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Fichtenanpflanzung: Beseitigungsanspruch eines Nachbarn

LANDGERICHT ZWEIBRÜCKEN

Az.: 3 S 80/97

Urteil vom 30.09.1997

Vorinstanz: AG Pirmasens, Az.: 1 C 302/96


In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Zweibrücken für Recht erkannt:

I. Unter Zurückweisung der Berufung der Kläger im übrigen wird das Urteil des Amtsgerichts Pirmasens vom 04.04.1997 abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die auf ihrem Grundstück Im M… 2 in Lug im südlichen Grenzbereich im Abstand von 1,80 m zum Grundstück der Kläger Im M… 4, Lug, hin angepflanzte Fichtenreihe auf eine maximale Wuchshöhe von 3 m zu begrenzen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens 1. Instanz zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Entscheidungsgründe:

Die verfahrensrechtlich unbedenkliche Berufung der Kläger hat mit dem Hauptantrag in der Sache keinen Erfolg.

Der auf Beseitigung der Fichtenanpflanzung gerichtete Antrag der Kläger ist aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen.

Die tatsächlichen Feststellungen und die rechtliche Würdigung des Amtsgerichts im Urteil sind nicht zu beanstanden. Zutreffend wird ausgeführt, dass es sich bei der Fichtenanpflanzung um eine Hecke im Sinne von § 45 Abs. 1 des Nachbarrechtsgesetzes für Rheinland-Pfalz handelt, die mit einer Höhe von 45 cm, bei einem Grenzabstand von 1,80 m nicht nachbarrechtswidrig ist und damit keinen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz.1 BGB auslöst.

Der mit der Berufung erstmals hilfsweise gestellte Antrag auf Beschränkung der Höhe der Fichtenhecke ist zulässig. Die Kammer hält die Zulassung des Hilfsantrags in der Rechtsmittelinstanz für sachdienlich, da nach objektiven Gesichtspunkten im Beseitigungsverlangen der Kläger auch das Begehren enthalten ist, die Anpflanzung auf eine von ihnen hinnehmbare Wuchshöhe beschränkt zu sehen und damit der Streitstoff im wesentlichen derselbe ist. Das ergibt sich auch aus den vorprozessualen Verhandlungen der Parteien, bei denen es den Klägern hauptsächlich um eine Höhenbegrenzung der Anpflanzung auf 2 m ging.

Der Hilfsantrag hat auch in der Sache einen überwiegenden Erfolg. Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch darauf, dass diese die Fichtenhecke auf eine Höhe von 3 m begrenzen. Der Anspruch ergibt sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Er folgt im vorliegenden Fall daraus, dass die Kläger keine Anpflanzung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze dulden müssen, die nicht den im Nachbarrechtsgesetz vorgesehenen Mindestabstand einhält.

Für die von den Beklagten angepflanzten Fichten ist ein Mindestabstand von 4 m vorgeschrieben (§ 44 Nr. 1 NachbarrechtsG).

Dieser Abstand mit Pflanzungen über 1,5 m kann nur dann auf einen Abstand von 0,75 m reduziert werden, wenn es sich um eine Hecke handelt.

Dies ist derzeit bei der streitgegenständlichen Fichtenreihe noch der Fall.

Ein nachbarrechtswidriger Zustand tritt aber ein, wenn Anpflanzungen, die zunächst als Hecke angelegt und gepflegt waren, diesen Charakter verlieren. Dies ist dann der Fall, wenn sie durch Überschreitung einer bestimmten Höhe nicht mehr als Hecke im Sinne des Nachbarrechtsgesetzes angesehen werden können (vgl. LG Saarbrücken MDR 88, 776; a.A. Hüllbusch/Rottmüller Kom.z. NachbarrechtsG für Rheinland-Pfalz und das Saarland, 4. Aufl. § 45 Nr. 1).

Im Nachbarrechtsgesetz für Rheinland-Pfalz, ist eine Höhe für Hecken nicht vorgegeben, wenn sie einen Grenzabstand von mindestens 0,75 m einhalten.

Hecken sind jedoch schon nach allgemeiner Ansicht Anpflanzungen, die durch Pflege und Rückschnitt in einer bestimmten Form und Höhe gehalten werden (LG Limburg NJW 86, 595).

Anpflanzungen können daher nicht in jeder beliebigen Höhe als „Hecke“ angesehen werden (LG Saarbrücken a.a.O.).

Dies würde auch dem Sinn des Nachbarrechtsgesetzes, das verschiedene Grenzabstände für Einzelbäume und Hecken anordnet, widersprechen.

Im vorliegenden Fall käme man sonst zu dem Ergebnis, dass mit einem einzelnen hohen Fichtenbaum ein Grenzabstand von 4 m einzuhalten wäre mit einer Fichtenreihe in gleicher Höhe lediglich ein solcher von 0,75 m. Deshalb ist in den .Nachbarrechtsgesetzen einiger anderer Bundesländer auch eine Obergrenze für Hecken im Verhältnis zum Grenzabstand vorgeschrieben.

Auch der Umstand, dass Baumreihen, wenn sie eine bestimmte Stammdicke und Höhe überschritten haben, nicht mehr oder nur noch unter erschwerten Bedingungen einer Pflege zugänglich sind, lässt den Schluss zu, dass dann nicht mehr von einer Hecke gesprochen werden kann.

Die Kammer geht daher davon aus, dass unter Berücksichtigung des Grenzabstandes von 1,80 m, der Art der zur Heckenbildung eingesetzten Pflanzen und der durch die vorgelegten Lichtbilder vorgetragenen unstreitigen Situation der Grundstücke der Parteien bei einer Höhe von über 3 m der Charakter einer Hecke im Sinne von § 45 des Nachbarrechtsgesetzes bezüglich der Anpflanzung der Beklagten nicht mehr gegeben sein kann. Damit setzt der Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB ein.

Der Anspruch kann im vorliegenden Verfahren als Abwehranspruch gegenüber einer künftig drohenden Beeinträchtigung von den Klägern zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits geltend gemacht werden.

Es ist anerkannt, dass § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, der einen Schutz gegenüber zu besorgende Beeinträchtigungen gibt, bereits dann eingreift, wenn die Beeinträchtigung hinreichend nahe bevorsteht (OLG Zweibrücken NJW 92, 1242).

Dies ist hier der Fall.

Die Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung unmissverständlich angekündigt, die Fichten auf eine Mindesthöhe von 5 bis 6 m heranwachsen zu lassen. Darüber hinaus ist auch unstreitig, dass die Anpflanzung direkt hinter der bereits vorhanden Tujahecke nur den Zweck hat, die durch Vereinbarung vom 12.09.1995 begründete Verpflichtung der Beklagten, die Tuja auf eine Höhe von 2 m zu begrenzen, zu unterlaufen.

Den Klägern kann damit nicht zugemutet werden, abzuwarten, bis die Fichten der Ankündigung der Beklagten entsprechend durch eine entsprechende Wuchshöhe den Charakter als Hecke verloren haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97. Abs. 2 ZPO.

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