Oberlandesgericht Düsseldorf
Az: I-24 U 111/08
Beschluss vom 04.06.2009
In dem Rechtsstreit hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 4. Juni 2009 einstimmig beschlossen:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 28. April 2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal – Einzelrichterin – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Berufungsstreitwert: 6.491,18 EUR
Gründe:
I. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat den Beklagten auf der Grundlage der ihm von den Klägern für erbrachte anwaltliche Dienstleistungen erteilten drei Kostennoten vom 08./09. November 2006 und 09. Januar 2007 zu Recht zur Honorarzahlung in Höhe von insgesamt 6.491,18 EUR (nebst Zinsen) verurteilt. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine günstigere Entscheidung. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 19. März 2009. Dort hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:
„1. Kostennote vom 09. 11. 2006 in Höhe von 5.101,16 EUR
Der sich nach der Gebührenordnung richtende, rechnerisch nicht umstrittene Honoraranspruch der in Sozietät miteinander verbundenen klagenden Rechtsanwälte besteht sowohl dem Grunde nach als auch in zuerkannter Höhe; Gegenrechte des Beklagten existieren nicht.
a) Von Rechtsirrtum beeinflusst ist die Ansicht des Beklagten, der der Honorarnote zugrunde gelegte Gegenstandswert (600.000,00 EUR = Gebührenstufe von 550.000,01 EUR bis 600.000,00 EUR) entspreche nicht dem erteilten Auftragsumfang, der aus rechtlichen Gründen geringer zu bewerten sei. Im Ergebnis wird der für die Gebührenhöhe maßgebliche untere Wert der Gebührenstufe jedenfalls nicht unterschritten.
aa) Anlass des vom Erstkläger (künftig: Kläger) namens der Sozietät am 04. November 2005 angenommenen Auftrags war zwar der von der getrennt lebenden Ehefrau des Beklagten (künftig: Ehefrau) gerichtlich geltend gemachte Trennungsunterhalt und der für die gemeinsame minderjährige Tochter L. (künftig: Tochter) beanspruchte Kindesunterhalt. Darauf beschränkte sich indes das erteilte Mandat unstreitig nicht. Ziel des Beklagten war es nämlich, schon zu diesem frühen Zeitpunkt der sich anbahnenden familienrechtlichen Auseinandersetzung ein „Gesamtpaket“ zu schnüren, mit dem die familien- und vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehefrau und die gesetzlichen Unterhaltsansprüche der Tochter nicht nur für die Zeit der Trennung, sondern ausdrücklich auch für die Zeit nach Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung einvernehmlich geregelt werden sollten, und zwar einschließlich der gesetzlich zwar nicht bestehenden, aber aus der Sicht des Beklagten anerkennswerten Bedürfnisse der studierenden Stieftochter S. (künftig: Stieftochter). Das war Gegenstand der Beratung und des der Ehefrau unterbreiteten Vergleichsvorschlags vom 23. Dezember 2005 sowie (neben den gerichtlich anhängigen und später noch anhängig gemachten Streitteilen) der sich anschließenden, bis zur Beendigung des Mandats andauernden rund einjährigen mühsamen, im Ergebnis aber erfolglosen Verhandlungen, die der Kläger namens des Beklagten mit der Gegenseite darüber geführt hatte.
bb) Mit Ausnahme des Kindes- und Trennungsunterhalts, die bereits vor Mandatserteilung gerichtlich anhängig gewesen sind (65 F 156/05 AG Wuppertal = 61 F 192/07 AG Wuppertal) und deshalb im Ergebnis auf den Wert der außergerichtlichen Verhandlungen keinen Einfluss mehr haben können, beeinflussen alle anderen Streitteile den Gegenstandswert des vom Kläger auftragsgemäß geführten Mandats; das gilt auch für den Ehegattenunterhalt nach Rechtskraft der Ehescheidung (künftig: Ehegattenunterhalt), der im Verhältnis zum Trennungsunterhalt nicht nur einen eigenständigen Streitgegenstand, sondern eben auch eine andere gebührenrechtliche Angelegenheit darstellt und, wie hier geschehen, gesondert abgerechnet werden kann (§§ 16 Nr. 4, 22 Abs. 1 RVG).
cc) Ob die vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Scheidungsfolgen eine einheitliche gebührenrechtliche Angelegenheit bildet und deshalb, wie es die Kläger getan haben, nach dem kumulierten Wert der einzelnen Streitgegenstände abzurechnen ist (§ 22 Abs. 1 RVG) oder ob diese Streitteile verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten bilden und deshalb getrennt abgerechnet werden können (vgl. Senat OLGR Düsseldorf 2001, 214 und 2005, 651), muss hier nicht entschieden werden. Denn die vom Kläger gewählte Abrechnung beider Streitteile als eine Angelegenheit begünstigt den Beklagten, der auf diesem Berechnungsweg nur mit der sich abflachenden Gebührenprogression belastet wird, statt mit den höheren Gebühren aus zwei getrennt abgerechneten Angelegenheiten (vgl. Senat OLGR Düsseldorf 2001, 214).
dd) Die Einzelwerte der vom Kläger namens des Beklagten mit der Ehefrau auftragsgemäß vorgerichtlich (vor Eintritt der Rechtshängigkeit des Ehescheidungsverfahrens 61 F 191/07 AG Wuppertal) verhandelten Streitgegenstände fallen jedenfalls in die der Honorarnote zugrunde gelegte Gebührenstufe, die von 550.000,01 EUR bis 600.000,00 EUR reicht. Das gilt auch dann, wenn die bereits gerichtlich anhängigen Streitteile (Trennungs- und Kindesunterhalt) und ebenso solche Streitteile unberücksichtigt bleiben, die der Kläger gar nicht angesetzt hat (z. B. Übertragung des 1/2-Miteigentumsanteils an der ETW; rechtsgeschäftlich zu begründende Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Stieftochter), sowie auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kläger beim Wertansatz des EFH-Miteigentumsanteils die auf dem Grundstück ruhenden Verbindlichkeiten abgesetzt haben, was den Grundsätzen der Streitwertbestimmung gemäß § 23 RVG, 48 Abs. 1 GKG, §§ 3 ff ZPO widerspricht und jederzeit korrigiert werden könnte (vgl. Senat OLGR Düsseldorf 2001, 259 sub II.2 m. w. Nachw):
Tabelle 1 (Tab 1)
Zeile|Position|Beträge/EUR|Beträge/EUR
01|Übertragung des 1/2 Miteigentumsanteils am EFH|210.500,00|
02|Freistellung der Ehefrau von 1/2 der Verbindlichkeiten| 50.000,00|
03|Summe Vermögensauseinandersetzung||260.500,00
04|Zugewinnausgleich rund ||300.000,00
05|Ehegattenunterhalt (2.000 EUR – 417,00 EUR = 1.583 EUR x 12 Mon)|| 18.996,00
06|Summe||579.496,00
b) Ebenfalls von Rechtsirrtum beeinflusst ist die Ansicht des Beklagten, die Kläger seien gesetzlich daran gehindert, eine Geschäftsgebühr nach VV RVG a. F. Nr. 2400 (jetzt VV RVG Nr. 2300) abzurechnen, wenn derselbe Streitstoff nach Scheitern außergerichtlicher Verhandlungen doch noch gerichtlich anhängig gemacht wird. Abgesehen davon, dass von diesem Einwand allenfalls die Positionen Tabelle 1/Zeilen 04, 05 betroffen wären, übersieht der Beklagte, dass zwar nach dem herrschenden Verständnis des alten Rechts die Prozessgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auf die Geschäftsgebühr des § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO (voll) angerechnet wurde, dass es sich aber nach dem herrschenden Verständnis des neuen Rechts (Vorbem. Nr. 3 Abs. 4 VV RVG), dem der Senat folgt (vgl. OLGR Düsseldorf 2008, 747 = AnwBl 2008, 718 sub B.2), umgekehrt verhält: Die Geschäftsgebühr nach VV RVG a. F. Nr. 2400 (jetzt VV RVG Nr. 2300) wird anteilig auf die Verfahrensgebühr nach VV RVG Nr. 3100 angerechnet (vgl. nur BGH NJW 2008, 1323 m.w.Nachw.), so dass nicht die hier umstrittene Geschäftsgebühr, sondern die (hier gar nicht umstrittene) Verfahrensgebühr (teilweise) entfällt (vgl. dazu noch die nachfolgenden Erwägungen sub I.2b,cc und I.3c).
c) Schließlich beanstandet der Beklagte auch zu Unrecht den 1,8-fachen Ansatz einer Geschäftsgebühr.
aa) Geht es wie bei der hier anzuwendenden Kostenbestimmung VV RVG a. F. Nr. 2400 Satz 1 (jetzt VV RVG Nr. 2300 Satz 1) um den Ansatz einer Geschäftsgebühr im Rahmen des 0,5- bis 2,5-fachen des Gebührensatzes (Satzrahmengebühr), richtet sich deren Angemessenheit gemäß § 315 Abs. 1 BGB, § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten, nach dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Auftraggebers im Zeitpunkt der Mandatserteilung (vgl. BGH NJW 2004, 1043 sub Nr. II.3; Senat OLGR Düsseldorf 2006, 171 und 2008, 707 = VersR 2008, 1685; VersR 2008, 1347 jew. zu §§ 118 Abs. 1, 12 Abs. 1 BRAGO), wobei gemäß VV RVG a. F. Nr. 2400 Satz 2 (jetzt VV RVG Nr. 2300 Satz 2) eine Gebühr von mehr als dem 1,3-fachen des Gebührensatzes nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war (Senat AnwBl 2009, 70 = OLGR Düsseldorf 2009, 123).
bb) Der Senat folgt in Übereinstimmung mit dem den Streitfall auftragsgemäß begutachtenden Vorstand der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (vgl. Gutachten v. 11. 10. 2007) der Beurteilung des Landgerichts, dass hier der Ansatz des 1,8-fachen des Gebührensatzes, also eines Satzes deutlich jenseits der so genannten Mittelgebühr, die das 1,5-fache des Gebührensatzes ([0,5 + 2,5] x 1/2 =) beträgt, gerechtfertigt ist. Nach allen gesetzlichen Bewertungskriterien handelte es sich, wie nicht zuletzt durch die umfangreiche Korrespondenz zwischen den Parteien und mit der Prozessbevollmächtigten der Ehefrau belegt wird, um eine Angelegenheit von deutlich überdurchschnittlichem Zuschnitt:
Die zu beurteilenden Sachverhalte der jeweiligen Streitgegenstände waren höchst komplex und mit Blick auf die erforderlichen Berechnungen und rechtlichen Einordnungen von großer Schwierigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Die Angelegenheit war für den Beklagten, dessen Einkommen zudem überdurchschnittlich hoch gewesen ist und der über sehr hohe Vermögenswerte verfügte, auch von ganz überragender Bedeutung. Denn es ging bei der zu erwartenden Scheidung darum, ob und in welchem Maße sich der bisherige Lebenszuschnitt des Beklagten durch scheidungsbedingt spürbare Einkommens- und Vermögenseinbußen verändern werde. Solche nach Gesetz und Recht zu erwartenden schmerzhaften Einschnitte wollte der Beklagte nämlich, wie sich seinem Vorbringen ohne Weiteres entnehmen lässt, mit Hilfe des Klägers unter allen Umständen vermeiden. Erheblich erschwert wurde die Arbeit des Klägers nicht zuletzt auch dadurch, dass der Beklagte teils zögerlich, teils widersprüchlich informierte (zuletzt im Herbst 2006 zu Grund und Höhe seines Geschäftsführergehalts, vgl. dazu noch die nachstehenden Erwägungen sub I.1d,bb(3)(a)), was zu wiederholten Nachfragen, Klarstellungen, schließlich auch zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien und zur Kündigung aller Mandate führte.
d) Der Beklagte hat keine Gegenrechte, die den Honoraranspruch zu Fall bringen könnten.
aa) Soweit der Beklagte die Schlechterfüllung des Mandats behauptet, wird der Honoararanspruch davon nicht berührt. Der Auftraggeber eines Rechtsanwalts kann den anwaltlichen Vergütungsanspruch, der – wie im Regelfall – aus einem Anwaltsdienstvertrag (§§ 611, 675 BGB) hergeleitet wird (vgl. BGH NJW 1996, 2929), nicht kraft Gesetzes wegen mangelhafter Dienstleistung kürzen; denn das Dienstvertragsrecht kennt keine Gewährleistung (vgl. BGH NJW 2004, 2817 = MDR 2004, 1387).
bb) Das Honorar ist auch nicht gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB zu kürzen oder zu versagen.
(1) Wird – was gemäß § 627 BGB beiderseits jederzeit möglich ist – der Anwaltsvertrag gekündigt, behält der Rechtsanwalt gemäß § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich den Vergütungsanspruch, und zwar grundsätzlich in dem Umfang, in dem er Leistungen erbracht hat und dadurch gesetzliche Gebührentatbestände ausgelöst worden sind, § 15 Abs. 4 RVG. Im Streitfall hatte der Kläger im Zeitpunkt der Kündigung des Mandats durch den Beklagten am 24. Oktober 2006 das in der Kostennote vom 09. November 2006 abgerechnete Honorar nach Grund und Höhe durch das Betreiben des Geschäfts verdient. Das leugnet grundsätzlich auch der Beklagte nicht.
(2) Gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB verliert der Rechtsanwalt seinen Honoraranspruch aber, wenn er selbst ohne wichtigen Grund kündigt oder wenn er durch sein schuldhaft vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Mandanten veranlasst hat (so genanntes Auflösungsverschulden) und wenn seine bisherigen Leistungen für den Mandanten ohne Interesse sind, etwa weil er wegen der Beendigung des Erstmandats einen anderen Rechtsanwalt beauftragen musste und im Zweitmandat dieselben Gebühren noch einmal angefallen sind (BGH NJW 1995, 1954 = MDR 1995, 854; Senat OLGR Düsseldorf 2001, 233 und 2007, 325). Da dies die Ausnahme von der Regel ist, trägt der Mandant die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die zur Kürzung oder zum Wegfall des Honoraranspruch führen sollen (BGH NJW 1982, 437, 438 und 1997, 188; Senat OLGR Düsseldorf 2007, 325).
(3) Unter Anlegung dieses Maßstabs trifft den Kläger kein Auflösungsverschulden. Denn er war, wenn nicht gar zur Mandatskündigung, so doch jedenfalls berechtigt, von dem Beklagten eine auf das Trennungsunterhaltsmandat beschränkte und auf die Frage der Einkommenshöhe begrenzte Haftungsfreistellung zu verlangen und gleichzeitig die Niederlegung dieses Mandats für den Fall anzukündigen, dass der Beklagte die verlangte Erklärung nicht abgebe (vgl. Senat OLGR Düsseldorf 2007, 325).
(a) Es ist offensichtlich, dass der Beklagte notwendige Informationen zur Höhe seines Geschäftsführergehalts zurückgehalten und zur Frage, ob und bei welcher Gesellschaft er (noch/nicht mehr/nunmehr) Geschäftsführer sei, bewusst unklar gehalten hatte. Das geschah anscheinend in dem Bestreben des auf Trennungs- und Kindesunterhalt gerichtlich in Anspruch genommenen Beklagten, im Prozess erforderlichen Sachvortrag zur aktuellen Einkommenshöhe (vgl. dazu Senat VersR 2002, 1377 sub I.2b) zurückzuhalten, ohne aber die dafür leitenden Motive gegenüber dem Kläger zu offenbaren. Aus objektiver Sicht handelte es sich um einen bewussten Verstoß des Beklagten gegen die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) und barg Schadensersatzrisiken wegen eines sich anbahnenden Prozessbetrugs (§ 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB). Zugleich lag darin ein vorsätzlicher Verstoß des Beklagten gegen die ihn gegenüber dem Kläger aus dem Anwaltsvertrag treffende Mitwirkungsnebenpflicht, nämlich die Erteilung vollständiger und korrekter Informationen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt (vgl. BGH NJW 1996, 2929, 2930; 1997, 2168, 2170; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl. Rn 927).
(b) Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich ganz zwanglos, dass der Kläger den Beklagten auch nicht provoziert hat, die Kündigung des Mandats über Trennungs- und Kindesunterhalt, geschweige denn die Kündigung aller Mandate auszusprechen, wie es in dessen Schreiben vom 24. Oktober 2006 konkludent durch die Erklärung geschehen ist, der Kläger habe ihn, den Beklagten, „…gezwungen, einen anderen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung [s]einer Interessen zu beauftragen“ (vgl. zur konkludenten Kündigung eines Anwaltsvertrags durch den Mandanten Senat OLGR Düsseldorf 2000, 209 sub I.2a). Die sonstigen Vorhaltungen an die Adresse des Klägers wegen mangelhafter Qualität der Mandatsbearbeitung sind im Wesentlichen substanzlos und geprägt von der unverkennbaren Neigung des Beklagten zu übermäßiger Kontrolle, maßloser Übertreibung und starrer Uneinsichtigkeit (vgl. Senat OLGR Düsseldorf 2007, 325).
2. Honorarnote vom 08. November 2006 über 1.166,26 EUR
Auch dieser sich nach der Gebührenordnung richtende, rechnerisch nicht umstrittene Honoraranspruch der Sozietät besteht dem Grunde nach und in der zuerkannten Höhe; Gegenrechte des Beklagten bestehen auch hier nicht.
a) Die Ansicht des Beklagten, die Vergütung sei nicht fällig, ist rechtsirrig. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG wird die Vergütung des Rechtsanwalts (u. a.) dann fällig, wenn der Auftrag beendet ist. Das ist hier durch die vom Beklagten mit Schreiben vom 24. Oktober 2006 erklärte Kündigung aller Mandate geschehen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die vorstehenden Erwägungen (sub I.1d,bb(3)(b)) Bezug genommen.
b) Von Rechtsirrtum beeinflusst ist auch die Ansicht des Berufungsführers, den Klägern sei es versagt, für seine hier in Rechnung gestellte Vertretung im Ehescheidungsverfahren (65 F 106/06 = 61 F 191/07 AG Wuppertal) den 1,3-fachen Gebührensatz nach VV RVG Nr. 3100 Abs. 1 zu liquidieren; angemessen sei allenfalls das 0,8-fache des Gebührensatzes gemäß VV RVG Nr. 3101 Nr. 1. Der Beklagte übersieht, dass der hier in Rede stehende Auftrag nicht „vorzeitig“ im Sinne dieser Gebührenbestimmung beendet worden ist.
aa) Auszugehen ist von dem Grundsatz des § 15 Abs. 4 RVG. Danach bleibt, soweit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nichts anderes bestimmt, es auf bereits entstandene Gebühren ohne Einfluss, wenn der Auftrag endigt, bevor die Angelegenheit erledigt ist. Bereits durch die Entgegennahme der Information für die Fertigung des Ehescheidungsantrags ist die 1,3-fache Verfahrensgebühr nach VV RVG Nr. 3100 Abs. 1 entstanden, so dass diese Gebühr wegen vorzeitiger Auftragsbeendigung nur dann wieder entfällt, wenn einer der hier nur in Betracht kommenden Tatbestände nach VV RVG Nr. 3101 Nr. 1 erfüllt ist.
bb) Das ist hier aber nicht der Fall. Die in VV RVG Nr. 3101 Nr. 1 aufgeführten Tatbestände gelten alternativ („oder“), nicht kumulativ. Daraus folgt, dass sich die Gebühr eines Verfahrensgegenstandes, zu dem (u. a.) ein verfahrenseinleitender Schriftsatz zu fertigen und bei Gericht einzureichen ist, nur ermäßigt, wenn der Auftrag endet, bevor der in Rede stehende Schriftsatz bei Gericht eingereicht worden ist. Das trifft hier indes nicht zu. Der Kläger hat nämlich bereits Mitte Juni 2006 namens des Beklagten den Ehescheidungsantrag gefertigt und bei Gericht eingereicht; der Auftrag ist erst danach beendet worden. Die in dieser Bestimmung ferner genannte Alternative (Beendigung des Auftrags vor Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins) erfasst nur solche Fälle, die die Fertigung eines verfahrenseinleitenden Schriftsatzes nicht voraussetzen.
cc) Auch eine Kürzung der Verfahrensgebühr nach Vorbem. Nr. 3 Abs. 4 VV RVG kommt nicht in Betracht. Die von den Klägern nach VV RVG a.F. Nr. 2400 abgerechnete Geschäftsgebühr nimmt auf die Höhe der hier streitigen Verfahrensgebühr deshalb keinen Einfluss, weil die bearbeiteten Angelegenheiten, was von Vorbem. Nr. 3 Abs. 4 VV RVG aber vorausgesetzt wird, nicht identisch sind. Eine vorgerichtliche Tätigkeit in der Angelegenheit „Ehescheidung“ hat der Kläger jedenfalls nicht abgerechnet. Vielmehr hat er nur vorgerichtliche Tätigkeiten in Scheidungsfolgesachen abgerechnet, die ihrerseits nicht Gegenstand der hier umstrittenen Kostennote über das gerichtliche Ehescheidungsverfahren sind.
c) Gegenrechte des Beklagten wegen der vorzeitigen Beendigung des Mandats durch Kündigung gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehen auch hier nicht. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die vorstehenden Erwägungen (sub I.1d,bb(3)) Bezug genommen.
3. Honorarnote vom 09. Januar 2007 über 223,76 EUR
Auch die Vergütung aus dieser dritten Kostennote, die nach der Gebührenordnung abgerechnet worden und rechnerisch nicht umstritten ist, steht den Klägern nach Grund und in der vom Landgericht erkannten Höhe zu; auch hier fehlen Gegenrechte des Beklagten. Sein einziger in diesem Zusammenhang gebrachter Einwand, aus der Rechnung gehe nicht hervor, welche Leistung hier abgerechnet werde, ist im Ergebnis unbegründet.
a) Allerdings trifft es zu, dass der Rechtsanwalt ein fälliges Honorar nur einfordern kann, wenn dem Mandanten zuvor eine vom Rechtsanwalt unterschriebene Abrechnung zugegangen ist, welche alle in § 10 Abs. 2 RVG genannten Angaben enthalten muss (vgl. Senat AGS 2009, 14 m. w. Nachw.). Nicht vorgeschrieben ist, dass in der Kostennote die abgerechnete Angelegenheit (etwa schlagwortartig) bezeichnet werden müsste. Diese Sichtweise griffe aber zu kurz. Das Gesetz setzt gleichsam voraus, dass der Mandant weiß, in welcher Angelegenheit er den Rechtsanwalt beauftragt hat, so dass diesbezüglich in der Regel keine Erläuterungen erforderlich sind. Diese Prämisse trifft aber nur zu, wenn der Rechtsanwalt nur eine Angelegenheit (und auch nur mit einem Gegenstand) bearbeitet hat. In diesem Fall bedarf es keiner besonderen Kennzeichnung der Angelegenheit bzw. des Gegenstands, weil eine Irritation des Auftraggebers von vornherein ausscheidet. Das gilt aber nicht, wenn der Rechtsanwalt in einer Kostennote mehrere Angelegenheiten bzw. eine Angelegenheit mit mehreren Verfahrensgegenständen abrechnet oder wenn der Rechtsanwalt mehrere Angelegenheiten bearbeitet hat und sie sukzessiv abrechnet. Mit Blick auf die von § 10 Abs. 2 RVG verlangte Transparenz der Abrechnung muss sie in diesen Fällen grundsätzlich auch die Bezeichnung der jeweils abgerechneten Angelegenheit bzw. des Gegenstandes enthalten, weil der Mandant andernfalls nicht erkennen kann, welche Leistung er bezahlen soll (Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 10 Rn 35 f; Gebauer/Wolf, RVG, 4. Aufl., § 10 Rn 19 und 54; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 10 RVG Rn 17; vgl. zur Transparenz der Abrechnung auch Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., § 10 Rn 11; BGH NJW 2002, 2774, 2775 sub II.1; Senat, Urt. v. 29. 06. 2006, I-24 U 196/04, NJW-RR 2007, 129 = AGS 2006, 530).
b) Nach diesen Grundsätzen bedurfte es im Streitfall ausnahmsweise keiner näheren Kennzeichnung der Angelegenheit. Zwar hatten die Kläger diverse Angelegenheiten (außergerichtlich sogar mit mehreren Gegenständen) bearbeitet und sie sukzessive abgerechnet. Dennoch konnte im Streitfall für den Beklagten kein vernünftiger Zweifel daran herrschen, dass in der hier umstrittenen Kostennote seine Vertretung durch die Kläger in dem Trennungs- und Kindesunterhaltsverfahren vor dem AG Wuppertal (65 F 156/05 = 61 F 192/07) abgerechnet worden ist. Das konnte er deswegen ganz einfach erkennen, weil die Vertretung im Ehescheidungsverfahren bereits Gegenstand der Kostennote vom 08. November 2006 (Anlage K74, GA 174) und die außergerichtliche Vertretung in den Scheidungsfolgesachen sowie in der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung in der Kostennote vom 09. November 2006 (Anlage K60, GA 155) gewesen war, zumal das Amtsgericht nur wenige Tage vor Erteilung der hier umstrittenen Kostennote, nämlich am 04. Januar 2007 den Streitwert im Trennungs- und Kindesunterhaltsverfahren auf 2.000 EUR festgesetzt hatte, also just auf den Streitwert, den die Kläger in der hier streitigen Rechnung als Berechnungsgrundlage angesetzt und für den Beklagten identifizierbar gemacht haben.
c) Schließlich kommt auch hier eine Kürzung des Honorars nach Vorbem. Nr. 3 Abs. 4 VV RVG nicht in Betracht. Die von den Klägern nach VV RVG a.F. Nr. 2400 abgerechnete Geschäftsgebühr nimmt auf die Höhe der hier streitigen Verfahrensgebühr deshalb keinen Einfluss, weil auch hier die von Vorbem. Nr. 3 Abs. 4 VV RVG vorausgesetzte Identität der Angelegenheiten nicht vorliegt. Eine im gebührenrechtlichen Sinne vorgerichtliche Verhandlung des Trennungs- und Kindesunterhalts hat, worauf der Beklagte selbst zutreffend hinweist, nicht stattgefunden und ist gebührenwirksam auch nicht zu seinen Lasten abgerechnet worden (vgl. oben Tabelle 1 sub I.1a,dd).“
II. An dieser Beurteilung hält der Senat fest. Die dagegen noch vorgebrachten Einwendungen des Beklagten, die sich auf solche außerhalb des Gebührenrechts beschränken, geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
Die dem Senat vorliegende Korrespondenz belegt, dass der Beklagte hinsichtlich seiner aktuellen Einkünfte Informationen gegenüber den Klägern zurückgehalten hatte. Darauf haben auch die Kläger noch einmal zutreffend hingewiesen. Für ein solches Verhalten gibt es im Mandatsverhältnis überhaupt keinen Anlass, erst recht dann nicht, wenn der Auftraggeber, wie das hier geschehen ist, durch den Rechtsanwalt zu Recht um Sachaufklärung gebeten wird. Ein Mandant, der sich wie der Beklagte im Verhältnis zu seinem Rechtsberater gleichsam wie der Prozessgegner unkooperativ verhält, muss es hinnehmen, dass der Rechtsanwalt den Auftrag entweder (berechtigt) kündigt oder dass er, worauf sich die Kläger (zunächst) beschränkt haben, um eine Haftungsfreistellung angegangen wird. Dass der Beklagte diese berechtigte Bitte mit der Kündigung aller Mandate beantwortet, statt endlich die erbetene Information zu erteilen oder das (angebliche) Missverständnis aufzuklären, berechtigt den Senat im Übrigen in freier Würdigung der hier vorliegenden Indizien (§ 286 ZPO) zu dem Schluss, dass er auf die Beendigung der Mandate in dem Bestreben hingearbeitet hatte, sich möglichst seiner Honorarverbindlichkeit zu entziehen. Ob das Verhalten des Beklagten (auch) den Schluss zulässt, er habe im Rechtsstreit mit der Ehefrau rechtswidrige Vermögensvorteile erstrebt, ist in dem hier interessierenden Zusammenhang bedeutungslos.
III. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren liegen vor. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.