Trotz eines Streitwerts von 4,6 Millionen Euro verlangte der Anwalt die Festsetzung der Anwaltsvergütung in Höhe von 36.867 Euro. Der Mandant bestritt das Auftragsverhältnis, doch dieses klassische Veto war für das Gericht überraschend bedeutungslos.
Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Einwände stoppen das Schnellverfahren zur Festsetzung der Anwaltsvergütung nach § 11 RVG?
- Kann ich die Zahlung von Anwaltskosten verweigern, indem ich das Mandatsverhältnis nachträglich bestreite?
- Wann gilt mein außergebührenrechtlicher Einwand gegen die Anwaltsrechnung als offenkundig unbegründet?
- Was passiert, wenn der Festsetzungsantrag wegen eines gültigen außergebührenrechtlichen Einwands abgelehnt wird?
- Wie weise ich als Kanzlei das Mandatsverhältnis und die Vergütungsvereinbarung gerichtsfest nach?
- Glossar
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 18 W 170/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
- Datum: 02.06.2025
- Aktenzeichen: 18 W 170/24
- Verfahren: Anwaltsvergütungsfestsetzung (Beschwerde)
- Rechtsbereiche: Anwaltsvergütungsrecht, Zivilprozess
- Das Problem: Eine Anwaltskanzlei wollte eine Vergütung von über 36.000 Euro gerichtlich festsetzen lassen. Die Mandantin behauptete, es fehle an einem wirksamen Auftragsverhältnis. Die Vorinstanz lehnte den Antrag allein aufgrund dieser Einwände ab.
- Die Rechtsfrage: Muss die Festsetzung von Anwaltskosten automatisch abgelehnt werden, sobald der Schuldner Einwände gegen den eigentlichen Auftrag erhebt? Oder muss der Anspruch dennoch festgesetzt werden, wenn diese Einwände offensichtlich unbegründet sind?
- Die Antwort: Nein. Die Festsetzung muss stattfinden, wenn die Einwände des Schuldners gegen den Auftrag offensichtlich unbegründet sind. Das Gericht stellte fest, dass die Mandantin einen Auftrag unterzeichnet hatte und die Kanzlei nachweislich für sie tätig war.
- Die Bedeutung: Der Rechtspfleger muss außergebührenrechtliche Einwände prüfen, wenn sie offenkundig falsch sind. Schuldner können die Festsetzung von Anwaltskosten nicht durch pauschale und haltlose Behauptungen blockieren.
Der Fall vor Gericht
Womit kann ein Anwalt sein Honorar im Schnellverfahren durchsetzen?
Es gibt im deutschen Recht einen Schnellweg für Anwälte, um an ihr Honorar zu kommen: das Verfahren zur Festsetzung der Anwaltsvergütung nach § 11 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Ein einfacher Antrag, ein schneller Beschluss, fertig.

Doch dieses Verfahren hat eine eingebaute Notbremse. Zieht der Mandant sie, indem er einen grundlegenden Einwand erhebt – etwa, dass er den Anwalt gar nicht beauftragt hat –, stoppt die Maschine sofort. Eine Firma versuchte genau das, um eine Rechnung über 36.867,01 Euro abzuwehren. Das Oberlandesgericht Frankfurt musste klären, ob diese Notbremse auch dann greift, wenn sie missbräuchlich gezogen wird.
Warum eskalierte ein Streit um eine Anwaltsrechnung?
Eine Kanzlei hatte eine Firma in einem komplexen Gerichtsverfahren vertreten. Der Streitwert war enorm: über 4,6 Millionen Euro. Die Anwälte arbeiteten sich ein, bereiteten Schriftsätze vor und traten für ihre Mandantin im Gerichtstermin auf. Alles schien seinen geregelten Gang zu gehen. Es existierte eine schriftliche Vergütungsvereinbarung, unterzeichnet von beiden Seiten. E-Mails wurden ausgetauscht. Die Kanzlei stellte eine Vorschussrechnung. Ein Vertreter der Firma signalisierte sogar, die Zahlung sei angewiesen. Nach dem erstinstanzlichen Urteil, in dem die Kanzlei als offizielle Prozessbevollmächtigte genannt wurde, schickte sie ihre Abschlussrechnung.
Dann kam die überraschende Wende. Die Firma weigerte sich zu zahlen. Als die Kanzlei das vereinfachte Festsetzungsverfahren nach § 11 RVG einleitete, legte die ehemalige Mandantin Widerspruch ein. Ihre zentrale Behauptung: Es habe nie ein wirksames Auftragsverhältnis bestanden. Alternativ sei der Auftrag nur unter der Bedingung erteilt worden, dass eine Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt. Ein Rechtspfleger am Landgericht Frankfurt setzte das Honorar zunächst auf 36.867,01 Euro fest. Nach der Beschwerde der Firma kippte er seine eigene Entscheidung und wies den Antrag der Kanzlei zurück. Der Fall ging an die nächste Instanz.
Was sind außergebührenrechtliche Einwände und warum sind sie so wirksam?
Die Strategie der Firma baute auf einer speziellen Regelung auf. Das Gesetz sieht in § 11 Abs. 5 RVG vor, dass die Festsetzung der Vergütung abzulehnen ist, wenn der Mandant Einwände erhebt, die nicht im Gebührenrecht selbst liegen. Solche Einwände nennt man „außergebührenrechtliche Einwendungen“. Dazu gehört die Behauptung, es gäbe gar keinen Anwaltsvertrag, der Vertrag sei unwirksam oder der Anwalt habe schlecht gearbeitet und einen Schadensersatzanspruch verursacht.
Der Gedanke dahinter ist einfach. Das Festsetzungsverfahren soll schnell und unkompliziert sein. Es dient nur der Berechnung und Titulierung der korrekten Gebühren. Es ist nicht dafür gemacht, komplexe Vertragsstreitigkeiten oder Schadensersatzfragen zu klären. Erhebt ein Mandant solche tiefergehenden Einwände, muss der Anwalt seinen Anspruch in einem normalen, aufwendigen Klageverfahren durchsetzen. Die Firma zog also die Notbremse. Sie behauptete, der Grund für die Beauftragung fehle, und zwang das Gericht damit, das Schnellverfahren zu stoppen. Das Landgericht folgte dieser Logik und wies den Antrag der Kanzlei ab.
Wieso durchkreuzte das Oberlandesgericht dieses Manöver?
Die Kanzlei legte Beschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) ein. Die Richter dort sahen den Fall anders. Sie stellten klar, dass die Notbremse des § 11 Abs. 5 RVG nicht blindlings gezogen werden darf. Es gibt eine wichtige Ausnahme: Der Einwand des Mandanten darf nicht Offenkundig unbegründet sein. Ein Gericht muss nicht jeden pauschalen oder fadenscheinigen Vorwand akzeptieren, um das Verfahren anzuhalten. Es muss prüfen, ob der Einwand auf den ersten Blick haltlos, substanzlos oder rechtsmissbräuchlich erscheint.
Genau das war hier der Fall. Das OLG zerlegte die Argumentation der Firma Punkt für Punkt.
Erstens: Die Behauptung, es fehle ein wirksames Auftragsverhältnis, war durch die Aktenlage pulverisiert. Es gab eine schriftliche, bedingungslose Vergütungsvereinbarung.
Zweitens: Die E-Mail-Korrespondenz belegte die Zusammenarbeit eindeutig. Die Kanzlei kündigte ihre Tätigkeiten an, schickte Rechnungen und bereitete den Gerichtstermin vor – alles mit Wissen der Firma.
Drittens: Die Kanzlei war im Gerichtstermin am 24.03.2022 tatsächlich für die Firma aufgetreten. Ihr Name stand im Urteil als Prozessbevollmächtigte.
Viertens: Der Ehemann der Geschäftsführerin der Firma – selbst ein Rechtsanwalt – hatte in einer E-Mail bestätigt, dass Rechnungen zur Zahlung angewiesen seien. Das stand im klaren Widerspruch zur späteren Behauptung, es gäbe keine Zahlungsverpflichtung.
Der Einwand eines fehlenden Mandats war angesichts dieser erdrückenden Beweislage offensichtlich unbegründet. Das OLG stufte die Behauptung als reines Manöver ein, um der Zahlungspflicht zu entgehen. Selbst das Argument, die Beauftragung sei gemeinsam mit einer anderen Firma erfolgt, half nicht. Das Gesetz regelt in § 7 Abs. 2 RVG, dass jeder Auftraggeber für die volle (fiktive) Einzelvergütung haftet. Die Richter hoben die Entscheidung des Landgerichts auf und setzten den ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss wieder in Kraft. Die Kanzlei erhält ihr Honorar in Höhe von 36.867,01 Euro zuzüglich Zinsen seit Antragstellung.
Die Urteilslogik
Der Gesetzgeber räumt dem Anwalt einen schnellen Weg zur Festsetzung seines Honorars ein, schützt den Mandanten jedoch vor der Titulierung ungesicherter Ansprüche.
- Offenkundig unbegründete Einwände: Ein Gericht ignoriert substanzlose Einwände, die Mandanten vorschieben, um die Zahlung von Anwaltshonoraren im Schnellverfahren unrechtmäßig zu verhindern.
- Prüfungspflicht im Schnellverfahren: Rechtspfleger prüfen, ob die erhobenen außergebührenrechtlichen Einwendungen auf den ersten Blick substanziell sind oder ob sie lediglich der Obstruktion dienen.
- Nachweis des Auftragsverhältnisses: Die Existenz eines wirksamen Mandats belegen Richter durch die schriftliche Vergütungsvereinbarung, die aktive Vertretung vor Gericht und die widerspruchsfreie Kommunikation während des Mandats.
Die Justiz gewährleistet, dass eine einfache Verfahrensgestaltung nicht zu einem Vehikel für den Rechtsmissbrauch der Zahlungsverweigerung wird.
Benötigen Sie Hilfe?
Blockiert der Schuldner die Festsetzung Ihrer Anwaltsvergütung durch unbegründete Einwände?
Lassen Sie Ihre Situation rechtlich beurteilen und fordern Sie eine professionelle Ersteinschätzung an.
Experten Kommentar
Das Festsetzungsverfahren nach § 11 RVG ist ein schnelles Werkzeug, aber die Behauptung, es gäbe gar keinen wirksamen Vertrag, stoppt es sofort – das war bisher die große Gefahr für Anwälte. Das OLG Frankfurt zieht hier eine klare rote Linie gegen den Missbrauch dieser „Notbremse“ und gibt Kanzleien damit eine wichtige Sicherheit. Kanzleien müssen keine Angst mehr haben, dass Mandanten mit offenkundig haltlosen Einwänden die Zahlung ins Endlose verzögern. Liegen schriftliche Belege wie eine klare Vergütungsvereinbarung oder Dokumente vor, die das Mandatsverhältnis beweisen, setzt das Gericht die Anwaltsvergütung konsequent ohne Umweg über eine Zivilklage fest.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Einwände stoppen das Schnellverfahren zur Festsetzung der Anwaltsvergütung nach § 11 RVG?
Die einzig wirksame „Notbremse“ gegen die schnelle Honorartitulierung nach § 11 RVG ist der sogenannte außergebührenrechtlicher Einwand. Dieser Einwand bestreitet nicht die korrekte Höhe der Rechnung, sondern den fundamentalen Rechtsgrund der Forderung selbst. Das Verfahren stoppt sofort, wenn Sie beispielsweise die Wirksamkeit des Anwaltsvertrages bestreiten oder einen Schadensersatzanspruch gegen die Kanzlei geltend machen.
Das vereinfachte Festsetzungsverfahren ist lediglich zur Überprüfung der Gebührenberechnung gedacht und nicht dafür ausgelegt, komplexe Vertragsstreitigkeiten oder Fragen zur Anwaltshaftung zu klären. Erheben Sie einen substanziellen Einwand, muss das Gericht den Antrag auf Festsetzung ablehnen. Diese Ablehnung zwingt den Anwalt, seinen Honoraranspruch in einem langwierigeren, regulären Zivilprozess durchzusetzen.
Wichtig ist jedoch, dass das Gericht Ihren Einwand auf seine Begründung prüft. Die Notbremse funktioniert nicht, wenn Ihre Behauptung offenkundig unbegründet oder rechtsmissbräuchlich erscheint. Das Gericht muss fadenscheinige Vorwände nicht akzeptieren und kann das Verfahren fortsetzen, wenn die Kanzlei sofort Beweise (wie einen unterzeichneten Vertrag oder Ihre unwidersprochene Beauftragung in Gerichtsterminen) vorlegt, die Ihren Einwand widerlegen.
Überprüfen Sie umgehend, ob Ihnen aufgrund von Pflichtverletzungen ein tatsächlicher Schadensersatzanspruch gegen die Kanzlei zusteht.
Kann ich die Zahlung von Anwaltskosten verweigern, indem ich das Mandatsverhältnis nachträglich bestreite?
Die formale Behauptung, Sie hätten den Anwalt nie wirksam beauftragt, stoppt das Schnellverfahren zur Festsetzung der Vergütung theoretisch. Juristisch zählt dies als außergebührenrechtlicher Einwand. In der Praxis ist dieser Versuch jedoch oft erfolglos, wenn die Kanzlei eindeutige Beweise für Ihre Beauftragung vorlegt. Gerichte stufen solche späten Einwände schnell als offenkundig unbegründet ab.
Das Oberlandesgericht Frankfurt klärte, dass dieser Schutzmechanismus nicht zum Rechtsmissbrauch dienen darf. Wenn Sie Ihren Anwalt während des gesamten Prozesses unwidersprochen vor Gericht auftreten ließen, widerspricht das der nachträglichen Behauptung, das Mandat sei nie erteilt worden. Das Gericht wertet dies als reines Manöver, um der Zahlungspflicht zu entgehen. Die Existenz einer schriftlichen, bedingungslosen Vergütungsvereinbarung entkräftet den Einwand zusätzlich sofort.
Konkret: Ihre eigene Korrespondenz kann das Mandat beweisen. E-Mails, in denen Sie Leistungen anfordern oder die Zahlung einer Vorschussrechnung signalisieren, stellen einen klaren Widerspruch dar. Im Fall vor dem OLG Frankfurt wurde die Behauptung des fehlenden Auftrags durch die Aktenlage, Urteile und die Kommunikation der Mandantin widerlegt. Das Gericht kann das Festsetzungsverfahren fortsetzen, wenn die Beweislage gegen Sie erdrückend ist.
Sammeln Sie sofort alle Dokumente, die die Kanzlei als Beweis verwenden könnte, und argumentieren Sie nur, wenn Sie eine tatsächliche Unwirksamkeit des Vertrages belegen können.
Wann gilt mein außergebührenrechtlicher Einwand gegen die Anwaltsrechnung als offenkundig unbegründet?
Ihr Einwand stoppt das Schnellverfahren nach § 11 RVG nur, wenn er substanziell und glaubhaft ist. Ihr Einwand gilt als offenkundig unbegründet, wenn der Anwalt sofort und ohne lange Prüfung Dokumente vorlegen kann, die Ihre Behauptung widerlegen. Dies passiert insbesondere, wenn die entlastenden Beweise (wie Unterschriften oder Zahlungsbestätigungen) direkt von Ihnen stammen. Die Gerichte sehen solche Vorwände als reines Manöver, um die Zahlungspflicht zu vermeiden.
Die Regel: Der Begriff „Offenkundigkeit“ ist die gerichtliche Hürde, die verhindern soll, dass Mandanten mit pauschalen Behauptungen die zügige Titulierung verhindern. Das Oberlandesgericht Frankfurt definierte klare Kriterien für die Beurteilung dieser Hürde. Ein entscheidender Punkt ist die Existenz einer schriftlichen, nicht an Bedingungen geknüpften Vergütungsvereinbarung. Liegt diese dem Gericht vor, widerlegt dies das nachträgliche Bestreiten eines Auftragsverhältnisses unmittelbar und macht den Einwand haltlos.
Die Richter prüfen das gesamte Bild der bisherigen Zusammenarbeit zwischen Mandant und Kanzlei. Wurden Sie beispielsweise im Gerichtstermin unwidersprochen vertreten und ist der Anwalt im Urteil als Prozessbevollmächtigter genannt, gilt dies als konkludente Billigung der Beauftragung. Auch Dokumente wie E-Mails, in denen Sie eine Vorschussrechnung anwiesen, stützen den Anspruch der Kanzlei. Wer alternative und widersprüchliche außergebührenrechtliche Einwände erhebt, unterstreicht damit die Fadenscheinigkeit seiner Argumentation.
Prüfen Sie im Vorfeld alle Verträge, Schriftsätze und E-Mails sorgfältig daraufhin, ob sie die klaren Beweispunkte der Kanzlei erfüllen.
Was passiert, wenn der Festsetzungsantrag wegen eines gültigen außergebührenrechtlichen Einwands abgelehnt wird?
Die Ablehnung des Festsetzungsantrags im vereinfachten Verfahren nach § 11 RVG ist keine endgültige Entwarnung für Mandanten. Sie bedeutet lediglich, dass der Anwalt seinen Honoraranspruch nicht im Schnellverfahren titulieren kann, wodurch Sie zunächst keinen Zahlungstitel gegen sich haben. Die ursprüngliche Forderung bleibt jedoch bestehen, weshalb der Anwalt berechtigt ist, die Zahlung weiterhin einzufordern. Er muss seinen Anspruch stattdessen in einem normalen, streitigen Zivilprozess durchsetzen.
Die Regel ergibt sich daraus, dass das Festsetzungsverfahren nicht für die Klärung komplexer Sachverhalte ausgelegt ist. Ein außergebührenrechtlicher Einwand – wie beispielsweise die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Pflichtverletzung oder das Bestreiten der Vertragsgültigkeit – erfordert eine vollständige Beweisaufnahme. Das Rechtspflegergericht lehnt den Antrag ab, weil es im Rahmen des Schnellverfahrens keine Zeugen vernehmen oder langwierige Gutachten einholen darf.
Der Anwalt wird daraufhin in der Regel eine Honorar-Klage beim zuständigen Zivilgericht einreichen, um die Vergütung durchzusetzen. Erst in diesem Klageverfahren wird der Richter Ihren komplexen Einwand vollständig prüfen und einordnen. Beide Parteien müssen dort alle Beweismittel vorlegen, um die Wirksamkeit des Mandatsvertrages oder die Schwere der behaupteten anwaltlichen Pflichtverletzung zu klären. Das Schnellverfahren hat Ihnen lediglich eine Atempause verschafft.
Nutzen Sie die gewonnene Zeit, um alle Unterlagen und Beweise zu Ihrem Einwand sorgfältig zu sammeln und Ihre Verteidigung gegen die erwartete Honorar-Klage vorzubereiten.
Wie weise ich als Kanzlei das Mandatsverhältnis und die Vergütungsvereinbarung gerichtsfest nach?
Um außergebührenrechtliche Einwände im Festsetzungsverfahren nach § 11 RVG erfolgreich abzuwehren, müssen Kanzleien eine lückenlose Beweiskette vorlegen. Die gerichtsfeste Nachweisbarkeit des Mandatsverhältnisses basiert auf der Kumulierung schriftlicher und prozessualer Dokumente. Sie entkräften so den Vorwurf, der Auftrag sei nur vorgeschoben oder fehle gänzlich.
Legen Sie dem Antrag zwingend die Kopie einer schriftlichen Vergütungsvereinbarung bei. Dieses Dokument widerlegt sofort das Bestreiten des Auftrags und stellt den stärksten Beweis dar. Vermeiden Sie unbedingt Vereinbarungen, die die Zahlung an unklare Bedingungen knüpfen, etwa den Eintritt einer Rechtsschutzversicherung. Solche Bedingungen bieten Mandanten einen substanziellen Ansatzpunkt, um das Schnellverfahren sofort zu stoppen und den Einwand des bedingten Auftrags zu substanziieren.
Ergänzend zur schriftlichen Vereinbarung benötigen Sie prozessuale Belege und die Korrespondenz. Fügen Sie Urteile oder Protokolle bei, welche Ihre Kanzlei als offizielle Prozessbevollmächtigte ausweisen. Sammeln Sie außerdem E-Mails, in denen Mandanten Rechnungen oder Vorschüsse bestätigten. Diese Kommunikation stellt einen offenkundigen Widerspruch zur späteren Behauptung eines fehlenden Mandats dar, da der Mandant die Leistung bereits anerkannt hat.
Führen Sie bei jeder Mandatsannahme eine obligatorische Beweiskette ein, indem Sie die unterzeichnete Vereinbarung und die erste Leistungsbestätigung des Mandanten digital archivieren.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Außergebührenrechtlicher Einwand
Ein außergebührenrechtlicher Einwand ist die juristische Notbremse, die ein Mandant im vereinfachten Festsetzungsverfahren zieht, indem er nicht die Höhe, sondern den Rechtsgrund der Anwaltsforderung bestreitet. Das Gesetz etabliert diesen Schutzmechanismus, weil das Schnellverfahren nach § 11 RVG nicht dafür ausgelegt ist, komplexe Fragen wie Vertragsstreitigkeiten oder Schadensersatzansprüche zu klären.
Beispiel: Behauptete die Firma, es habe nie ein wirksames Auftragsverhältnis bestanden, stellte dies einen außergebührenrechtlichen Einwand dar, der das Schnellverfahren zunächst stoppen sollte.
Festsetzungsverfahren nach § 11 RVG
Dieses Festsetzungsverfahren nach § 11 RVG ist ein juristischer Schnellweg, der es Anwälten ermöglicht, ihre Vergütungsansprüche gegen den eigenen Mandanten zügig und unkompliziert gerichtlich titulieren zu lassen. Juristen nutzen dieses Verfahren, um schnell einen Vollstreckungstitel zu erhalten, sofern die Gebührenforderung unstreitig ist und keine komplexen Fragen der Vertragsgültigkeit zu klären sind.
Beispiel: Weil die Firma die Zahlung der Abschlussrechnung verweigerte, leitete die Kanzlei das Festsetzungsverfahren ein, um das ausstehende Honorar von 36.867,01 Euro schnell durchzusetzen.
Offenkundig unbegründet
Wenn ein Einwand als offenkundig unbegründet gilt, bedeutet dies, dass dessen Haltlosigkeit für das Gericht auf den ersten Blick ohne lange Beweisaufnahme sofort erkennbar ist. Diese gerichtliche Hürde soll verhindern, dass Mandanten durch das Erheben von rein pauschalen oder fadenscheinigen Behauptungen die zügige Titulierung des Anwaltshonorars missbräuchlich blockieren.
Beispiel: Das OLG Frankfurt stufte die Behauptung, das Mandatsverhältnis habe gefehlt, als offenkundig unbegründet ein, weil eine schriftliche Vergütungsvereinbarung und die Aktenlage das Gegenteil belegten.
Prozessbevollmächtigte
Als Prozessbevollmächtigte bezeichnet man den juristischen Fachmann, meist einen Anwalt, der im Namen einer Partei formal und rechtswirksam vor Gericht auftritt und diese in der Hauptverhandlung vertritt. Nur als Prozessbevollmächtigter hat der Anwalt die Befugnis, rechtsverbindliche Erklärungen für den Mandanten abzugeben und Schriftsätze bei Gericht einzureichen, wodurch die ordnungsgemäße Vertretung sichergestellt wird.
Beispiel: Im erstinstanzlichen Urteil wurde die Kanzlei ausdrücklich als Prozessbevollmächtigte der beklagten Firma genannt, was später als starkes Indiz für die Existenz eines Mandatsvertrages diente.
Vergütungsvereinbarung
Eine Vergütungsvereinbarung ist ein schriftlicher Vertrag zwischen Anwalt und Mandant, der festlegt, wie das Honorar des Anwalts berechnet und gezahlt wird, abweichend von den gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Diese Vereinbarung schafft Rechtssicherheit für beide Seiten, indem sie die Kosten transparent macht und dem Anwalt erlaubt, seine Leistungen dem komplexen Streitwert des Verfahrens angemessen in Rechnung zu stellen.
Beispiel: Die Kanzlei nutzte die unterzeichnete Vergütungsvereinbarung als entscheidenden Beweis, um vor dem OLG Frankfurt die nachträgliche Behauptung der Mandantin, sie habe den Auftrag nur bedingt erteilt, zu widerlegen.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 18 W 170/24 – Beschluss vom 02.06.2025
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…
Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz





