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Fahrzeugvollversicherung – Reparaturkostendeckungszusage

Landgericht Dortmund

Az: 2 O 272/10

Urteil vom 20.04.2011


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Streitwert in Höhe von 10.080,60 € dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d

Der Kläger nahm im November 2009 bei der Beklagten eine Fahrzeugvollversicherung für den Pkw BMW 318 i ……mit einer Selbstbeteiligung in Höhe von 300,00 €. Wegen der Einzelheiten des Versicherungsscheines und der dem Vertrag zugrundeliegenden AKB 2008 wird auf die Anlage K 10 zum Schriftsatz des Klägers vom 21.02.2011 Bezug genommen.

Der Kläger meldete der Beklagten einen Unfallschaden vom 21.12.2009 .

Nach dem von der Beklagten daraufhin in Auftrag gegebenen Gutachten der H vom 04.01.2010 (Anlage K 2 zur Klageschrift) lag ein „Reparaturschaden“ vor. Im Einzelnen wurden folgende Kosten und Werte ermittelt:

Reparaturkosten brutto 11.184,63 €

Reparaturkosten netto 9.398,85 €

Wiederbeschaffungswert brutto 15.800,00 €

(entspricht einem Wiederbeschaffungs-

wert netto in Höhe von 13.277,31 €)

Restwertangebot brutto 7.464,00 €.

Die Beklagte zahlte an den Kläger 5.513,31€ (13.277,31 € abzgl. 7.464,00 € und abzgl. 300,00 €). Der Kläger ließ den Pkw in der Folgezeit nicht reparieren. Er befindet sich in unrepariertem und teilzerlegtem Zustand auf dem Gelände des Autohauses S. Die Beklagte forderte von dem Kläger Nachweise und nähere Angaben zu der von diesem behaupteten ordnungsgemäßen Reparatur eines unstreitigen Vorschadens. Die Parteien streiten u. a. darüber, ob der Kläger die ordnungsgemäße Reparatur des Vorschadens nachgewiesen hat.

Der Kläger behauptet, er sei am 21.12.2009 mit dem Pkw in Belgien verunfallt. Er sei bei Schnee und Glatteis von der Fahrbahn abgekommen und frontal mit einem am Straßenrand befindlichen Baum kollidiert.

Der Kläger meint, er habe Anspruch auf eine „Reparaturkostendeckungszusage“, weil er wegen fehlender finanzieller Mittel mit den Kosten der Reparatur nicht in Vorlage treten könne und die Autohaus S ohne eine solche Erklärung die Reparatur nicht durchführen würde.

Der Kläger behauptet, die S würde pro Tag 20,00 € Standgebühr erheben. Für den Zeitraum vom 21.01.2010 bis zum 14.02.2010 sei von dieser bereits ein Betrag in Höhe von 499,80 € berechnet worden.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Reparaturkostendeckungszusage für die Reparatur des Fahrzeuges der Marke BMW, Typ 318 i, amtliches Kennzeichen ………. aufgrund des Schadensereignisses vom 21.12.2009 zu erteilen, wobei im Wege der Totalschadenabrechnung geleistete Zahlungen in Abzug zu bringen sind,

2. die Beklagte ferner zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 499,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die bis zur Reparatur des unter Ziffer 1 genannten Fahrzeuges angefallenen Standgebühren bei der Autohaus S abzüglich des mit dem Klageantrag zu Ziffer 2 geltend gemachten Betrages zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, es liege eine Unfallmanipulation vor. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Sachvortrages der Beklagten wird auf Seite 6 ff. der Klageerwiderung vom 29.10.2010 (Blatt 25 ff. d. A.) sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 15.04.2011(Blatt 53 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte bezweifelt das Eigentum des Klägers an dem Fahrzeug und macht geltend, die für eine Auszahlung an ihn „erforderlichen Umstände“ seien nicht dargetan.

Ein Anspruch des Klägers scheitere jedenfalls daran, dass die Reparaturkosten gemäß A. 2.7.1 AKB 2008 nur im Falle einer – hier unstreitig nicht erfolgten – vollständigen Reparatur ersetzen würden.

Zudem könne der Vorschaden mangels hinreichenden Vortrags zu diesem und der behaupteten Reparatur nicht von dem geltend gemachten Schaden abgegrenzt werden. Die Beklagte sei in diesem Zusammenhang auch wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei geworden, weil dieser sich pflichtwidrig geweigert habe, eine Reparaturrechnung über die Beseitigung des Vorschadens vorzulegen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist mit sämtlichen Anträgen unbegründet.

I.

Der Antrag zu 1.) ist unbegründet, weil dem Kläger aus keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf eine „Reparaturkostendeckungszusage“ gegenüber der Beklagten zusteht.

1. Ein vertraglicher Anspruch auf Erteilung der begehrten „Reparaturkostendeckungszusage“ besteht nicht. Der Umfang der Entschädigungsleistung ist in den zugrundeliegenden AKB 2008 wie folgt vereinbart:

„A. 2.7 Was zahlen wir bei Beschädigung?

Reparatur

A. 2.7.1 Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen:

a) Wird das Fahrzeug vollständig repariert, zahlen wir die hierfür erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts nach A.2.6.6, wenn Sie uns dies durch eine Rechnung nachweisen. Fehlt dieser Nachweis, zahlen wir entsprechend A.2.7.1.b.

b) Wird das Fahrzeug nicht oder nicht vollständig repariert, zahlen wir die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts …“

Da vorliegend eine vollständige Reparatur nicht erfolgt ist, war die Beklagte lediglich gehalten nach Ziffer A.2.7.1b) AKB 2008 zu regulieren. Dies hat sie getan. Ein weitergehender Anspruch auf eine Reparaturkostendeckungszusage lässt sich den Bedingungen nicht entnehmen. Vielmehr folgt aus der vorgenannten Regelung, dass die erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes erst dann gezahlt werden, wenn das Fahrzeug vollständig repariert und die Reparatur durch eine Rechnung nachgewiesen wurde.

Die vorstehend zitierte Klausel ist auch nicht unwirksam und durch eine andere, dem Kläger zum Erfolg verhelfende zu ersetzen. Nach zutreffender und herrschender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung wird die Beschränkung der Entschädigung auf die Differenz zwischen Wiederbeschaffungs- und Restwert bis zum Nachweis einer Reparatur nicht für unwirksam gehalten (OLG Frankfurt, VersR 2000, 1010; OLG Hamm r + s 1998; zuletzt näher LG Dortmund VersR 2009, 926; Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Ziffer A.2.13 AKB 2008 Rn. 17 f; Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 18. Aufl., Ziffer A.2.7, Rn. 11 m.w.N.). Die Regelung benachteiligt auch nicht den Versicherungsnehmer unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, der die Kosten einer vollständigen Reparatur nicht aufzubringen vermag. Denn er erhält mit den Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes den Schaden ersetzt der ihm – zunächst – tatsächlich entstanden ist (vgl. Stiefel/Maier a.a.O.). Eine darüber hinausgehende Kreditierungsfunktion ist der Fahrzeugvollversicherung fremd. Der Versicherer kann daher abwarten, ob der Versicherungsnehmer ihm noch eine vollständige Reparatur des Fahrzeuges nachweist.

2. Der Anspruch auf eine „Reparaturkostendeckungszusage“ lässt sich auch nicht aus A.2.15.2 AKB 2008 herleiten. Nach dieser Regelung besteht ein Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss, wenn zwar die Zahlungspflicht festgestellt ist, sich jedoch die Höhe der Entschädigung nicht innerhalb eines Monats nach Schadenanzeige feststellen lässt. Die Voraussetzungen der Klausel sind bereits ihrem Wortlaut nach nicht erfüllt. Denn vorliegend ließen sich die Höhe der Entschädigung innerhalb eines Monats nach Schadenanzeige feststellen. Die Beklagte hat ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben. Dass innerhalb eines Monates noch nicht festgestanden haben mag, ob der Kläger die Reparatur vornehmen wird, begründet nicht die Unmöglichkeit der Feststellung der Entschädigung im Sinne der Ziffer A.2.15.2 AKB 2008.

3. Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG n. F.. Denn der Kläger hat den Betrag, den die Beklagte voraussichtlich mindestens zu zahlen hat, bereits erhalten. Im Übrigen gibt auch § 14 Abs. 2 Satz 1 VVG n. F. keinen Anspruch auf eine Vorschussleistung in Form einer „Reparaturkostendeckungszusage“.

4. Soweit Haftpflichtversicherer zum Zwecke der Direktabwicklung von Unfallschäden Reparaturkostenübernahmeerklärungen abgeben, mag dem Kläger bei seinem Verlangen nach einer „Reparaturkostendeckungszusage“ eine ähnliche Abwicklung vorgeschwebt haben. Damit jedoch werden Aspekte aus dem Schadenersatzrecht in unzulässiger Weise mit der Frage der vom Versicherungsnehmer vertraglich zu beanspruchenden Versicherungsleistung unzulässig vermengt. Es bleibt daher darauf hinzuweisen, dass sich die Prüfung, welche Entschädigungsleistung der Versicherungsnehmer einer Fahrzeugvollversicherung zu beanspruchen hat, an den entsprechenden vertraglichen Abreden, hier A.2.7 AKB 2008 zu orientieren hat.

II.

Die Klage hat auch mit den Anträgen zu 2.) und 3.) keinen Erfolg. Ein Anspruch aus Verzug, § 286 BGB, besteht nicht. Denn die Beklagte war weder mit der Abgabe einer „Reparaturkostendeckungszusage“ noch mit der Leistung eines weitergehenden Geldbetrages in Verzug, als die Ansprüche auf Zahlung eines Standgeldes (gegebenenfalls) entstanden. Die Beklagte hat mithin nicht zu verantworten, dass der Kläger gegebenenfalls zur Entrichtung von Standgeldern verpflichtet ist.

Nach alledem war zu erkennen, wie geschehen. Offen bleiben konnte, ob überhaupt ein entschädigungspflichtiges Unfallereignis vorlag oder eine Leistungsfreiheit der Beklagten aus anderen Gründen folgte.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

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