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Fahrzeugkaufvertrag – arglistige Täuschung über Fahrzeuglaufleistung

LG Hildesheim – Az.: 3 O 12/17 – Urteil vom 27.06.2017

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.237,01 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 15.11.2016 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des GMC-Chevrolet Colorado (FIN: …) zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des GMC-Chevrolet Colorado (FIN: …) in Annahmeverzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises aus einem Kaufvertrag über einen Pkw GMC-Chevrolet Colorado vom 02.09.2016.

Im Vorfeld des Kaufvertragsschlusses kommunizierte der Kläger über den Messenger-Dienst WhatsApp mit dem Zeugen …, der im Rahmen dieser Kommunikation über den Pkw u. a. die Angabe „ca 55tsd Km“ machte (vgl. Anlage K 2, Bl. 8 d. A.). Der Wagen war zudem bei eBay-Kleinanzeigen inseriert, wobei dort als Kilometerstand 53.000 angegeben war. In der dortigen Beschreibung des Fahrzeuges wird auf den „guten Kilometerstand“ des Fahrzeuges Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 (Bl. 9 d. A.) Bezug genommen.

Am 02.09.2016 schlossen der Kläger und der durch den Zeugen … vertretene Beklagte einen Kaufvertrag über den GMC-Chevrolet Colorado (FIN: …) zu einem Kaufpreis von 12.000,00 €, wobei die Parteien einen Gewährleistungsausschluss vereinbarten. Der Vertragsschluss erfolgte, nachdem der Kläger das Fahrzeug besichtigt und mit diesem eine Probefahrt gemacht hatte.

In dem Kaufvertrag wird der Kilometerstand mit 53.500 angegeben, als Tag der Erstzulassung ist der 30.01.2006 genannt und in dem dafür vorgesehenen Feld werden keine Unfallschäden aufgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 (Bl. 7 d. A.) Bezug genommen.

Tatsächlich bezieht sich die Angabe des Tachostandes, der sowohl km/h als auch mph aufweist, auf 53.500 Meilen, so dass die Laufleistung des Wagens 86.100 km beträgt.

Mit Anwaltsschreiben vom 01.11.2016 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten die Anfechtung des Kaufvertrages, hilfsweise den Rücktritt und forderte ihn zur Rückzahlung des Kaufpreises bis zum 14.11.2016 Zug um Zug gegen Rücknahme und Rückübereignung des Fahrzeuges auf.

Mit Schreiben vom 09.11.2016 lehnte der Beklagte eine Rückabwicklung des Kaufvertrages ab.

Der Kläger fuhr mit dem Pkw GMC-Chevrolet Colorado 4.000 bis 5.000 Meilen.

Er behauptet, der Zeuge … habe ihm und dem Zeugen … gegenüber wiederholt zugesichert, dass es sich bei dem jeweils genannten Tachostand um Kilometerangaben handele, so dass er – der Kläger – von Kilometerangaben ausgegangen sei. Dies sei ihm wichtig gewesen, da es ihm auf die Laufleistung und nicht auf den Tachostand des Fahrzeuges angekommen sei.

Weiterhin sei er aufgrund der Angaben zu der Erstzulassung des Fahrzeuges davon ausgegangen, dass dieses Baujahr 2006, höchstens Baujahr 2005, nicht aber Baujahr 2004 sein müsse.

Weiterhin behauptet der Kläger, das Fahrzeug weise einen nicht ordnungsgemäß instandgesetzten Unfallschaden auf.

Der Kläger ist der Ansicht, der Gewährleistungsausschluss sei unwirksam, da es sich bei der Vertragsklausel um eine AGB i. S. d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB handele. Der Beklagte habe einen Vertragsvordruck verwendet, welcher für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sei.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 12.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.11.2016 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des GMC-Chevrolet Colorado (FIN: …) zu zahlen;

2. festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des GMC-Chevrolet Colorado (FIN: …) in Annahmeverzug befindet;

3. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von den Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung in Höhe von 958,19 € freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, der Zeuge … und der Kläger hätten darüber gesprochen, dass das Fahrzeug als amerikanisches Modell bei dem Wegstreckenzähler keine Kilometer, sondern Meilen aufweise. Insbesondere habe der Kläger nach der Rückkehr von der Probefahrt erklärt, dass die groß geschriebene Geschwindigkeitsangabe ja in Meilen erfolge und somit auch der Tacho in Meilen zähle. Bei der Probefahrt habe der Kläger die Möglichkeit gehabt, zu erkennen, dass es sich um einen Meilenzähler handele.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und …. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 06.06.2017 (Bl. 97 ff d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

Fahrzeugkaufvertrag - arglistige Täuschung über Fahrzeuglaufleistung
(Symbolfoto: Von kasarp studio/Shutterstock.com)

I. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hildesheim folgt aus § 29 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2. weist der Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO auf, weil die begehrte Feststellung der erleichterten Vollstreckung des geltend gemachten Leistungsanspruchs dient (§ 756 ZPO).

II. Dem Kläger stehen die gegen den Beklagten geltend gemachten Ansprüche in dem tenorierten Umfang zu.

1. Aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB scheitert vorliegend jedenfalls daran, dass der Kläger zu der Kausalität einer Täuschung im Hinblick auf seine Willenserklärung bezüglich des Kaufvertragsschlusses nichts vorgetragen hat. Er hat nicht dargelegt, dass er den streitgegenständlichen Kaufvertrag mit dem Beklagten ohne eine Täuschung nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätte.

2. Hingegen steht dem Kläger aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung von 11.237,01 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des GMC-Chevrolet Colorado (FIN: ……..) gegen den Beklagten zu.

Der Kläger ist wirksam von dem mit dem Beklagten, vertreten durch den Zeugen … (§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB), geschlossenen Kaufvertrag i. S. d. § 433 BGB zurückgetreten. Mit Anwaltsschreiben vom 01.11.2016 hat er gegenüber dem Beklagten gemäß § 349 BGB den Rücktritt erklärt.

Das Fahrzeug wies bei Gefahrübergang gemäß § 446 S. 1 BGB einen Sachmangel i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB auf, da es nicht wie in dem Kaufvertrag angegeben eine Laufleistung von 53.500 Kilometern, sondern von 86.100 Kilometern (= 53.500 Meilen) hatte. Damit weicht die Ist-Beschaffenheit negativ von der Soll-Beschaffenheit des Fahrzeugs ab, denn es hat tatsächlich eine 32.600 Kilometer höhere Laufleistung als vertraglich vereinbart.

Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war entbehrlich (§ 326 Abs. 5 BGB). Eine Nachbesserung war unmöglich, weil es sich bei der Abweichung zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Laufleistung um einen unbehebbaren Mangel handelt. Die Nachlieferung eines anderen, gleichwertigen Fahrzeugs scheidet zwar nicht schon deshalb aus, weil es sich um einen Stückkauf handelt, jedoch ist bei dem Kauf eines gebrauchten Fahrzeugs die Lieferung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs nur ausnahmsweise möglich (BGH, NJW 2007, 1346, 1347 f). Umstände, die die Annahme eines solchen Ausnahmefalls nahelegen könnten, sind weder ersichtlich noch von dem Beklagten vorgetragen. Im Übrigen macht auch das Vorliegen einer arglistigen Täuschung eine Nachfristsetzung entbehrlich.

Der Rücktritt ist auch nicht ausgeschlossen.

Zwar haben die Parteien wirksam einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Insbesondere handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Von dem Zeugen wurde ein vorformulierter Text verwendet, in den jedoch im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss nachträglich Änderungen eingefügt wurden, woraus sich vorliegend ergibt, dass eine Individualvereinbarung geschlossen wurde (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. 2017, § 305, Rn. 23).

Auf den Gewährleistungssauschluss kann der Beklagte sich jedoch gemäß § 444 BGB wegen arglistigen Verschweigens des Mangels nicht berufen.

Der Kläger trägt insoweit die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich ein arglistiges Verschweigen ergibt, nämlich die Kenntnis des Mangels z. Zt. der Vereinbarung und die fehlende Offenbarung, wobei diesbezüglich aber zunächst der Beklagte nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast die Erfüllung der Aufklärungspflicht vortragen und der Kläger diese ausräumen muss. Gelingt dies dem Kläger als Käufer, so trägt der Beklagte als Verkäufer die Beweislast, dass der Käufer Kenntnis von dem Mangel unabhängig von einer dem Verkäufer zurechenbaren Aufklärung erlangt hat (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 444, Rn. 4).

Unstreitig wurden durch den Zeugen … als Vertreter des Beklagten sowohl bei der Vertragsanbahnung im Rahmen des Inserates bei eBay-Kleinanzeigen und der Kommunikation via WhatsApp als auch in dem Kaufvertrag selbst Angaben in Kilometern gemacht, obwohl dieser – ebenfalls unstreitig – wusste, dass sich die Angabe tatsächlich auf die Laufleistung des Fahrzeugs in Meilen bezog.

Der Zeuge … handelte auch arglistig. Selbst wenn von der Internetplattform eBay – wie von dem Beklagten vorgetragen – die vorgegebene Angabe „Kilometerstand“ nicht abgeändert werden kann, so wäre es dem Beklagten möglich gewesen, entweder hinter die Zahl 53.000 „Meilen“ zu setzen oder aber in der Beschreibung ausdrücklich aufzuführen, dass es sich bei der Angabe „Kilometerstand 53.000“ um eine Meilen- und nicht hingegen eine Kilometerangabe handelt. In der Beschreibung ist jedoch wiederum von dem „guten Kilometerstand“ des Fahrzeuges die Rede. Hinzu kommt, dass der Zeuge … sowohl in der Kommunikation per WhatsApp als auch noch in dem Kaufvertragsdokument selbst Kilometer und nicht Meilen genannt hat.

Da sowohl vor dem Vertragsschluss als auch in dem Kaufvertrag Kilometerangaben gemacht wurden, obwohl es sich unstreitig um die Laufleistung des Fahrzeuges in Meilen handelt, hätte der Beklagte – wie bereits ausgeführt – darlegen und beweisen müssen, dass er vor Vertragsschluss gegenüber dem Kläger ausdrücklich richtiggestellt hat, dass sich die Angabe von 53.500 auf Meilen, nicht hingegen auf Kilometer bezog. Zwar haben sowohl der Zeuge … als auch die Zeugen und … bestätigt, dass dem Kläger mitgeteilt worden sei, die genannte Laufleistung des Fahrzeuges beziehe sich auf Meilen, jedoch hat das Gericht Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen.

Der Zeuge …, bei dem es sich um den Bruder des Beklagten handelt, hat ausgesagt, er habe fälschlicherweise irgendwann mal „Kilometer“ geschrieben, obwohl es natürlich um Meilen gegangen sei, was auch im Tacho stehe. Er habe beiläufig die Bemerkung gemacht, dass ein amerikanisches Fahrzeug natürlich auch Meilen habe. Der Kläger habe ihn nach der Probefahrt gefragt, ob die Angaben nun „Meilen“ oder „Kilometer“ seien, woraufhin er erwidert habe, es seien natürlich Meilen, da es ja ein amerikanisches Auto sei. Er habe nicht zugesichert, dass sich die Tachoangabe auf Kilometer beziehe. Er habe sich mit dem Kläger noch darüber unterhalten, da in dem Kaufvertrag Kilometer stehe. Zu diesem Zeitpunkt habe den Kläger dies nicht weiter interessiert. Er habe ja gewusst, was er kaufe. Auf nochmalige Nachfrage des Gerichts, was Gegenstand des Gespräches im Zusammenhang mit der Kilometerangabe in dem Kaufvertrag gewesen sei, hat der Zeuge … bekundet, er habe irgendwas in die Richtung gesagt, dass es doch egal sei, wenn „Kilometer“ in dem Kaufvertrag stehe. Zum Zeitpunkt des Kaufes sei es dem Kläger nicht wichtig gewesen, ob es um „Kilometer“ oder „Meilen“ gehe; jedenfalls sei es nicht so wichtig gewesen, dass gesagt worden wäre, die Angabe müsse in dem Kaufvertrag geändert werden. Was genau im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag und der Kilometerangabe besprochen worden sei, wisse er nicht mehr. Er wisse aber noch, dass der Kläger von der Probefahrt zurückgekommen sei und gefragt habe, ob es um Kilometer- oder Meilenangaben gehe und er – der Zeuge … – dann „Meilen“ gesagt habe, woraufhin das Thema „damit durch“ gewesen und so akzeptiert worden sei. Eine Erklärung dafür, warum er stets von Kilometern und nicht von Meilen gesprochen hat, vermochte der Zeuge nicht zu geben. Seiner Meinung nach sei es nicht wichtig, ob die Angaben in Kilometern oder Meilen gemacht seien.

Das Gericht ist von der Wahrheit der Angaben des Zeugen … nicht überzeugt. Dabei hat das Gericht zum einen bedacht, dass es sich bei dem Zeugen um den Bruder des Beklagten, der für diesen den Pkw-Verkauf getätigt hat, handelt, so dass dieser ein eigenes Interesse an dem Ausgang des Rechtsstreits haben dürfte. Er hat für den Beklagten die Vorschüsse für die von Beklagtenseite benannten Zeugen bei der Landeskasse eingezahlt und kennt seinen Angaben zufolge einen Großteil des Schriftverkehrs, was jeweils für seine enge Verbindung zu dem Beklagten spricht. Zum anderen hat das Gericht berücksichtigt, dass der Zeuge … keine Erklärung dafür abgeben konnte, warum er stets Angaben in Kilometern gemacht hat, dass er nicht sagen konnte, was genau im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag und der Kilometerangabe besprochen wurde und dass es außerhalb jeglicher Lebenserfahrung liegt, dass es den Kläger nicht interessiert haben soll, ob sich die Laufleistung auf Meilen- oder Kilometer-Angaben bezieht. Gerade bei dem hier vorliegenden Unterschied von 53.500 km zu 86.100 km (= 53.500 m) ist davon auszugehen, dass ein potentieller Käufer die Abweichung von 32.600 km nicht kommentarlos hinnimmt oder aber zumindest versucht, den Kaufpreis herunterzuhandeln. Gerade die hier interessierende Abweichung betrifft einen Bereich, der u. a. für den Wert des Fahrzeugs und den Ersatz von Verschleißteilen von Relevanz ist, was bereits einem technischen Laien und erst recht dem Kläger als gelerntem Nutzkraftwagenmechaniker bekannt sein wird.

Der Zeuge … hat ausgesagt, der Kläger habe nach der Probefahrt festgestellt, dass die Angaben sich auf Meilen und nicht auf Kilometer beziehen. Er habe zu dem Zeugen … gesagt: “ Mein Freund, da hast du dich wohl vertan. Die Angaben sind in „Meilen“ und nicht in „Kilometern“. Dies habe der Zeuge … so hingenommen. Er glaube, dass es so gewesen sei, habe allerdings keine genaue Erinnerung mehr daran. Das Thema „Meilen/Kilometer“ sei nach der Probefahrt besprochen worden. Er habe bei dem Verkaufsgespräch daneben gestanden; ob das Thema dabei noch beim Kaufvertragsabschluss angesprochen worden sei, wisse er nicht. Konkrete Angaben zu dem Verkaufsgespräch vermochte der Zeuge … nicht zu machen, ist jedoch auch nach nochmaligem Hinweis auf die Zeugenbelehrung und bei Vorhalt, dass seine Angaben nur zögerlich erfolgen und wenig konkret sind, dabei geblieben, dass er bei dem Gespräch dabei gewesen sei und alles mitbekommen habe.

Das Gericht hat ebenfalls Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen …, bei dem es sich um einen Freund des Zeugen … und einen Freund bzw. Bekannten des Beklagten handelt. Auffällig war bei seiner Aussage, dass er jeweils deutlich gezögert hat, bevor er auf Fragen geantwortet hat und dass er keine konkreten Angaben zu den Gesprächen im Zusammenhang mit dem Kaufvertragsschluss machen konnte. Das Gericht geht davon aus, dass er zwar zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Ort war, jedoch entgegen seiner Angaben nicht die gesamte Zeit bei den Gesprächen zwischen dem Kläger und dem Zeugen … anwesend war und auch nicht aus eigener Wahrnehmung Angaben zu dem Thema „Meilen“ bzw. „Kilometern“ gemacht hat. Dies entspricht auch den glaubhaften Angaben des Klägers und des Zeugen …, die jeweils angegeben haben, der Zeuge … sei zwischendurch weg gewesen, um u. a. eine Batteriekastenabdeckung zu suchen.

Der Zeuge …, bei dem es sich um den Vermieter des Zeugen … handelt, hat bekundet, es sei über den Tacho gesprochen worden und darüber, ob die Angaben in „Kilometern“ oder „Meilen“ gemacht worden seien. Er habe sich als Außenstehender erlaubt zu sagen, dass ein amerikanisches Fahrzeug immer Meilen- und keine Kilometer-Angaben habe. Er erinnere sich nicht mehr daran, wie der Kläger und sein Begleiter ausgesehen hätten. Derjenige, der aus der Fahrertür ausgestiegen sei, habe nach dem Kilometerstand gefragt, wobei die Frage „so in die Richtung“ gegangen sei, ob es Angaben in Kilometern oder Meilen seien. Er habe dann noch gesagt, was das solle, ein amerikanisches Fahrzeug mache immer Angaben in Meilen. Es sei dann wohl auch darum gegangen, dass auf der Rechnung „Kilometer“ gestanden habe. Der Kläger habe gesagt, auf der Rechnung würden doch Kilometer stehen und der Zeuge … habe dann irgendwas geantwortet, was die Rechnung betroffen habe. Was dieser genau gesagt habe, könne er nicht mehr sagen – sinngemäß, dass das dort immer so stehe.

Auch bei dem Zeugen … hat das Gericht Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Vor dem Hintergrund der glaubhaften Angabe des Klägers, der Zeuge … sei nicht vor Ort gewesen, er habe ihn nie bewusst gesehen und er habe bei dem Kaufvertragsschluss mit dem Zeugen … an dem Tisch gesessen, an dem der Zeuge … gesessen haben soll, bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, dass dieser überhaupt vor Ort war. Der Zeuge hat bekundet, er könne sich nicht daran erinnern, wie der Kläger und sein Begleiter ausgesehen hätten, konnte sich aber im Einzelnen an Angaben zu Kilometern bzw. Meilen erinnern und will sich noch selbst an dem Gespräch beteiligt haben, indem er gesagt habe, ein amerikanisches Fahrzeug habe immer Meilen-Angaben. Diesbezüglich hat das Gericht berücksichtigt, dass keiner der übrigen Zeugen erwähnt hat, der Zeuge … habe sich an dem Gespräch beteiligt.

Bei der Würdigung der drei vorgenannten Zeugenaussagen hat das Gericht zudem bedacht, dass die Schilderungen der drei Zeugen bezüglich der Gespräche im Zusammenhang mit der Angabe der Laufleistung des Fahrzeugs sich nicht decken. Nach alledem ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Zeuge … gegenüber dem Kläger klargestellt hat, dass sich die Laufleistung des Fahrzeuges auf Meilenangaben bezieht.

Der Kläger hatte zur Überzeugung des Gerichts auch unabhängig davon keine Kenntnis davon, dass sich die von dem Zeugen … genannte Laufleistung auf eine Angabe in Kilometern bezieht (§ 442 Abs. 1 BGB).

Im Rahmen seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO hat der Kläger angegeben, er habe bei der Probefahrt nicht gesehen, dass die Angabe in Meilen erfolge. Er habe nur geguckt, ob der angegebene Kilometerstand passe und sich ansonsten auf die Fahrweise des Autos konzentriert. Das Thema „Meilen“ oder „Kilometer“ sei nicht Gegenstand des Verkaufsgespräches gewesen.

Eine Kenntnis des Klägers ergibt sich auch weder aus der Tatsache, dass der Wegstreckenzähler mph (und km/h) aufweist (vgl. Lichtbild Bl. 75 d. A.) noch aufgrund dessen, dass es sich um ein amerikanisches Fahrzeug handelt und der Kläger wusste, dass es aus Amerika importiert wurde. Auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich vor dem Kauf mit amerikanischen Fahrzeugen befasst hat, eine Harley fährt und – wie sich aus der Kommunikation mit dem Zeugen … via WhatsApp und seinem Beruf als Nutzkraftwagenmechaniker ergibt – über Kfz-Kenntnisse verfügt, kann keine Kenntnis des Klägers dahingehend, dass sich die Laufleistung auf eine Meilen-Angabe bezieht, hergeleitet werden. Insoweit hat das Gericht berücksichtigt, dass sowohl im Vorfeld des Vertragsschlusses als auch bei dem Vertragsschluss selbst Angaben von dem Zeugen … stets in Kilometern gemacht wurden und dieser ausweislich der glaubhaften Aussage des Zeugen … erklärt hat, das Fahrzeug sei ein europäischer Umbau, weshalb die Angabe in Kilometern erfolge.

Auf die weiteren von dem Kläger vorgetragenen Mängel (Erstzulassung/Baujahr, Unfallschaden) kommt es nicht mehr an, da der Kläger jedenfalls wegen des og. Mangels wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten ist.

Gemäß § 346 Abs. 1 BGB sind infolge des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

Der Beklagte muss daher den erlangten Kaufpreis in Höhe von 12.000,00 € Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeuges zurückzahlen. Von diesem Betrag ist allerdings der Wertersatzanspruch für die Nutzung des Fahrzeugs gemäß § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB abzuziehen. Beide Forderungen werden insofern saldiert; einer Aufrechnung bedarf es dazu nicht. Die Höhe des Wertersatzanspruchs wird anhand des Bruttokaufpreises, der gefahrenen Kilometer und der zu erwartenden Restleistung auf der Grundlage einer linearen Wertminderung ermittelt (§ 287 ZPO).

Der Kläger hat im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 28.03.2017 angegeben, er sei mit dem Fahrzeug 4.000 bis 5.000 Meilen gefahren. Aufgrund dieser – von Beklagtenseite nicht bestrittenen – Angabe geht das Gericht von dem Mittelwert, also von 4.500 Meilen, die 7.242 Kilometern entsprechen, aus.

Bei dem Fahrzeug ist mit einer Gesamtlaufleistung von 200.000 km und mit einer Restlaufleistung von 113.900 km zu rechnen. Damit ergibt sich ein Nutzungsvorteil, der mit 762,99 € zu ersetzen ist (12.000,00 € x 7.242 km: 113.900 km).

Dem Kläger steht danach ein Kaufpreisrückzahlungsanspruch in Höhe von 11.237,01 € zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

3. Der Zinsanspruch des Klägers auf den zurückzuzahlenden Kaufpreis folgt aus §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB.

4. Auch der Feststellungsantrag ist begründet.

Der Beklagte befindet sich spätestens aufgrund seiner Weigerung, den Kaufvertrag rückabzuwickeln gemäß §§ 298, 293 BGB im Annahmeverzug.

5. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 €. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB, da sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten des Klägers noch nicht in Verzug befand.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. 2 ZPO.

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