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Fertighausbauvertrag – Hinweis- und Prüfungspflichten bei geplanter Hangbebauung

OLG Nürnberg – Az.: 2 U 1369/10 – Urteil vom 17.06.2011

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 11.06.2010, Az. 3 O 2386/09, abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Klägern als Gesamtgläubigern zum Ersatz der entstandenen und noch entstehenden Schäden verpflichtet ist, die auf der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten vor Abschluss des Bauvertrages vom 06.02./03.03.2008 beruhen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen. Die Streithelferin hat die Kosten der Nebenintervention zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 58.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger gaben am 06.02.2008 gegenüber der Beklagten, einem Fertighaushersteller, der Spezialist für die Erstellung von Hanghäusern ist, ein Angebot auf Abschluss eines Werkvertrages nach VOB/B über den Bau eines Einfamilienhauses mit Keller auf dem Grundstück der Klägerin P. ab, das die Beklagte am 03.03.2008 annahm. Mit Schreiben vom 23.03.2009 kündigten die Kläger den Bauvertrag. Sie begehren die Feststellung, dass die Beklagte aufgrund einer Pflichtverletzung, die zu der von ihnen ausgesprochenen Kündigung des Werkvertrags geführt hat, schadensersatzpflichtig ist.

Zur Darstellung des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand im Urteil des Landgerichts Regensburg vom 11.06.2010 (Az. 3 O 2386/09) Bezug genommen. Dieser wird ergänzt wie folgt:

Spätestens Ende Oktober 2007 wandten sich die Kläger an eine Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten in deren Musterhaus in R. Die Kläger beabsichtigten ein Fertighaus von der Beklagten zu erwerben, mit dem sie das Hanggrundstück in P. bebauen wollten. Das Grundstück steigt einerseits entlang der Straße von Norden nach Süden, andererseits von Westen, der der Straße zugewandten Seite, nach Osten, der dem freien Feld zugewandten Seite, an. Hierbei legten die Kläger einer Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten einen Lageplan ihres Grundstücks, der von der Immobilienfirma W. stammt, vor. Aufgrund der Angaben der Kläger erstellte eine Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten daraufhin eine Hausplanung und besichtigte das Grundstück. Am 20.12.2007 gaben die Kläger gegenüber der Beklagten ein Angebot auf Abschluss eines Werkvertrags zu einem Kaufpreis in Höhe von 317.000 € ab (Anlage K zu Bl. 34 ff., zu 195 ff.). In der von der Beklagten beigefügten Grundrisszeichnung ist eine Höhendifferenz von Westen nach Osten – ohne Höhenkoten – von 3 m vorgesehen, die auf der mündlichen Angabe der Kläger beruhte. In der Grundrisszeichnung wird eine Höhe von 0,02 m an der Grundstücksgrenze nach Osten angegeben; am Austritt des Erdgeschosses zur Terrasse ergibt sich eine Höhe von -0,53 m und an der Straßenseite (im Westen des Grundstücks) von -2,98 m. Aus Gründen der Baufinanzierung baten die Kläger die Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten, das Haus in ein kleineres Haus umzuplanen. Anschließend gaben die Kläger unter dem 06.02.2008 erneut ein Angebot auf Abschluss eines Werkvertrags, das den handschriftlichen Vermerk „Vertragsumstellung“ enthält, über einen Kaufpreis von 290.000 € ab, der sich in der Folgezeit im Rahmen der Einzelfestlegung der Ausstattung noch erhöhte. Die Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten wies die Kläger bei Auftragserteilung darauf hin, dass die Beauftragung eines Architekten für die Erlangung der öffentlich-rechtlichen Baugenehmigung – Klärung der örtlichen Bedingungen einschließlich Bebaubarkeit und Eingabeplanung – erforderlich sei. Sie könnten einen eigenen Architekten beauftragen oder die Streithelferin K. Diese verlange insgesamt ca. 4.600 € – sei damit kostengünstiger als ein freier Architekt – und arbeite regelmäßig mit der Beklagten zusammen. Die Kläger unterzeichneten daher den ihnen von der Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten übergebenen Architektenvertrag, der auf den 07.02.2008 (Anlage K2) datiert.

Nach Unterzeichnung des Architektenvertrags fand eine Nivellierung des Grundstücks durch die Architektin K. in Anwesenheit des Klägers zu 2 und des von der Architektin zugezogenen Bauunternehmers M. statt. Daraufhin erstellte die Architektin K. unter dem 27.02.2008 die Eingabepläne an die Gemeinde O. Danach ist der Bestand des Feldes bei 359,48 Ü.NN (Ansicht Norden) bzw. 359,79 Ü.NN (Ansicht Süden), das Gelände neu (Austritt auf die Terrasse im EG Ansicht Osten) bei 358,94 Ü.NN, das Gelände Garage bei 356,45 Ü.NN (Ansicht Westen) bzw. das Gelände Einfahrt bei 355,95 Ü.NN (Ansicht Westen und Norden) eingezeichnet. Diese Höhenangaben wichen, wie sich erst nach Beginn der Erdarbeiten herausstellte, von den tatsächlichen Verhältnissen zum Teil erheblich ab.

Aufgrund einer erneuten Höhenvermessung des Grundstücks durch die Streithelferin im Dezember 2008 erstellte diese im Februar 2009 einen Tekturplan, in dem folgende Höhenangaben eingezeichnet sind: Gelände Bestand = Neu 361,74 Ü.NN (Ansicht Osten) und Feld Bestand 360,39 Ü.NN (Ansicht Norden) bzw. Feld Bestand 361,54 Ü.NN (Ansicht Süden), Gelände Nordostgrenze 358,86 Ü.NN (Ansicht Westen), Terrasse Gelände neu 358,94 Ü.NN (Ansicht Osten), Straße Einfahrt 355,95 Ü.NN bzw. Carporteinfahrt 356,27 Ü.NN (Ansicht Norden). Danach ist eine Abböschung des Hangs über die gesamte Ostgrenze des Grundstücks vorgesehen, die von Nord nach Süd einen immer größer werdenden Höhenunterschied ausgleichen muss. Dabei verläuft die eingezeichnete Hanglinie im Südosten des Hauses oberhalb der Fenster bzw. Terrassentür des Erdgeschosses.

Das Landgericht Regensburg hat die Klage abgewiesen. Danach stehen den Klägern keine Schadensersatzansprüche zu. Der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag enthalte keine Verpflichtung der Beklagten zur Planung für die Baureifmachung des Grundstücks (insbesondere nicht die Nivellierung des Baugeländes), keine Fertigung der Genehmigungsplanung oder die Einholung der notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen. Auch habe die Beklagte nicht den Aushub der Baugrube übernommen. Nach dem Bauvertrag habe sich die Verpflichtung der Beklagten zu Planungsleistungen in der (Er-)Stellung der Grundplanung erschöpft, die keinen Bezug zum umliegenden Gelände aufgewiesen habe. Nach § 4 Abs. 2 des Bauvertrages sei es Aufgabe des Bauherrn, die Grundpläne zu vervollständigen, das Baugesuch bei den zuständigen Behörden einzureichen sowie die erforderlichen Genehmigungen einzuholen. Dementsprechend sei auch der Architektenvertrag mit der Streitverkündeten geschlossen worden. Daher sei es allein Aufgabe der Streitverkündeten gewesen, die tatsächliche Grundstückssituation vor Ort zu ermitteln und in die Grundplanung der Beklagten einzupassen und fortzuentwickeln, damit ein Baugesuch eingereicht werden konnte. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Planungen der Streitverkündeten daraufhin zu überprüfen, ob diese mit den tatsächlichen Geländegegebenheiten vor Ort übereinstimmten oder nicht. Allenfalls habe eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Entwurfsplanung im Hinblick auf das zu erstellende Bauwerk bestanden, nicht jedoch hinsichtlich der Geländeanbindung des Bauwerks. Die Höhenbezüge des von der Beklagten geschuldeten Hauses zum umliegenden Gelände seien von Anfang an durch die Streitverkündete bestimmt worden. Aus den Höhenbezügen, die sich aus den Anlagen 2 – 4 zum Bauvertrag vom 20.12.2007 ergäben, lasse sich daher nichts herleiten. Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich auch nicht aufgrund einer mangelhaft durchgeführten Bauleitung durch die Beklagte, da die Streitverkündete die verantwortliche Bauleitung nach den Anforderungen der jeweiligen Landesbauordnung übernommen habe. Die Beklagte habe nur die Fachbauleitung für die Erstellung des Hauses selbst übernommen. Auch ergäben sich keine Schadensersatzansprüche der Kläger daraus, dass die Beklagte nach dem bestrittenen Vorbringen der Kläger am 02.12.2008 oder danach Druck auf sie ausgeübt hätte, das Bauvorhaben fortzusetzen, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt bereits gezeigt hatte, dass die Hangoberkante im Osten des klägerischen Grundstückes deutlich höher als geplant ausfallen würde bzw. die Ausmaße der Höhendifferenz bagatellisiert worden seien. Bereits aufgrund der Anhörung der Kläger sei nicht ersichtlich, inwieweit Druck ausgeübt worden sei bzw. eine Bagatellisierung erfolgt sei. Ein Schadensersatzanspruch nach § 8 Abs. 3 Nrn. 1, 2 VOB/B bestehe nicht, da – wie oben ausgeführt – eine schwerwiegende Verletzung von Vertragspflichten durch die Beklagte nicht vorliege. Auch im Übrigen sei keine Anspruchsgrundlage ersichtlich.

Die Kläger behaupten, dass die Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten ihnen, nachdem sie das Grundstück besichtigt hatte, mitgeteilt habe, dass ein Hausbau machbar sei. Sie hätten sich auf die Pläne der Beklagten verlassen, wonach die Geländeoberkante geringfügig über der Kellergeschossdecke verlaufe. Auch in einer dreidimensionalen Computeranimation habe sich der Hang so dargestellt, wie ihn die Beklagte immer zeichnerisch dargestellt habe. Die Verkaufsberaterin habe weder zum damaligen Zeitpunkt noch später irgendwelche Bedenken bezüglich der Hangsituation angemeldet. Wäre ihnen die Gesamtsituation bewusst gewesen, hätten sie gegebenenfalls umgeplant oder von vornherein anders geplant bzw. vom Bauvorhaben ganz Abstand genommen. Am ersten Tag des Aushubs im Dezember 2008 seien sie vom Baggerführer informiert worden, dass die im Angebot vorgesehenen Massen schon fast erreicht seien. Die Beklagte habe darauf gedrängt, dass schnell weitergebaut werde, um dann den Keller erstellen zu können; im Hinblick auf eine eventuelle Baueinstellung und die sich daraus ergebenden Mehrkosten sei Druck auf sie ausgeübt worden. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass das Anwesen ohne weiteres gebaut werden könne. Erst nach Erstellen des Kellers sei deutlich geworden, dass das Erdgeschoss vollständig im Hang stecke und von dort kein Ausblick auf das im Süden des Grundstücks liegende Feld möglich sei. Auch seien durch die falsche Darstellung der Hanglage erhebliche Mehrkosten beim Bauaushub angefallen und es sei eine aufwändige Geländemodellierung erforderlich.

Die Kläger beantragen:

I. Das Urteil des LG Regensburg vom 11.06.2010, Az. 3 O 2386/09, wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Klägern als Gesamtgläubiger die entstandenen und noch entstehenden Schäden aus der Pflichtverletzung zu ersetzen hat, die zu der außerordentlichen Kündigung vom 23.03.2009 geführt hat.

Die Beklagte beantragt: Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

Die Beklagte behauptet, dass ihre Vertriebsmitarbeiterin den Klägern bereits vor Abschluss des Werkvertrags mitgeteilt habe, dass sich die Situierung des Gebäudes im Gelände erst nach Klärung der öffentlich-rechtlichen Bebauungsvorschriften und Durchführung einer Vermessung definitiv planen und ersehen lasse. Diese Vermessung sei später durch die von den Klägern beauftragte Architektin, die Streithelferin K., erfolgt, der allerdings ein Mess- bzw. Übertragungsfehler unterlaufen sei. Tatsächlich hätte die Höhe des abzutragenden Geländes an der Nordseite bei ca. 1,00 m und an der Südseite des Gebäudes bei ca. 1,75 m liegen müssen. Es seien weder die Grund- noch die Werkpläne oder die Statik fehlerhaft. Auch die Höhenlage und Platzierung des Baukörpers durch die Streithelferin sei korrekt geplant. Diese habe lediglich das Bestandsgelände aufgrund eines Übertragungs-/Berechnungsfehlers, der ihr im Anschluss an das von ihr ausführte Nivellement unterlaufen sei, fehlerhaft eingezeichnet. Wäre ihr dieser Fehler nicht unterlaufen, so hätte sich aus der Planung ergeben, dass der Abtrag des hangseitigen Geländes auf Erdgeschossniveau tiefer und die Anböschung am hangseitigen Ende des Grundstückes höher hätten ausgeführt werden müssen, ein ebenerdiger Austritt wäre aus dem geplanten Erdgeschoss aber in jedem Fall möglich gewesen. Das Gebäude könne so gebaut werden wie geplant. Eine höhere Situierung des Gebäudes im Grundstück sei auch baurechtlich nicht zulässig, da der Bebauungsplan dies nicht zulasse. Weiter zeige sich aufgrund der Nachbarbebauung, dass das Erdgeschoss im Hang liege. Die vorzunehmende Korrektur habe ausschließlich Erdarbeiten, nicht jedoch Leistungen der Beklagten betroffen. Das Bauvorhaben hätte unverändert errichtet werden können und zwar sowohl in technischer als auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht. Es wäre bewohnbar und nutzbar gewesen. Eine Verpflichtung des Bauunternehmers zur Überprüfung der von dem Bauherrn bzw. der von dem beauftragten Architekten vorgelegten Pläne, ob möglicherweise die bauseits vorgenommene Geländenivellierung fehlerhaft vorgenommen oder in die Planung übertragen worden sein könne, bestehe nicht.

Die Beklagte beruft sich weiter darauf, dass in dem Werkvertrag die VOB/B vereinbart worden sei. Nach §§ 3 Abs. 1, 2 und 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B sei es nicht Sache des Auftragnehmers, auf seine Kosten vor (oder nach) Abschluss des Bauwerkvertrages durch von ihm zu beauftragende Sonderfachleute (Architekten/Vermesser) das Grundstück seines (potentiellen) Auftraggebers vermessen zu lassen, die öffentlich-rechtliche Bebaubarkeit des Grundstückes, insbesondere die Lage und die vorgeschriebene, maximale Höhe des Baukörpers in Erfahrung zu bringen und die Platzierung des Gebäudes im Gelände planen zu lassen. Dies gelte erst recht für einen Bauunternehmer, dem noch nicht einmal ein Auftrag erteilt worden sei.

Im Übrigen hätten die Kläger gegen die Pflicht, der Beklagten als Unternehmerin zutreffende Angaben zu erteilen, schuldhaft verstoßen. Die Beklagte habe nicht die Pflicht gehabt, ohne jeglichen Anlass die Angaben der Kläger „Hang ca. 3 m“ in Zweifel zu ziehen oder zu überprüfen.

Die Streithelferin trägt vor, dass sie die öffentlich-rechtlichen Vorgaben für die Platzierung des Gebäudes im Gelände weder falsch ermittelt noch umgesetzt habe. Höhenlage und Platzierung des Baukörpers seien korrekt geplant; aufgrund ihres Fehlers in der Einzeichnung des Bestandsgeländes hätten sich die objektiven Gegebenheiten lediglich schöner als in der Realität dargestellt. Sie habe Anfang Dezember 2008 den Klägern die Situation aufgezeigt und Möglichkeiten der Geländemodellierung besprochen. Sie habe nicht auf die Fortführung gedrängt, es sei aber über die Mehrkosten der Erdarbeiten, finanzielle Konsequenzen eines Baustopps und ihren Fehler gesprochen worden. Es hätte selbst bei richtiger Nivellierung für die Kläger aufgrund der baulichen Gegebenheiten vor Ort keine andere Möglichkeit bestanden, ihr Haus bei entsprechendem Geländeverlauf zu errichten. Bei den angemeldeten Mehrkosten handele es sich um Sowiesokosten. Auch habe der Architektenvertrag vom 07.02.2008 nur spezielle Leistungen enthalten, nämlich nach Festlegung der Planung durch die Kläger mittels Formblatt „Planungsprotokoll“ den Plancheck bei der Beklagten anzufordern, nach Zusendung der Pläne durch die Beklagte die Ansichten bzw. Pläne zu erstellen, den Bauantrag als Entwurfsverfasserin zu zeichnen und einzureichen sowie die Objektüberwachung nach den Anforderungen der Landesbauordnung.

Die Streithelferin ist weiter der Auffassung, dass es sich um eine freie Auftraggeberkündigung handele. Die Kläger seien darauf hingewiesen worden, dass infolge der durch sie selbst zu vergebenden Erdarbeiten Kosten auf sie zukämen. Sie hätten auch in Kenntnis sämtlicher relevanter Umstände die Fortsetzung der Arbeiten im Dezember 2008 angeordnet. Damit hätten sie zum Ausdruck gebracht, dass ein Festhalten am Vertrag zum damaligen Zeitpunkt zumutbar gewesen sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen A. und B. In den mündlichen Verhandlungen vom 12.01.2011 und 29.04.2011 hat der Senat die Parteien sowie die Streithelferin K. angehört.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

1.

Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Insbesondere haben die Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse, § 256 ZPO.

Die Kläger begehren mit der Feststellungsklage die Klärung eines Rechtsverhältnisses, nämlich letztlich die Frage, ob ihnen ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht. Insoweit besteht zwischen den Parteien ein streitiges Rechtsverhältnis (Zöller-Greger, ZPO, 28. Auflage, § 256 Rn. 4). Soweit der zuletzt gestellte Antrag die weitere Formulierung enthält, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern diejenigen entstandenen und noch entstehenden Schäden aus der Pflichtverletzung zu ersetzen, die zu der außerordentlichen Kündigung vom 23.03.2009 geführt hat, dient diese Formulierung lediglich der Konkretisierung. Die Kläger begehren nicht die Klärung abstrakter Rechtsfragen, sondern die Feststellung des sich aus der Pflichtverletzung der Beklagten ergebenden Schadensersatzanspruchs.

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Den Klägern war auch eine Leistungsklage nicht möglich. Denn der Schaden, der ihnen aus der Pflichtverletzung der Beklagten entsteht, kann derzeit noch nicht beziffert werden. Der Keller des Anwesens ist gebaut; dessen Abrisskosten stehen derzeit nicht fest. Darüber hinaus kommt in Betracht, dass sich im Rahmen der geplanten bzw. durchgeführten Finanzierung weitere Ansprüche ergeben. Befindet sich jedoch der anspruchsbegründende Sachverhalt – wie der Schaden – zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, so ist Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte (Zöller-Greger, aaO., § 256 Rn. 7a; BGH NJW 1984, 1552 ff).

In der Antragstellung im Termin vom 29.04.2011 kann keine unzulässige Klageänderung gesehen werden, denn der Antrag wurde lediglich konkretisiert. Nach der Rechtsprechung läge eine Klageänderung jedoch selbst dann nicht vor, wenn bei gleicher Tatsachengrundlage ein anderer rechtlicher Gesichtspunkt geltend gemacht wird (Zöller-Greger, aaO., § 263 Rn. 8). Die Kläger haben bereits in der Klageschrift und dem Schriftsatz vom 25.11.2009 klar gestellt, dass sie zur außerordentlichen Kündigung des Bauvertrags gemäß Schreiben vom 23.03.2009 (Anlage K 8) berechtigt waren, da das Haus entgegen den ursprünglichen Plänen tiefer liegt und dadurch erhebliche Mehrkosten entstehen. Es stünden auch von ihrer Seite erhebliche Schadensersatzansprüche im Raum.

2.

Den Klägern stehen Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin wegen Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten zu.

a) Die Beklagte hat die ihr obliegenden Aufklärungs- und Beratungspflichten vor Vertragsschluss schuldhaft verletzt.

Die Pflichten des Unternehmers zur Aufklärung und Beratung bei Abschluss eines Werkvertrags richten sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere dem Beratungsbedarf des Bestellers und dem Fachwissen des Unternehmers, von dessen Vorhandensein in erforderlichem Umfang der Besteller ausgehen kann (BGH NJW-RR 1996, 789, 791). Denn der Unternehmer hat die für die Herstellung des Werkes nötigen Kenntnisse, die ihm in der Regel einen Wissensvorsprung vor dem Besteller verschaffen. Grundsätzlich hat daher der Unternehmer den Besteller über alle Umstände aufzuklären, die dieser nicht kennt, deren Kenntnisse aber für seine Willensbildung und Entschlüsse bedeutsam sind (Palandt-Sprau, BGB, 70. Auflage, § 631 Rn. 14). Zweck der Aufklärungspflicht ist es daher, dem anderen Vertragspartner Klarheit über ihm unter Umständen drohende Risiken und Gefahren zu verschaffen, die er aufgrund seiner eigenen Sach- und Fachkunde allein nicht zu erkennen oder richtig einzuschätzen vermag (BGH NJW-RR 1987, 664).

Der Unternehmer ist daher zur umfassenden Aufklärung und Beratung hinsichtlich aller Umstände verpflichtet, die sich auf das Werk selbst beziehen, insbesondere auch seine Planung und die zu erwartenden Kosten. Diese Hinweispflichten bestehen bereits vor Vertragsschluss, damit ein „richtiger“ Vertrag zustande kommt bzw. ein „unzweckmäßiger“ Vertrag unterbleibt (Staudinger-Peters, BGB, 2008, § 631 Rnrn. 49, 51). Wenn sich für den Unternehmer Verdachtsmomente ergeben, z. B. auf Fehlvorstellungen des Bestellers über die Verwendbarkeit des Werkes oder dessen Kosten, ist der Unternehmer zur Überprüfung verpflichtet. Dabei kann er sich auf die Mitteilung der Verdachtsmomente beschränken und dem Besteller die eigene Klärung bzw. die Übernahme der Untersuchungskosten anheimstellen. Er hat aber das Ergebnis seiner Prüfung dem Besteller mit dem gebotenen Nachdruck mitzuteilen und sicherzustellen, dass der Besteller seine Bedenken verstanden hat (Staudinger-Peters, aaO., § 631 Rn. 52).

Im Hinblick darauf, dass die Kläger mit der Beklagten einen Werkvertrag über die Erstellung eines Fertighauses mit Keller auf einem Hanggrundstück abschlossen, bestanden für die Beklagte umfangreiche Aufklärungs- und Beratungspflichten, denen sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachgekommen ist.

Bei der Bebauung eines Hanggrundstücks ist einerseits der Höhenbezug des zu errichtenden Gebäudes zu dem Hang für den Bauherrn von Bedeutung. Zum anderen ergeben sich daraus ganz erhebliche Kostenfolgen. Bei der Bebauung eines ebenen Grundstücks steht fest, wie der Höhenbezug des Gebäudes ist, so dass der Erdaushub ohne weiteres berechnet werden kann und auch keine erheblichen Kosten für die Modellierung des Geländes zu erwarten sind. Bei der Bebauung eines Hanggrundstücks ist dagegen für den Bauherrn von Bedeutung, in welchem Höhenbezug zum Hang das Gebäude insgesamt bzw. dessen Stockwerke liegen. Denn es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zu dem Umfang und den zu erwartenden Kosten des Erdaushubs und der erforderlichen Geländemodellierungen. Denn je steiler und höher der Hang ist und je tiefer das Gebäude im Hang steht, desto mehr Erdaushub ist zu erwarten und desto mehr Geländemodellierungen bzw. Hangabstützungen sind erforderlich. Daher muss der Besteller bei Abschluss des Werkvertrags über die Errichtung eines Hanghauses mit Keller wissen, wie der Hang verläuft und wie der Höhenbezug des Hauses zum Hang ist. Sind die genauen Höhen des Hangs nicht bekannt und wird ein Bauvertrag ohne vorherige Vermessung der Höhen geschlossen, muss der Bauherr vom Bauunternehmer unmissverständlich darauf hingewiesen werden, dass der Plan nur auf vorläufigen Annahmen beruht. Hierbei ist ihm deutlich zu machen, dass sich bei der genauen Höhenvermessung erhebliche Änderungen in dem Höhenbezug des Gebäudes und hinsichtlich der kalkulierten Kosten ergeben können. Weiter muss ihm unmissverständlich vor Augen geführt werden, dass Planungssicherheit sowohl hinsichtlich der Höhenlage des Gebäudes als auch hinsichtlich der Kosten nur dann besteht, wenn er vor Vertragsunterzeichnung eine Höhenvermessung – gegebenenfalls durch Vermittlung der Beklagten – durchführen lässt. Diese Pflicht hat die Beklagte verletzt.

Die Beklagte kannte als Fachmann (Spezialist auf dem Gebiet der Errichtung von Fertighäusern am Hang) die Gefahren, die daraus drohen, dass die Höhenverhältnisse des Grundstücks nicht exakt vermessen und bekannt sind. Die zuständige Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten, deren Verschulden sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, wusste, dass die von ihr erstellten Pläne, die dem Werkvertrag zugrunde lagen, allein auf den Angaben der Kläger zur Höhendifferenz von ca. 3 m beruhen und dass nur aufgrund einer genauen Höhenvermessung des Grundstücks die tatsächliche Lage des Hauses in Beziehung zu dem Hang geplant werden kann. Ihr war auch bewusst, dass sich die zusätzlichen Kosten danach richten, wie der Höhenbezug des Hauses ist. Gleichwohl hat sie die Kläger hierüber nicht aufgeklärt und beraten.

Der Senat hat die beiden Mitarbeiterinnen der Beklagten A. und B. als Zeuginnen vernommen. An der Glaubwürdigkeit der beiden Zeuginnen bestehen keine Zweifel. Aufgrund der Angaben der Zeugin B. steht fest, dass sich der Kläger zu 2 bei ihr am 23.10.2007 in dem Musterhaus in R. meldete und sein Interesse an dem Erwerb eines Fertighauses bekundete. Er habe hierbei als Limit für die Kosten des Hauses einen Betrag von 300.000 € und hinsichtlich des Grundstücks einen Hang von ca. 3 Höhenmetern angegeben. Er habe auch den Plan der Immobilien W. GmbH übergeben; hierin habe sie die Eintragung von „Hang … 3 m“ gemacht. Näheres habe sie zu dem Grundstück nicht in Erfahrung gebracht. Sie habe später anhand der Handskizzen der Zeugin A. die Skizzen im Computer erstellt und den Höhenunterschied von 3 m zwischen der unteren Grundstücksgrenze und der oberen Grundstücksgrenze eingezeichnet. Die Zeugin A., die die Leiterin der Vertriebsstelle R. der Beklagten ist und die mit den Klägern die Planungen sowie den Vertragsabschluss herbeiführte, gab bei ihrer Vernehmung an, dass sie mit den Klägern die Höhe des Hanges nicht näher erörtert habe, da klar war, dass es sich um ein Hanggrundstück handelte. Auf der Grundlage dieser Höhenangabe von 3 m habe sie die Planskizzen gemacht, aus denen man die Situierung der einzelnen Hausbestandteile im Gelände ersehen konnte. Sie habe auch das Grundstück besichtigt, vor allem im Hinblick auf die Klärung der Zufahrtsfrage. Sie versuche auch, sich durch die Besichtigung des Grundstücks eine ungefähre Vorstellung über die Hang- und Höhenverhältnisse zu verschaffen. Ansonsten müsse das Ergebnis der Nivellierung abgewartet werden, die erst nach Vertragsschluss erfolge, weil dadurch Kosten ausgelöst würden. Sie habe bereits nach dem ersten Termin mit den Klägern am 07.11.2007 Skizzen gefertigt und die Kosten mitgeteilt, wobei am 20.12.2007 der Vertrag unterschrieben worden sei. Das Kostenvolumen habe jedoch gesenkt werden müssen, so dass sie den zweiten Entwurf gefertigt habe. Sie habe zwischen den beiden Entwürfen eine Aufstellung über die sonstigen Kosten gefertigt, um den Klägern einen Überblick über das gesamte Kostenvolumen einschließlich Nebenkosten zu verschaffen. Darin habe sie den Klägern als Kosten der Erdarbeiten einen Betrag von ca. 15.000 € genannt, der den Erdaushub (ca. 6.000 €) und erhebliche Geländemodellierungsarbeiten sowie Stützwände wegen des steilen Hangs umfasst habe. Sollten sich nach Vertragsabschluss bei der anschließenden Nivellierung des Geländes Überraschungen herausstellen, könne man beim Aushub mit der Modellierung alles regeln. Nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften seien im Übrigen die Höhen der Bebauung vorgegeben. Die Gartenanlage mit Mehrkosten sei dann Sache des Bauherrn, „sie sei nicht mehr im Spiel“.

In der konkreten Fallkonstellation drängte es sich für die Beklagte bzw. deren Vertriebsmitarbeiterin geradezu auf, die Kläger vor Abgabe des Vertragsangebots dahingehend zu beraten, dass die vorgelegten Grundrisszeichnungen nur auf den eigenen Angaben des Klägers zu 2 zu der Höhendifferenz von 3 m beruhen. Denn der Kläger zu 2 hatte der Mitarbeiterin der Beklagten lediglich die ihm von der Immobilienfirma übergebenen Lagepläne weitergegeben. Sie hatte keine tragfähigen Unterlagen, aus denen sich die tatsächlichen Höhenverhältnisse ergaben. Weiter hatte sie sich das Grundstück vor Ort angeschaut und bemerkt, dass das Grundstück zugewachsen war, so dass konkrete Feststellungen nicht getroffen werden konnten. Weiter musste ihr auffallen, dass die Straße ansteigt. Ihr war weiter bewusst, dass die Kläger zunächst ein bindendes Angebot über den Abschluss eines Werkvertrags über den Bau eines Hauses samt Keller abgeben würden und erst anschließend die Nivellierung bzw. Höhenvermessung durch die Architektin, die regelmäßig mit der Beklagten zusammenarbeitet, erfolgen würde. Damit waren die Kläger in dem Zeitpunkt, in dem die Nivellierung stattfand, bereits an ihr Angebot zum Abschluss des Werkvertrags gebunden und hätten damit etwaige Preissteigerungen bei Änderungen des Vertrags tragen müssen. Auch die Kostenschätzung der Zeugin A. über die anfallenden Erdarbeiten und Geländemodellierungen, die sie den Klägern benannt hatte, beruhten ausschließlich auf der Annahme eines Hangs mit einem Höhenunterschied von 3 m. Dieser Höhenunterschied bedeutete, dass lediglich der Keller zur Ostgrenze hin im Hang steht und man im Erdgeschoss ebenerdig – fast auf Höhe des Feldes – aus dem Haus treten kann. Der Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin A., war damit bewusst, dass der vorgelegte Lageplan mit den mündlichen Angaben des Klägers zu 2 zu dem Hang mit ca. 3 m nicht als Grundlage für die Planung – einschließlich der Kostenplanung – eines Hanghauses geeignet ist, sondern dass zunächst eine genaue Feststellung der Höhenverhältnisse – Festlegung der Höhenkoten – erforderlich ist. Hierbei handelt es sich für die Kläger als Käufer eines Fertighauses, die die Beklagte mit der gesamten Errichtung des Hauses einschließlich Planung und Keller – mit Ausnahme des Erdaushubs – beauftragen, um entscheidungserhebliche Umstände.

Eine – von der Beklagten behauptete – Pflichtverletzung durch die Kläger aufgrund der Mitteilung der Hangdifferenz von ca. 3 m ist nicht ersichtlich. Vielmehr war den Klägern diese Problematik als bautechnischen Laien gerade nicht bewusst (Palandt-Grüneberg, BGB, 70. Auflage, § 280 Rn. 30). Die Kläger wandten sich an die Beklagte und schlossen mit dieser den Bauvertrag über ein Fertighaus samt Keller ab, um alles „aus einer Hand“ zu haben, nämlich von der Grundlagenermittlung, Planung bis zur Objektüberwachung. Die Einschaltung einer Architektin war lediglich zur Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben, nämlich Vorbereitung und Einholung der öffentlich-rechtlichen Baugenehmigung und Überwachung nach der Bauordnung erforderlich. Da die Beklagte auch damit wirbt, dass sie Spezialist für den Bau von Hanghäusern ist, gingen die Kläger davon aus und durften auch davon ausgehen, dass die Beklagte sie im Rahmen ihrer Planung davon unterrichtet, dass die Pläne, auf deren Grundlage sie das Angebot unterzeichneten, letztlich nicht geeignet sind, Sicherheit hinsichtlich der Kosten und des tatsächlichen Höhenbezugs des Hauses zu geben. Damit wurden die Kläger in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt; sie wurden auf die offensichtliche Gefahr, dass der Hang tatsächlich anders als dargestellt verläuft, nicht aufmerksam gemacht. Es müssen dem Bauherrn aber die wesentlichen Umstände für seine Entscheidung bekannt gegeben werden. Ihm muss letztlich überlassen werden, ob er in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände das Haus in der geplanten Form bauen will oder von seinem Vorhaben Abstand nehmen oder eine komplett andere Planung haben möchte. Dies hat die Beklagte den Klägern von vornherein unmöglich gemacht, indem sie ihnen eine Planung aufgrund der Angaben des Klägers zu 2 – „Hang ca. 3 m“ – vorlegte, die von den tatsächlichen Verhältnissen stark abwich. Der Unternehmer ist nach § 3 Abs. 3 VOB/B zur Überprüfung der vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Unterlagen und Hinweiserteilung verpflichtet. Die Zeugin A. als Vertriebsmitarbeiterin der Beklagten wies die Kläger aber nicht darauf hin, dass diese Planung möglicherweise mit den tatsächlichen Höhenverhältnissen nicht übereinstimmt. Die Kläger wurden damit in Sicherheit gewiegt. Sie vertrauten darauf, dass das Bauwerk sich so errichten lässt wie in der Grundrisszeichnung beschrieben. Sie mussten nicht damit rechnen, dass das geplante Haus wegen eines stark abweichenden Hangverlaufs höhere Kosten für Erdaushub und Geländemodellierung und eine andere Höhensituierung hat, nämlich dass das Erdgeschoss bzw. die davor nach Osten ausgerichtete Terrasse in einer Senke liegen und ein freier Blick auf das Feld nicht möglich sein wird. Auf die Behauptung der Beklagten, dass eine andere Bebauung ohnehin baurechtlich nicht zulässig wäre und das Haus – so wie geplant – tatsächlich errichtet werden kann, kommt es daher nicht an.

Weiter kommt es nicht darauf an, dass der Streithelferin bei der Nivellierung des Geländes im Februar 2008 ein Fehler unterlaufen ist und worin er liegt. Hierzu hat die Streithelferin K. im Termin vom 29.04.2011 Ausführungen gemacht. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Angaben mit den Höhenangaben in ihrem Plan vom Februar 2008 in Einklang gebracht werden können. Denn durch die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten von Seiten der Vertriebsmitarbeiterin A., war die Entscheidungsfreiheit der Kläger maßgeblich eingeschränkt worden; die weitere Pflichtverletzung durch die Streithelferin erfolgte hiervon unabhängig. Sie hat im Ergebnis lediglich verhindert, dass die geschuldete Problematik „Situierung des Gebäudes im Hang/erhebliche Mehrkosten“ noch vor Baubeginn bemerkt wurden.

b) Diese Pflichtverletzung der Beklagten war auch so erheblich, dass die Kläger zur außerordentlichen Kündigung des Werkvertrags berechtigt waren (Palandt-Sprau, aaO., § 631 Rn. 17, § 649 Rn. 13).

Nach Erdaushub, Erstellen des Kellers und Vorlage der Tekturpläne vom Februar 2009 durch die Streithelferin K. war offensichtlich, dass das Haus nur mit ganz erheblichen Mehrkosten gebaut werden kann und dass der Höhenbezug des Hauses sich völlig anders als geplant darstellt. Dies betraf insbesondere die Lage der Erdgeschossräume, die sich in einer Senke befanden. Ausweislich des Tekturplans der Streithelferin K. vom Februar 2009 ergibt sich im Bereich der Südostecke des Hauses eine Höhe von 361,54 Ü.NN bzw. an der Grundstücksgrenze – Osten – von 361,74 Ü.NN. Die Terrasse Neu wird demgegenüber auf einer Höhe von 358,94 Ü.NN angegeben. Damit ergibt sich ein Höhenunterschied von mehr als 2,5 m, der zwischen der Südost-Ecke des Hauses und der Ostgrenze des Grundstücks zu überbrücken ist. Die ursprüngliche Planung vom Februar 2008 sah demgegenüber die Terrasse gleichfalls auf 358,94 Ü.NN vor, ging aber von einer Höhe des Geländes an der Grenze von 359,48 Ü.NN bzw. 359,79 Ü.NN aus, also von einer durch Böschung zu überbrückenden Höhendifferenz von 0,54 bzw. 0,85 m. Nach dem Vortrag der Streithelferin ist eine Abböschung über die volle – tatsächliche – Höhe am Ende des Grundstücks möglich, da die Entfernung zwischen Hauswand und Grenze mindestens 10 m betrage; bei einem Böschungswinkel von 60 Grad betrage der Geländeverlust 1,51 m, bei einem Böschungswinkel von 45 Grad 3,33 m. In der Tektur vom Februar 2009 sind entsprechende Böschungen mit einem Böschungswinkel eingetragen, wobei die Ansicht Süden eine Böschung vorsieht, die innerhalb des Grundstücks über mehr als 5 m in der Tiefe verläuft. Aus diesem Vorbringen wird in Verbindung mit dem Tekturplan vom Februar 2009 das ganze Ausmaß der notwendigen Geländemodellierungsarbeiten deutlich.

Nach dem klägerseits vorgelegten Angebot der Fa. H. Bauunternehmen vom 12.03.2008, das auf den ursprünglichen Höhenangaben basierte, errechnet sich für die Position 2 (Aushub der Baugrube einschl. Abfahren und Abladegebühr 10,44 €/m³) bei einer kalkulierten Menge von ca. 400 m³ ein Betrag von 4.176 € netto. Gemäß Rechnung vom 12.12.2008 waren für den Aushub der Baugrube – einschl. Abfahren und Abladegebühr – 11.565,33 € (nämlich 1.107,79 m³ bei 10,44 €/m³) zu zahlen. Soweit die Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung ein Angebot vorgelegt hat, sieht dieses in Pos. 2 (Herstellen des Erdabtrages und Baugrubenaushub für das Kellergeschoss, Lagern oder Abfahren) einen Einheitspreis von 2,15 €/m³ bei 850 m³ und in Pos. 3 (Zuschlag für Abfahren des überschüssigen Aushubmaterials, inkl. Deponiegebühr) einen Einheitspreis von 8,95 €/m³ bei 765 m³ vor. Damit steht bereits ohne weitere Beweisaufnahme aufgrund des Vorbringens der Beklagten zu den Erdaushubkosten fest, dass sich erhebliche Mehrkosten ergeben. Auch hinsichtlich der Kosten von Stützmauern, Erstellen von Böschungen ist ohne Weiteres mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Kläger im Dezember 2008 in Kenntnis der falschen Höhenberechnung entschieden hätten, das Kellergeschoss zu errichten. Zu dem Zeitpunkt, als bekannt wurde, dass die Höhenunterschiede deutlich höher sind als angenommen, haben sich die Kläger zwar zunächst für einen Weiterbau entschieden. Dadurch haben sie jedoch nicht das Recht auf außerordentliche Kündigung verloren. Denn zu dem damaligen Zeitpunkt stand noch nicht endgültig fest, wie sich die Höhendifferenz sowohl hinsichtlich der Situierung als auch hinsichtlich der Kosten auswirkt. Weiter befanden sich die Kläger zu dem damaligen Zeitpunkt in einer Situation, in der von ihnen kurzfristig die Entscheidung zu treffen war, ob der Keller, der bereits gefertigt war, errichtet werden soll. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit von Seiten der Beklagten und/oder der Streithelferin tatsächlich Druck auf die Kläger ausgeübt wurde. Denn die Kläger waren bautechnische Laien und mit der Situation überfordert, während die Beklagte damals – wie heute – der Auffassung war, das Haus könne, so wie geplant, errichtet werden. Damit kann nicht angenommen werden, dass die Kläger zu dem damaligen Zeitpunkt auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung endgültig verzichten wollten.

c) Daneben können die Kläger aus der Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflicht durch die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend machen (Palandt-Sprau, aaO., § 631 Rn. 17).

Die von der Beklagten zu vertretende Pflichtverletzung begründet für die Kläger als Gesamtgläubiger einen Schadensersatzanspruch, der sich auf alle unmittelbaren und mittelbaren Nachteile des schädigenden Verhaltens erstreckt. Danach muss die Beklagte die Kläger so stellen, als hätten sie den für sie nachteiligen Bauvertrag nicht geschlossen (Palandt-Grüneberg, aaO., § 280 Rn. 32). Über die Höhe der Ansprüche der Kläger ist nicht zu entscheiden, da die Kläger die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehren.

Die Erstellung des Kellers nach Kenntnis der unzutreffenden Höhenlage im Dezember 2008 ist auch nicht im Rahmen des Mitverschuldens nach § 254 BGB zu berücksichtigen. Ein Mitverschulden trifft den Geschädigten dann, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren (Palandt-Grüneberg, aaO., § 254 Rn. 8). Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei den Klägern um bautechnische Laien, die Anfang Dezember vor der Entscheidung standen, wie sie mit der völlig neuen Situation umgehen sollten, dass das Haus anders im Hang situiert ist und dass deswegen erhebliche Mehrkosten auf sie zukommen. Zum anderen hat die Beklagte sie unstreitig darauf hingewiesen, dass es bei Bauverzögerungen – Zurückstellen der Errichtung des bereits vorgefertigten Kellers – zu weiteren Mehrkosten kommen würde. Wenn sie sich nach Rücksprache mit der Beklagten und Streithelferin in dieser Situation entschieden haben, das Kellergeschoss aufstellen zu lassen, stellt dies keine Sorgfaltsverletzung dar. Ob und inwieweit darüber hinaus durch das Aufzeigen von Nachteilen im Fall eines Baustopps Druck auf die Kläger ausgeübt wurde, kann dahinstehen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO.

4.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, da Gegenstand der Entscheidung ein konkreter Einzelfall ist. Im Übrigen erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Fertighausbauvertrag – Hinweis- und Prüfungspflichten bei geplanter Hangbebauung
Symbolfoto: Von zabanski/Shutterstock.com

Eine Zulassung war auch nicht aus den Gründen erforderlich, die die Beklagte hinsichtlich der von ihr begehrten Zulassung der Revision geltend macht. Denn der Senat sieht als Anspruchsgrundlage eine Verletzung einer Aufklärungs- und Beratungspflicht im Rahmen des Bauvertrags als eines Werkvertrags. Danach besteht weder eine Verpflichtung der Beklagten, auf eigene Kosten vor Abschluss des Bauvertrags eine Höhenvermessung durchführen zu lassen, noch den Abschluss eines Bauwerkvertrags zu unterlassen. Auch lastet der Senat der Beklagten nicht falsche Angaben der Kläger zur Höhe des Hanges als Verschulden an. Im Übrigen kann auf die Ausführungen unter Zif. 2 a) im Hinblick auf die Vielzahl der angeführten Gründe Bezug genommen werden.

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