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Fernreisebus: Haftung für abhandengekommenes Gepäck

AG München, Az.: 283 C 5956/15, Urteil vom 08.12.2015

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin … nebst Zinsen hieraus in Höhe von … Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit … zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin … und die Beklagte … zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf … festgesetzt.

Tatbestand

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat zum Teil Erfolg.

Fernreisebus: Haftung für abhandengekommenes Gepäck
Symbolfoto:robertprzybysz/ Bigstock

Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadenersatzanspruch in zuerkannter Höhe zu. Zwischen den Parteien ist ein Personenbeförderungsvertrag zustande gekommen. Mitumfasst von der Verpflichtung der Beklagten ist ausweislich der vorgelegten AGB – unabhängig von der Frage, welche Version der AGB denn Geltung haben soll – die Verpflichtung der Beklagten zum Transport von Gepäckstücken in dort genau begrenztem Umfang. Der Transport ist auch keine kostenlose Gefälligkeit. Er ist vielmehr vom Beförderungsentgelt mitumfasst. Die Beklagte traf auch eine Obhutspflicht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin ihren Koffer auf Anweisung des Busfahrers an diesen zum Einladen in den Gepäckraum des Busses aushändigen musste und von diesem eingeladen worden ist. Es stand der Klägerin nicht frei, den Koffer mit in den Bus zu nehmen und selbst zu beaufsichtigen. Dies steht fest nach der überzeugenden Aussage des Zeugen … Der Zeuge ist glaubwürdig. Zwar handelt es sich um den Freund der Klägerin. Er hat damit ein mögliches erhebliches eigenes Interesse am Ausgang des Prozesses. Auffälligkeiten beim Aussageverhalten waren jedoch nicht festzustellen. Insbesondere sagte er ohne erkennbare Tendenz zu Gunsten der Klägerin oder zu Lasten der Beklagten aus. Er bestätigte zudem nicht sämtlichen Vortrag der Beklagten, sondern gab auch widersprechende Tatsachen, beispielsweise zur Lage des Koffers im Laderaum und zur Farbe eines Pullovers, zu Protokoll. Diese geringfügigen Widersprüche bestärken die Glaubwürdigkeit der Aussage. Der Zeuge machte einen konzentrierten, sachlichen und überzeugenden Eindruck. Die Beklagte hat die ihr obliegende, durch den Fahrer ausgeübte Obhutspflicht verletzt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Haftungsausschluss wirksam vereinbart ist. Selbst bei wirksam vereinbartem Haftungsausschluss, ist die Beklagte nicht frei von der Haftung. Die Pflichtverletzung ist als grob fahrlässig einzustufen. Nach der auch insoweit glaubwürdigen Aussage des Zeugen … kam es bei den Zwischenhalten in … und … dazu, dass der Laderaum auf beiden Seiten des Busses zugleich offen stand, wobei die aussteigenden Fahrgäste ihr Gepäck selbständig entnahmen und die zusteigenden ihr Gepäck verstauten. Eine geordnete Überwachung durch den einzigen Busfahrer ist hierbei überhaupt nicht möglich. Er kann nicht zugleich auf beiden Seiten sein. Zudem sagte der Zeuge aus, dass der Busfahrer sich beim Halt in … nachdem die Klappen geöffnet worden seien, weit nach vorne vor den Bus entfernt habe, um zu telefonieren. Dabei habe er sich auch vom Bus abgewandt. Eine Überwachung des Gepäcks war damit nicht gegeben. Das Verhalten des Busfahrers ist der Beklagten zuzurechnen. Es kann dabei dahinstehen, ob auf der jeweiligen Busseite sämtliche Gepäckraumklappen – soweit überhaupt mehrere vorhanden sind – geöffnet wurden oder nicht. Der Zeuge bestätigte das Vorbringen der Beklagten, dass der Laderaum insoweit nicht durch Zwischenwände abgetrennt war. Der Klägerin war es auch nicht zumutbar, bei Zwischenstopps den Bus zur Überwachung des eigenen Gepäcks zu verlassen. Der Einwand des Mitverschuldens geht insoweit fehl.

Nach dem Ergebnis der Zeugeneinvernahme steht auch fest, dass der von der Klägerin mitgeführte schwarze Reisekoffer am Ende der Reise in … nicht mehr vorhanden war. Hinsichtlich des Inhalts ist durch die Einvernahme des Zeugen … zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass die Klägerin ein mit Steinen besetztes Shirt, einen gelben Pullover, eine Jeans-Hose, einen Kosmetik-Stift, ein Puder, ein Parfum, ein Maniküre-Set, einen Regenschirm, eine Sonnenbrille, zwei Handy-Ladegeräte sowie zwei neu gekaufte Paar Turnschuhe mit sich geführt hat. Hinsichtlich des übrigen Kofferinhaltes konnte der Zeuge keine weiteren sicheren und überzeugenden Angaben machen. Soweit er von „mehreren“ T-Shirts sprach, „mehr als drei“ T-Shirts, „mindestens“ zwei Pullover, so reicht dies zur Überzeugungsbildung des Gerichts nicht aus. Es zeigt vielmehr, dass der Zeuge gerade keine konkrete Erinnerung hatte, sondern mitteilt, um was es sich nach seinem Meinung – nicht nach seiner konkreten Erinnerung – gehandelt hat. Nachdem es sich um eine viertätige Städtereise handelte, sieht das Gericht unter Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung und Berücksichtigung der glaubhaften Ausführungen der Klägerin im Termin es als jedoch als erwiesen an, dass zum Reisegepäck weiterhin ein BH, vier Unterhosen und vier Socken gehören. Der übrige behauptete Kofferinhalt ist nicht mit der nötigen Gewissheit bewiesen. Der durch den Verlust entstandene Gesamtschaden einschließlich des Koffers ist demnach unter Berücksichtigung der von der Klägerin angesetzten Werte, welche ohnehin als sehr gering anzusehen sind, im Wege der Schätzung gem. § 287 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zu schätzen und mit … € anzusetzen.

Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen gründet sich auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1; 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 3 ZPO.

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