Oberlandesgericht Hamburg, Az.: 14 U 160/03, Urteil vom 17.03.2004
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 31, vom 25. Juli 2003 – G.-Nr. 331 0 390/02 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Hamburg zurückverwiesen.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Kurze Begründung für die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung gemäß § 540 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO
Die vorliegende Entscheidung ergeht aufgrund des Senatsbeschlusses vom 5. Februar 2004 durch den Einzelrichter.
Die Berufung ist zulässig und auch jedenfalls insoweit begründet, als sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landgericht führt.
Die Zurückverweisung erfolgt auf Antrag des Klägers gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 1 ZPO wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels im ersten Rechtszuge im Sinne der genannten Vorschrift. Der Verfahrensmangel liegt darin, dass das Landgericht auf der Grundlage des medizinischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. P. vom 6. November 1999 (Anlage B 2) entschieden hat, ohne das gerichtliche Gutachten eines weiteren medizinischen Sachverständigen einzuholen.

Zwar folgt das Berufungsgericht der Auffassung des Landgerichtes, dass grundsätzlich auch von einer Partei eingeholte Privatgutachten verwertet werden können, wenn sie dem Gericht ausreichend erscheinen, um die Beweisfrage zuverlässig zu beantworten (vgl. die Hinweise des Landgerichtes, Seite 6 oben des Urteils und Senat vom 18.8.2000, 14 U 257/99 – deswegen ist auch vorliegend die Verwertung des technischen Gutachtens des Sachverständigen B. vom 7. Oktober 1998, Anlage B 4, nicht zu beanstanden; auch das Berufungsgericht hält dieses für ausreichend, die Beweisfrage zuverlässig zu beantworten, und die dagegen vorgebrachten Einwendungen des Klägers für nicht durchschlagend – da dies für die vorliegende Entscheidung nicht entscheidungserheblich ist, muss dies hier indes nicht näher begründet werden).
Vorliegend gab und gibt es jedoch ein weiteres medizinisches Gutachten des Sachverständigen Dr. N. vom 16. April 1997 (nunmehr vorgelegt als Anlage B 5), welches in wesentlichen Punkten zu abweichenden Ergebnissen kommt. Dies war auch erstinstanzlich bereits vorgetragen worden (Schriftsatz vom 23. Juni 2003, Seite 3 und 4, Bl. 61 ff d.A.), nur das Gutachten selbst allerdings noch nicht vorgelegt worden. Dass das Landgericht dies erkannt hat, ergibt sich aus dem Urteil, wo es auf Seite 8 oben heißt, dass der Sachverständige Dr. P. das Gutachten des Arztes Dr. N., das zu anderen Ergebnissen komme, mit Sachargumenten widerlegt habe.
Bei dieser Situation, dass nach Kenntnis des Gerichts auf der Grundlage des gehaltenen Parteivortrags – insoweit auch unstreitig – ein weiteres Privatgutachten vorliegt, welches zu abweichenden Ergebnissen kommt, handelt es sich nach Auffassung des Berufungsgerichts um eine vergleichbare Konstellation, wie sie der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.5.93 (NJW 93, 2382 f.) zugrunde lag: In jenem Fall hatten beide Parteien jeweils ein medizinisches Privatgutachten eingeholt, die sich in wesentlichen Punkten widersprachen. In einem solchen Fall, so hat der Bundesgerichtshof a.a.O. entschieden, darf das Gericht nicht ohne Einholung eines gerichtlichen Gutachtens dem einen Privatgutachten zu Lasten des anderen den Vorzug geben. Das muss dann auch im vorliegenden Falle gelten, in dem es zwei Privatgutachten mit unterschiedlichen Ergebnissen gibt, die allerdings beide von derselben Partei eingeholt worden sind (vorliegend von der Beklagten zu 2) ). Denn für die Frage, welchem Gutachten ggf. zu folgen ist – wozu ein gerichtliches Gutachten eingeholt werden muss –, kommt es nicht darauf an, von wem das Gutachten eingeholt worden ist, sondern welches sich sachlich als richtig erweist.
Das Verfahren ist deshalb auf Antrag des Klägers an das Landgericht zurückzuverweisen, welches ein gerichtliches medizinisches Gutachten einzuholen haben wird. Hierbei handelt es sich um eine umfangreiche oder „aufwändige“ Beweisaufnahme im Sinne der genannten Gesetzesvorschrift, zumal es erfahrungsgemäß nicht bei dem ersten Gutachten bleibt, sondern aufgrund von zu erwartenden Einwendungen der einen oder der anderen Partei zu ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen, ggf. auch zu dessen mündlicher Anhörung kommt.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ist dem Landgericht vorzubehalten.