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Fahrzeugkaufvertrag: Rückabwicklung wegen Verschleißteilen

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az: I-1 U 180/06

Urteil vom 08.01.2007


Die Berufung des Klägers gegen das am 7. Juli 2006 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts ist richtig. Dem Kläger steht kein Recht auf Rückabwicklung des Kaufvertrages zu. Infolgedessen befinden sich die Beklagten auch nicht im Verzug mit der Rücknahme des Fahrzeugs, so dass auch der Feststellungsantrag des Klägers ohne Erfolg bleibt.

Die Berufung beanstandet in erster Linie die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil. Sie sei widersprüchlich und unlogisch. Insbesondere habe das Landgericht die Aussage des Zeugen M. und die Ausführungen des Sachverständigen R. nicht richtig gewürdigt. Bei zutreffender Würdigung der erhobenen Beweise müsse von einer Mangelhaftigkeit des erworbenen Opel Omega im Zeitpunkt der Übernahme ausgegangen werden. Trotz mehrmaliger Nachbesserungsversuche seien diese Mängel nicht vollends beseitigt worden, vielmehr hätten die Beklagten im Zuge der Nachbesserung neue Mängel „produziert“.

Diese Rügen greifen nicht durch. Zumindest im Ergebnis sind die Feststellungen und Bewertungen des erstinstanzlichen Richters zutreffend.

Macht der Käufer, wie hier, Rechte gemäß § 437 BGB geltend, nachdem er das Fahrzeug entgegengenommen hat, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen (BGH NJW 2004, 2299 = DAR 2004, 515 m. Anm. Reinking, S. 550). Insoweit besteht im Ausgangspunkt kein Unterschied zwischen einem Verbrauchsgüterkauf, wie er hier vorliegt, und einem sonstigen Kaufvertrag. Die Beweislastumkehr des § 476 BGB kommt zugunsten eines Verbrauchers erst dann zum Zuge, wenn er die Existenz eines Sachmangels im Sinne des § 434 BGB nachgewiesen hat und außerdem feststeht, dass sich dieser Mangel innerhalb von 6 Monaten ab Gefahrübergang (Übergabe) gezeigt hat.

Nach der Behauptung des Klägers traten an dem Opel Omega „gravierende Mängel“ bereits einen Monat nach Übergabe auf. Den Beklagten sei es nicht gelungen, die von der Firma P. (Zeuge M.) festgestellten Defekte restlos und nachhaltig zu beseitigen. Trotz des angeblichen Wechsels der Hydrostößel habe der Motor weiterhin „befremdliche Geräusche“ von sich gegeben. Daraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass der Motor entweder defekt war oder im Rahmen des Nachbesserungsversuches defekt geworden ist. So oder so sei der Kläger zur Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtigt.

Dem kann der Senat in einem entscheidenden Punkt nicht folgen.

Nicht jeder technische Defekt eines gebrauchten Kraftfahrzeugs ist als Sachmangel im Sinne des § 434 BGB anzusehen. Für normalen (gewöhnlichen) Verschleiß hat der Verkäufer mangels gegenteiliger Vereinbarung in der Regel nicht einzustehen. Das entspricht gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung schon zu § 459 BGB a. F. und nunmehr zu § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Der BGH hat sich dieser Bewertung nunmehr angeschlossen (NJW 2006, 434 = DAR 2006, 78).

Da die Beklagten dem Kläger weder ausdrücklich noch stillschweigend (konkludent) eine Zusage gemacht haben, aufgrund derer der Kläger von einem Motorenlauf ohne störende Nebengeräusche ausgehen konnte, beurteilt sich die Frage der Sachmangelhaftigkeit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Was das für den Kauf gebrauchter Kraftfahrzeuge bedeutet, hat der erkennende Senat in einer Reihe von Entscheidungen herausgearbeitet (Urteil vom 08.05.2006, I-1 U 132/05, DAR 2006, 633; Urteil vom 23.10.2006, I-1 U 34/06, noch unveröffentlicht). Anhand der drei Kriterien des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB gilt demnach folgendes:

1. Defekte an Verschleißteilen von gebraucht gekauften Kraftfahrzeugen können zwar unter die Sachmängelhaftung fallen. Für normalen Verschleiß haftet der Verkäufer jedoch nicht, gleichviel, welche Auswirkungen der Defekt hat.

2.
Ausgenommen von der Mängelhaftung ist nicht nur normaler Verschleiß, der im maßgeblichen Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe bereits vorhanden war. Auch nach Übergabe fortschreitender Normalverschleiß begründet in der Regel keinen vertragswidrigen Zustand.

3.
Der Verkäufer haftet auch nicht für einen Defekt, der nach Übergabe infolge normalen Verschleißes eintritt, sei es am Verschleißteil selbst, sei es an einem anderen Teil, das selbst kein Verschleißteil ist.

4.
Anders können die Dinge liegen, wenn normaler Verschleiß nach Übergabe einen Defekt verursacht, den der Verkäufer/Vorbesitzer bei eigenüblicher Sorgfalt, insbesondere durch Wartung und Inspektion, hätte verhindern können. In einem solchen Fall kann das grundsätzlich vom Käufer zu tragende Verschleißrisiko ausnahmsweise beim Verkäufer liegen.

Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Senat einen Sachmangel und damit einen Haftungsfall – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert – nicht bejahen.

Allerdings steht aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen R. fest, dass der Motor des Opel Omega B Caravan CD im Zeitpunkt der Untersuchung Anfang Januar 2006 Geräusche entwickelt hat, die ein ordnungsgemäß arbeitender Motor nicht von sich geben darf. Bei den Geräuschen handele es sich nicht um ein „Klackern“, wie vom Kläger beschrieben, sondern um ein „Tackern“. Dieses „Tackern“ sei bereits nach dem Starten des kalten Motors zu hören gewesen. Nach Erreichen der Betriebstemperatur habe man den Motor mit verschiedenen Drehzahlen im Leerlauf belastet. Über den gesamten Untersuchungszeitraum sei ein „Tackern“ zu hören gewesen.

Der Sachverständige hat diese Geräusche als nicht normal bezeichnet. Als Ursache hat er ein zu großes Ventilspiel genannt, hervorgerufen durch verschmutzte bzw. verschlissene (defekte) hydraulische Ventilausgleichselemente, auch als Hydrostößel bekannt. Im Rahmen seiner Anhörung durch das Landgericht hat der Sachverständige hinzugefügt, Hydrostößel könnten auch innerhalb relativ kurzer Zeit und bei relativ geringer Fahrleistung verdrecken oder verschleißen. Ursache für solche Defekte der Hydrostößel seien meistens Ölrückstände oder andere Fremdpartikel im Öl.

Danach befragt, ob die Beklagten, wie von ihnen behauptet, im April 2003 (nach Übergabe) die Hydrostößel erneuert (gewechselt) hätten, konnte der Sachverständige keine eindeutige Aussage treffen. Ein solcher Wechsel könne stattgefunden haben, er könne aber auch unterblieben sein.

Bei diesem Beweisergebnis sieht sich der Senat außerstande, die Motorengeräusche („Tackern“) als Sachmangel zu qualifizieren. Dass der Sachverständige diese Geräusche als „nicht normal“ bezeichnet hat, bedeutet noch nicht, dass es sich hier um einen Mangel im Rechtssinn handelt. Wenn die Ursache für die regelwidrigen Geräusche normaler Verschleiß bzw. Abnutzung ist, liegt ein Fall der Sachmängelhaftung nach den oben dargestellten Grundsätzen 1 bis 3 nicht vor.

Als Ursache des „Tackerns“ hat der Sachverständige R. ein zu großes Ventilspiel ermittelt. Darin könnte ein Sachmangel zu sehen sein. Die Dinge können aber auch so liegen, dass das zu große Ventilspiel als Ursache der störenden Geräusche seinerseits dadurch bedingt ist, dass ein anderes Teil normal verschlissen oder normal verschmutzt ist. Letzteres ist hier ernsthaft in Betracht zu ziehen.

Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Aussage des Sachverständigen R. zu, Hydrostößel könnten auch innerhalb relativ kurzer Zeit und bei relativ geringer Fahrleistung verdrecken oder verschleißen. Ursache für solche Defekte seien meistens Ölrückstände oder andere Fremdpartikel im Öl.

Mit Rücksicht darauf liegt es nahe, jedenfalls ist es nicht auszuschließen, dass das „Tackern“ des Motors die Folge eines normalen Gebrauches und Verschleißes ist. Immerhin war das Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger rund 9 Jahre alt und 81.000 km gelaufen. Zu berücksichtigen ist außerdem die Anzahl der Vorbesitzer (hier: 4).

Mit Rücksicht auf die Ausführungen des Sachverständigen kann der Senat nicht ausschließen, dass die Hydrostößel bereits vor Auslieferung des Fahrzeugs an den Kläger verschlissen bzw. verschmutzt waren. Denkbar ist auch, dass es dazu erst während der Zeit gekommen ist, in der der Kläger den Wagen benutzt hat. Insoweit geht der Senat von einer Fahrleistung von mindestens 5.000 km aus.

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Nach alledem ist dem Kläger nicht der Nachweis gelungen, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe sachmangelhaft gewesen ist. Die Beweislastumkehr nach § 476 BGB rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie kommt, wie ausgeführt, erst in Betracht, wenn der Käufer das Vorhandensein eines Sachmangels voll bewiesen hat. Die in § 476 geregelte Beweisvermutung darf nicht etwa dahin verstanden werden, dass ein Defekt, der innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe in Erscheinung tritt, vermutlich Sachmangelqualität hat. Denn es handelt sich bei § 476 BGB um eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung (BGH NJW 2004, 2299; NJW 2006, 2250).

Gleichfalls ohne Erfolg bleibt die Berufung mit der Argumentation, die Beklagten hätten im Zuge der Nachbesserung neue Mängel „produziert“. Dieser Vorwurf geht schon in tatsächlicher Hinsicht fehl. Der Senat kann aus tatsächlichen Gründen nicht feststellen, dass den Beklagten im Zuge der Nachbesserungsarbeiten ein Fehler unterlaufen ist, der mit den beanstandeten Motorgeräuschen in einem ursächlichen Zusammenhang steht.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer für den Kläger:

9.658,31 € + 500,00 € (Feststellungsantrag) = 10.158,31 €.

 

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