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Fahrzeugkauf – Hinweispflicht auf vorherige Mietwagennutzung?

 

Landgericht Kaiserslautern 

Az.: 2 O 498/08

Beschluss vom 25.03.2009 


In dem Rechtsstreit hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern am 25.3.2009 beschlossen:

1.  Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs hat die Klägerin zu tragen.

2.  Der Streitwert wird für den Rechtsstreit und den Vergleich auf 19071,60 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrte die Rückabwicklung des am 25.3.2008 zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrags über einen Opel Astra TTOP COS 1,6 (Fahrgestell- Nr ….).

Diesen erwarb sie mit Kaufvertrag vom 25.3.2008 von der Beklagten. Dabei hat die Beklagte das Fahrzeug Peugot 306, Fahrgestell- Nr.: .. zum Preis von 2000 € in Zahlung genommen. Der vereinbarte restliche Kaufpreis in Höhe von 17.071,59 € wurde bislang nicht gezahlt. Der Opel war ein Jahreswagen aus dem „Master Lease Pool“ der Firma Opel.

Die Klägerin trägt vor:

Das Fahrzeug sei mangelhaft, da der Kofferraum undicht sei und es dadurch zu einer Durchfeuchtung des Kofferraumteppichs gekommen sei.

Im Übrigen habe sie nach Erhalt des Fahrzeugs festgestellt, dass dieses zuvor als Mietfahrzeug genutzt worden sei. Sie sei über diese Eigenschaft nicht informiert worden, obwohl sie darauf hingewiesen habe, dass sie nur einen von einem Opel- Mitarbeiter gefahrenes Jahresfahrzeug erwerben wolle. Daher sei die Beklagte auch der ihr obliegenden Aufklärungspflicht nicht nachgekommen und sie – die Klägerin – arglistig über das Vorliegen der Mietwageneigenschaft getäuscht. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Mietwageneigenschaft im Kaufvertragsformular nicht angekreuzt worden sei.

Schließlich sei die erhobene Widerklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, das Fahrzeug Peugot Cabriolet, Fahrgestell- Nr.: .., gegen Rückzahlung eines Betrages von 2.000,00 € Zug um Zug zurückzugeben sowie das Fahrzeug Opel Astra TTOP COS 1,6 (Fahrgestell- Nr …) unter verzicht auf weitere Zahlungsansprüche diesbezüglich zurückzunehmen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten PKWs sowie mit der Rückgabe des zu Ziff. 1 genannten PKWs in Verzug befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, die außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte XY in Höhe von 1023,16 € zu zahlen,

hilfsweise:

die Beklagte zu verurteilen, sie von den außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte XY in Höhe von 1023,16 € freizustellen

hilfsweise:

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Wertminderungsbetrag in Höhe von 3.500,00 € zuzüglich 500,00 € Schadensersatz zu zahlen.

Die Beklagte hat ursprünglich beantragt,

1. die Klage abzuweisen

2. die Klägerin widerklagend zu verurteilen, an sie 17.071,59 € nebst 9 % Zinsen seit dem 26.9.2008 zu zahlen.

3. die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 807,70 €, welcher mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen ist, zahlbar an Rechtsanwälte ZZ, zu zahlen.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

die Klägerin sei auf die Mietwageneigenschaft hingewiesen worden. Im Übrigen sei die Widerklage zulässig, da auch bei einem Klageabweisenden Urteil sie noch keinen Zahlungstitel gegen die Klägerin in der Hand habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 4.3.2009 schlossen die Parteien sodann einen Vergleich, mit dem die streitgegenständlichen Ansprüche erledigt wurden.

Die Parteien stellen nunmehr wechselseitige Kostenanträge.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 22.10.2008 und 4.3.2009 Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen J, I und L mit dem aus dem Sitzungsprotokoll vom 22.10.2008 ersichtlichen Ergebnis.

II.

Nach Erledigung der Hauptsache durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien ist nur noch über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a ZPO).

Danach sind der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs aufzuerlegen. Nach derzeitigem Sach- und Streitstand wäre sie im vorliegenden Rechtsstreit vollumfänglich unterlegen gewesen.

Ihr hätte weder ein Anfechtungsrecht gem. § 123 Abs. 1 BGB noch ein Rücktrittsrecht gem. §§ 437 Nr. 2, 434, 323 BGB zugestanden.

1.

Der von ihr vorgetragene Mangel, dass der Kofferraum undicht sei, ist im Laufe des Prozesses unstreitig behoben worden, so dass auf ihn das Rücktrittsbegehren nicht mehr hätte gestützt werden können. Im Übrigen hätte ein Rücktrittsrecht allein auf Grund dieses Mangels auch deswegen nicht bestanden, da er unerheblich war. Nach eigenem Vortrag der Klägerin hätten die Reparaturkosten lediglich ca. 500 € betragen, so dass eine Reparatur auch durch die Beklagte ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre. Diese wäre der Klägerin unter Berücksichtigung eines Kaufpreises von ca. 17.000 € auch zuzumuten gewesen.

2.

Ein Anfechtungsgrund gem. § 123 Abs. 1 BGB bestand nicht, da eine arglistige Täuschung durch die Beklagte nicht vorliegt. Die Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht offenbarungspflichtig.

a. Sie stellt entgegen der Ansicht des OLG Stuttgarts (Urt. v. 31.7.208, Az.: 19 U 54/08 – zitiert nach juris) nämlich keine atypische Nutzung mehr dar, da ein immer größerer Anteil an fabrikneuen Fahrzeugen zunächst als Mietfahrzeug genutzt wird, bevor er an Privatpersonen weiterverkauft wird (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn 1594 ff.). Daher gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Fahrzeugen, die ursprünglich einmal als Mietfahrzeug genutzt worden sind.

b. Dass ein Fahrzeug früher als Mietfahrzeug genutzt worden ist, verschlechtert dessen Wert aber auch nicht dergestalt, dass dies einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB darstellen würde, der dann offenbarungspflichtig wäre.

Zwar geht die Vorstellung des Käufers eines vorher als Mietwagen genutzten Fahrzeugs dahin, dass dieses deswegen weniger Wert sei, da die Gefahr von Schäden durch sorglose Nutzung und Fahr- und Bedienungsfehlern erhöht sei.

Entscheidendes Kriterium für die Wertbildung eines Kraftfahrzeugs auch für den Kunden ist aber die Anzahl der gefahrenen Kilometer des Fahrzeugs. Diese war der Klägerin unstreitig bei Abschluss des Kaufvertrages bekannt.

Hinzu kommt, dass gerade die Mietwagenfirmen wegen der oben geschilderten Marktsituation ein eigenes Interesse haben, Fahrzeuge in einem guten Zustand wieder auf den Markt zu bringen, um einen möglichst hohen Verkaufspreis erzielen zu können. Zu diesem Zweck werden Mietfahrzeuge genauso regelmäßig gewartet wie privat genutzte Fahrzeuge. Auch das Risiko der unsachgemäßen Nutzung ist nicht höher einzuschätzen als das bei einem vormals privat genutzten Fahrzeug, da auch dieses von einem ungeübten oder sorglosen  Fahrer gefahren werden kann, was der Käufer ebenfalls nicht feststellen kann. Soweit ein erhöhter Verschleiß durch eine überdurchschnittlich hohe Kilometerzahl angeführt wird, kann auch dies kein Grund sein, einen Mangel anzunehmen, da die Kilometerleitung hier unstreitig bekannt war. Daher ist der Verschleiß in der Regel bei einem vormals als Mietwagen genutzten Fahrzeug nicht höher als bei einem mit vormaliger privater Nutzung bei regelmäßiger Wartung und gleicher Kilometerzahl (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn 1598).

c. Eine Offenbarungspflicht ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin angeblich darauf hingewiesen hat, dass sie ein Mitarbeiterfahrzeug und kein Mietfahrzeug kaufen wolle.

Denn eine solche Äußerung hat sich nicht aus der Beweisaufnahme vom 22.10.2008 ergeben. Zwar hat die Klägerin vorgebracht, darauf hingewiesen zu haben, jedoch sind ihre Angaben von dem Zeugen I nicht bestätigt worden. Das Gericht kann auf Grund der mangels weiterer objektiver Anhaltspunkte verbleibenden Restzweifel nicht entscheiden, welcher der beiden Aussagen der Vorzug zu geben ist, so dass die insoweit beweisbelastete Klägerin die negativen Folgen der Nichterweislichkeit treffen.

Eine Beweislastumkehr ergibt sich auch nicht aus der Kaufvertragsurkunde. Zwar ist dort nicht angekreuzt, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein Mietfahrzeug handelt, es ist jedoch auch nicht angekreuzt – was ebenfalls möglich gewesen wäre – dass es sich um kein Mietfahrzeug handelt. Da an dieser Stelle der ganze Fragenblock bestehend aus 5 Fragen, bei denen jeweils „ja“ oder „nein“ angekreuzt hätte werden können, ist die Urkunde insoweit unvollständig, so dass sich aus ihr ein Anscheinsbeweis für die Behauptung der Klägerin nicht ergibt.

3.

Ein Rücktrittsrecht gem. §§ 437 Nr. 2, 434, 323 BGB hätte der Klägerin ebenfalls nicht zugestanden, da ein Sachmangel nicht gegeben ist.

a. Ein Sachmangel auf Grund einer Beschaffenheitsvereinbarung iSd § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist nicht gegeben, da eine solche nicht vorliegt.

Zwar hat die Klägerin vorgebracht, dass sie in den Kaufvertragsverhandlungen darauf hingewiesen hat, lediglich ein Mitarbeiterfahrzeug aber keinen Mietwagen erwerben zu wollen, jedoch hat die Beweisaufnahme ihr vorbringen nicht bestätigt (s.o.). Insbesondere ergibt sich eine solche Vereinbarung nicht aus der Kaufvertragsurkunde, da diese mangels Vollständigkeit (s.o.) keinen Anschein der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich trägt. Im Übrigen ist bezüglich der Mietwageneigenschaft weder „ja“ noch „nein“ angekreuzt worden, woraus sich gerade nicht herleiten lässt, dass das Fahrzeug kein Mietwagen sein sollte. Da die Klägerin die Beweislast für das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung trifft, gehen die negativen Folgen der Nichterweislichkeit zu ihren Lasten.

b. Ein Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB liegt ebenfalls nicht vor, da eine atypische Vorbenutzung nicht gegeben ist (s.o.).

4.

Hingegen hätte die Widerklage der Beklagten vollumfänglich Erfolg gehabt.

Diese ist insbesondere zulässig, da die Beklagte ein Rechtsschutzinteresse daran hat, einen Zahlungstitel für den Restkaufpreis zu erlangen. Diesen hätte ihr das lediglich klageabweisende Urteil noch nicht gegeben.

Sie wäre auch bezüglich der Hauptforderung begründet gewesen, da die Einwendungen der Klägerin bezüglich der Mängel nicht durchgegriffen hätten (s.o.). Ob der Beklagten Zinsen in Höhe von 9 % oder lediglich die gesetzlichen Zinsen zugestanden hätten, ist für die Kostenentscheidung unerheblich, da die Zinsforderung sich nicht streitwerterhöhend auswirkt.

Daher ist es nach billigem Ermessen gerechtfertigt, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

 

 

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