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Fahrzeugkauf – Kaufpreisübergabe an Autohausmitarbeiter

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az: I-1 U 239/07

Urteil vom 28.04.2008


Auf die Berufung des Klägers wird das am 04.10.2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 44.861,97 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.08.2007 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.530,58 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens, werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Gründe:

I.
Die Beklagte betreibt in Braunschweig ein Handelsunternehmen, welches sich u.a. mit dem Verkauf von Reisemobilen beschäftigt. Eine „Filiale“ der Beklagten befindet sich in Mülheim a.d. Ruhr. Dort war ab Anfang 2006 der Zeuge D. S. als „Filialleiter“ beschäftigt. In einem Verkaufsprospekt der Beklagten (Bl. 41 d.A.) wurde der Zeuge S. als Leiter der „Niederlassung in Mülheim a.d. Ruhr“ bezeichnet. Im September/Oktober 2006 interessierte sich der Kläger für ein Reisemobilfahrzeug des Typs „G. G. P“. Alleiniger Ansprechpartner für den Kläger bzw. den für ihn handelnden Zeugen R. J. war der Zeuge S.. Am 07.09.2006 unterzeichnete der Zeuge R. J. in Vertretung des Klägers ein als „Verbindliche Bestellung“ bezeichnetes Schriftstück (Bl. 5 d.A.). In diesem Schriftstück war ein Fahrzeugkalkulationswert von 43.731 € ausgewiesen. Unten rechts in einem separaten Textfeld heißt es u.a. wörtlich: „Die Verkaufsangestellten sind nur bei schriftlicher Ermächtigung zur Annahme von Zahlungen befugt. An diese Bestellung bin ich/sind wir 6 Wochen gebunden. Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn B. Caravan die Annahme der Bestellung des näher bezeichneten Kaufgegenstandes innerhalb dieser Frist schriftlich bestätigt hat oder die Lieferung ausgeführt ist.“ Die Beklagte übersandte von ihrem Haupthaus in Braunschweig aus eine „Auftragsbestätigung“ mit Datum vom 20.10.2006. In dem Schreiben teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Fahrzeug erst im Jahre 2007 geliefert werden könne. Unter Berücksichtigung des erhöhten Mehrwertsteuersatzes ergebe sich sodann ein erhöhter Endpreis i.H.v. 44.861,97 €. Zudem lehnte die Beklagte mit diesem Schreiben eine Inzahlungnahme eines gebrauchten Fahrzeuges ab. Ferner heißt es in dem Schreiben, dass die Beklagte mit dem Kläger gemeinsam die weitere Abwicklung abstimmen werde, sobald das bestellte Fahrzeug eingetroffen sei. Am 06.02.2007 teilte der Zeuge S. dem Kläger telefonisch mit, dass das Fahrzeug zur Abholung bereitstünde. Der Zeuge R. J. erschien am 08.02.2007 in Mülheim in den Räumlichkeiten der dortigen Niederlassung der Beklagten und händigte dem Zeugen S. den Kaufpreis i.H.v. 44.861,97 € in bar aus. Das Reisemobil, welches sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Gelände in Mülheim befand, wurde dem Zeugen J. nicht übergeben, weil noch diverse Umbauarbeiten ausgeführt werden sollten. Der Zeuge S. leitete den erhaltenen Bargeldbetrag nicht an die Beklagte weiter. Vielmehr setzte er sich ab und war eine zeitlang flüchtig. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in erster Instanz befand er sich in Untersuchungshaft, u.a. wegen des hier streitigen Geschehens. Der Verbleib des Geldes ist unbekannt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten wirksam erfüllt zu haben. Hierzu hat er behauptet, der Zeuge S. sei seitens der Beklagten bevollmächtigt gewesen, den Kaufpreis in Empfang zu nehmen. Jedenfalls ergäbe sich eine Inkassobevollmächtigung aus dem Gesichtspunkt der Duldungs- und/oder Anscheinsvollmacht. Der Zeuge S. habe sich nach außen hin wie ein Stellvertreter der Beklagten geriert. Dies habe der Beklagten auffallen müssen. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 56 HGB vor. Der in der Bestellung enthaltene Hinweis auf die Erforderlichkeit einer schriftlichen Empfangsvollmacht sei unwirksam, weil ungewöhnlich und im Hinblick auf das Auftreten des Zeugen S. überraschend. Ferner sei dieser Passus in dem Formular falsch eingeordnet und versteckt. Zudem habe der Zeuge S. dem Zeugen R. J bei der Geldübergabe eine schriftliche Geldempfangsvollmacht der Beklagten vorgelegt. Diese könne aber allerdings möglicherweise auch gefälscht gewesen sein.

Mit der Klage hat der Kläger zunächst Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs verlangt. Mit Schriftsatz seines anwaltlichen Bevollmächtigten vom 24.07.2007 hat er gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Er hat daraufhin seine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie Ersatz vorprozessual entstandener Anwaltskosten geändert.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 44.861,97 € sowie weitere 1.530,58 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.08.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Zeuge S. sei weder bevollmächtigt gewesen, Verträge zu Lasten der Beklagten abzuschließen noch Gelder in Empfang zu nehmen. Er habe vor diesem Vorfall auch niemals Bargeld von Kunden angenommen. Insbesondere sei dem Zeugen S. eine schriftliche Inkassovollmacht nicht erteilt worden. Eine solche sei dem Zeugen J. auch nicht vorgelegt worden. Allenfalls habe es sich dabei um ein gefälschtes Schriftstück gehandelt. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen für die Annahme einer Duldungs- und/oder Anscheinsvollmacht lägen im Hinblick hierauf nicht vor. Der Kläger könne sich auch nicht auf § 56 HGB berufen, weil dieser Rechtscheinstatbestand durch den ausdrücklichen Hinweis auf dem Bestellformular ausgeräumt worden sei.

Das Landgericht hat die Zeugen R. und H. J., Z. und S. vernommen und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Voraussetzung für ein Rücktrittsrecht des Klägers und einen hieraus resultierenden Rückzahlungsanspruch sei, dass die Beklagte das Geld erhalten habe. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die Beklagte müsse sich die Barzahlung an den Zeugen S. nicht zurechnen lassen. Dieser sei nämlich nicht bevollmächtigt gewesen, für die Beklagte Gelder in Empfang zu nehmen. Eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht habe nicht bestanden, was sich aus der Aussage des Zeugen S. ergebe. Eine Duldungsvollmacht sei nicht anzunehmen, da zweifelhaft sei, ob die Beklagte gewusst habe, dass der Zeuge S. sich einer solchen Vollmacht berühmt habe. Es sei nämlich bereits nicht erwiesen, dass der Zeuge S. gegenüber dem Zeugen J. eine Vollmacht vorgelegt habe. Eine Anscheinsvollmacht läge ebenfalls nicht vor. Durch den Zeugen S. vermittelte Kaufverträge bedurften der Bestätigung durch die Beklagte. Zudem war hinsichtlich der Entgegennahme von Zahlungen auf dem Bestellformular klargestellt, dass es hierzu einer besonderen Vollmacht bedurfte. Feststellungen zu vorherigen unberechtigten Entgegennahmen von barem Geld lägen nicht vor.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche weiter. Er meint, durch die Aussage des Zeugen J. sei bewiesen, dass diesem Zeugen vor Übergabe des Geldes doch eine schriftliche Empfangsvollmacht vorgelegt worden sei. Zudem beruft er sich darauf, dass jedenfalls die Voraussetzungen für die Annahme einer Anscheinsvollmacht vorliegen würden. Die Beklagte hätte wissen müssen, dass der Zeuge S. wie ein Bevollmächtigter der Beklagten aufgetreten ist. Aus der Aussage des Zeugen R. J. folge nämlich auch, dass der Zeuge S. bereits früher Bargeldbeträge für die Beklagte in Empfang genommen habe. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Er beantragt,

das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 04.10.2007 (4 O 85/07) abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 44.861,97 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.08.2007 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.530,58 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie meint, auf die Frage, ob dem Zeugen R. J. eine Inkassovollmacht tatsächlich vorgelegt worden sei oder nicht, käme es nicht streitentscheidend an. Wenn eine solche Erklärung vorgezeigt worden sei, sei diese jedenfalls gefälscht gewesen. Im übrigen beruft sich erneut auf den Hinweis in dem Bestellformular und behauptet weiterhin, der Zeuge S. habe niemals vorher Bargeldbeträge für die Beklagte in Empfang genommen. Zuletzt beruft sie sich darauf, dass der Kläger zwischenzeitlich einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid bei dem Amtsgericht Euskirchen gegen den Zeugen S. in Höhe der hier streitigen Forderung erwirkt hat, was unstreitig ist. Sie meint, der Kläger könne nicht sowohl den Zeugen S. als auch die Beklagte in Anspruch nehmen, da es sich um denselben Streitgegenstand handele.

II.
Die Berufung ist zulässig und begründet.

Der Zulässigkeit der Klage steht insbesondere nicht entgegen, dass der Kläger unstreitig gegen den Zeugen S. mit Erfolg im Mahnverfahren einen Vollstreckungstitel über die hier streitige Forderung erwirkt hat. Soweit die Beklagte meint, damit sei über den Streitgegenstand bereits entschieden, verkennt sie die subjektiven Grenzen der Rechtskraft, die grundsätzlich nur zwischen den Parteien des Verfahrens eintreten kann (§ 325 Abs.1 ZPO). Dass materiell-rechtlich sowohl der Zeuge S. als auch die Beklagte auf Zahlung der streitigen Forderung gesamtschuldnerisch haften können, bedarf keiner näheren Erläuterung.

Der Kläger kann von der Beklagten nach wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 346 Abs. 1 die Rückgewähr der empfangenen Leistungen verlangen, mithin den mit der geänderten Klage geltend gemachten Kaufpreis.

Ihm stand ein Rücktrittsrecht gemäß § 323 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat die aus dem Kaufvertrag fällige Leistung, nämlich Übereignung und Übergabe des Reisemobils, nicht erbracht.

Ein Leistungsverweigerungsrecht stand der Beklagten nicht zu. Der Kläger hatte mit der Übergabe des Bargelds durch den Zeugen J. an den Zeugen S. seine Kaufpreiszahlungsverpflichtung erfüllt (§ 362 BGB). Die Beklagte hat den Kaufpreis auch i.S.d. § 346 Abs. 1 BGB empfangen. Das Landgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass der Zeuge S. nicht aufgrund einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht empfangsbefugt war. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für die Annahme der sogenannten Duldungs- oder Anscheinsvollmacht vor. Das angefochtene Urteil erweist sich aber insoweit als unrichtig, als das Landgericht die Regelung des § 56 HGB übersehen hat. Der Kläger kann sich zu Recht darauf berufen, dass diese Vorschrift zu seinen Gunsten eingreift.

Da die Beklagte die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag unter Berufung auf die vermeintlich ihr nicht zuzurechnende Empfangnahme des Kaufpreises durch den Zeugen S. ernsthaft und endgültig verweigert hat, war die Bestimmung einer Nachfrist zur Leistung entbehrlich (§ 323 Abs.2 Nr.1 BGB).

Im Einzelnen:
1. Es ist unstreitig, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über das Reisemobil G. G. P zu einem Kaufpreis von 44.861.97 € zustande gekommen ist. Insofern kann dahinstehen, dass die Auftragsbestätigung der Beklagten vom 20.10.2006 dem Kläger nicht innerhalb der Annahmefrist von 6 Wochen ab Datum der Bestellung vom 07.09.2006 zugegangen ist. Der Kläger hat in der Bestellung eine Annahmefrist von 6 Wochen bestimmt, so dass die in der Auftragsbestätigung zu sehende Annahme der Beklagten nur innerhalb dieser Frist hätte erfolgen können (§ 148 BGB). Die sechswöchige Frist endete am 19.10.2006, so dass die Auftragsbestätigung verfristet war. In der verspäteten Annahme der Beklagten ist aber ein neuer Antrag zu sehen (§ 150 Abs.1 BGB), den der Kläger zumindest konkludent spätestens durch Zahlung des Kaufpreises angenommen hat.

2. Aus dem Kaufvertrag war die Beklagte somit verpflichtet, dem Kläger die Kaufsache zu übergeben und das Eigentum daran zu verschaffen (§ 433 Abs.1 S.1 BGB). Dieser Verpflichtung ist sie unstreitig nicht nachgekommen.

3. Das Leistungsverweigerungsrecht aus der Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs.1 BGB, worauf sich die Beklagte vor der Rücktrittserklärung ausschließlich berufen hat, stand ihr nicht zu. Der Kläger hatte seine Leistungsverpflichtung durch Übergabe des baren Geldes an den Zeugen S. erfüllt. Die Beklagte muss sich diese Zahlung zurechnen lassen. Der Zeuge S. war – entgegen der Auffassung der Beklagten und des Landgerichts – bevollmächtigt, mit Wirkung für die Beklagte Zahlungen der Kunden entgegenzunehmen.

Dabei kann dahinstehen, ob hier eine rechtsgeschäftlich erteilte Stellvertretungsmacht (Vollmacht) oder eine sogenannte Duldungs- oder Anscheinsvollmacht vorlag. Nach Auffassung des Senats spricht vieles dafür, dass aufgrund des Auftretens des Zeugen S. im geschäftlichen Verkehr bereits eine zumindest konkludent erteilte Handlungsvollmacht im Sinne des § 54 HGB anzunehmen ist. Auf jeden Fall kann sich der Kläger mit Erfolg auf die Regelung des § 56 HGB berufen.

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a) Gemäß § 56 HGB gilt ein Angestellter in einem Laden oder offenen Warenlager als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen. Mit dem Begriff der Empfangnahmen sind insbesondere Zahlungen der Kunden gemeint (Baumbach/Hopt, HGB, § 56 Rdnr. 4). Es kann dahinstehen, ob diese Vorschrift eine tatsächliche Vermutung für die Erteilung und den Umfang einer Vollmacht für den Ladenangestellten begründet oder einen Rechtsschein, was in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist. Jedenfalls führt das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 HGB dazu, dass der Angestellte im Verhältnis zum Kunden als bevollmächtigt gilt.

b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 HGB liegen hier vor. Der Zeuge S. war zumindest „Angestellter“ im Sinne dieser Vorschrift. Für die Einordnung als Angestellter im Sinne des § 56 HGB reicht es aus, dass es sich um eine Person handelt, die mit Wissen und Wollen des Inhabers an der Verkaufstätigkeit mitwirkt. Auf eine arbeitsrechtliche Anstellung kommt es dabei nicht an (Baumbach/Hopt a.a.O., Rdnr. 2). Der Zeuge S. war als „Filialleiter“ in der Niederlassung der Beklagten in Mülheim a.d. Ruhr tätig. Er ist der Öffentlichkeit durch das genannte Verkaufsprospekt als Leiter der Niederlassung vorgestellt worden. Es ist unstreitig und auch unzweifelhaft, dass er für die Beklagte Verkaufstätigkeiten entwickelt hat. Auch die Beklagte bestreitet das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 56 HGB ausdrücklich nicht.

c) Die Beklagte kann sich entgegen ihrer Auffassung auch nicht mit Erfolg auf den Hinweis auf die Erforderlichkeit einer schriftlichen Bevollmächtigung für die Entgegennahme von Zahlungen in der verbindlichen Bestellung berufen.

Insoweit ist zwar richtig, dass die durch den § 56 HGB gegebene Vermutung bzw. der Rechtsschein durch einen klaren Hinweis ausschließbar ist (Baumbach/Hopt a.a.O. Rdnr. 5). Bleibt nämlich die tatsächliche Vollmacht des Ladenangestellten hinter dem Umfang des § 56 HGB zurück oder fehlt sie ganz, so gilt zugunsten des Geschäftsgegners die Gutglaubensvorschrift des § 54 Abs. 3 HGB entsprechend (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Weber, HGB-Kommentar, § 56 Rdnr. 14 m.w.N.). Beschränkungen der Vollmacht aus § 56 HGB oder auch ihr Fehlen überhaupt wirken deshalb gegen Dritte nur dann, wenn sie den Mangel kennen oder kennen müssen (BGH NJW 1975, 642; BGH NJW-RR 2002, 967). Kennen müssen in diesem Sinne bedeutet fahrlässige Nichtkenntnis im Sinne des § 122 Abs. 2 BGB (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, -Weber, HGB § 56 Rdnr. 14).

Dass der Kläger bzw. der für ihn handelnde Zeuge R. J. den Mangel der Inkassovollmacht positiv kannte, ist nicht erkennbar. Dies trägt die Beklagte auch nicht vor.

Dem Kläger bzw. seinem Bruder R. J. ist auch kein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen. Er handelte nicht unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, als er nicht erkannte, dass der Zeuge S. nicht empfangsbevollmächtigt für den Kaufpreis war. Einziger Ansatzpunkt für den Vorwurf einer fahrlässigen Nichtkenntnis könnte der in dem Bestellformular enthaltene Hinweis sein. Unter Würdigung aller Umstände erachtet der Senat jedoch diesen Hinweis als nicht ausreichend.

aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der tatsächliche Ansprechpartner für den Kläger bzw. den Zeugen R. J. der Zeuge S. war. Kontakt mit dem Haupthaus in Braunschweig hatte der Kläger nur bei Erhalt der Auftragsbestätigung vom 20.10.2006. Im übrigen wurde der Kläger von dem Zeugen S. beraten. Die gesamte Abwicklung erfolgte über den als „Filialleiter“ auftretenden Zeugen. So ist ebenso unstreitig, dass das Fahrzeug tatsächlich nach Mülheim geliefert worden war und ursprünglich dort in Empfang hätte genommen werden können.

bb) Im Hinblick auf diese Umstände erscheint bereits fraglich, ob der Hinweis in der Bestellung überhaupt für den Zeugen S. Geltung beansprucht. Der Hinweis ist anhand eines objektiven Empfängerhorizontes gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen. Wie bereits ausgeführt, trat der Zeuge S. als Filialleiter bzw. Leiter der Niederlassung Mülheim der Beklagten auf. In dem Hinweis in der Bestellung ist die Rede von „Verkaufsangestellten“. Dem Senat erscheint es durchaus nachvollziehbar, dass ein objektiver Empfänger dieser Erklärung mit dem Begriff „Verkaufsangestellte“ nicht den Zeugen S. verbindet, sondern andere Angestellte in der Niederlassung in Mülheim, die nicht in der hervorgehobenen Position eines „Niederlassungsleiters“ im Rechtsverkehr auftreten.

cc) Darüber hinaus ist nicht zu verkennen, dass der Hinweis in der Bestellung aus dem übrigen Text weder drucktechnisch hervorgehoben noch an auffälliger Stelle platziert ist. Vielmehr taucht dieser Hinweis im Zusammenhang mit einer Vielzahl anderer Vertragsklauseln auf, ohne dass die praktisch wichtige Bedeutung dieses Hinweises zu erkennen wäre. Es erscheint dem Senat daher durchaus lebensnah, dass diese Regelung „im Kleingedruckten“ weder von dem Zeugen J. noch von dem Kläger selbst tatsächlich wahrgenommen worden ist.

dd) Bei der Bewertung des Verhaltens des Klägers als möglicherweise fahrlässige Nichtkenntnis ist auch zu beachten, dass ausweislich der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, dort unter III.1., der Kaufpreis bei Übergabe des Kaufgegenstandes, spätestens jedoch 8 Tage nach Zugang der Bereitstellungsanzeige und Aushändigung oder Übersendung der Rechnung zur Zahlung, Zug um Zug, in bar fällig war. Der Kläger sah sich daher einer Regelung gegenüber, die Barzahlung bei Übergabe vorsah. Andererseits existierte der Hinweis in der Bestellung, wonach Barzahlungen an Verkaufsangestellte nur bei schriftlicher Ermächtigung möglich sein sollten. Auch dies deutet nach Auffassung des Senats dahin, dass die Tatsache, dass dem Kläger nicht bewusst war, dass auch für den Zeugen S. eine schriftliche Bevollmächtigung zur Entgegennahme barer Zahlungen erforderlich sein sollte, ihm nicht zum Vorwurf zu machen ist.

ee) Nahegelegen hätte es, in der Auftragsbestätigung auf eine vermeintliche fehlende Empfangsvollmacht gesondert hinzuweisen. Der dortige Hinweis auf die AGB der Beklagten, in denen wie oben ausgeführt Barzahlung bei Abholung ausdrücklich vorgesehen war, ist ein weiterer Umstand, der beim Kläger den Eindruck vermitteln musste, der Zeuge S. sei empfangsbevollmächtigt. Unstreitig wäre nämlich die Abwicklung tatsächlich nicht über das Haupthaus der Beklagten in Braunschweig erfolgt, sondern über die Filiale in Mühlheim und über den Zeugen S.. So war das Reisemobil bereits nach Mühlheim verbracht worden, als der Zeuge Simons telefonisch mit dem Kläger Kontakt aufnahm. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte vom Haupthaus aus überhaupt in die Übergabe des Fahrzeugs tatsächlich eingeschaltet worden wäre, hätte der Kläger den Kaufpreis überwiesen oder der Zeuge S. den erhaltenen Betrag weitergeleitet.

d) Im Ergebnis geht der Senat daher davon aus, dass der Kläger den tatsächlichen Mangel der Vollmacht nicht erkannt hat und ihm insoweit auch nicht der Vorwurf des fahrlässigen Verhaltens gemacht werden kann. Der Zeuge S. war ihm gegenüber als für die Beklagte handlungsbevollmächtigter Filialleiter aufgetreten. Lediglich ein drucktechnisch nicht hervorgehobener und schwer zu erkennender Hinweis in der verbindlichen Bestellung deutete überhaupt darauf hin, dass hier zur Empfangnahme barer Zahlungen, die andererseits von dem Kläger durch die AGB der Beklagten verlangt wurden, eine gesonderte Bevollmächtigung erforderlich sein sollte. Angesichts der sonstigen Umstände, die aus Sicht des Klägers auf eine umfassende Vollmacht des Zeugen S. hindeuteten, hätte es einer deutlicheren Warnung bedurft, um den Rechtschein des § 56 HGB zu beseitigen. Der Zeuge S. galt demnach gemäß § 56 HGB als bevollmächtigt, die bare Zahlung in Empfang zu nehmen. Die Beklagte hat daher das Bargeld erhalten und der Kläger seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag erfüllt.

4. Indem die Beklagte ihrer Leistungsverpflichtung, nämlich Übergabe und Übereignung des Reisemobils, nicht nachgekommen ist, hat sie eine Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 1 BGB begangen. Die Setzung einer angemessenen Frist zur Leistung bedurfte es hier nicht, da die Beklagte durch ihr Verhalten gezeigt hatte, dass sie die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Kläger hat somit zu Recht den Rücktritt erklärt und kann im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses nunmehr Rückzahlung der empfangenen Leistung verlangen. Der Anspruch der Höhe nach ist unstreitig.

5. Darüber hinaus kann er im Wege des Schadenersatzes wegen Verzögerung der Leistung gemäß §§ 280 Abs.1 und Abs.2, 286 Abs.2 Nr.3, 325 BGB die vorprozessualen Anwaltskosten ersetzt verlangen, die nicht im Kostenfestsetzungsverfahren angemeldet werden können. Es handelt sich dabei um eine mit dem Faktor 1,3 anzusetzende Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV zum RVG in Höhe von 1.266,20 € zuzüglich Postpauschale in Höhe von 20 € und 19 % Umsatzsteuer (244,37 €), in der Summe mithin 1.530,58 €.

6.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB.

7.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorlagen.

Streitwert im Berufungsverfahren: 44.861,97 €.

 

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