaltspunkte für eine Schädigung des Baums an Aufwand zumutbar war, naturgemäß nicht mit jedem kleineren Ast befassen konnte (vgl. Brandenburgisches OLG, Urt. v. 17.07.2001 – 2 U 99/00 -, a.a.O.), als schadhaft entdeckt worden wäre.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

4. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).x

 

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