OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
Az.: 20 W 190/94
Beschluss vom 14.02.2000
Vorinstanzen:
I. AG Frankfurt/Main, AZ.: 40 UR III P 154/93
II. LG Frankfurt/Main, AZ.: 2-9 T 112/94
In der Personenstandssache betreffend die Erteilung des Vornamens des am 14.03.1993 geborenen Sohnes der Antragsteller hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.03.1994 am 14.02.2000 beschlossen:
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 3) hat die etwa den Beteiligten zu 1) und 2) entstandenen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu erstatten.
Gründe:
Das Landgericht hat auf die Beschwerde der Eltern unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts den Standesbeamten angewiesen, als Vornamen des am 14.03.1993 geborenen Sohnes der Beteiligten zu 1) und 2) die Namen … in das Geburtenbuch einzutragen. Die Standesaufsichtsbehörde hält den Namen … nicht als Vornamen für eintragungsfähig. Es bestehe eine Verwechslungsgefahr, da sich der letzte Teil des Vornamens des Sohnes in Verbindung mit dessen Nachnamen nur durch einen Bindestrich vom Nachnamen der Mutter unterscheide, die ihren Geburtsnamen … dem Ehenamen vorangestellt habe. Die deshalb nach § 49 PStG gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsichtsbehörde ist unbegründet. Die Ausführungen des Landgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 48 PStG, 27 FGG, 550 ZPO).
Das Recht, ihrem Kind einen Vornamen zu geben, steht beiden Eltern gemeinsam im Rahmen der elterlichen Sorge zu. Allgemein verbindliche Vorschriften gibt es insoweit nicht. Insgesamt zeigt das deutsche Vornamensrecht eine große Bereitschaft, den Wünschen der Namensgeber zu entsprechen. Der Elternwille ist jedoch begrenzt durch die allgemeine Sitte und die staatliche Ordnung. Er darf insbesondere das Kindeswohl (§ 1666 BGB) nicht gefährden.
Das Landgericht hat nicht verkannt, dass es in der Rechtsprechung als der Ordnungsfunktion des Namens widersprechend angesehen wird, wenn ein Familienname als Vorname gewählt wird. So hat der Senat den Namen … als Vornamen abgelehnt (StAZ 1985, 106 = OLGZ 1985, 154), ebenso die Namen … (StAZ 1991, 314 – MDR 1991, 1065 – OLGZ 1992, 45) und … (StAZ 1990, 18 = OLGZ 1990, 22). Jedoch sind Familiennamen nicht durchweg vornamensunfähig, wie letztlich auch der Umstand zeigt, dass Namen wie … sowohl als Vor- als auch als Familiennamen vorkommen.
Das Landgericht hat sich mit Recht im Ergebnis der Argumentation der Eltern angeschlossen, die vorgebracht haben, dass auch in der Rechtsprechung verschiedentlich dann Ausnahmen gemacht worden seien, wenn es bei den Namen nicht um typische Familiennahmen gehandelt habe. So wurden … (HansOLG, StAZ 1980, 193), … (BayObLG, MDR 1992, 58 – StAZ 1991, 313), … (BayObLG, StAZ 1992, 72) und … (OLG Celle, StAZ 92, 378) als beilegungsfähig angesehen.
Ausnahmen sind auch bei ostfriesischen Zwischennamen gemacht worden (vgl. StAZ -1950, 253) und zwar auch bei Geburten außerhalb Friedlands (OLG Zweibrücken, OLGZ 1983, 40 ff = StAZ 1983, 31). Unbeanstandet sind aus diesem Grund Namen wie … (OLG Schleswig, StAZ 1957, 321 ff) und … (BGH StAZ 1959, 210 ff) geblieben. Die Rechtsprechung hat aber nicht nur diesem Landesgewohnheitsrecht Rechnung getragen, sondern auch die Eintragung ausländischer Zwischennamen (sog. „middle names“) als Vornamen akzeptiert (so „Westveer“, Senatbeschluss, OLGZ 1976,423 = StAZ 1976, 363 und „Korinda“ OLG Hamm, OLGZ 1983, 42 ff = Iprax 1983, 296 = StAZ 1983, 71 m. Anm. Drewello).
Schließlich sind neben dem gebräuchlichen Blumennamen „Erika“ für Mädchen auch andere Blumennamen zugelassen worden wie „Azalee“, „Viola“ oder „Jasmin“ bzw. „Yasmin“ (vgl. Massfeller/Hoffmann, PStG-Kommentar, § 21 PStGRn 103). „Oleander“ ist als männlicher Vorname für eintragungsfähig gehalten worden (AG Stuttgart, StAZ 1983, 351). Als weibliche Vornamen wurden auch letztlich aus Gebietsbezeichnungen entlehnte Namen wie „Bavaria“, „Europa“ und „Taiga“ (vgl. Massfeller/Hoffmann, PStG-Kommentar, § 21 PStG Rn 103) akzeptiert. Als zulässig wurden auch reine Phantasienamen oder diesem Bereich zuzurechnende Namen angesehen, wie „Urogano“ (ital. Sturmwind (Unwetter), BayObLG, StAZ 1997, 201) als weiblicher Vorname. Bei der Ziehung der Grenzen des Zulässigen im Einzelfall ist die Rechtsprechung sehr differenziert. Diederichsen hat die Rechtsprechung insoweit als zum Teil absurd qualifiziert (so noch in Palandt-Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 58. Aufl. 1999, § 1616 BGB Rn 10). Seibicke hat seinen Eindruck von der Rechtsprechung gar wie folgt zusammengefasst: ….„je nachdem, an welchen Richter man gerät, stehen die Chancen für Eltern, einen ausgefallenen Vornamen durchzusetzen, besser oder schlechter (ders., Vornamen-Impressionen und Irritationen eines Germanisten, StAZ 1992, 329 ff, 332).
Zu den Grenzziehungen der Rechtsprechung im einzelnen braucht hier nicht Stellung genommen zu werden. Ebenso wenig, ob der Umgang mit den Zwischennamen auch zu einer Erweiterung der Wahlmöglichkeiten für die Eltern führen sollte, die nicht aus Gebieten mit einer solchen Namenstradition stammen, die aber die dahinter stehenden Überlegungen aufgreifen wollen, nämlich die Ehrung bestimmter Vorfahren. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben zwar auch an diesen Gesichtspunkt angeknüpft und ihre Auslandsaufenthalte im angelsächsischen Raum angeführt. Die Beteiligte zu 3) hat sich solchen Überlegungen auch nicht grundsätzlich verschlossen, jedoch gemeint, dass die Frage, ob es aufgrund der fortschreitenden Internationalisierung der Gesellschaft überlegenswert sei, dass der Familienname der Mutter als Zwischenname möglich werde, müsse höchstrichterlich geklärt werden.
Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 28 FGG ist im vorliegenden Fall jedoch weder möglich noch nötig, da es vorliegend auf die Entscheidung dieser Grundsatzfrage, nicht ankommt, denn … ist – wie das Landgericht festgestellt hat – kein typischer Familienname. Er fügt sich vielmehr wegen seiner verschiedenen Assoziationsmöglichkeiten in den Kanon der oben als zulässig aufgeführten Vornamen, wie … und … ein. Die Ähnlichkeit zur sonstigen Namensgebung verstärkt sich noch, wenn man die Namensendung – … (wie, …) aus dem englischen Sprachraum hinzunimmt, worauf die Eltern mit mehreren Beispielen ebenfalls hingewiesen haben.
Es kann hier auch dahingestellt bleiben, ob der Name … dem bei der Vornamensgebung ebenfalls zu beachtenden Grundsatz der Geschlechtsoffenkundigkeit genügend Rechnung trägt. Dem Grundsatz der Geschlechtsoffenkundigkeit wird hier jedenfalls dadurch genügt, dass dem Kind weitere, zweifelsfrei männliche Vornamen erteilt worden sind. In vergleichbarer Weise hat es auch das BayOblG bei einem Mädchen, das den Vornamen „Sonne“ bekommen sollte, für ausreichend erachtet, dass dieses Mädchen drei weitere eindeutig weibliche Vornamen hatte (StAZ 1994, 315 = MDR 1994, 1014 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, die Wertfestsetzung auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.