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Feuchtigkeitsschäden Haus – Beweissicherungsverfahren

Oberlandesgericht Rostock

Az: 3 W 28/08

Beschluss vom 17.03.2008


In dem Rechtsstreit hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock am 17.03.2008 beschlossen:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 02.03.2006 gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 02.02.2006 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.
Die Antragsteller und Beschwerdeführer haben vor dem Landgericht Schwerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Ursache von Durchfeuchtungen ihres Hauses beantragt, welche ihrer Ansicht nach durch das nachbarliche Haus des Antragsgegners herrührten. Antragsgemäß hat das Landgericht ein Sachverständigengutachten eingeholt. Auf Beanstandungen insbesondere der Antragsteller hat es drei Ergänzungsgutachten des Sachverständigen veranlasst.

Die Antragsteller haben dem Sachverständigen die erforderliche Fachkompetenz abgesprochen und unter Vorlage eines Privatgutachtens die Einholung eines neuen Gutachtens eines anderen Sachverständigen beantragt. Dies hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt.

Hiergegen haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Gem. § 567 Abs. 1 ZPO findet die sofortige Beschwerde statt, wenn dies ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist oder wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordert und durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

1.

Die Voraussetzungen, unter denen das Gericht ein neues (weiteres) Sachverständigengutachten einholen kann, sind in § 412 ZPO geregelt, der gem. § 492 Abs. 1 ZPO auch auf das selbständige Beweisverfahren Anwendung findet. § 412 ZPO sieht ein Beschwerderecht der Verfahrensbeteiligten gegen die Entscheidung des Gerichts nicht vor.

2.

Ein Beschwerderecht ist aber auch nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht gegeben.

a.

Anders als die Entscheidung des Gerichtes über die mündliche Anhörung des Sachverständigen gem. §§ 411 Abs. 3, 397 ZPO, die auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten erfolgt und dem Tatrichter kein Ermessen einräumt (BGH Urt. vom 27.01.2004 – VI ZR 150/02 – MDR 2004, 699; BGH Beschl. vom 13.09.2005 – VI ZB 84/04 – BGHZ 164, 94; OLG Düsseldorf Beschl. vom 18.04.2000 – 22 W 10/00 – NZBau 2000, 385 = NJW-RR 2001, 141; OLG Hamburg Beschl. vom 06.08.2002 – 2 Wx 47/02 – WuM 2003, 114), steht die Entscheidung über die Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens nach § 412 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (BGH Urt. vom 04.03.1980 – VI ZR 6/79 – VersR 1980, 533 = MDR 1980, 62; BGH Urt. vom 16.03.1999 – VI ZR 34/98 – VersR 1999, 716; OLG Düsseldorf Beschl. vom 12.09.1997 – 22 W 48/97 – BauR 1998, 366 = NJW-RR 1998, 933). Prozessleitende Anordnungen des Gerichts, die in seinem freien Ermessen stehen, betreffen jedoch den amtswegigen Verfahrensgang und ermöglichen keine Anfechtung mit der Beschwerde (Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 567 Rn. 33). Eine Entscheidung von Amts wegen rechtfertigt die Beschwerde auch dann nicht, wenn mit ihr zugleich ein Gesuch einer Partei entschieden wird (Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 567 Rn. 14; ähnlich auch Stein/Jonas/Grunski, ZPO, 21. Aufl., § 567 Rn. 16; MünchKommZPO/Braun, 2. Aufl., § 567 Rn. 7; OLG Rostock Beschl. vom 22.03.2007 – 7 W 122/06 – OLGR Rostock 2007, 841).

b.

Eine hiervon abweichende Beurteilung ist aus Sicht des Senates auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des selbständigen Beweisverfahrens nicht geboten. Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren sollen gem. § 485 Abs. 3 ZPO nicht weiter gehen als im Hauptprozess (vgl. OLG Rostock a.a.O.; OLG Koblenz Beschl. vom 30.01.2007 – 5 W 71/07; OLG Köln Beschl. vom 28.04.1999 – 19 W 15/99 – NJW-RR 2000, 729). Dieser Gleichklang muss auch für die Beschwerdemöglichkeiten gelten. Würde den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens ein Beschwerderecht für den Fall, dass das Gericht ein erneutes Gutachten nicht einholt, wenn nur eine der Parteien dies verlangt, eingeräumt, erhielten sie ein Rechtsmittel an die Hand, welches ihnen bei einer Beweiserhebung in der Hauptsache nicht zur Verfügung stünde.

Dem wird in der Rechtsprechung vereinzelt entgegengehalten, dass das Gericht des selbständigen Beweisverfahrens eine Beweiswürdigung nach § 286 ZPO aufgrund der Besonderheiten des Verfahrens nicht vorzunehmen habe und daher auch nicht von Amts wegen prüfe, ob die Voraussetzungen des § 412 ZPO vorliegen. Daher komme im selbständigen Beweisverfahren die Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens allein auf Antrag einer der Parteien in Betracht (OLG Frankfurt Beschl. vom 07.12.2007 – 4 W 64/07), so dass die Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gegeben seien. Diese Argumentation überzeugt den Senat nicht. Der Gesetzgeber hat Sonderregelungen für das selbständige Beweisverfahren insoweit nicht getroffen, sondern es bei dem allgemeinen Verweis auf die für die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geltenden Vorschriften bewenden lassen. Zudem würde die Einräumung eines Beschwerderechts dazu führen, dass der Richter im selbständigen Beweisverfahren zu der diesem Verfahren seiner Konzeption nach fremden Beweiswürdigung angehalten würde, könnte er anderweitig doch nicht feststellen, ob die Voraussetzungen des § 412 ZPO vorliegen.

Die Parteien des selbständigen Beweisverfahrens werden durch die Verneinung eines gesonderten Beschwerderechts auch nicht unangemessen benachteiligt. Der Bundesgerichtshof eröffnet nämlich im Fall der Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren die Möglichkeit, in den engen Grenzen des § 412 ZPO ein erneutes Gutachten im Hauptsacheverfahren einzuholen (BGH Beschl. vom 13.09.2005 – VI ZB 84/04 – BGHZ 164, 94). Den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens bleibt damit die Möglichkeit, durch das Betreiben des Hauptsacheverfahrens das Beweisergebnis einer Würdigung des Tatrichters im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu unterziehen. Hält dieser die Voraussetzungen des § 412 ZPO für nicht gegeben, kann dies nur durch Anfechtung der hierauf gestützten Entscheidung in der Hauptsache angegriffen werden, also regelmäßig mit der Berufung. Das aber entspricht der Überprüfungsmöglichkeit im Falle einer Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren. Dass die Überprüfung des Beweisergebnisses hierdurch ggf. in ein sich anschließendes Hauptsacheverfahren verlagert wird, steht dem Beschleunigungscharakter des selbständigen Beweisverfahrens aus Sicht des Senates nicht entgegen. Im Gegenteil entfernte sich das Verfahren umso weiter von diesem, umso mehr zusätzliche Möglichkeiten der Durchführung von Rechtsmittelverfahren eröffnet würden. Die Beteiligten des selbständigen Beweisverfahrens sind auch ohne die Eröffnung eines zusätzlichen Rechtsmittelweges den gutachterlichen Feststellungen nicht ohne Korrekturmöglichkeit ausgesetzt, bleibt ihnen doch das Korrektiv der ergänzenden mündlichen Anhörung auch im selbstständigen Beweisverfahren, welches zur umfassenden Erläuterung des Beweisergebnisses genutzt werden kann.

3.

Im Ergebnis dieser Erwägungen hält der Senat im Anschluss an die weit überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur die sofortige Beschwerde für nicht zulässig (ebenso OLG Düsseldorf Beschl. vom 12.09.1997 – 22 W 48/97 – BauR 1998, 366 = NJW-RR 1998, 933; OLG Hamm Beschl. vom 13.03.1996 – 12 W 3/96 – OLGR Hamm 1996, 203; OLG Frankfurt Beschl. vom 22.01.1996 – 1 W 38/95 – OLGR Frankfurt1996, 82; OLG Köln Beschl. vom 28.04.1999 – 19 W 15/99 – NJW-RR 2000, 729; Zöller/Gummer, § 567 Rn. 35; ausdrücklich offen gelassen BGH Beschl. vom 13.09.2005 – VI ZB 84/04 – BGHZ 164, 94; a.A. OLG Frankfurt Beschl. vom 07.12.2007 – 4 W 64/07).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind gem. § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO gegeben, weil die vorstehend aufgezeigte Streitfrage grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

 

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