LAG Berlin-Brandenburg, Az.: 17 Ta (Kost) 6144/09, Beschluss vom 27.01.2010
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Dezember 2009 – 17 Ta (Kost) 6144/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die in Nr. 6 des am 5. November 2009 gerichtlich festgestellten Vergleichs getroffene Regelung rechtfertigt es nicht, einen Vergleichsmehrwert festzusetzen.
1. Die anwaltliche Einigungsgebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 Abs. 1 der Anlage 1 zum RVG). In den Wert eines Vergleichs sind daher die Werte aller rechtshängigen oder nichtrechtshängigen Ansprüche einzubeziehen, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren und die mit dem Vergleich geregelt wurden. Fehlt es an der Regelung eines derartigen Anspruchs, kommt insoweit auch die Festsetzung eines Vergleichs(mehr)werts nicht in Betracht. Die Begründung einer Leistungspflicht in dem Vergleich ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, sofern nicht ein streitiger oder ungewisser Anspruch geregelt wird; denn es kommt für die Wertfestsetzung darauf an, worüber – und nicht worauf – die Parteien sich geeinigt haben (vgl. hierzu LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. April 2009– 17 Ta (Kost) 6030/09 m.w.N.). Soweit es das Landesarbeitsgericht Köln (Beschluss vom 29. Juni 2009 – 7 Ta 91/09 – RVGreport 2009, 398) für möglich gehalten hat, den Vergleichsmehrwert im Hinblick auf Regelungen zu erhöhen, die das unmittelbare Entstehen eines Streites verhindern sollen, folgt die Beschwerdekammer dieser Auffassung nicht. Dem Wortlaut der Nr. 1000 Abs. 1 der Anlage 1 zum RVG ist zu entnehmen, dass der zum Entstehen einer Einigungsgebühr führende Vertrag einen bereits bestehenden Streit bzw. eine bereits vorhandene Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis voraussetzt, der oder die durch den Vergleich beseitigt wird. Bestand zwischen den Parteien kein Streit über eine Regelung, wird sich zudem kaum feststellen lassen, ob sie ohne die Vergleichsregelung über das Rechtsverhältnis gestritten hätten. Wird durch den Vergleich ein Streit oder eine Ungewissheit lediglich vermieden, führt dies daher nicht zur Festsetzung bzw. zur Erhöhung eines Vergleichs(mehr)wertes.
2. Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass die Parteien vor Abschluss des Vergleichs über den Anspruch der Klägerin, ein qualifiziertes, wohlwollendes Arbeitszeugnis mit der Note „gut“ zu erhalten, gestritten haben. Zwar kann die Festlegung einer Zeugnisnote in dem Vergleich für einen Streit über den Zeugnisinhalt sprechen. Hiervon wird man insbesondere ausgehen, wenn die Regelung im Zusammenhang mit der Beilegung eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung getroffen wurde; denn in einem derartigen Fall spricht alles dafür, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Einigkeit über das Leistungs- oder Führungsverhalten des Arbeitnehmers bestand. Die Klägerin hat sich im vorliegenden Rechtsstreit jedoch gegen eine betriebsbedingte Änderungskündigung gewandt; dass sie sich mit der Beklagten uneinig über ihre Führung und Leistung war, ist demgegenüber weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
4. Die Entscheidung ist unanfechtbar.