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Fahrzeugmietvertrag – Fahrzeugbeschädigung durch Mieter

LG Itzehoe – Az.: 1 S 6/20 – Urteil vom 27.01.2021

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Itzehoe vom 19.12.2019, Az. 90 C 44/19, abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 700,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.05.2019 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird gem. §§ 63 Abs. 2, 47, 45 Abs. 1 Satz 1, Satz 3, 48 GKG, 3, 4 ZPO für das Berufungsverfahren auf 700,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz aus einem Kraftfahrzeugmietvertrag in Anspruch. Der Beklagte begehrt im Wege der Widerklage Rückzahlung der insoweit geleisteten Kaution.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts Itzehoe vom 19.12.2019, Bl. 94 ff. d.A., Bezug genommen.

Mit Urteil vom 19.12.2019 hat das Amtsgericht Itzehoe die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an den Beklagten 100 € zzgl. Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zwar feststehe, dass das Mietfahrzeug am Morgen des 12.03.2019 um 07:30 Uhr einen ca. 3 m langen Kratzschaden an der Außenwand aufgewiesen habe, den es bei der Ausgabe des Fahrzeugs noch nicht gehabt habe. Allerdings habe nicht festgestellt werden können, dass der Beklagte für diesen Schaden verantwortlich sei. Zwar begründe § 280 BGB eine Verschuldensvermutung zu Lasten des Mieters dahingehend, dass der während der Mietzeit entstandene Schaden durch Mietgebrauch verursacht worden sei. Dies sei für Schadensbereiche, die entweder in einem örtlichen Bereich des Fahrzeugs entstanden seien, die lediglich dem Fahrzeugberechtigten eröffnet seien, wie z.B. dem Innenraum, oder bei typischen Unfallschäden z.B. an Front- oder Heckstange auch zutreffend. Eine Zuweisung allein nach Obhutsbereichen würde allerdings zu einer Garantiehaftung des Mieters für alle zufälligerweise während der Mietzeit entstandenen Schäden am Fahrzeug führen, welche dem Regelungsgehalt des § 280 BGB zuwider liefe. Denn dieser betreffe nur verhaltensbezogene Pflichten des Vertragspartners, nicht jedoch die Haftung für das Verhalten Dritter, am Mietvertrag völlig unbeteiligter Personen. Wie bei Wohnraumnutzungsverhältnissen sei daher erforderlich, dass der Schaden im Obhuts- und Gefahrenbereich des Nutzungsberechtigten durch Mietgebrauch entstanden sei. Lasse sich hingegen nicht ausschließen, dass der Schadenseintritt vom Mieter in keiner Weise veranlasst oder beeinflusst worden sei, so bleibe es bei der Beweislast des Vermieters. Der Vermieter müsse danach nachweisen, dass die Schadensursache nicht aus dem Verhalten eines Dritten herrühre, für den der Mieter nicht hafte. Im vorliegenden Fall könne der Schaden sowohl durch den Mieter verursacht worden sein, indem er an einem spitzen Gegenstand entlang gefahren wäre, ebenso jedoch auch durch ein anderes Fahrzeug oder einen Passanten, der an dem Fahrzeug vorbeigelaufen sei. Dies gehe daher zu Lasten des Vermieters. Mangels Schadensverursachung durch den Mieter könne dieser zudem die Kaution zurückverlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil vom 19.12.2019, Bl. 94 ff. d.A., Bezug genommen.

Gegen das ihm am 08.01.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.01.2020 Berufung eingelegt und diese innerhalb der Berufungsbegründungsfrist am 27.02.2020 begründet.

Fahrzeugmietvertrag – Fahrzeugbeschädigung durch Mieter
(Symbolfoto: TonyLockhart/Shutterstock.com)

Der Kläger rügt, das Amtsgericht habe die Beweislast verkannt. Es sei Sache des Mieters nachzuweisen, dass die während der Mietzeit entstandene Beschädigung nicht von ihm zu vertreten sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Sachlage bei typischen Unfallschäden im Front- oder Heckbereich anders sein solle als bei einem Seitenschaden. Auch von einer Garantiehaftung könne keine Rede sein, da der Mieter jederzeit nachweisen könne, den Schaden nicht verursacht zu haben. Eine Haftung für Zufallsschäden folge aus § 280 BGB ebensowenig, da der Mieter für zufällige Beschädigungen wie Steinschlag niemals in Anspruch genommen werde. Soweit das Amtsgericht mit Zufallsschäden eine Schadensverursachung durch Dritte gemeint habe, gelte nichts anderes. Wenn der Mieter dies nachweisen könne, hafte er nicht. Die vom Amtsgericht zur Begründung herangezogene Entscheidung beziehe sich auf Wohnraummiete, nicht aber auf die Kfz-Miete. Die vom Amtsgericht vorgenommene Auslegung führe dazu, dass jeder Mieter der Haftung mit der bloßen Berufung auf eine mögliche Fremdverursachung entgehen könne, und zwar nicht nur der unredliche, betrügerisch agierende Mieter, sondern auch derjenige, der die von ihm verschuldete Beschädigung zuvor schlicht nicht bemerkt habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Itzehoe zum Aktenzeichen 90 C 44/19 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 700 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.05.2019 zu zahlen sowie die Widerklage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Er habe den streitgegenständlichen Schaden nicht verursacht. Das Amtsgericht habe die Beweislastverteilung auch richtig erkannt. Der Kläger müsse beweisen, dass die Schadensursache aus dem Obhutsbereich des Beklagten stamme. Er müsse daher auch beweisen, dass die Schadensursache nicht aus dem Verhalten eines Dritten herrühre, für den der Beklagte nicht nach § 278 BGB hafte. Eine Garantiehaftung, die der Kläger offenbar anstrebe, sei mit § 538 BGB nicht vereinbar. Im Übrigen sei die Klage auch deshalb abzuweisen, weil der Kläger nicht habe beweisen können, dass der fragliche Schaden bei Mietbeginn noch nicht vorgelegen habe. Im Übrigen sei fraglich, ob es sich nicht ohnehin nur um gewöhnliche Abnutzungserscheinungen handele.

II.

Die Berufung ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie Erfolg.

1.

Die Klage ist entgegen der Ansicht des Amtsgerichts zulässig und begründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 700,00 € gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 535, 249 ff. BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag zu.

Ohne Rechtsfehler hat das Amtsgericht zunächst festgestellt, dass das Kraftfahrzeug, welches der Beklagte für den Zeitraum vom 11.03.2019, 09:15 Uhr bis zum 12.03.2019, 09:15 Uhr von dem Kläger unter Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung auf 800,00 € für Schäden gemietet hatte, den hier streitgegenständlichen Streifschaden an der Fahrerseite erlitten hat, d.h. während der Mietzeit beschädigt wurde.

Der Zeuge H hat bei seiner Vernehmung durch das Amtsgericht glaubhaft bekundet, dass er das streitgegenständliche Fahrzeug am Morgen des 12.03.2019 angeschaut und dabei einen gleichmäßigen Kratzer bzw. Streifschaden auf der linken Seite, d.h. auf der Fahrerseite entdeckt habe, der bei Ausgabe des Fahrzeugs am Vortag noch nicht vorhanden gewesen sei. Der Zeuge hat auch bestätigt, dass er die blauen Aufkleber, die auf den vom Kläger eingereichten Lichtbildern des Fahrzeugs zu sehen sind, angebracht habe, um den Schaden zu kennzeichnen. Zwar ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge H, Angestellter des Klägers ist. Allein daraus lässt sich jedoch nicht folgern, dass der Zeuge die Unwahrheit gesagt hätte. Dass der Zeuge um die Wahrheit bemüht war, ergibt sich vielmehr daraus, dass er ausweislich des Protokolls seiner Vernehmung offen eingeräumt hat, dass er nicht wisse, wie der Schaden entstanden sei und dass er allenfalls Mutmaßungen aufstellen könne. Bei dieser Mutmaßung hat der Zeuge zudem nicht einseitig den Beklagten belastet, dass dieser an irgendetwas vorbeigeschrammt sein müsse, sondern ergebnisoffen selbst die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, dass auch ein anderes Fahrzeug an dem Mietfahrzeug entlang geschrammt sein könne. Erst auf Nachfrage hat der Zeuge ausgeschlossen, dass der Schaden durch eines der bei Rückgabe des Fahrzeugs daneben stehenden Fahrzeuge verursacht worden sein könne.

Nach den überzeugenden protokollierten Angaben des Zeugen H ist zudem davon auszugehen, dass der Streifschaden bereits beim Abstellen des Fahrzeugs durch den Beklagten an dem Fahrzeug vorhanden war. Der Zeuge hat auf entsprechende Nachfrage aufgrund der Dispositionsliste sowie Bauweise der neben dem Fahrzeug geparkten weiteren Mietfahrzeuge ausgeschlossen, dass eines dieser Fahrzeuge an dem Mietfahrzeug entlang geschrammt sein könne, da diese nicht bewegt worden seien. Dass neben dem Mietfahrzeug Parkraum frei verfügbar gewesen wäre, als der Beklagte es abgestellt hat, hat der Beklagte im Übrigen selbst nicht behauptet. Wäre lediglich ein Fußgänger oder Radfahrer, sei es auch mit einem massiven Gegenstand, nach dem Abstellen des Fahrzeugs an der Fahrzeugseite vorbeigeschrammt, wäre zudem nach der Überzeugung der Kammer davon auszugehen, dass der Streifschaden nicht so geradlinig wäre, sondern mehrere Biegungen aufgrund der Bewegung des Radfahrers bzw. Fußgängers aufweisen würde. Gleiches gilt für eine vorsätzliche Beschädigung durch einen Passanten per Hand.

Der Aussage des Zeugen H stehen auch nicht die Angaben der Zeugen I und J entgegen. Zwar hat der Zeuge I bekundet, dass er den Streifschaden weder bei Abholung des Fahrzeugs noch bei Rückgabe gesehen habe. Der Zeuge hat jedoch auch bekundet, dass er sich das Fahrzeug bei Rückgabe nicht noch einmal angeschaut habe. Zwar hat der Zeuge angegeben, sich das Fahrzeug etwa 2,5 Stunden vor Rückgabe angeschaut und dabei keinen Schaden gesehen zu haben. Auch wenn danach nur noch eine kürzere Fahrt mit dem Fahrzeug zurückgelegt wurde, ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass gerade bei dieser Fahrt der Schaden – auch unbemerkt von den Fahrzeuginsassen – entstanden ist. Die Aussage des Zeugen J überzeugt ebenfalls nicht. Zwar hat der Zeuge bekundet, dass auch er den Streifschaden weder bei Abholung noch bei Abgabe bemerkt habe. Allerdings hat sich der Zeuge das Fahrzeug bei der Rückgabe nach seiner eigenen Darstellung auch nicht noch einmal angeschaut, so dass nicht ausgeschlossen ist, dass der Schaden gleichwohl beim Abstellen des Fahrzeugs bereits vorhanden war.

Einer erneuten Vernehmung der Zeugen durch die Kammer bedurfte es nicht. Eine solche erneute Vernehmung in zweiter Instanz ist zum einen nur geboten, wenn das Berufungsgericht von der Würdigung der ersten Instanz abweicht, was hier nicht der Fall ist. Denn auch das Amtsgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass es davon überzeugt sei, dass das Fahrzeug am Morgen des 12.03.2019 den streitgegenständlichen Streifschaden aufgewiesen habe. Zum anderen lässt sich die Würdigung der Zeugenaussagen vorliegend bereits anhand des ausführlichen Vernehmungsprotokolls vornehmen, an dessen Richtigkeit keine Zweifel bestehen und auch von dem Berufungsbeklagten nicht aufgezeigt wurden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zudem fest, dass der streitgegenständliche Streifschaden bei Ausgabe des Fahrzeugs am Vortag noch nicht vorhanden war. In dem Ausgabeprotokoll vom 11.03.2019, Bl. 7 d.A., ist ein Streifschaden auf der Fahrerseite nicht vermerkt, obwohl in dem Dokument, welches beide Parteien unterzeichnet haben, diverse Schäden an dem Fahrzeug festgehalten wurden und zudem noch eine handschriftliche Eintragung hinzugefügt wurde. Dieses von beiden Parteien unterzeichnete Protokoll erfüllt die Voraussetzungen einer Privaturkunde im Sinne des § 416 ZPO. Die Beweiskraft dieser Urkunde erstreckt sich damit zwar nicht auf die inhaltliche Richtigkeit, aber doch darauf, dass beide Parteien, die das Protokoll unterschrieben haben, tatsächlich die darin enthaltenen Erklärungen abgegeben haben. Daraus wird die Verpflichtung dessen hergeleitet, den Gegenbeweis zu führen, der die Unrichtigkeit des Protokolls, also etwa das Vorhandensein einer Schädigung schon zum Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung der Mietsache behauptet, die im Protokoll nicht aufgeführt ist (BeckOGK/H. Schmidt, 1.1.2021, BGB § 538 Rn. 45; vergleiche dazu auch BGH, Urteil vom 11.05.1989, AZ: III ZR 2/88, zitiert nach juris mit weiteren Nachweisen). Diesen Beweis hat der Beklagte nicht erbracht. Denn die Angaben der von ihm benannten Zeugen überzeugen insoweit nicht. Der Zeuge K hat bekundet, dass ihm der Schaden bei Abholung des Fahrzeugs nicht aufgefallen sei, wohl aber mehrere kleinere Schäden. Der Zeuge I wiederum hat bekundet, dass ihm bei Abholung sehr viele Schäden aufgefallen seien, die aber gar nicht alle aufgeschrieben worden seien. Manchmal seien es nur kleinere Sachen gewesen, für ihn entscheidend sei indes ein Defekt der Pneumatikrampe gewesen. Den Streifschaden habe er hingegen nicht gesehen. Gegen diese Angaben spricht jedoch bereits der eindeutige Inhalt des Ausgabeprotokolls. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Streifschaden deutlich schon auf den Lichtbildern zu erkennen ist, so dass kaum vorstellbar ist, dass die Zeugen diesen übersehen hätten, wenn er bereits bei Ausgabe vorhanden gewesen wäre, wenn ihnen andererseits viele kleinere Schäden aufgefallen sind. Auch der Umstand, dass handschriftlich eine Nachtragung in das Ausgabeprotokoll vorgenommen, aber gerade kein Streifschaden an der Fahrerseite dokumentiert wurde, spricht dafür, dass dieser seinerzeit nicht vorhanden war. Denn wenn die Parteien bei Ausgabe des Fahrzeugs offenbar den Zustand des Fahrzeugs genau erfassten und der Beklagte eine Nachtragung veranlasste, ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der deutlich sichtbare Streifschaden auf der Fahrerseite nicht unentdeckt geblieben wäre und der Beklagte auch auf dessen Dokumentation bestanden hätte. Die Richtigkeit des Ausgabeprotokolls, die durch diese Angaben der Zeugen I und J nicht entkräftet wird, wird auch durch die Angaben des Zeugen H bestätigt. Dieser hat ausdrücklich bekundet, dass der Schaden vorher, d.h. bei Ausgabe noch nicht vorhanden gewesen sei. Dazu hat er weiter bekundet, dass jedes Fahrzeug bei der Rückgabe geprüft werde und alle Schäden dann in die Schadensliste aufgenommen würden, die dann Grundlage für den Zustand des Fahrzeugs bei der nächsten Ausgabe sei. Das steht in Einklang mit der Dokumentation diverser Schäden an dem Fahrzeug in der Schadensliste bei Ausgabe des Fahrzeugs, Bl. 7 d.A. Der Zeuge konnte dabei auch plausibel erklären, warum gleichwohl noch ein handschriftlicher Eintrag bei Ausgabe des Fahrzeugs hinzugefügt wurde, wenn andererseits doch eigentlich alle Schäden schon in der Schadensliste erfasst worden sein müssten. Der Zeuge H hat insoweit ausgeführt, dass er diesen Zustand des Blechs der Heckklappe als normale Gebrauchsspuren und nicht als Schaden angesehen habe und ihn daher nur auf Wunsch des Kunden zusätzlich festgehalten habe. Soweit der Beklagte demgegenüber erklärt hat, dass es sich nicht um ein schadhaftes Blech, sondern um eine mangelhaft schließende Heckklappe gegangen sei, spricht hiergegen wiederum der Wortlaut des Ausgabeprotokolls, in dem eindeutig das Wort „Blech“ notiert wurde und von einem mangelhaften Schließmechanismus gerade nicht die Rede ist.

Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zugleich fest, dass der Streifschaden durch eine Verletzung der dem Beklagten nach dem Mietvertrag obliegenden Pflichten entstanden ist.

Entgegen der Ansicht des Beklagten scheidet eine Pflichtverletzung nicht bereits deshalb aus, weil es sich bei dem Streifschaden um gewöhnliche Gebrauchsspuren an der Mietsache handelt, für welche der Mieter nach § 538 BGB nicht einzustehen hätte. Auch bei einem größeren Transportfahrzeug ist davon auszugehen, dass bei der üblichen Verwendung die Seitenkarosserie nicht über nahezu die gesamte Fahrzeugseite beschädigt wird. Vielmehr gilt auch hier, dass bei der üblichen Verwendung des Fahrzeugs und Anwendung der gebotenen Sorgfalt hierbei derartige Schäden verhindert werden.

Die dem Beklagten anzulastende Pflichtverletzung, die zu dem Schaden geführt hat, ist vorliegend in der Verletzung der dem Beklagten obliegenden Schutz- und Obhutspflichten bzgl. des Mietfahrzeugs zu sehen. Hingegen liegt durch die Rückgabe des Fahrzeugs in beschädigtem Zustand keine Verletzung der Verpflichtung des Beklagten aus § 546 Abs. 1 BGB vor. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Zustand, in dem sich die Mietsache bei ihrer Rückgabe befindet, für die allein in der Rückgabe selbst bestehende Leistungspflicht ohne Bedeutung, da § 546 Abs. 1 BGB enthält keine Regelung darüber, in welchem Zustand die Wohnung zurückzugeben ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28.02.2018, Aktenzeichen: VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rn 23 f., beck-online). Bei Verschlechterungen oder Veränderungen der Mietsache kann der Vermieter deshalb zwar Schadensersatz verlangen, ist aber – zur Vermeidung eines sonst etwa nach §§ 293 ff. BGB eintretenden Annahmeverzugs oder des Fehlens einer für die Anwendbarkeit von § 546 a I BGB erforderlichen Vorenthaltung – nicht zur Ablehnung ihrer Rücknahme berechtigt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28.02.2018, Aktenzeichen: VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rn 23, beck-online).

Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Streifschaden durch eine Verletzung der dem Beklagten obliegenden Schutz- und Obhutspflichten bzgl. des Mietfahrzeugs entstanden ist. Diese Obhuts- und Schutzpflicht des Mieters bzgl. der Mietsache soll gerade verhindern, dass Substanzschäden wie der vorliegende an der Mietsache entstehen.

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Bei der Verletzung von Obhutspflichten, die darauf gerichtet sind, eine fremde Sache oder ein anderes fremdes Rechtsgut vor Schäden zu bewahren, genügt der Gläubiger seiner Beweislast, wenn er nachweist, dass derjenige (negative) Erfolg eingetreten ist, dessen Vermeidung die Obhutspflicht diente (BeckOGK/Riehm, 15.10.2020, BGB § 280 Rn. 356). Dabei ist es wegen § 538 BGB, nach dessen Inhalt der Mieter für Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht haftet, erforderlich, dass der Schaden im Obhuts- und Gefahrenbereich des Nutzungsberechtigten entstanden und nicht mehr vom vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt ist.

In welchem Maße der Vermieter den Nachweis der Pflichtverletzung erbringen muss, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.

Teilweise wird in der Rechtsprechung vertreten, dass der Vermieter bei Rückgabe eines Mietfahrzeugs in beschädigtem Zustand sowohl eine Schadensursache aus seinem Pflichtenkreis als auch jegliche Verursachung des Schadens durch Dritte ausschließen müsse (LG Baden-Baden, Urteil vom 12.06.2007, Aktenzeichen: 5 S 19/06; AG Köln, Urteil vom 03.09.2012, Aktenzeichen: 142 C 284/11; LG Berlin, Urteil vom 18.11.2011, Aktenzeichen: 56 S 36/11, jeweils zitiert nach juris).

Ein anderer Teil in der Rechtsprechung vertritt die Ansicht, dass es ausreiche, wenn der Vermieter darlege und nachweise, dass der Schaden im Obhutsbereich des Mieters während der Mietzeit (AG Hamburg Bergedorf; AG München) bzw. bei Mietgebrauch (LG Lübeck) entstanden sei und der Vermieter dann eine eigene Verursachung oder Verursachung durch Dritte nicht ausschließen müsse, wobei zum Mietgebrauch auch das bloße Abstellen eines Fahrzeugs auf einem frei zugänglichem Hof gehöre (vgl. AG Hamburg-Bergedorf, Aktenzeichen: 410d 268/15; AG München, Urteil vom 29.05.2009, Aktenzeichen: 163 C 7241/09, juris; LG Lübeck, Urteil vom 13.06.2013, Aktenzeichen: 14 S 211/11, juris).

Das Amtsgericht hat sich der zuerst genannten Ansicht angeschlossen. Die Kammer vertritt eine vermittelnde Auffassung.

Nach Ansicht der Kammer ist es Aufgabe des Vermieters zunächst darzulegen und zu beweisen, dass die Beschädigung des Mietfahrzeugs während der Mietzeit entstanden ist, in welcher der Mieter das Fahrzeug in seiner Obhut hatte und damit verpflichtet war, es vor jeglichen Beschädigungen bei Benutzung, aber auch durch Dritte zu schützen, und dass dieser Schaden nicht vom vertragsgemäßen Mietgebrauch gedeckt ist. Anderweitige nicht aus dem Bereich des Mieters stammende alternative Ursachen muss er jedoch nur insoweit entkräften bzw. ausschließen, wie sie von dem Mieter im Prozess konkret vorgetragen werden. Die rein abstrakte Möglichkeit anderer Ursachen, etwa einer Schadensverursachung durch Dritte, für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt, muss er hingegen nicht ausräumen (so auch für die Miete im Allgemeinen: Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 14. Aufl. 2019, BGB § 538 Rn. 44).

Diese Auffassung berücksichtigt die Besonderheiten des Kraftfahrzeugs als Mietgegenstand und steht im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen des materiellen und prozessualen Rechts. Die zuerst genannte Ansicht hingegen führt letztlich zu einer Aushöhlung und einem Leerlauf der gesetzlichen Regelungen des Schuldrechts, die auch vom Gesetzgeber nicht gewollt sein dürfte.

Das Schuldrecht im Allgemeinen wie auch das Mietrecht im Speziellen ist geprägt von dem Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien. Dieser Interessenausgleich sieht insbesondere vor, dass demjenigen, der im Rahmen eines schuldrechtlichen Vertrages geschädigt wird, unter erleichterten Voraussetzungen im Vergleich zum Recht der unerlaubten Handlung ein Schadensersatzanspruch zustehen soll, was sich z.B. in der Regelung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB niederschlägt, die vorsieht, dass der Schuldner sein fehlendes Verschulden nachzuweisen hat.

Bei der Kfz-Miete ist zudem zu berücksichtigten, dass der Vermieter sich jeder Einwirkung auf den Mietgegenstand begibt, wenn er das Fahrzeug an den Mieter aushändigt. Im Gegensatz zur Wohnraummiete, bei welcher die Einwirkung bzw. Einwirkungsmöglichkeiten des Vermieters auf die Mietsache in gewisser Weise fortwirken, z.B. in Bezug auf die Fassade, insb. auch durch die Bausubstanz oder die verlegten Versorgungsleitungen, besteht diese Einwirkungsmöglichkeit bei der Kfz-Miete für den Vermieter ab Aushändigung des Fahrzeugs nicht mehr. Zwar ist er für den wartungsgerechten, verkehrstauglichen Zustand des Fahrzeugs bei Übergabe verantwortlich. Die Karosserie und Mechanik im übrigen unterliegt aber mit Ausgabe des Fahrzeugs ebenso wie der Innenraum des Fahrzeugs nur noch dem Zugriff des Mieters. Dieser hat sodann das Fahrzeug in seiner Obhut und kann durch Gestaltung seiner Fahrweise und Nutzung sowie Wahl der Flächen zum Abstellen des Fahrzeugs selbst entscheiden, inwieweit Dritte fortan noch Zugriff auf das Fahrzeug haben können. Diese Möglichkeit besteht für den Vermieter hingegen nicht mehr. Da jedoch ein beweglicher Gegenstand rein theoretisch jederzeit dem Zugriff von Dritten ausgesetzt sein kann, etwa wenn er im öffentlichen oder frei zugänglichen Raum abgestellt wird oder andere Fahrzeuge eng daran vorbeifahren oder Menschen daran vorbeilaufen, würde die gesetzlich bestehende Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs gegen den Mieter im Falle der Substanzbeschädigung der Mietsache während der Mietzeit faktisch leerlaufen, wenn der Vermieter jegliche auch nur theoretisch denkbare Verursachung des Schadens durch Dritte ausschließen müsste. Wenn ein Schaden bei Rückgabe des Fahrzeugs vorhanden ist, kann für den Vermieter, der nicht weiß, wo und wie der Mieter das Fahrzeug genutzt hat, nicht festgestellt werden, ob und zu welchem Zeitpunkt und durch wen der Schaden während der Mietzeit verursacht wurde. Denn die Spurenlage wäre sowohl bei einer Verursachung durch Dritte wie auch den Mieter letztlich gleich. Demgegenüber kann der Mieter jederzeit während der Mietzeit das Fahrzeug überprüfen und die ordnungsgemäße, schadenfreie Nutzung des Fahrzeugs durch Hinzuziehung von Zeugen bzw. Nutzung von Dashcams u.ä. beweismäßig sichern.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts führt dies auch nicht zu einer Garantiehaftung des Mieters. Denn der Mieter hat es jederzeit selbst in der Hand, Schäden von dem Fahrzeug abzuwenden und nötige Beweise zu sichern. Dieser Mehraufwand ist dem Mieter auch zumutbar. Denn es ist davon auszugehen, dass dieser, wäre er selbst Eigentümer des Fahrzeugs, ebenfalls sorgsam darauf achten würde, wie etwaige Schäden an dem Fahrzeug zustande gekommen sind. Wenn er diesen Aufwand nicht führen will, steht es ihm zudem frei, einen Anbieter auszuwählen, der eine vollständige Haftungsfreistellung gewährt. Diese wird üblicherweise jedoch nur gegen deutlichen Aufpreis oder zu insgesamt deutlich höheren Preisen angeboten.

Entgegen der Ansicht erscheint es auch nicht sachgerecht, zwischen Schäden im Innenraum der Fahrgastzelle oder dem Laderaum sowie typischen Unfallschäden an Front- oder Heckstange einerseits und sonstigen Beschädigungen andererseits zu differenzieren. Auch Schäden an Front- und Heckstange lassen grundsätzlich nicht mit der nötigen Gewissheit darauf schließen, dass diese zwingend von dem Mieter durch Verletzung seiner Sorgfaltspflichten verursacht wurden. Denn theoretisch wäre auch bei derartigen Schäden denkbar, dass diese allein durch das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer verursacht wurden und nicht durch eine Sorgfaltspflichtverletzung des Mieters, etwa bei einem grundlosen Auffahren oder einem Vorfahrtverstoß eines Dritten. Wenn dieser Dritte dann Fahrerflucht begeht, ist die Sachlage letztlich nicht anders als bei sonstigen Beschädigungen der Karosserie des Mietfahrzeugs. Auch hier hat jedoch allein der Mieter die konkrete Möglichkeit, Beweise zu sichern, die Polizei oder Passanten als Zeugen hinzuziehen.

Vor diesem Hintergrund ist es wie dargelegt nach Ansicht der Kammer ausreichend, wenn der Vermieter nachweist, dass der Schaden während der Mietzeit entstanden ist und nicht mehr vom normalen Mietgebrauch gedeckt ist, und von dem Mieter konkret behauptete alternative Schadensursachen entkräftet.

Gemessen an diesen Anforderungen hat der Kläger den Nachweis der schadensursächlichen Pflichtverletzung erbracht. Wie bereits oben ausgeführt ist während der Mietzeit ein Substanzschaden an der Karosserie eingetreten, der nicht mehr vom normalen Mietgebrauch gedeckt ist. Dieser Schaden ist im Übrigen auch bei Mietgebrauch eingetreten. Denn der Mietgebrauch umfasst bei einem Mietfahrzeug die Gesamtheit der Nutzung des Fahrzeugs während der Mietzeit, wozu nicht nur das Fahren im fließenden Straßenverkehr, sondern auch das Beladen, Entladen und Abstellen des Fahrzeugs im ruhenden Verkehr oder auf einem Privatgrundstück gehört. Denn auch im Rahmen des Abstellens des Fahrzeugs hat der Mieter es selbst in der Hand, den Zugriff Dritter auf das Fahrzeug zu beeinflussen. So ist eine Beachtung der ihm obliegenden Schutzpflicht für das Fahrzeug auch beim Abstellen des Fahrzeugs erforderlich, da durch die Wahl des Standortes (Gehweg, Fahrbahn etc.) das Maß der Gefährdung des Fahrzeugs beeinflusst wird. So wird die Mietsache deutlich stärker gefährdet, wenn sie z.B. verkehrswidrig auf dem Gehweg abgestellt wird und dadurch für Personen mit Rollstuhl oder Kinderwagen eine Engstelle geschaffen wird, die es ohne Beschädigung zu passieren gilt, als wenn sie ordnungsgemäß am Fahrbahnrand geparkt wird.

Unschädlich ist, dass der Kläger nicht jedwede Verursachung durch Dritte ausgeschlossen hat. Denn darauf käme es nach der von der Kammer vertretenen Ansicht nur an, wenn der Beklagte konkrete alternative Schadensursachen dargelegt hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Der Beklagte beschränkt sich darauf vorzutragen, dass ihm und seinen Helfern die Beschädigung sowie deren Entstehung nicht aufgefallen sei. Damit hat er indes keine konkrete Schadensverursachung durch Dritte behauptet. Denn ebenso denkbar ist, dass er und seine Mithelfer die Schadensentstehung während der und durch die eigene Nutzung des Fahrzeugs aus anderen Gründen nicht bemerkt haben, etwa weil Außengeräusche falsch gedeutet wurden, Abstände falsch eingeschätzt wurden oder man abgelenkt war.

Die schadensursächliche Pflichtverletzung geschah auch schuldhaft. Denn das Verschulden wird gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Den dem Mieter obliegenden Entlastungsbeweis hat der Beklagte nicht erbracht. Es genügt auch insoweit nicht, wenn der Beklagte lediglich pauschal vorträgt, der Schaden könne auch durch äußere Einwirkung eines Dritten verursacht worden sein. Denn auch unachtsames Verhalten Dritter kann durch das Verhalten des Mieters (mit)verursacht worden sein, etwa wenn er das Fahrzeug auf dem Gehweg abgestellt und dadurch Rad- und Fußwege blockiert hat oder die notwendigen Abstände zu anderen Fahrzeugen nicht eingehalten hat. Insofern entlastet diese theoretische Möglichkeit den Beklagten nicht von der Verschuldensvermutung. Dass der Beklagte seinen Obhuts- und Schutzpflichten jederzeit genüge getan hat, lässt sich seinem Vortrag nicht entnehmen.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung ist an dem Fahrzeug ein Schaden an der Karosserie entstanden, dessen Beseitigung nach der Schätzung der Kammer gem. § 287 ZPO einen Reparaturkostenaufwand in Höhe von mindestens 830 € netto erfordert, so dass abzüglich der Mietkaution in Höhe von 100 € und unter Berücksichtigung der vereinbarten Haftungsbegrenzung auf 800 € ein restlicher Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 700 € verbleibt.

Nach den öffentlich und damit allgemein zugänglichen Informationen der Webseite: https://www.dekra.de/de/stundenverrechnungssaetze/ belaufen sich die aktuellen Stundenverrechnungssätze der Kfz-Werkstätten für Arbeiten an Karosserie und Mechanik im Bereich Ahrensburg für Pkw auf 142 € netto bzw. 149 € netto und für Lkw auf 107 € netto und für Lackierarbeiten (ohne Material) auf 159,75 € netto (Pkw) bzw. 123 € netto (Lkw). Selbst wenn man für das Jahr 2019 einen deutlich geringeren Stundenverrechnungssatz von nur 80 € netto pro Stunde für Arbeiten an Karosserie und Mechanik und von 90 € netto für Lackierarbeiten an dem hier gegenständlichen Fahrzeug annähme, ergäbe sich eine Schadenshöhe von jedenfalls mehr als 830 € netto. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht wie oben ausgeführt zur Überzeugung der Kammer fest, dass der auf den klägerischen Lichtbildern sichtbare Streifschaden entstanden und von dem Beklagten zu verantworten ist. Zur Beseitigung dieses Streifschadens, der sowohl die Fahrzeugfolie als auch die darunter liegende Seitenwand betrifft, ist die alte Folie zu entfernen, die Seitenwand instand zu setzen und sodann eine Neulackierung und eine neue Folie auf der Seitenwand aufzubringen. Als Ersatzteile werden hierfür eine neue Folie sowie Lackierungs- und Kleinmaterial benötigt.

Nach dem Kostenvoranschlag ist für die Arbeiten an Karosserie und Mechanik ein Zeitaufwand von insgesamt 4,5 Std. kalkuliert. In Anbetracht der einzelnen notwendigen Arbeitsschritte zur Durchführung der oben dargelegten Reparaturarbeiten, die zudem in Arbeiten vor und nach Lackierung aufzusplitten sind, erscheint der Kammer ein Mindestaufwand von jedenfalls insgesamt 3,5 Std. für die Arbeiten als notwendig, d.h. von 280 € netto (3,5 x 80 € netto). Anhaltspunkte dafür, dass die notwendige großflächige Werbefolie für die Seitenwand, die in dem Kostenvoranschlag mit 257,00 € veranschlagt ist, zu einem geringeren Preis als 250 € netto erwerbbar wäre, hat die Kammer nicht. Auch das Vorbringen des Beklagten gibt dafür nichts her. Hinzu kommen zumindest weitere Kleinersatzteile im Wert von geschätzt mindestens 5 € (2 % von 250 €).

Lackierarbeiten sind, wie der Kammer aus zahlreichen Verfahren mit Kfz-Schäden bekannt ist, arbeitsintensiv und benötigen einen relativ hohen Zeitaufwand. In dem Kostenvoranschlag ist der Zeitaufwand mit 3,17 Std. angegeben. Selbst wenn man einen deutlich geringeren Zeitaufwand von nur 2,5 Std. annähme, ergäben sich Lohnkosten für die Lackierung in Höhe von mindestens 225 € netto (2,5 x 90 € netto). Dass die großflächige Seitenwand mit geringerem Kostenaufwand lackiert werden könnte, erscheint der Kammer ausgeschlossen. Hinzu kommen noch Materialkosten für die Lackierung in Höhe von geschätzt mindestens 70 €. Insgesamt ergeben sich damit Reparaturkosten in Höhe von mindestens 830,00 € netto zur Beseitigung des Streifschadens. Da die Selbstbeteiligung des Beklagten ihn jedoch ohnehin nur bis zu einem Betrag von 800,00 € selbst zur Zahlung verpflichtet, kann dahinstehen, ob die Reparaturkosten sogar noch über den Betrag von 830 € hinausgehen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es daher nicht.

Unschädlich ist, dass der Kläger dem Beklagten keine Frist zur Beseitigung der Schäden gesetzt hat. Denn dies bedurfte es nicht. Bei der Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassene Mietsache in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch nach Maßgabe von § 538 BGB entsprechenden Zustand zu halten, insbesondere sie aufgrund der aus der Besitzübertragung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln sowie alles zu unterlassen, was zu einer von § 538 BGB nicht mehr gedeckten Verschlechterung führen kann, handelt es sich um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht im genannten Sinne, deren Verletzung allein nach den in § 280 Abs. 1 BGB geregelten Voraussetzungen eine Schadensersatzpflicht begründet (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28.02.2018, Aktenzeichen: VIII ZR 157/17, NJW 2018, 1746 Rn 23, beck-online).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn die Ablehnung der Regulierung des Schadens durch den Beklagten sowohl mit Schreiben vom 15.04.2019, Bl. 47 d.A. (Anlage B2), als auch mit Schreiben vom 06.05.2019, Bl. 35 d.A. (Anlage K9), ist als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung anzusehen, die den (nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB schuldhaften) Verzug des Beklagten begründete.

2.

Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.

Ein Anspruch des Beklagten auf Rückerstattung der gezahlten Mietkaution in Höhe von 100 € besteht nicht. Denn wie bereits oben unter Ziffer II. 1. der Entscheidungsgründe ausgeführt haftet der Beklagte für den an dem Mietfahrzeug entstandenen Streifschaden in Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 800 €, so dass die Kaution im Wege der Verrechnung mit diesem Anspruch verbraucht ist.

Da die Verrechnung bereits vor Klageerhebung erfolgte, besteht auch kein Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

IV.

Die Revision ist von Amts wegen nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Denn zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich. Wie bereits oben unter Ziffer II. 1. der Entscheidungsgründe ausgeführt, werden die Anforderungen an den vom Vermieter zu erbringenden Nachweis der schadensverursachenden Pflichtverletzung des Mieters bei Beschädigung von Mietfahrzeugen von den Instanzgerichten unterschiedlich beurteilt. Insofern erscheint eine klärende Entscheidung des Bundesgerichtshofes erforderlich, zumal Streitigkeiten um während eines Mietverhältnisses an den Mietfahrzeugen entstandenen Schäden häufig vorkommen.

 

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