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Rücktritt bei Fernabsatzverträgen – Aufklärungspflichten über Widerrufsrechte etc.

LANDGERICHT KLEVE

Az.: 5 S 90/02

Verkündet am 22.11.2002

Vorinstanz: AG Rheinberg – Az.: 12 C 58/02


In dem Rechtsstreit hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Kleve auf die mündliche Verhandlung vom 25.10.2002 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 08.05.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rheinberg aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.380,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2002 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger bestellte bei der Beklagten am 04.10.2001 über das Internetportal eine digitale Kamera zum Preise von 2.699,- DM.

Am 20.01.2002 sandte er das Gerät wegen eines Mangels an die Beklagte zurück und verlangte die Lieferung einer neuen, mangelfreien Kamera. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit, dass ein Umtausch nicht möglich sei und sicherte ihm eine unverzügliche Reparatur der Kamera zu. Mit Schreiben vom 31.01.2002 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag aus Wandelung und setzte eine Frist zur Erstattung des Kaufpreises bis zum 07.02.2002. Eine Rücknahme des reparierten Geräts lehnte der Kläger ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Rheinberg gegeben sei. Er hat vorgetragen, dass er nicht über das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen belehrt worden sei.

Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Rheinberg gerügt. Sie hat behauptet, ihre zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien wirksam in den Vertrag einbezogen worden, so dass der Kläger lediglich einen Anspruch auf Nachbesserung geltend machen könne. Ein Anspruch auf Wandelung scheitere auch daran, dass die Kaufsache Gebrauchsspuren aufgewiesen habe.

Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, dass sich eine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht aus § 29 ZPO herleiten lasse.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen geltend gemachten Anspruch weiter, hilfweise hat er die Verweisung des Rechtsstreits an das für den Sitz der Beklagten zuständige Gericht beantragt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Rheinberg ergibt sich aus § 29 Abs. 1 ZPO. Danach ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

Der Kläger begehrt Rückzahlung des Kaufpreises nach von ihm mit Schreiben vom 31.01.2002 einseitig erklärter Wandelung. Er stützt seinen Anspruch darüber hinaus auf das FernAbsG.

Bei der Klage auf oder aus Wandelung ist Erfüllungsort der so genannte Austauschort, d. h. derjenige Ort, an dem sich die Kaufsache zur Zeit der Wandelung vertragsgemäß befindet (BGH, Urt. v. 09.03.1983, NJW 1983,1479 f). Dies ist der Wohnsitz des Klägers, da er nach § 346 Satz 1 BGB a. F. lediglich das Zürückgewähren der Leistung schuldet und somit den Verkäufer nur in die Lage zu versetzen hat, über die Ware zu verfügen. Die Übersendung der Kaufsache an die Beklagte – oder an einen anderen Ort – vor Klageerhebung führt zu keinem anderen Ergebnis. Befindet sich die herauszugebende Sache an einem anderen Ort als vertragsgemäß vorgesehen, verändert dies den Austauschort nicht.

Eine Rückabwicklung des Vertrages, hat auch dann gemäß § 346 BGB a. F. zu erfolgen, wenn der Kläger von einem ihm zustehenden Widerrufs- oder Rückgaberecht nach §§ 3 Abs. 3 FernAbsG, 361 b Abs. 2 Satz 2, 361 a Abs. 2 BGB a. F. Gebrauch gemacht hätte. Durch den Widerruf wandelt sich der zunächst wirksame Vertrag mit Wirkung ex nunc in ein Rückabwicklungsverhältnis um. Die beiderseitigen Leistungen sind nach §§ 346 ff BGB a. F. zurückzugewähren und Zug um Zug zu erfüllen (§348 BGB a. F.). Dies jedoch mit der Maßgabe, dass der Käufer die Kaufsache nach § 361 a Abs. 2 Satz 3 BGB a. F. an den Verkäufer zurückzusenden hat. Hierbei handelt es sich um eine Schickschuld, die den Erfüllungsort nicht verändert, so dass es auch insoweit beim Austauschort als Erfüllungsort verbleibt.

In der Sache steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte aus dem Rückabwicklungsverhältnis des ursprünglichen Kaufvertrages in Höhe von 1.380 € zu.

Der von den Parteien am 04.10.2001 über das Internet abgeschlossene Kaufvertrag unterfällt dem bis zum 31.12.2001 gültigen Fernabsatzgesetz. Eine Ausnahme gemäß § 1 Abs. 3 Ziffer 5 FernAbsG ist nicht gegeben, da die vom Kläger erworbene Kamera nicht als Gegenstand des täglichen Bedarfs zu qualifizieren ist.

Mit seinem Schreiben vom 31.01.2002 hat der Kläger den Kaufvertrag vom 04.10.2001 wirksam widerrufen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in diesem Schreiben ausdrücklich die Wandelung erklärt hat, vielmehr ist das Schreiben so auszulegen, dass der Kläger den Kaufvertrag auflösen, die Kaufsache zurückgeben und den Kaufpreis zurückerhalten wollte, nachdem sein -Verlangen aus dem Schreiben vom 14.01.2002, ihm ein neues Gerät zu liefern, abgelehnt worden war. Gemäß § 3 Abs. 1 FernAbsG stand ihm ein Widerrufsrecht gemäß § 361 a BGB a. F. zu, wobei die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht vor Erfüllung der Informationspflichten gemäß § 2 Abs. 3 und 4 FernAbsG und wegen der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger begann. Es kann dahinstehen, ob die von der Beklagten vorgelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen Gegenstand des Kaufvertrages geworden sind, da ihr Inhalt den der Beklagten obliegenden Informationspflichten gegenüber dem Kläger nicht genügt. Zwar kann gemäß § 3 Abs. 3 FernAbsG anstelle des Widerrufsrechtes ein Rückgaberecht nach § 361 b BGB a. F. vereinbart werden. Ein solches ergibt sich aus Ziffer 4 der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 18.04.2002 vorgelegten Geschäftsbedingungen. Jedoch ergibt sich aus § 3 Abs. 3 Satz 2 iVm § 3 Abs.1 Satz 2 iVm § 2 Abs. 3 FernAbsG, dass der Beklagte dem Kläger die Informationen nach § 2 Abs. 2 Ziffern 1-8 FernAbsG, vorliegend das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts nach § 3 FernAbsG (§ 2 Abs. 2 Ziffer 8 FernAbsG), bei Lieferung von Waren spätestens bei der Lieferung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen hat. Dies ist gemäß § 361 a Abs. 3 BGB a. F. dann der Fall, wenn die Informationen dem Verbraucher in einer Urkunde oder in einer anderen lesbaren Form zugegangen sind, die ihm für eine den Erfordernissen des Rechtsgeschäfts entsprechende Zeit die inhaltlich unveränderte Wiedergabe der Informationen erlaubt. Diese Voraussetzung ist nicht nur bei schriftlichen Erklärungen zu bejahen, sondern auch bei Texten, die dem Empfänger durch elektronische Medien, wie etwa Disketten, CD-Roms oder per E-Mail zugehen. Es reicht nicht aus, die Information lediglich im Internet bereit zu halten oder die Möglichkeit einer Bestellung nur mit einem „Anklicken“ einer Bestätigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen freizumachen, da sie dem Verbraucher dann gerade nicht auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Vorliegend hat die Beklagte nicht vorgetragen, dass die Informationen dem Kläger auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt wurden.

Darüber hinaus genügen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 3 Satz 2 FernAbsG, was den Kläger zum Widerruf berechtigt (§ 3 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 FernAbsG). Die Hinweise auf die Informationen gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 Ziffern 1 bis 4 FernAbsG sind weder hervorgehoben noch deutlich gestaltet. Die gesamten Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in einem fließenden Text enthalten, der keine Hervorhebung erkennen lässt.

Das Widerrufsrecht war auch nicht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 Ziffer 1 FernAbsG erloschen, da der Widerruf des Klägers innerhalb der Frist von 4 Monaten nach Lieferung der Ware erfolgt ist.

Der Umstand, dass die Kamera Gebrauchsspuren aufwies, schließt das Widerrufsrecht nicht aus (§ 3 Abs 1 Satz 1 FernAbsG iVm § 361 a Abs 2 Satz 4 BGB a. F.).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ab dem 08.02.2002.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO.

Gründe, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, bestehen nicht.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.380,- EUR.

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