Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gebrauchtwagen-Käufer haben Anspruch auf Schadensersatz bei Mängeln
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Kann ich trotz Weiterverkaufs des Fahrzeugs noch Ansprüche gegen den ursprünglichen Verkäufer geltend machen?
- Was bedeutet die Abtretung von Ansprüchen beim Fahrzeugverkauf?
- Welche Rechte habe ich, wenn der Käufer meines Gebrauchtwagens Mängel feststellt?
- Kann ich meine ursprünglichen Ansprüche auf den neuen Käufer übertragen?
- Welche Folgen hat eine unzulässige Abschalteinrichtung für meinen Schadensersatzanspruch?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger kaufte einen Gebrauchtwagen mit angeblich unzulässiger Abschalteinrichtung.
- Nach einem Software-Update verkaufte der Kläger das Fahrzeug weiter.
- Der Kläger machte Schadensersatzansprüche geltend, die er durch Weiterverkauf angeblich verloren hatte.
- Das Gericht entschied, dass die Abtretungsklausel im Weiterverkaufsvertrag nicht die Ansprüche des Klägers auf den Käufer übertrug.
- Die Beklagte musste dem Kläger eine geringe Schadensersatzsumme zahlen.
- Weitergehende Ansprüche des Klägers wurden abgelehnt.
- Das Gericht bewertete das Verhalten der Beklagten nicht als besonders verwerflich.
- Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen.
- Die Entscheidung berücksichtigt die Auslegung der Abtretungsklausel und die Bewertung der Abschalteinrichtung durch das Kraftfahrtbundesamt.
- Der Kläger trug den Großteil der Kosten des Rechtsstreits.
Gebrauchtwagen-Käufer haben Anspruch auf Schadensersatz bei Mängeln
Der Kauf eines Gebrauchtwagens birgt immer ein gewisses Risiko. Häufig stellt sich im Nachhinein heraus, dass das Fahrzeug Mängel aufweist, die den Verkäufer nicht offenbart hat. In diesen Fällen greift die gesetzliche Sachmängelhaftung. Doch wer kann im Rahmen dieser Haftung Ansprüche geltend machen? Kann der ursprüngliche Käufer, der das Fahrzeug an eine dritte Person weiterverkauft hat, Ansprüche auf Schadensersatz oder Rücktritt vom Kaufvertrag geltend machen? Die Antwort auf diese Frage hängt entscheidend von der Frage ab, ob der ursprüngliche Käufer seine Ansprüche aus der Sachmängelhaftung an den neuen Käufer abgetreten hat.
Dieser Prozess der Abtretung von Ansprüchen stellt juristisch gesehen eine komplexe Angelegenheit dar. Es ist wichtig zu klären, unter welchen Voraussetzungen eine wirksame Abtretung von Ansprüchen aus der Sachmängelhaftung erfolgt und welche Rechte der neue Käufer gegenüber dem ursprünglichen Verkäufer hat. Im Folgenden betrachten wir einen konkreten Fall, der diese Rechtsfrage beleuchtet.
Ihr manipulierter Diesel – wir kennen Ihre Rechte
Frustriert über den geringen Schadensersatz für Ihren manipulierten Mercedes? Sie sind nicht allein. Wir sind spezialisiert auf Dieselskandale und kennen die rechtlichen Feinheiten. Lassen Sie uns Ihre Ansprüche prüfen und gemeinsam Ihre Optionen ausloten. Eine erste Einschätzung Ihrer individuellen Situation ist unverbindlich. Handeln Sie jetzt und sichern Sie sich Ihre Rechte.
Der Fall vor Gericht
Urteil im Dieselskandal: Begrenzter Schadensersatz für Mercedes-Käufer

Das Oberlandesgericht Celle hat in einem wegweisenden Urteil vom 3. Juli 2024 einem Käufer eines Mercedes C 200d mit manipulierter Abgastechnik nur einen begrenzten Schadensersatzanspruch gegen die Daimler AG zugesprochen. Der Kläger erhält lediglich 1.075 Euro Entschädigung für den sogenannten Differenzschaden.
Unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt
Das Gericht stellte fest, dass sowohl das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ als auch das „Thermofenster“ in dem betroffenen Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen. Diese Technologien führten dazu, dass die Abgasreinigung unter bestimmten Bedingungen reduziert oder deaktiviert wurde.
Das Gericht bewertete dies als Verstoß gegen die europäische Verordnung EG 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen. Daimler habe damit schuldhaft eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung für das Fahrzeug erteilt.
Differenzschaden statt Rückabwicklung
Der Kläger hatte ursprünglich die vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags gefordert. Das Gericht sprach ihm jedoch nur einen begrenzten Schadensersatz in Form des sogenannten Differenzschadens zu. Dieser berechnet sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Kaufpreis und dem hypothetischen Wert des Fahrzeugs ohne Manipulationen.
Das Gericht schätzte den Differenzschaden auf 5-15% des Kaufpreises. Im konkreten Fall wurde jedoch nur ein Betrag von 1.075 Euro zugesprochen, da die Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs gegengerechnet wurden.
Kein sittenwidriges Verhalten festgestellt
Einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB lehnte das Gericht ab. Es sah keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Daimler beim Inverkehrbringen des Fahrzeugs in dem Bewusstsein gehandelt habe, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden.
Das Gericht betonte, dass die bloße Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht automatisch als sittenwidrig zu bewerten sei. Dafür müssten weitere Umstände hinzukommen, die das Verhalten als besonders verwerflich erscheinen lassen.
Bedeutung für andere Verfahren
Das Urteil könnte richtungsweisend für zahlreiche weitere anhängige Klagen von Mercedes-Käufern sein. Es zeigt, dass die Gerichte bei Mercedes-Fahrzeugen tendenziell geringere Schadensersatzansprüche zusprechen als etwa bei manipulierten VW-Dieseln.
Allerdings hat das OLG Celle die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Insbesondere soll geklärt werden, ob deliktische Ansprüche gegen den Hersteller durch eine Abtretungsklausel im Kaufvertrag auf den Zweitkäufer übergehen können.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des OLG Celle differenziert klar zwischen unzulässigen Abschalteinrichtungen und sittenwidrigem Verhalten im Dieselskandal. Es bestätigt zwar die Rechtswidrigkeit bestimmter Technologien, sieht aber keinen Beweis für vorsätzliches Fehlverhalten seitens Daimler. Dies führt zu einem begrenzten Schadensersatzanspruch basierend auf dem Differenzschaden, nicht auf einer vollständigen Vertragsrückabwicklung. Die Entscheidung könnte richtungsweisend für ähnliche Fälle sein, unterstreicht jedoch auch den Bedarf an höchstrichterlicher Klärung offener Rechtsfragen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie einen Gebrauchtwagen gekauft haben und später Mängel feststellen, ist dieses Urteil für Sie relevant. Es zeigt, dass Ihre Ansprüche gegen den ursprünglichen Verkäufer oder Hersteller nicht automatisch durch den Weiterverkauf des Fahrzeugs erlöschen. Die übliche Abtretungsklausel in Kaufverträgen umfasst laut Gericht nicht alle möglichen Ansprüche, insbesondere nicht die aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung oder Verletzung von Schutzgesetzen. Das bedeutet, Sie könnten in bestimmten Fällen auch nach einem Weiterverkauf noch Schadensersatzansprüche geltend machen. Allerdings ist der Umfang solcher Ansprüche oft begrenzt, wie im vorliegenden Fall auf einen „Differenzschaden“. Es ist ratsam, bei Problemen mit einem Gebrauchtwagen frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um Ihre individuellen Möglichkeiten zu prüfen.
FAQ – Häufige Fragen
Sie planen den Kauf eines Gebrauchtwagens? Dann sollten Sie sich über die rechtlichen Aspekte informieren! Haftung und Abtretung von Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Gebrauchtwagenverkauf sind wichtige Themen, die Sie vor bösen Überraschungen schützen können. In unserer FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen rund um den Gebrauchtwagenkauf.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Kann ich trotz Weiterverkaufs des Fahrzeugs noch Ansprüche gegen den ursprünglichen Verkäufer geltend machen?
- Was bedeutet die Abtretung von Ansprüchen beim Fahrzeugverkauf?
- Welche Rechte habe ich, wenn der Käufer meines Gebrauchtwagens Mängel feststellt?
- Kann ich meine ursprünglichen Ansprüche auf den neuen Käufer übertragen?
- Welche Folgen hat eine unzulässige Abschalteinrichtung für meinen Schadensersatzanspruch?
Kann ich trotz Weiterverkaufs des Fahrzeugs noch Ansprüche gegen den ursprünglichen Verkäufer geltend machen?
Der Weiterverkauf eines Fahrzeugs schließt Ansprüche gegen den ursprünglichen Verkäufer nicht grundsätzlich aus. Die rechtliche Situation hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere davon, ob es sich beim ursprünglichen Verkäufer um einen gewerblichen Händler oder eine Privatperson handelt.
Bei einem gewerblichen Verkäufer bestehen in der Regel weiterhin Ansprüche aus der gesetzlichen Sachmängelhaftung. Diese Haftung kann vertraglich nicht vollständig ausgeschlossen werden und gilt für zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe. Innerhalb des ersten Jahres nach dem Kauf gilt sogar eine Beweislastumkehr zugunsten des Käufers. Das bedeutet, der Händler muss nachweisen, dass ein Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe nicht vorlag.
Wichtig ist, dass Mängel möglichst zeitnah nach ihrer Entdeckung beim Verkäufer angezeigt werden. Auch wenn das Fahrzeug bereits weiterverkauft wurde, können Ansprüche auf Schadensersatz oder Minderung des Kaufpreises geltend gemacht werden. Der Anspruch berechnet sich dabei aus dem ursprünglichen Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer und des beim Weiterverkauf erzielten Preises.
Bei einem privaten Verkäufer gestaltet sich die Situation schwieriger. Hier kann die Gewährleistung im Kaufvertrag ausgeschlossen werden, was häufig mit dem Satz „Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ geschieht. In diesem Fall bestehen in der Regel keine Ansprüche mehr, es sei denn, der Verkäufer hat Mängel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für bestimmte Eigenschaften des Fahrzeugs übernommen.
Eine Ausnahme bilden Fälle von Betrug oder arglistiger Täuschung. Hier können trotz Weiterverkaufs und unabhängig davon, ob der ursprüngliche Verkäufer ein Händler oder eine Privatperson war, Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Dies gilt beispielsweise, wenn der Verkäufer bewusst falsche Angaben zur Laufleistung oder zu Unfallschäden gemacht hat.
Für die Geltendmachung von Ansprüchen ist es ratsam, alle relevanten Unterlagen wie den ursprünglichen Kaufvertrag, Belege über festgestellte Mängel und den Vertrag über den Weiterverkauf aufzubewahren. Diese Dokumente können bei der Durchsetzung von Ansprüchen eine entscheidende Rolle spielen.
Es ist zu beachten, dass die Verjährungsfrist für Ansprüche aus der Sachmängelhaftung bei Gebrauchtwagen in der Regel zwei Jahre beträgt, sofern sie nicht vertraglich auf ein Jahr verkürzt wurde. Diese Frist beginnt mit der Übergabe des Fahrzeugs an den ursprünglichen Käufer.
Die Geltendmachung von Ansprüchen trotz Weiterverkaufs kann komplex sein, da der ursprüngliche Verkäufer argumentieren könnte, dass durch den Weiterverkauf kein Schaden entstanden sei. Hier kommt es auf die genauen Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf den Zeitpunkt der Mangelentdeckung, die Art des Mangels und den beim Weiterverkauf erzielten Preis.
Was bedeutet die Abtretung von Ansprüchen beim Fahrzeugverkauf?
Die Abtretung von Ansprüchen beim Fahrzeugverkauf ist ein wichtiges rechtliches Konzept, das erhebliche Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten von Käufer und Verkäufer haben kann. Im Kern geht es darum, dass der Verkäufer bestimmte Rechte, die er gegenüber Dritten hat, an den Käufer überträgt.
Bei einem Gebrauchtwagenverkauf bezieht sich die Abtretung häufig auf Gewährleistungsansprüche, die der Verkäufer möglicherweise noch gegen seinen Vorverkäufer oder den Hersteller hat. Durch die Abtretung erhält der neue Käufer das Recht, diese Ansprüche direkt geltend zu machen, ohne den ursprünglichen Verkäufer einbeziehen zu müssen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass sich die Abtretung in der Regel nur auf vertragliche Ansprüche aus der Sachmängelhaftung bezieht. Deliktische Ansprüche, also solche, die auf einer unerlaubten Handlung beruhen, sind davon normalerweise nicht betroffen. Dies bedeutet, dass der Käufer beispielsweise Gewährleistungsrechte wegen eines Mangels am Fahrzeug direkt gegenüber dem Vorverkäufer geltend machen kann.
Die genaue Reichweite der Abtretung hängt von der Formulierung im Kaufvertrag ab. Typischerweise wird eine Klausel verwendet, die besagt, dass der Verkäufer „alle Ansprüche aus Sachmängelhaftung gegen Dritte“ an den Käufer abtritt. Diese Formulierung zielt darauf ab, dem Käufer möglichst umfassende Rechte einzuräumen.
Für den Käufer kann eine solche Abtretung vorteilhaft sein, da er direkt gegen den Vorverkäufer oder Hersteller vorgehen kann, ohne den Umweg über seinen unmittelbaren Vertragspartner gehen zu müssen. Dies kann besonders dann von Bedeutung sein, wenn der direkte Verkäufer nicht mehr greifbar oder zahlungsunfähig ist.
Allerdings ist zu beachten, dass die Abtretung auch Risiken bergen kann. Der Käufer tritt in die rechtliche Position des Verkäufers ein und kann daher nicht mehr Rechte geltend machen, als diesem ursprünglich zustanden. Wenn also beispielsweise die Gewährleistungsfrist gegenüber dem Vorverkäufer bereits abgelaufen war, kann der neue Käufer diese Ansprüche auch nicht mehr durchsetzen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die Abtretung von Ansprüchen nicht automatisch bedeutet, dass der direkte Verkäufer aus seiner Verantwortung entlassen wird. Die eigenen vertraglichen Verpflichtungen des Verkäufers gegenüber dem Käufer bleiben in der Regel bestehen. Der Käufer hat also weiterhin die Möglichkeit, sich an seinen unmittelbaren Vertragspartner zu wenden, wenn Probleme auftreten.
In der Praxis kann die Durchsetzung abgetretener Ansprüche kompliziert sein, insbesondere wenn es um komplexe technische Mängel geht. Der neue Käufer muss möglicherweise beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des ursprünglichen Verkaufs vorlag, was mit zunehmendem zeitlichen Abstand schwieriger werden kann.
Es ist auch zu beachten, dass die Abtretung von Ansprüchen nicht immer alle möglichen Rechtsbehelfe umfasst. Insbesondere bei Fällen von Betrug oder arglistiger Täuschung können dem ursprünglichen Käufer (jetzt Verkäufer) weiterhin eigene Ansprüche zustehen, die nicht ohne Weiteres übertragbar sind.
Für Käufer ist es ratsam, die genaue Formulierung der Abtretungsklausel im Kaufvertrag sorgfältig zu prüfen und zu verstehen. Im Zweifelsfall kann es sinnvoll sein, zusätzliche Garantien oder Zusicherungen vom Verkäufer zu verlangen, um die eigene Position abzusichern.
Die rechtliche Beurteilung von Abtretungsklauseln kann komplex sein und hängt oft von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab. Gerichte haben in der Vergangenheit unterschiedlich entschieden, je nach genauer Formulierung und Kontext der Abtretung. Grundsätzlich tendieren Gerichte dazu, Abtretungsklauseln eng auszulegen und nur die explizit genannten Ansprüche als übertragen anzusehen.
Für Verkäufer kann die Abtretung von Ansprüchen ein Weg sein, potenzielle Haftungsrisiken zu minimieren. Allerdings sollten sie sich bewusst sein, dass sie dadurch möglicherweise auch die Kontrolle über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Dritte verlieren.
Welche Rechte habe ich, wenn der Käufer meines Gebrauchtwagens Mängel feststellt?
Bei einem Gebrauchtwagenverkauf ist die Frage der Sachmängelhaftung für den Verkäufer von großer Bedeutung. Die rechtliche Situation unterscheidet sich dabei erheblich, je nachdem ob es sich um einen privaten oder gewerblichen Verkauf handelt.
Bei einem privaten Verkauf können Verkäufer die Gewährleistung grundsätzlich ausschließen. Dies geschieht üblicherweise durch eine Klausel im Kaufvertrag, die den „Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung“ festlegt. In diesem Fall haftet der private Verkäufer in der Regel nicht für später auftretende Mängel am Fahrzeug.
Allerdings gibt es wichtige Einschränkungen dieses Haftungsausschlusses: Wenn der Verkäufer Mängel arglistig verschwiegen oder bestimmte Eigenschaften des Fahrzeugs ausdrücklich zugesichert hat, kann er trotz Gewährleistungsausschluss haftbar gemacht werden. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs hat diese Rechtslage nochmals präzisiert: Demnach können sich Verkäufer nicht auf einen allgemeinen Gewährleistungsausschluss berufen, wenn sie zuvor eine konkrete Beschaffenheit des Fahrzeugs oder einzelner Bauteile zugesichert haben.
Bei einem gewerblichen Verkauf durch einen Händler sieht die Rechtslage anders aus. Hier besteht grundsätzlich eine gesetzliche Sachmängelhaftung von zwei Jahren. Diese kann bei Gebrauchtwagen vertraglich auf ein Jahr verkürzt, aber nicht vollständig ausgeschlossen werden. Tritt innerhalb dieses Zeitraums ein Mangel auf, hat der Käufer zunächst das Recht auf Nacherfüllung, also Reparatur oder Ersatzlieferung.
Wichtig für Verkäufer ist die Beweislastumkehr: Bei Mängeln, die innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Verkauf auftreten, wird vermutet, dass diese bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden waren. Der Verkäufer muss dann beweisen, dass dies nicht der Fall war. Nach Ablauf dieser Frist kehrt sich die Beweislast um.
Verkäufer sollten beachten, dass sie für versteckte Mängel haften können, auch wenn diese zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht erkennbar waren. Es empfiehlt sich daher, das Fahrzeug vor dem Verkauf gründlich zu überprüfen und alle bekannten Mängel oder Besonderheiten im Kaufvertrag zu dokumentieren.
Sollte ein Käufer Mängel geltend machen, ist es ratsam, zunächst das Gespräch zu suchen und eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Oft lassen sich Streitigkeiten so ohne rechtliche Schritte beilegen. Kommt es dennoch zu einem Rechtsstreit, ist die genaue Formulierung des Kaufvertrags und die Dokumentation des Fahrzeugzustands zum Verkaufszeitpunkt von entscheidender Bedeutung.
Verkäufer sollten sich bewusst sein, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich dynamisch ist und sich zugunsten des Verbraucherschutzes entwickelt. Es ist daher wichtig, bei Gebrauchtwagenverkäufen stets transparent und ehrlich zu agieren, um spätere rechtliche Komplikationen zu vermeiden.
Kann ich meine ursprünglichen Ansprüche auf den neuen Käufer übertragen?
Bei der Übertragung von Ansprüchen auf den neuen Käufer eines Fahrzeugs ist zwischen vertraglichen und deliktischen Ansprüchen zu unterscheiden. Vertragliche Ansprüche aus der Sachmängelhaftung können grundsätzlich an den neuen Käufer abgetreten werden. Dies geschieht häufig durch eine entsprechende Klausel im Kaufvertrag.
Die Abtretung vertraglicher Ansprüche dient dazu, dem neuen Käufer die Möglichkeit zu geben, etwaige Mängel direkt gegenüber dem ursprünglichen Verkäufer oder Hersteller geltend zu machen. Dabei ist zu beachten, dass die Abtretungsklausel im Kaufvertrag präzise formuliert sein muss. Typischerweise umfasst eine solche Klausel nur die vertraglichen Ansprüche aus der Sachmängelhaftung, nicht jedoch deliktische Ansprüche.
Deliktische Ansprüche, wie beispielsweise Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, bleiben in der Regel beim ursprünglichen Käufer. Dies bedeutet, dass der ursprüngliche Käufer trotz einer Abtretungsklausel im Kaufvertrag weiterhin berechtigt sein kann, solche Ansprüche gegen den Hersteller geltend zu machen.
Bei der Auslegung von Abtretungsklauseln ist der objektiv erklärte Parteiwille maßgeblich. Hierbei wird die Perspektive eines juristischen Laien zugrunde gelegt. Der Begriff „Sachmängelhaftung“ wird von Laien üblicherweise nur auf vertragliche Ansprüche bezogen, nicht auf deliktische. Dies führt dazu, dass eine Abtretungsklausel, die sich auf „Ansprüche aus Sachmängelhaftung“ bezieht, in der Regel nur vertragliche Ansprüche umfasst.
Es ist wichtig zu verstehen, dass mit dem Weiterverkauf des Fahrzeugs die Aktivlegitimation für die abgetretenen Ansprüche auf den neuen Käufer übergeht. Das bedeutet, der neue Käufer kann die ihm abgetretenen Ansprüche selbstständig geltend machen. Der ursprüngliche Käufer verliert hingegen das Recht, diese Ansprüche weiterhin selbst zu verfolgen.
In der Praxis kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn unklar ist, welche Ansprüche genau abgetreten wurden. Eine präzise Formulierung der Abtretungsklausel ist daher von großer Bedeutung. Es empfiehlt sich, im Kaufvertrag genau festzulegen, welche Ansprüche übertragen werden sollen.
Bei der Bemessung eines möglichen Schadens wird eine wertorientierte Betrachtung zugrunde gelegt. Dies bedeutet, dass der tatsächliche wirtschaftliche Nachteil ermittelt wird, der durch den Mangel entstanden ist. Hierbei spielen Faktoren wie der Verkehrswert des Fahrzeugs mit und ohne Mangel eine entscheidende Rolle.
Welche Folgen hat eine unzulässige Abschalteinrichtung für meinen Schadensersatzanspruch?
Eine unzulässige Abschalteinrichtung in einem Fahrzeug hat erhebliche Auswirkungen auf mögliche Schadensersatzansprüche des Käufers. Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) erleidet der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs stets einen Schaden. Dies liegt daran, dass die jederzeitige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs einen Geldwert hat und bei Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung besteht.
Der BGH geht davon aus, dass der Käufer das Fahrzeug bei Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht zu dem vereinbarten Preis gekauft hätte. Dies führt dazu, dass dem Käufer grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zusteht. Die Höhe des Schadensersatzes bemisst sich nach dem sogenannten Differenzschaden, also der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Kaufpreis und dem Wert des Fahrzeugs mit der unzulässigen Abschalteinrichtung.
Besonders wichtig ist, dass der Schadensersatzanspruch nun auch bei fahrlässigem Verhalten des Herstellers besteht. Dies stellt eine bedeutende Änderung gegenüber der früheren Rechtsprechung dar, die einen Schadensersatzanspruch nur bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zuließ. Der Anspruch kann auf Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung geltend gemacht werden.
Die Höhe des Schadensersatzes wurde vom BGH auf mindestens 5% und höchstens 15% des gezahlten Kaufpreises festgelegt. Innerhalb dieser Bandbreite obliegt die genaue Festlegung dem zuständigen Gericht, das sein Ermessen ausüben kann, ohne zwingend ein Sachverständigengutachten einholen zu müssen. Diese Regelung soll einerseits eine effektive Sanktion für die Verletzung des Unionsrechts durch den Fahrzeughersteller darstellen und andererseits den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.
Es ist zu beachten, dass der Käufer das Vorhandensein der unzulässigen Abschalteinrichtung im Prozess darlegen und beweisen muss. Der Hersteller hingegen trägt die Beweislast für die ausnahmsweise Zulässigkeit einer festgestellten Abschalteinrichtung.
Für Käufer, die eine vollständige Rückabwicklung des Kaufvertrags anstreben, bleibt der Weg über § 826 BGB (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung) offen. Allerdings müssen sie in diesem Fall nachweisen, dass die Abschalteinrichtung bewusst verwendet und ein Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen wurde. Dies stellt in der Praxis oft eine höhere Hürde dar.
Die neue Rechtsprechung stärkt insgesamt die Position der Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen. Sie ermöglicht es ihnen, einfacher Schadensersatzansprüche geltend zu machen, ohne den schwierigen Nachweis eines vorsätzlichen Handelns des Herstellers führen zu müssen. Gleichzeitig sorgt die festgelegte Bandbreite für den Schadensersatz für mehr Rechtssicherheit und eine effizientere Abwicklung der Verfahren.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Sachmängelhaftung (§ 434 BGB): Dieser Begriff bezieht sich auf die Verantwortung des Verkäufers, dass das verkaufte Fahrzeug bei Übergabe frei von Mängeln ist. Mängel können technische Defekte oder Abweichungen von der vereinbarten Beschaffenheit sein. Wenn ein Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung hat, könnte dies als Sachmangel angesehen werden.
- Ausschluss der Sachmängelhaftung (§ 444 BGB): Hierbei handelt es sich um die Möglichkeit, die Haftung für Sachmängel vertraglich auszuschließen. Ein solcher Ausschluss ist jedoch unwirksam, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat oder bei Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit. Im Fall von manipulierten Fahrzeugen könnte ein Ausschluss unwirksam sein, wenn Vorsatz nachgewiesen wird.
- Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung (§ 826 BGB): Diese Bestimmung ermöglicht es, Schadensersatz zu verlangen, wenn jemand vorsätzlich und auf sittenwidrige Weise einen anderen schädigt. Im Kontext des Dieselskandals bedeutet dies, dass nachgewiesen werden muss, dass der Hersteller absichtlich und auf verwerfliche Weise gehandelt hat, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
- Abtretung von Forderungen (§ 398 BGB): Die Abtretung ist der rechtliche Vorgang, bei dem eine Forderung von einem Gläubiger auf einen anderen übertragen wird. Dies ist relevant, wenn der ursprüngliche Käufer seine Ansprüche auf den neuen Käufer des Fahrzeugs übertragen möchte. Es muss geklärt werden, ob und wie diese Abtretung wirksam ist.
- Unzulässige Abschalteinrichtungen (Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007): Diese europäische Verordnung verbietet Einrichtungen, die die Emissionskontrollsysteme eines Fahrzeugs unter bestimmten Bedingungen deaktivieren oder reduzieren, außer in Ausnahmefällen. Im Dieselskandal geht es darum, ob die im Fahrzeug verbauten Systeme diese Verordnung verletzen.
- Differenzschaden: Dies ist der Betrag, der den Unterschied zwischen dem gezahlten Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs im mangelhaften Zustand darstellt. In Fällen von Sachmängeln kann der Käufer diesen Schadensersatz verlangen, wenn er nachweisen kann, dass das Fahrzeug aufgrund des Mangels weniger wert ist als beim Kauf erwartet.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 434 BGB (Sachmängelhaftung): Dieser Paragraph regelt die Rechte des Käufers, wenn die gekaufte Sache (hier der Gebrauchtwagen) bei Übergabe mangelhaft ist. Mängel können beispielsweise technische Defekte oder Abweichungen von der vereinbarten Beschaffenheit sein. Im vorliegenden Fall geht es um unzulässige Abschalteinrichtungen in der Abgastechnik, die als Sachmangel gewertet werden könnten.
- § 444 BGB (Ausschluss der Sachmängelhaftung): Grundsätzlich kann die Sachmängelhaftung vertraglich ausgeschlossen werden. Allerdings ist dies bei Vorsatz und Arglist sowie bei der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall wurde die Sachmängelhaftung vertraglich ausgeschlossen, jedoch könnten Ansprüche aus Sachmängelhaftung bestehen, wenn Daimler vorsätzlich gehandelt hat.
- § 826 BGB (Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung): Dieser Paragraph ermöglicht Schadensersatzansprüche, wenn jemand vorsätzlich und sittenwidrig einen anderen schädigt. Im vorliegenden Fall müsste nachgewiesen werden, dass Daimler vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt hat, indem sie wissentlich manipulierte Fahrzeuge in den Verkehr gebracht hat.
- § 398 BGB (Abtretung von Forderungen): Dieser Paragraph regelt die Abtretung von Forderungen, also die Übertragung einer Forderung von einem Gläubiger auf einen anderen. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Kläger seine Ansprüche aus der Sachmängelhaftung wirksam an den Käufer des Fahrzeugs abgetreten hat.
- Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 (Unzulässige Abschalteinrichtungen): Diese Verordnung verbietet Abschalteinrichtungen, die die Wirksamkeit von Emissionskontrollsystemen verringern, außer in bestimmten Ausnahmefällen. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die im Fahrzeug verbauten Einrichtungen als unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne dieser Verordnung zu bewerten sind.
Das vorliegende Urteil
OLG Celle – Az.: 7 U 234/21 – Urteil vom 03.07.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…
Auf den Einspruch des Klägers wird das Versäumnisurteil vom 13. Juli 2022 teilweise aufgehoben und insgesamt neu gefasst.
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des Landgerichts Hannover – 9. Zivilkammer – vom 2. März 2021 geändert.
Die Beklagte hat an den Kläger 1.075 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Februar 2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 95%, die Beklagte zu 5%. Der Kläger trägt die Kosten seiner Säumnis.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den jeweils anderen Teil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Mit Kaufvertrag vom 15. September 2018 erwarb der Kläger von der Beklagten einen von ihr hergestellten Pkw Mercedes-Benz C 200d 2.1 l Diesel 100 kW OM 651 Euro 6 mit einem Kilometerstand von 44.678 km zu einem Kaufpreis von 22.350 €. Nachdem am 23. August 2019 ein Software-Update aufgespielt worden war, verkaufte der Kläger das Fahrzeug am 1. Juni 2020 bei einem Kilometerstand von 66.500 km für einen Preis von 18.900 € weiter. In dem Kaufvertrag, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, ist folgende Klausel enthalten:
„Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen sowie bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten.“
Das Fahrzeug war bei Erwerb durch den Kläger mit einem sog. „Thermofenster“ ausgestattet, dessen Temperaturbereich, außerhalb dessen die Abgasrückführung reduziert wurde, streitig ist. Daneben verfügte es über ein „Geregeltes Kühlmittelthermostat“. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2023 ordnete das Kraftfahrtbundesamt bezogen auf den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp Nebenbestimmungen an wegen der Verwendung von Steuerungen der AGR-Rate in Abhängigkeit von der Motortemperatur, bei denen eine Korrektur bei niedrigeren Motortemperaturen erfolgt, wenn die Motorstarttemperatur außerhalb einer spezifizierten Temperaturspanne liegt.
Der Kläger hat behauptet, dass die Motorsteuerung des Fahrzeugs eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines „Thermofensters“ aufweise. Die Abgasrückführungsrate bleibe in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur bis etwa 14°C konstant und nehme bei niedrigeren Temperaturen ab, ab weniger als 9°C sei sie um 40% geringer und bleibe auf diesem Niveau.
Die Beklagte hat behauptet, dass diese Angaben auf das Fahrzeug nicht zuträfen. Bei 9°C erfolge überhaupt keine Reduzierung der Abgasrückführung und das AGR-System sei bei zweistelligen Minusgraden noch aktiv.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er zunächst beantragt hatte, die Beklagte zur Zahlung von 22.350 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, der Feststellung des Annahmeverzugs und der Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 € zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2021 hat er sein Begehren dahin geändert, 22.350 € abzüglich des Weiterveräußerungserlöses, also 3.450 € zu zahlen. Mit Versäumnisurteil vom 13. Juli 2022 ist die Berufung zurückgewiesen worden. Der Kläger beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil aufzuheben und unter Änderung des landgerichtlichen Urteils,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 3.450 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2018 zu bezahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Anwaltskosten freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe etwaige Ansprüche durch Abtretung verloren. Die temperaturabhängige Steuerung der AGR-Rate erfolge im vorliegenden Fahrzeug über die Umgebungslufttemperatur. Diese Temperatur werde an einem Temperatursensor in der Fahrzeugfront gemessen. Die AGR werde bei (unter) -30 °C Außentemperatur deaktiviert. Im Übrigen sei die AGR-Rate abgestuft: Für Temperaturen unter 7 °C Außentemperatur seien andere AGR-Raten appliziert als über dieser Temperaturschwelle. Für die weiteren Einzelheiten ihres Vortrags wird auf die Berufungserwiderung sowie den Schriftsatz vom 6. November 2023 Bezug genommen. Nach dem Software-Update werde bei betriebswarmem Motor innerhalb eines Temperaturbereichs von -10°C bis +40°C die Abgasrückführungsrate nicht in Abhängigkeit von der Umgebungs- bzw. Ladelufttemperatur verändert. Der Weiterveräußerungserlös von 18.900 € sei nicht marktgerecht. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung hinsichtlich der kaufrechtlichen Ansprüche erhoben.
Der Senat hat eine Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes eingeholt. Danach findet die Schadstoff- und Abgasstrategie „Geregeltes Kühlmittelthermostat“ im Motorwarmlauf Anwendung. Diese werde nicht als unzulässig eingestuft, weil die Beklagte durch ein sog. „Testing-Out“ den Nachweis erbracht habe, dass das Fahrzeug auch mit aktivierter Abschalteinrichtung und damit verringerter Abgasrückführung die vorgeschriebenen Grenzwerte einhalte. Ebenfalls verfüge das Fahrzeug über ein „Thermofenster“, das als zulässig erachtet werde. Für die Einzelheiten wird auf die Auskunft vom 10. Mai 2022 (Bd. I 193 ff.) Bezug genommen.
Der Senat hatte den Rechtstreit mit Beschluss vom 19. Mai 2022 (Bd. I 196) dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Nachdem die Auslegung der Abtretungsklausel streitig geworden war, hat der Einzelrichter mit Beschluss vom 20. Dezember 2023 (Bd. III 439 f.) das Verfahren dem Senat vorgelegt, der es mit Beschluss vom 29. April 2024 (Bd. III 456 f.) übernommen hat.
II.
Die Berufung ist, soweit sie noch zur Entscheidung des Senats gestellt ist, teilweise begründet.
A. Der Kläger hat die Aktivlegitimation nicht durch die Abtretung in dem Weiterveräußerungsvertrag verloren. Die Klausel „Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten“ kann nicht als Abtretung der Ansprüche aus § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV gegen den Fahrzeughersteller an den Käufer ausgelegt werden.
Das hat der Senat – worauf er die Parteien mit Beschlüssen vom 20. Dezember 2023 (Bd. III 439 ff.) und vom 29. April 2024 (Bd. III 456 f.) hingewiesen hatte – für den Fall, dass das Fahrzeug nicht von dem Fahrzeughersteller, sondern von einem Dritten erworben worden war, bereits entschieden (vgl. Senat, Urteil vom 20. Dezember 2023 – 7 U 1742/19, MDR 2024, 225 = juris Rn. 19 ff., Revision anhängig unter VIa ZR 43/24). Dieser Rechtsprechung hat sich das Oberlandesgericht Stuttgart angeschlossen und sie auf die Konstellation eines Direkterwerbs übertragen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Februar 2024 – 24 U 1424/22, juris Rn. 21-38). Der Senat teilt diese Rechtsprechung für den hier zu entscheidenden Fall und nimmt für die Begründung auf die Entscheidungen vom 20. Dezember 2023 und 29. Februar 2024 Bezug. Die von der Beklagten, insbesondere im Schriftsatz vom 14. Dezember 2023, vorgebrachten Argumente überzeugen aus den in den genannten Urteilen dargelegten Gründen nicht.
B. Der Kläger kann von der Beklagten Ersatz des sog. Differenzschadens gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV in Höhe von 1.075 € verlangen. Weitergehende Ansprüche stehen ihm nicht zu.
1. Der Kläger kann Schadensersatz aus §§ 826, 31 BGB dem Grunde nach nicht verlangen.
a) Eine unzulässige Abschalteinrichtung kann eine Haftung wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB auslösen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Fahrzeugherstellers oder des als Mittäter oder mittelbarer Täter handelnden Motorherstellers als besonders verwerflich erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2024 – VIa ZR 238/22, juris Rn. 9). Eine objektiv sittenwidrige arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde ist indiziert, wenn eine im Fahrzeug des Käufers verbaute unzulässige Abschalteinrichtung ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung grenzwertkausal verstärkt aktiviert (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2024 – VIa ZR 578/21, juris Rn. 9; Urteil vom 27. Februar 2024 – VIa ZR 1082/22, juris Rn. 9).
Funktioniert die unzulässige Abschalteinrichtung dagegen auf dem Prüfstand und im normalen Fahrbetrieb im Grundsatz in gleicher Weise oder ist sie nicht grenzwertkausal, kommt eine objektive Sittenwidrigkeit nur in Betracht, wenn die konkrete Ausgestaltung der Abschalteinrichtung angesichts der sonstigen Umstände die Annahme eines heimlichen und manipulativen Vorgehens oder einer Überlistung der Typgenehmigungsbehörde rechtfertigen kann. Diese Annahme setzt jedenfalls voraus, dass der Fahrzeug- und Motorhersteller bei der Entwicklung der Abschalteinrichtung in dem Bewusstsein handelte, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahm. Fehlt es daran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2023 – VIa ZR 535/21, juris Rn. 12; Urteil vom 16. Januar 2024 – VIa ZR 578/21, juris Rn. 9; Urteil vom 23. Januar 2024 – VIa ZR 165/23, juris Rn. 12; Urteil vom 27. Februar 2024 – VIa ZR 238/22, juris Rn. 10; Urteil vom 27. Februar 2024 – VIa ZR 1082/22, juris Rn. 9 mwN).
Die Darlegungs- und Beweislast für ein derartiges Vorstellungsbild der handelnden Personen trägt dabei nach den allgemeinen Grundsätzen der Fahrzeugkäufer als Anspruchsteller (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2022 – VI ZR 435/20, juris Rn. 18). Reichen die von einer Partei für das Vorstellungsbild der anderen Partei behaupteten Indizien nach Auffassung des Tatgerichts für eine dahingehende Überzeugungsbildung auch dann nicht aus, wenn sie sich als zutreffend erweisen, so ist das Tatgericht nicht gehalten, Feststellungen zu den behaupteten Indizien zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2022 – VI ZR 435/20, juris Rn. 20).Vertritt die zuständige Fachbehörde die Rechtsauffassung, die hier diskutierte Abschalteinrichtung sei zulässig, kann das darauf bezogene Verhalten der Beklagten nicht als besonders verwerflich eingestuft werden. Für die dazu erforderliche Annahme, die Beklagte habe die Abschalteinrichtung im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit und unter billigender Inkaufnahme des Gesetzesverstoßes implementiert, bleibt kein Raum; ebenso scheidet ein Schädigungsvorsatz aus (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2023 – VII ZR 412/21, juris Rn. 17).
b) Gemessen hieran kann die für einen Anspruch aus § 826 BGB erforderliche Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten nicht festgestellt werden. Unter Berücksichtigung der von dem Senat eingeholten Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes vom 10. Mai 2022 fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit unzulässigen Abschalteinrichtungen von der Beklagten in dem Bewusstsein der Unrechtmäßigkeit geschah und damit objektiv sittenwidrig war.
aa) Insbesondere kann auf ein vorhandenes Bewusstsein der Unzulässigkeit nicht aus der Funktionsweise des implementierten „Geregelten Kühlmittelthermostats“ oder des „Thermofensters“ geschlossen werden.
Das gilt zunächst für das „Geregelte Kühlmittelthermostat“, das das Kraftfahrtbundesamt mangels Grenzwertkausalität nicht als unzulässig bewertet hat. Letzteres mag zwar rechtlich unzutreffend sein, ein Anhaltspunkt für ein verwerfliches Handeln besteht nach den oben genannten Grundsätzen aber nicht.
Gleiches trifft im Ergebnis für das „Thermofenster“ zu, welches das Kraftfahrtbundesamt nicht als unzulässig eingestuft hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbleibt daher kein Raum für die Annahme, die Beklagte habe die Abschalteinrichtung im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit und unter billigender Inkaufnahme des Gesetzesverstoßes implementiert. Ohnehin funktioniert die Steuerung der Abgasrückführung bei dem Thermofenster – auch nach dem Vortrag des Klägers – zwar an der Umgebungstemperatur orientiert, im Grundsatz aber – bei Vorliegen der entsprechenden Bedingungen – auf dem Prüfstand und im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise.
bb) Der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens wäre vor diesem Hintergrund nur dann gerechtfertigt, wenn zu dem Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 weitere Umstände hinzuträten, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Die von dem Kläger vorgetragenen und sonstigen unstreitigen Anhaltspunkte genügen jedoch nicht, um den Schluss auf ein solches Vorstellungsbild, das die Annahme eines heimlichen und manipulativen Vorgehens oder einer Überlistung der Typgenehmigungs-behörde rechtfertigen kann, zu tragen.
(1) Solche Anhaltspunkte für ein wissentliches Handeln der Beklagten folgen nicht bereits daraus, dass die Beklagte – wie nachfolgend ausgeführt wird – im Rahmen einer Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV einen Verbotsirrtum nicht dargetan hat. Daraus kann nicht auf ein wissentliches Fehlverhalten der Beklagten geschlossen werden, weil es bei der Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB um die Widerlegung (zumindest) fahrlässigen Verhaltens geht, wofür die Beklagte beweisbelastet ist. Bei der Haftung aus § 826 BGB hat jedoch der Kläger ein vorsätzliches sittenwidriges Handeln der Beklagten zu beweisen, ohne dass er sich hierfür auf eine Vermutung stützen könnte.
(2) Die Abweichung der Messwerte im Realbetrieb von den Messwerten nach NEFZ, die nachträgliche Anordnung von Nebenbestimmungen durch das Kraftfahrtbundesamt mit Bescheid vom 13. Dezember 2023 oder die Erforderlichkeit eines Software-Updates für das streitgegenständliche Fahrzeug rechtfertigen den Schluss auf ein wissentliches Handeln der Beklagten ebenfalls nicht. Die Anordnung von Nebenbestimmungen ist zwar ein Indiz für das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen, erlaubt aber keinen Schluss auf ein verwerfliches Verhalten der Beklagten. Auch ein Software-Update besagt lediglich, dass ein Eingriff in die bisherigen Standards unter technischen Gesichtspunkten erforderlich war; dafür, ob diese Standards auf einem Verhalten beruhen, das in seinem Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, gibt ein solches Update nichts her. Eine Abweichung der Messwerte ist als Indiz für ein manipulatives Verhalten, das die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen könnte, angesichts der unstreitigen gravierenden Unterschiede der Bedingungen, unter denen die Messung erfolgt, gleichfalls ungeeignet (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021, VI ZR 128/20, juris Rn. 23; Beschluss vom 15. September 2021 – VII ZR 2/21, juris Rn. 30).
(3) Aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise der Abschalteinrichtungen gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt folgen ebenfalls keine Anhaltspunkte, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Nach der Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes hat es zu dem Zeitpunkt der hier relevanten Emissionsgenehmigung keine Angaben des Herstellers zu den Emissionsstrategien des Fahrzeuges im sogenannten Beschreibungsbogen gefordert. Dass die Beklagte gleichwohl erforderliche Angaben zu den Einzelheiten der Abschalteinrichtungen im Typgenehmigungsverfahren unterlassen haben sollte, hat das Kraftfahrtbundesamt nicht bekundet. Ohnehin wäre die Typgenehmigungsbehörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2021 – VII ZR 223/20, Rn. 14).
(4) Schließlich reicht auch die Gesamtschau aller von dem Kläger für das Vorstellungsbild der Beklagten vorgetragenen Umstände nicht aus, um dem Senat die Überzeugung eines verwerflichen Handelns der für die Beklagten verantwortlichen Personen zu erlauben oder auch nur eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu ihren internen Entscheidungsvorgängen auszulösen. Dabei ist zwar zu beachten, dass das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ zu einer verbesserten Emissionsminderung vor allem unter Prüfstandsbedingungen führt. Für die konkrete Ausgestaltung hat die Beklagte aber technische Aspekte angeführt, die zwar eine Zulässigkeit der Abschalteinrichtungen nicht zu begründen vermögen, jedoch der Beurteilung ihres Verhaltens als verwerflich entgegenstehen. Hinsichtlich des „Thermofensters“ ist zu bedenken, dass das Kraftfahrtbundesamt zur damaligen Zeit – und auch in der dem Senat erteilten Auskunft – das „Thermofenster“ nicht als unzulässig, sondern als Industriestandard bewertet hat („Thermofenster“ wurden von allen Autoherstellern eingesetzt; vgl. BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, Stand April 2016). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich erstmals mit Urteil vom 17. Dezember 2020 (C-693/18, ECLI:EU:C:2020:1040, NJW 2021, 1216) mit der Auslegung der vorgenannten Ausnahmevorschrift befasst. In der Folge mag zwar, wie die Beklagte unter Bezugnahme auf die Anordnung von Nebenbestimmungen mit Bescheid vom 13. Dezember 2023 mitgeteilt hat, das Kraftfahrtbundesamt seine rechtliche Bewertung im Lichte nachfolgender Rechtsprechung geändert haben. Zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Beantragung der Typgenehmigung war ein Verstoß betreffend die Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a VO (EG) Nr. 715/2007 jedoch nicht evident (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 – III ZR 205/20, juris Rn. 24).
2. Mangels Täuschung scheidet ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 in Verbindung mit § 263 StGB aus.
3. Kaufrechtliche Ansprüche stehen dem Kläger infolge der Abtretung der Ansprüche aus Sachmängelhaftung nicht zu.
4. Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV gegen die Beklagte. Die Beklagte hat § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV schuldhaft verletzt, indem sie eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung erteilt hat. Unzutreffend ist eine Übereinstimmungsbescheinigung, wenn das betreffende Kraftfahrzeug mit einer gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, weil die Bescheinigung dann eine tatsächlich nicht gegebene Übereinstimmung des konkreten Kraftfahrzeugs mit Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 38). Das ist hier der Fall.
a) Sowohl das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ als auch das „Thermofenster“ sind unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
aa) Das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ führt unstreitig dazu, dass unter bestimmten Betriebsumständen, die Sollwerttemperatur für das Kühlmittelthermostat von 100°C auf 70°C abgesenkt wird. Dies bewirkt eine verbesserte Emissionsreduzierung durch einen verlängerten Warmlauf und dem damit verbundenen besseren Ausgleich von Stickoxiden und Partikeln. Eine Deaktivierung der Funktion erfolgt bei Überschreiten bzw. Unterschreiten einer maximalen bzw. minimalen Außen- und Ansauglufttemperatur, Unterschreiten eines bestimmten Umgebungsdrucks, Überschreiten einer maximalen Last, einer maximalen Drehzahl, einer maximalen Motoröltemperatur und Überschreiten eines Zeitraums, der in Abhängigkeit von der Kühlmitteltemperatur bei Motorstart festgelegt wird. Die Funktion kann über jede dieser Bedingungen deaktiviert werden, wenn die jeweilige Bedingung nicht (mehr) erfüllt ist. Eine erneute Aktivierung der Funktion im laufenden Betrieb findet nicht statt. Danach kann das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ auch dann deaktiviert werden, wenn die fortgesetzte erhöhte Kühlung zu einer zusätzlichen Vermeidung von NOx-Emissionen führen würde. Ob, wie die Beklagte anführt, aus anderen (technischen) Gründen eine Deaktivierung des „Geregelten Kühlmittelthermostats“ angezeigt ist oder ob die Grenzwerte auf dem Prüfstand auch ohne das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ eingehalten werden, ist nicht für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung, sondern erst für deren Zulässigkeit von Bedeutung.
bb) Auch mit dem „Thermofenster“ liegt eine Abschalteinrichtung vor. Der Kläger hat behauptet, dass die Abgasrückführungsrate in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur bis etwa 14°C konstant bleibe und bei niedrigeren Temperaturen abnehme. Die Beklagte hat eingeräumt, dass in der Bedatung bei Kauf für Außentemperaturen unter 7°C andere AGR-Raten appliziert gewesen seien als über dieser Temperaturschwelle. Zu den üblichen tatsächlichen Fahrbedingungen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gehört jedenfalls der Betrieb eines Fahrzeugs bei Umgebungstemperaturen von weniger als 7°C.
cc) Der Senat hat mit dem genannten Urteil vom 20. Dezember 2023 – 7 U 1742/19, veröffentlicht bei juris, auf das mit der Terminsbestimmung vom 28. Dezember 2023 Bezug genommen worden ist, ein solcherart bedatetes „Thermofenster“ und das nicht-grenzwertkausale „Geregelte Kühlmittelthermostat“ als unzulässige Abschalteinrichtungen bewertet. Die von der Beklagten vorgebrachten Argumente für die Zulässigkeit der Abschalteinrichtungen (Belagbildung insb. Verlackung, Motoraussetzer, Ölverdünnung und Rußeintrag mit reduzierter Schmierfähigkeit infolge geringerer Ölqualität, Dieselpartikelfilterbrand, Leistungsreduktion des AGR-Kühlers), die ihrem Vorbringen hier im Verfahren in allen wesentlichen Aspekten entsprechen, hat der Senat nicht für ausreichend erachtet. Dieser Bewertung schließt sich der Senat für das vorliegende Verfahren an. Im Ergebnis legt die Beklagte nicht dar, dass die angeführten Risiken nicht durch andere technische Maßnahmen – etwa einen Teileaustausch (siehe Bd. II 333 Rn. 105) – vermeidbar waren. Nichts anderes gilt für das „Geregelte Kühlmittelthermostat“. Auch insoweit trägt die Beklagte vor, dass die Versottung durch einen Ausbau und einen Austausch der versotteten Teile behoben werden kann (Bd. II 378 Rn. 268). Soweit sie sich auf einen sog. Trade-Off beruft, kann dieser die Verwendung einer Abschalteinrichtung nicht rechtfertigen; ein Klärungsbedarf besteht insoweit nicht (vgl. Senat, Urteil vom 20. Dezember 2023 – 7 U 1742/19, juris Rn. 63). Für die weitere Begründung wird auf das Urteil vom 20. Dezember 2023 Bezug genommen.
Diese Bewertung findet zudem eine Bestätigung darin, dass mittlerweile auch das Kraftfahrtbundesamt, wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Mai 2024 mitgeteilt hat, bezogen auf den Serienstand der Software mit Bescheid vom 13. Dezember 2023 einerseits Steuerungen, die in direkter oder mittelbarer Abhängigkeit von der Umgebungslufttemperatur innerhalb der Spanne von 12 °C bis 33 °C eine emissionserhebliche Korrektur der AGR-Rate bei betriebswarmem Motor vornehmen, andererseits Steuerungen der AGR-Rate in Abhängigkeit von der Motortemperatur, bei denen eine Korrektur bei niedrigeren Motortemperaturen erfolgt, wenn die Motorstarttemperatur außerhalb einer spezifizierten Temperaturspanne liegt, als unzulässige Abschalteinrichtungen beanstandet. Der Bescheid erfasst auch das Fahrzeug des Klägers.
b) In Kenntnis der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen hätte der Kläger entsprechend der allgemeinen Lebenserfahrung den Kauf nicht (so) abgeschlossen. Soweit sich die Beklagte auf eine fehlende Kausalität beruft, weil der Fahrzeugerwerb nach Bekanntwerden des „VW-Diesel-Skandals“ stattfand, hilft ihr dies nicht weiter.
aa) Es besteht der Erfahrungssatz, dass kein Käufer, dem es – wie hier – auf die Gebrauchsfähigkeit seines Autos maßgeblich ankommt, ein Fahrzeug erwirbt, bei dem eine auch nur abstrakte Gefahr der Betriebsbeschränkung oder -untersagung besteht, wenn gleichzeitig unklar ist, ob überhaupt, wenn ja zu welchem Zeitpunkt und wie – vor allem ohne jeden Nachteil für den Käufer – der Mangel behoben werden kann. Eine zumindest abstrakte Gefahr für den Betrieb liegt vor, wenn das Update für das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Kaufs vom Kraftfahrtbundesamt noch nicht freigegeben und auch noch nicht aufgespielt war (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2024 – VI ZR 984/20, Rn. 10).So liegt es hier, das Softwareupdate ist erst rund ein Jahr nach dem Kauf aufgespielt worden.
bb) Es liegt auch keine Verhaltensänderung vor, die die Erwerbskausalität in Zweifel ziehen könnte.
(1) Zwar kann, wenn der Fahrzeughersteller – was er darzulegen und zu beweisen hat – sein Verhalten vor dem Abschluss des konkreten Erwerbsgeschäfts dahin geändert hat, dass er die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Motoren einer dem erworbenen Fahrzeug entsprechenden Baureihe mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einer Art und Weise bekannt gegeben hat, die einem objektiven Dritten die mit dem Kauf eines solchen Kraftfahrzeugs verbundenen Risiken verdeutlichen muss, die Verhaltensänderung die Anwendung des Erfahrungssatzes in Frage stellen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 57; Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 533/21, juris Rn. 35). So verhält es sich hier aber nicht.
(2) Die Beklagte beruft sich zwar darauf, dass bereits durch die Ad-Hoc-Mitteilung der Volkswagen AG im September 2015 und die darauffolgende Diskussion einem objektiven Dritten die mit dem Kauf eines Dieselfahrzeugs verbundenen Risiken bewusst gewesen seien. Dass „Thermofenster“ auch in den Fahrzeugen der Beklagten vorhanden seien, sei spätestens durch den Bericht der „Untersuchungskommission Volkswagen“ im April 2016 bekannt. In ihrem Geschäftsbericht 2016 vom 14. Februar 2017 habe sie explizit und kontinuierlich darauf hingewiesen, dass nicht auszuschließen sei, dass die Behörden zu dem Schluss kommen, dass in Mercedes-Benz Dieselfahrzeugen Funktionalitäten enthalten sein könnten, die möglicherweise als unzulässig zu qualifizieren sind und die Beklagte möglicherweise zu Feldmaßnahmen und Rückrufaktionen verpflichtet werde.
Die Ausrüstung der Fahrzeuge der C-Klasse mit OM 651 Euro 6 Motoren mit unzulässigen Abschalteinrichtungen hat die Beklagte hierdurch aber nicht in einer Weise bekannt gemacht, dass mit einer allgemeinen Kenntnisnahme zu rechnen war. Soweit sich die Beklagte für ein Bekanntmachen auf Erklärungen der Volkswagen AG beruft, ist nicht ersichtlich, inwieweit hierdurch die Verwendung eines „Geregelten Kühlmittelthermostats“ oder eines „Thermofensters“ in den Fahrzeugen der Beklagten von ihr verlautbart wurde. Gleiches gilt im Ergebnis für die „Untersuchungskommission Volkswagen“ oder Presseberichte. Die einzige eigene Erklärung der Beklagten, mit der sie die Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen bekannt gegeben haben könnte, ist der Geschäftsbericht 2016. Diesem vermag der Senat jedoch nicht zu entnehmen, dass hierdurch die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Motoren einer dem erworbenen Fahrzeug entsprechenden Baureihe mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einer Art und Weise bekannt gegeben worden ist, die einem objektiven Dritten die mit dem Kauf eines solchen Kraftfahrzeugs verbundenen Risiken verdeutlichen muss. Es handelt sich um eine allgemeine Warnung vor möglichen Kostenrisiken aus rechtlichen Risiken und lässt einen Bezug auf die Baureihe des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht erkennen. Anders als bei der Ad-Hoc-Mitteilung der Volkswagen AG kann auch eine weitreichende mediale Verbreitung dieser Warnung nicht festgestellt werden, die eine allgemeine Kenntnisnahme hätte erwarten lassen.
c) Eine Schadensersatzhaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV setzt ein Verschulden des in Anspruch genommenen Fahrzeugherstellers voraus, wofür nach dem heranzuziehenden Maßstab des § 37 Abs. 1 EG-FGV ein fahrlässiger Verstoß genügt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 38). Bei – wie hier – objektiv feststehender Verletzung eines Schutzgesetzes muss der das Schutzgesetz Übertretende in aller Regel Umstände darlegen und beweisen, die geeignet sind, die daraus folgende Annahme seines Verschuldens auszuräumen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2016 – II ZR 311/14, juris Rn. 16; Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 59).
aa) Das setzt zunächst die Darlegung und erforderlichenfalls den Nachweis eines Rechtsirrtums seitens des Fahrzeugherstellers voraus (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2023 – VIa ZR 1285/22, juris Rn. 15). Der Fahrzeughersteller muss darlegen und beweisen, dass sich sämtliche seiner verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB über die Rechtmäßigkeit der von dem Käufer dargelegten und erforderlichenfalls nachgewiesenen Abschalteinrichtung mit allen für die Prüfung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 bedeutsamen Einzelheiten im maßgeblichen Zeitpunkt im Irrtum befanden oder im Falle einer Ressortaufteilung den damit verbundenen Pflichten genügten. Der Irrtum muss außerdem die Rechtmäßigkeit der konkreten, in Rede stehenden Abschalteinrichtung mit allen für die Prüfung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 bedeutsamen Einzelheiten betreffen. Nur in Bezug auf einen in diesen Einzelheiten konkret festgestellten Irrtum der maßgebenden Personen kann der Sorgfaltsmaßstab der Fahrlässigkeit sinnvoll geprüft und kann die Unvermeidbarkeit festgestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2023 – VIa ZR 1/23, juris Rn. 14; Urteil vom 30. Januar 2024 – VIa ZR 1291/22, juris Rn. 14 mwN). Es lässt das Verschulden des Fahrzeugherstellers nicht entfallen, wenn zu dem Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs keine Zweifel an der Zulässigkeit einer Abschalteinrichtung bestanden, weil sich ein Hersteller nicht ohne weiteres und gestützt auf eine zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr oder weniger verbreitete Auffassung von der Zulässigkeit bestimmter Abschalteinrichtungen entlasten kann (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2023 – VIa ZR 689/22, juris Rn. 12; Urteil vom 11. Dezember 2023 – VIa ZR 340/22, juris Rn. 12).
bb) Erst im Anschluss an die Darlegung und den Nachweis dieser Umstände kann Bedeutung gewinnen, ob der Rechtsirrtum unvermeidbar war (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2023 – VIa ZR 1/23, juris Rn. 15; Urteil vom 23. Januar 2024 – VIa ZR 1284/23, juris Rn. 17). Das Vorhandensein einer EG-Typgenehmigung oder die Ermittlung einer hypothetischen Genehmigung der zuständigen Typgenehmigungsbehörde betreffen nicht den Verbotsirrtum als solchen, sondern dessen Unvermeidbarkeit. Die Verneinung eines Verschuldens unter dem Gesichtspunkt eines unvermeidbaren Verbotsirrtums und gestützt auf Äußerungen der zuständigen Typgenehmigungsbehörde setzt zunächst einen Irrtum der Beklagten voraus. (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2023 – VIa ZR 1425/22, juris Rn. 32).
cc) Gemessen hieran hat die Beklagte ein zumindest fahrlässiges Handeln weder für den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Fahrzeugs noch für den Abschluss des Kaufvertrages (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2023 – VIa ZR 340/22, juris Rn. 12) widerlegt. Es ist nicht festzustellen, dass sich sämtliche ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB über die Rechtmäßigkeit des konkret verwendeten „Thermofensters“ und des „Geregelten Kühlmittelthermostats“ mit allen für die Prüfung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 bedeutsamen Einzelheiten zu den genannten Zeitpunkten im Irrtum befanden oder im Falle einer Ressortaufteilung den damit verbundenen Pflichten genügten.
(1) Die Beklagte äußert sich bereits nicht zu dem Vorstellungsbild ihrer maßgeblichen Entscheidungsträger, sondern erachtet entsprechende Ausführungen – rechtsirrig (vgl. dazu Senat, Urteil vom 20. Dezember 2023 – 7 U 1742/19, juris Rn. 115) – für entbehrlich. Sie äußert sich lediglich zu dem Vorstellungsbild der sog. „Ausstellenden“, für die sie indes nicht darlegt, dass diese sämtliche ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter wären oder diese ihren Aufsichtspflichten genügt hätten.
(2) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass sie nach wie vor der Rechtsansicht sei, dass die temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung im streitgegenständlichen Fahrzeug aus Gründen des Motorschutzes zulässig sei, mag sie zwar – unter ergänzender Heranziehung ihres zum Motorschutz gehaltenen Vortrags – einen Verbotsirrtum darlegen. Ob dies auch, was zweifelhaft ist, für einen Irrtum über die Rechtmäßigkeit der konkreten, in Rede stehenden Abschalteinrichtung mit allen für die Prüfung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 bedeutsamen Einzelheiten genügt, kann offen bleiben. Für eine solche Fehlvorstellung ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter bietet die Beklagte weder Beweis an noch kann hierauf aus den Umständen geschlossen werden.
Zwar ist die Ermittlung einer inneren Tatsache in der Weise möglich, dass Umstände festgestellt werden, die den Schluss hierauf zulassen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2003 – VIII ZR 218/01, juris Rn. 14; Urteil vom 18. Mai 2021 – VI ZR 401/19, juris Rn. 23). Ein solcher Indizienbeweis ist überzeugungskräftig, wenn andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2016 – VI ZR 163/14, juris Rn. 15). Die von der Beklagten vorgetragenen Umstände – Offenlegungspraxis gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt, Kenntnis des Normgebers und des Kraftfahrtbundesamts, positive Bewertung der temperaturabhängigen Steuerung der AGR durch das Kraftfahrtbundesamt gegenüber der Untersuchungskommission Volkswagen – genügen diesen Anforderungen jedoch nicht.
(a) Die Beklagte macht geltend, dass sie dem Kraftfahrtbundesamt bereits in 2003 offengelegt habe, dass die Lufttemperatur ein Parameter bei der Steuerung der Abgasrückführung in Diesel-Fahrzeugen der Beklagten sei. Hierzu verweist sie auf beispielhafte Anlagen zu Beschreibungsbögen für ihre Motoren, die in dem Typgenehmigungsverfahren vorgelegt werden. In diesen sei die Lufttemperatur als Parameter für die Abgasrückführung genannt, was nur so verstanden werden könne, dass die für die Beklagte handelnden Personen von der rechtlichen Zulässigkeit der Steuerung der Abgasrückführung in Abhängigkeit der genannten Parameter ausgegangen seien.
Auch der europäische Normgeber habe die Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführung nicht für unzulässig gehalten. Im Amtsblatt der Europäischen Union vom 19. Juli 2008 habe die Kommission darauf hingewiesen, dass „Dieselfahrzeuge mit Abgasrückführung und NOx-Nachbehandlung bei niedrigen Temperaturen erhöhte NOx-Emissionen verursachen können.“ Aus diesem Grund wolle die EU-Kommission überprüfen, ob die Niedrigtemperatur-Emissionsprüfung, die bis dahin nur für Benzin-Fahrzeuge vorgesehen war, auf „Euro-6-Dieselfahrzeuge ausgeweitet und ob in Zukunft ein Grenzwert eingeführt werden soll.“ Der EU-Gesetzgeber sei in der Folge jedoch untätig geblieben, was verdeutliche, dass die EU-Kommission im Jahr 2008 nicht davon ausgegangen sei, dass die Temperaturabhängigkeit der Abgasrückführung bereits nach den bestehenden Vorschriften unzulässig sei.
Schließlich habe das Kraftfahrtbundesamt erstmals mit Bescheid vom 1. November 2022 eine außentemperaturabhängige Steuerung der AGR bei betriebswarmem Motor in einem Fahrzeug der Beklagten als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandet. Im Rahmen der Untersuchungskommission Volkswagen habe sie dem Kraftfahrtbundesamt im Frühjahr 2016 eine temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung im Detail vorgestellt, bei der bei betriebswarmen Motor und Umgebungstemperaturen unter 7°C die Abgasrückführung reduziert worden sei. Dabei sei gezeigt worden, dass ohne AGR-Anpassungen bei niedrigeren Temperaturen Motor- und Bauteilschäden in Folge von Kondensation und Ablagerungen in den mit Abgas beaufschlagten Bereichen auftreten können.
(b) Diese Aspekte genügen jedoch weder für sich noch in der Gesamtschau, um den Schluss auf einen Irrtum in allen für die Prüfung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 bedeutsamen Einzelheiten zu tragen.
Es bestand keine allgemeine Genehmigungspraxis des Kraftfahrtbundesamtes, auf die sich ein Vertrauen hätte gründen und die deshalb ein tauglicher Anknüpfungspunkt für einen Rückschluss auf eine entsprechende Fehlvorstellung bei der Beklagten sein könnte. In seiner Auskunft teilt das Kraftfahrtbundesamt mit:
„Nach den zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen Emissionsgenehmigung geltenden Genehmigungsvorschriften waren keine Angaben des Herstellers zu den Emissionsstrategien des Fahrzeuges im sogenannten Beschreibungsbogen gefordert. Die genaue Beschreibung der Emissionsstrategien wurde erst ab 16.05.2016 für neue Fahrzeugtypen mit der Verordnung (EU) 2016/646 eingeführt, also nach der Erweiterung der Typgenehmigung für das in Rede stehende Fahrzeug.“
Abgesehen davon, dass danach eine tatsächliche Genehmigung mangels Angaben zu der genauen Funktionsweise des „Thermofensters“ oder des „Geregelten Kühlmittelthermostats“ ausscheidet, kann auch auf eine spätere Freigabe des „Thermofensters“ im Zuge des Software-Updates die behauptete rechtliche Fehlvorstellung von der Zulässigkeit nicht gestützt werden, weil diese dem Kaufvertragsschluss nachfolgte.
Soweit die Beklagte geltend macht, sie habe nach Bekanntwerden des „Dieselskandals“ im Herbst 2015 mit dem Kraftfahrtbundesamt „Thermofenster“ und deren Rechtfertigung im Einzelnen besprochen, bleibt dies völlig ohne Substanz. Auch im Übrigen ergibt sich nichts für eine gesicherte Rechtslage, auf die hätte vertraut werden können, auch wenn der Verwendung von Thermofenstern ein allgemeiner Industriestandard zugrunde lag (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 70). Das würde ohnehin nur für die Technologie als solche gelten, nicht aber für die konkrete Ausgestaltung, von der die Notwendigkeit zum Motorschutz im Einzelfall abhängt und auf die sich die Fehlvorstellung in allen Einzelheiten beziehen muss. Die Rechtslage war vielmehr unbestimmt, was auch der Bewertung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur in dem Ersten Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ S. 121 ff. entsprach. Die von der Beklagten vertretene weite Auslegung der Ausnahme zum Motorschutz war keineswegs unumstritten; so wurde die strenge Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union etwa von dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages vorweggenommen (vgl. Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 7 – 3000 – 031/16, S. 14 ff.).
Aus dem Untätigbleiben des EU-Gesetzgebers kann in Bezug auf das Vorstellungsbild bei der Beklagten über die Zulässigkeit des hier konkret verwendeten „Thermofensters“ ebenfalls nichts abgeleitet werden. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass ein gesonderter Grenzwert für Stickoxidemissionen bei niedrigen Temperaturen nicht festgelegt wurde, dafür, dass die allgemeine Regelung auch für diesen Temperaturbereich Geltung haben sollte. Anlass zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den rechtlichen Vorgaben bestand nicht zuletzt deswegen, weil die von einer Versottung unmittelbar betroffenen Bauteile nach Anhang I Abs. 3.3.1.2 und 3.3.1.3 zur VO (EG) Nr. 692/2008 keine Bestandteile des Motors und Ausnahmen nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eng auszulegen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 10. April 2014 – C-435/12, ECLI:EU:C:2014:254 Rn. 22; Urteil vom 3. September 2014 – C-201/13, ECLI:EU:C:2014:2132 Rn. 22; Urteil vom 17. Dezember 2020 – C-693/18, ECLI:EU:C:2020:1040 Rn. 111).
Auch in der Gesamtschau vermögen es die von der Beklagten angeführten Umstände nicht, einen belastbaren Schluss auf eine rechtliche Fehlvorstellung zu tragen. Es handelt sich um äußere Umstände, die in Bezug auf das Vorstellungsbild der Verantwortlichen der Beklagten in dem ihr günstigsten Fall indifferent sind und deshalb ebenso gut damit in Einklang stehen, dass die Verantwortlichen der Beklagten nicht der von ihr behaupteten Fehlvorstellung unterlagen. Das gilt erst recht, weil es sich bei den von der Beklagten angeführten Umständen um allgemeine Gesichtspunkte handelt, die in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der konkreten, in Rede stehenden Abschalteinrichtungen mit allen für die Prüfung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 bedeutsamen Einzelheiten keine Aussagekraft besitzen. Schließlich spricht auch die schiere Häufung der von der Beklagten geltend gemachten Rechtsirrtümer gegen den Wortlaut und die Intention der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 – Auslegung des Begriffs „Abschalteinrichtung“, Auslegung des Begriffs „Beschädigung“, Auslegung des Begriffs „notwendig“, Auslegung des Begriffs „Motor“, Auslegung des Begriffs „Übereinstimmungsbescheinigung“ – angesichts ihrer mangelnden Plausibilität dafür, dass sich ihre Verantwortlichen nicht in einem Verbotsirrtum befanden.
Im Ergebnis gilt nichts Anderes für das „Geregelte Kühlmittelthermostat“. Hier tragen die Umstände auch den Schluss auf eine rechtliche Fehlvorstellung hinsichtlich des Gesichtspunkts der Grenzwertkausalität nicht, zumal es sich um noch einen weiteren Rechtsirrtum der Beklagten gegen den Wortlaut und die Intention der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 im Zusammenhang mit dem Verbot von Abschalteinrichtungen handeln würde. Mit seiner Auskunft hat das Kraftfahrtbundesamt bestätigt, dass es das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ in einigen Fahrzeugvarianten der Beklagten als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandet hat, weil die Grenzwerte nicht eingehalten wurden. Daraus kann gefolgert werden, dass eine fehlende Grenzwertkausalität für die Entscheidung der Beklagten, das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ in ihren Fahrzeugen zu verwenden, nicht von Bedeutung war, weil sie anderenfalls in den grenzwertrelevanten Fällen von deren Verwendung hätte absehen müssen. Hat die Beklagte das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ aber ohne Rücksicht auf die Grenzwertkausalität implementiert, steht dies der Annahme im Wege, dass die Beklagte der von ihr geltend gemachten Fehlvorstellung unterlag, dass eine nicht grenzwertkausale Abschalteinrichtung nicht unzulässig wäre.
d) Dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Kraftfahrzeugs kann ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Schutzgesetzverletzung zustehen, wenn ihm aufgrund des Erwerbs eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs ein Vermögensschaden in Form eines so genannten Differenzschadens entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2023 – VI ZR 493/20, juris Rn. 24). Die Höhe des ersatzfähigen Schadens ist im Rahmen einer Bandbreite zwischen 5% und 15 % des gezahlten Kaufpreises nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ohne Hinzuziehung eines Sachverständigengutachtens nach freier Überzeugung zu schätzen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 73 ff.). Hier kann eine nähere Bestimmung der Schadensquote unterbleiben, weil – wie zu zeigen ist – der Kläger aufgrund anzurechnender Vorteile nur noch einen Betrag unterhalb des Mindestschadens von 5% verlangen kann.
aa) Auf den Differenzschaden finden die von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe des Vorteilsausgleichs zum „kleinen“ Schadensersatz Anwendung. Dies hat zur Folge, dass die Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs anspruchsmindernd im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen sein können, soweit sie den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen, wofür ebenfalls die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet ist. Beruft sich der Fahrzeughersteller auf die nachträgliche Verbesserung des Fahrzeugs durch ein Software-Update, kann damit eine Schadensminderung nur verbunden sein, wenn und soweit das Software-Update die Gefahr von Betriebsbeschränkungen signifikant reduziert. Das wiederum kann nur dann der Fall sein, wenn es nicht seinerseits eine unzulässige Abschalteinrichtung beinhaltet (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 80 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 23 f.; Urteil vom 24. Januar 2022 – VIa ZR 100/21, juris Rn. 17).
Die Darlegungs- und Beweislast für die Vorteilsausgleichung, welche anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist, trägt der Schädiger (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2021 – V ZR 272/19, juris Rn. 24; Beschluss vom 25. Juli 2022 – VIa ZR 622/21, juris Rn. 10; Urteil vom 23. März 2023 – V ZR 97/21, juris Rn. 7; Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 80).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist der Schaden zum Teil ausgeglichen.
(1) Durch das Software-Update hat das Fahrzeug allerdings keine relevante Aufwertung erfahren. Ein Vorteilsausgleich durch das Software-Update setzt voraus, dass das Risiko behördlicher Maßnahmen signifikant reduziert wird, woran es fehlt, wenn die festgestellten unzulässigen Abschalteinrichtungen nicht beseitigt werden oder neue Abschalteinrichtungen implementiert werden. Die Beseitigung nur einzelner unzulässiger Abschalteinrichtungen führt zu keiner Aufwertung, wenn das Risiko von Betriebsbeschränkungen fortbesteht (vgl. Senat, Urteil vom 20. Dezember 2023 – 7 U 1742/19, juris Rn. 143).
So liegt es aber hier. Zwar legt die Beklagte dar – was der Kläger bestritten hat –, dass mit dem Software-Update das „Geregelte Kühlmittelthermostat“ entfernt und der Umfang des AGR-Betriebs stark ausgeweitet worden sei. Nach dem Software-Update werde bei betriebswarmem Motor innerhalb eines Temperaturbereichs von -10°C bis +40°C die Abgasrückführungsrate nicht in Abhängigkeit von der Umgebungs- bzw. Ladelufttemperatur verändert. Etwaig verbleibende außentemperaturabhängige Steuerungen seien jedenfalls aus Motorschutzgründen gerechtfertigt.
Dieser Vortrag lässt nicht erkennen, dass das ausgeweitete „Thermofenster“ keine unzulässige Abschalteinrichtung mehr wäre. Es handelt sich noch immer um eine Abschalteinrichtung, weil jedenfalls Temperaturen von bis zu – 15°C zu den im Unionsgebiet üblichen Betriebsbedingungen zählen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 29. November 2023 – 19 U 185/22, juris Rn. 14; OLG Stuttgart, Urteil vom 22. Februar 2024 – 24 U 254/21, juris Rn. 76 mwN) und die Beklagte nicht darlegt, dass bei diesen Temperaturen das „Thermofenster“ die Emissionsminderung nicht verringert.
(a) Allerdings hat der Senat in seinem Urteil vom 20. März 2024 (7 U 287/22, juris Rn. 33 ff.) angenommen, dass ein vergleichbar bedatetes „Thermofenster“ die Abgasrückführung nicht mehr unter Bedingungen reduziert, die in dem Unionsgebiet üblich sind. Begründet hat der Senat seine Auffassung maßgeblich mit Art. 3 Abs. 9 Unterabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 692/2008, nach dem die NOx-Nachbehandlungseinrichtung nach einem Kaltstart bei –7°C innerhalb von 400 Sekunden eine für das ordnungsgemäße Arbeiten ausreichend hohe Temperatur erreicht haben muss. Soweit der Entscheidung entnommen werden kann, dass normale Betriebsbedingungen bei Temperaturen unterhalb von -7°C nicht mehr zu den normalen Betriebsbedingungen im Sinne von Art. 3 Nr. 10 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 gehören, hält der Senat hieran nicht fest.
(aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass die Verordnung Nr. 692/2008, in der Maßnahmen zur Durchführung der Art. 4, 5 und 8 der Verordnung Nr. 715/2007 festgelegt werden, als Auslegungshilfe für die Bestimmung des zu den „normalen Fahrbedingungen“ gehörenden Temperaturbereichs herangezogen werden kann und der Wille des EU-Verordnungsgebers in Bezug auf die an die Fahrzeughersteller gestellten Anforderungen hinsichtlich ihrer Abgasrückführungssysteme bei niedrigen Temperaturen für diese Frage mit zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2022 – C-134/20, ECLI:EU:C:2022:571 Rn. 52; Senat, Urteil vom 20. März 2024 – 7 U 287/22, juris Rn. 37).
Neben Art. 3 Abs. 9 Unterabs. 2 bestimmt Anhang XVI Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 692/2008:
„10. BETRIEBSBEDINGUNGEN DES ABGASNACHBEHANDLUNGS-SYSTEMS
Der Hersteller muss gewährleisten, dass das Emissionsminderungssystem unter allen auf dem Gebiet der Europäischen Union regelmäßig anzutreffenden Umgebungsbedingungen und insbesondere bei niedrigen Umgebungstemperaturen seine Emissionsminderungsfunktion erfüllt. Dies umfasst auch Maßnahmen gegen das vollständige Einfrieren des Reagens bei einer Parkdauer von bis zu 7 Tagen bei 258 K (–15 °C) und 50 %iger Tankfüllung. Ist das Reagens gefroren, muss der Hersteller gewährleisten, dass es innerhalb von 20 Minuten, nachdem das Fahrzeug bei einer im Reagenzbehälter gemessenen Temperatur von 258 K (–15 °C) angelassen wurde, zur Verwendung bereitsteht, damit das Emissionsminderungssystem ordnungsgemäß arbeiten kann.“
Hierbei handelt es sich zwar, worauf die Beklagte in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27. Juni 2024 hinweist, genauso wie bei Art. 3 Abs. 9 Unterabs. 2, um eine Sonderbestimmung für das Abgasnachbehandlungssystem (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 7. März 2024 – 24 U 755/22, juris Rn. 150). Dieser lässt sich aber mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass der Verordnungsgeber zu den auf dem Gebiet der Europäischen Union regelmäßig anzutreffenden Umgebungsbedingungen Umgebungstemperaturen von -15°C zählt.
(bb) Das entspricht dem überwiegenden Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung, nach dem Außentemperaturen zwischen -15°C und +40°C zu den im Unionsgebiet üblichen Temperaturen gehören (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 29. November 2023 – 19 U 185/22, juris Rn. 14; OLG Schleswig, Urteil vom 8. Dezember 2023 – 1 U 105/20, juris Rn. 91; OLG Stuttgart, Urteil vom 22. Februar 2024 – 24 U 254/21, juris Rn. 75; siehe auch VG Schleswig, Urteil vom 20. Februar 2023 – 3 A 113/18, juris Rn. 267, 274). Daran, dass – jedenfalls im unteren Bereich – zweistellige Minusgrade in dem Gebiet der Europäischen Union auch tatsächlich üblicherweise erreicht werden, besteht kein Zweifel (siehe nur für Skandinavien OLG Schleswig, Urteil vom 8. Dezember 2023 – 1 U 105/20, juris Rn. 91; OLG Stuttgart, Urteil vom 7. März 2024 – 24 U 755/22, juris Rn. 84).
(b) Hinsichtlich des Motorschutzes kann auf die Ausführungen oben und in Senat, Urteil vom 20. Dezember 2023 – 7 U 1742/19, juris verwiesen werden, worauf der Senat mit Beschluss vom 29. April 2024 bereits Bezug genommen hatte. Die Beklagte zeigt nicht auf, inwieweit das verbliebene „Thermofenster“ zum Motorschutz notwendig gewesen sein soll.
(2) Der Schaden ist aber bis auf 1.075 € ausgeglichen, weil die Summe aus gezogenen Nutzungen (2.375 €) und Restwert (18.900 €) von 21.275 € den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs von 21.232 € (bei Zugrundelegung der geringsten Schadenshöhe von 5%) um 43 € übersteigt.
(a) Der Wert der gezogenen Nutzungen beläuft sich auf 2.375 €.
Bei der gemäß § 287 ZPO vorzunehmenden Bemessung der anzurechnenden Vorteile legt der Senat folgende Berechnungsformel zugrunde (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2014 – VIII ZR 215/13, juris Rn. 14 mwN zum Rücktritt; Urteil vom 19. Januar 2021 – VI ZR 8/20, juris Rn. 13; Urteil vom 23. März 2021 – VI ZR 3/20, juris Rn. 10; Urteil vom 18. Mai 2021 – VI ZR 720/20, juris Rn. 6; Urteil vom 24. Oktober 2023 – VI ZR 131/20, juris Rn. 29 zur Schadenshaftung):
Die erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt schätzt der Senat (§ 287 ZPO) für die Berechnung der Nutzungsvorteile auf 205.322 km.
Für die Prognose der Gesamtlaufleistung sind in erster Linie Fahrzeugtyp und Baujahr maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2021 – VI ZR 812/20, juris Rn. 16), wobei es nicht auf die mögliche Laufleistung des Motors an sich, sondern die Lebensdauer des (gesamten) Fahrzeugs ankommt. Da Fahrzeuge aus verschiedenen Teilen mit unterschiedlicher Lebensdauer bestehen und bei zunehmender Nutzungsdauer die Reparaturanfälligkeit steigt, werden in aller Regel bereits wirtschaftliche Erwägungen dazu führen, dass eine mögliche Lebensdauer des Motors nicht ausgeschöpft wird und daher nicht mit der maßgeblichen Gesamtnutzungsdauer des Fahrzeugs gleichzusetzen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 58). Daher kommt es auf die unter gewöhnlichen Umständen zu erzielende (durchschnittliche) Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs und nicht darauf an, welche Gesamtlaufleistung das Fahrzeug unter günstigen Bedingungen im äußersten Fall erreichen kann oder in bestimmten Einzelfällen erreicht hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2021 – VIII ZR 111/20, juris Rn. 59).
Nach diesen Grundsätzen schätzt der Senat für die Berechnung der Nutzungsvorteile die Gesamtlaufleistung eines Neufahrzeugs für Fahrzeuge mit – wie hier – 2,0 bis 2,5 l Hubraum regelmäßig auf 250.000 km, weil diese Laufleistung der gewöhnlichen Lebensdauer eines Mittelklassefahrzeugs (wenn auch nicht der maximalen, bei entsprechend gesteigertem Erhaltungsaufwand technisch möglichen Leistungsgrenze) entspricht (vgl. Senat, Urteil vom 20. Dezember 2023 – 7 U 1742/19, juris Rn.150 ff. mwN; auch OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 – 13 U 149/18, juris Rn. 91 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. März 2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 114; OLG Stuttgart, Urteil vom 22. Februar 2024 – 24 U 254/21, juris Rn. 126).
Der Kläger erwarb das Fahrzeug für einen Kaufpreis von 22.350 € mit einer Laufleistung von 44.678 km. Daraus ergibt sich die erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt mit 205.322 km (250.000 km – 44.678 km). Bis zur Weiterveräußerung, bei der die Laufleistung des Fahrzeugs 66.500 km betrug, hat der Kläger das Fahrzeug über 21.822 km (66.500 km – 44.678 km) genutzt. Hieraus ermittelt sich der Wert der gezogenen Nutzungen mit 2.375 €:
(2) Der anzurechnende Restwert entspricht dem Veräußerungserlös von 18.900 €. Anhaltspunkte dafür, dass der erzielte Weiterveräußerungserlös nicht marktgerecht gewesen sein könnte, hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht aufgezeigt. Ihr Vortrag in dem Schriftsatz vom 6. November 2023 (Bd. II 423), der Kläger habe deutlich unter Wert verkauft, ist nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil er ihrem erstinstanzlichen Vortrag widerspricht. In erster Instanz hatte die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 26. Februar 2021 ausdrücklich vorgetragen, dass davon auszugehen sei, dass der erzielte Kaufpreis dem üblichen Marktwert entspreche (Bd. I 77R Abs. 2). Hierauf hatte der Senat mit der Terminsbestimmung vom 29. April 2024 bereits hingewiesen.
5. Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kann der Kläger nicht verlangen. Allein auf der Grundlage des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV kann neben dem Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens eine Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2023 – VIa ZR 14/22, juris Rn. 13). Ein Anspruch aus § 826 BGB steht ihm – wie ausgeführt – nicht zu. Zu der Zeit der Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten befand sich die Beklagte auch nicht in Verzug.
6. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB. Ein vorheriger Verzug ist nicht dargelegt.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 92 Abs. 1, § 344, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Der Senat lässt die Revision zur Klärung der Frage zu, ob die in der Allgemeinen Geschäftsbedingung enthaltene Abtretungserklärung die deliktischen Ansprüche aus § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV gegen den Fahrzeughersteller einschließt.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 27. Juni 2024 bietet keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 296 a S. 2, § 156 ZPO).