Landgericht Aachen
Az: 6 S 226/08
Urteil vom 08.05.2009
Die Berufung des Klägers gegen das am 06. November 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen wird zurück gewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 313 a Abs. 1, 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen.
II.
1.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt.
Einer Entscheidung über den klägerischen Wiedereinsetzungsantrag bedurfte es nicht. Solange eine Fristversäumung nicht feststeht, ist für eine Wiedereinsetzung kein Raum (vgl. BGH NJW 2007, 1457).
Die Berufung ist fristwahrend bei dem Landgericht Aachen eingegangen. Nach der Berufungsschrift war nämlich davon auszugehen, dass die Berufungsschrift vor Ablauf der Berufungsfrist bei den Justizbehörden Aachen eingereicht wurde, allerdings fehlerhaft in den Posteingang des Amtsgerichts Aachen gegeben und dort – an falscher Stelle – am 10. Dezember 2008 – rechtzeitig für die Wahrung der Berufungsfrist – gestempelt wurde.
2.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen die Beklagte aus §§ 433, 323 Abs. 1, 346 BGB, 25 HGB nicht zu.
Vertragspartnerin des Kaufvertrages war – was zunächst unstreitig ist – die Fa. xxxxxxxxxx GmbH mit Sitz in xxxxxx. Nachdem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels Masse abgelehnt wurde, ist die Gesellschaft aufgelöst und damit erloschen.
Eine Haftung der Beklagten für die Rückzahlung des Kaufpreises nach § 25 HGB kommt mangels Vorliegens der Voraussetzungen der genannten Vorschrift nicht in Betracht.
Die Beklagte führt nicht im Sinne des § 25 HGB die Fa. „xxxxxxxxxx“ fort. § 25 HGB ordnet an, dass derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, für alle im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers haftet.
Der Erwerber muss das Handelsgeschäft und die bisherige Firma fortführen, sonst fehlt es an der für die Haftung aus § 25 Abs. 1 S. 1 HGB nötigen Kontinuität nach außen. Darüber hinaus muss eine Unternehmensübertragung vom früheren Inhaber auf den Erwerber durch abgeleiteten rechtsgeschäftlichen Erwerb stattgefunden haben (vgl. MüKo-HGB, 2. AL; § 25 Rn 40).
a)
Vorliegend ist schon nicht anzunehmen, dass die Beklagte das Handelsgeschäft aufgrund derivativen Erwerbs von der frühere xxxxxxxxxx GmbH erworben hat. Ein Erwerb des Unternehmens „xxxxxxxxxx GmbH“ als ganzem in Gestalt einer betriebsfähigen Wirtschaftseinheit ist nicht dargetan. Ein solch derivativer Erwerb ist insbesondere auch deswegen erforderlich, weil dem Erwerber sonst die Möglichkeit des Abschlusses einer Enthaftungsvereinbarung fehlt (vgl. MüKo a.a.O Rn 42). Fehlt es nach diesen Maßstäben bereits am Tatbestandsmerkmal von Erwerb und Fortführung des Unternehmens, schadet selbst die Führung einer Firma, die mit der alten identisch ist, nicht (vgl. MüKo a.a.O Rn 44).
b)
Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung hat die Beklagte auch die Firmenbezeichnung „xxxxxxxxxx“ nicht im Sinne des § 25 HGB fortgeführt. Eine Firmenfortführung liegt dann vor, wenn der Erwerber unter der alten Firma (weiterhin) am Markt auftritt (vgl. MüKo-HGB, 2.. AL, § 25 Rn 62). Zwar hat der Kläger die Beklagte im Klagerubrum zunächst mit Fa. xxxxxxxxxx xxx Vertriebs GmbH bezeichnet. Dabei hat er jedoch, ohne jedwede Grundlage, die Firmenbezeichnungen zusammengesetzt.
Gemäß § 19 HGB sind alle Kaufleute, sowohl Handelsgesellschaften als auch Einzelkaufleute, verpflichtet, einen Rechtsformzusatz zu führen. Mit dem obligatorischen Hinweis in der Firma auf die Kaufmannseigenschaft soll auch auf eine klare praktische Grenzziehung zwischen den Firmen von Einzelkaufleuten und den Geschäfts- oder Etablissementbezeichnungen von Kleingewerbetreibenden hingewirkt werden. Durch diese klare Vorgabe im Zuge der Handelsrechtsreform hat sich der Gesetzgeber für eine klare Abgrenzung entschieden, wonach eine Firma nur dann vorliegt, wenn der Bezeichnung ein Rechtsformzusatz beigefügt ist. Gemäß § 4 GmbHG gilt Entsprechendes, danach muss die Firma einer Gesellschaft, auch wenn sie nach § 22 des Handelsgesetzbuchs oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften fortgeführt wird, die Bezeichnung „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten. Die Beklagte führt nicht die Fa. „xxxxxxxxxx GmbH“ fort. Unter der Bezeichnung xxxxxxxxxx GmbH ist die Beklagte – unstreitig – zu keinem Zeitpunkt aufgetreten. Eine Haftung der Beklagten nach § 25 HGB scheitert damit schon daran, dass von dieser der Name „xxxxxxxxxx“ nicht mit einem Rechtsformzusatz geführt wird und schon damit erkennbar wird, dass „xxxxxxxxxx“ eben nicht im Sinne einer Firma geführt wird.
Die Beklagte hat lediglich die Rechte an dem Markenshop xxxxxxxxxx erworben und den Internetauftritt unter der Bezeichnung „xxxxxxxxxx“ weiter betrieben. Bei Aufruf der Domain www.xxxxxxxxxx.de gelangt der Internetnutzer auf eine Plattform, über die die Beklagte den Internetnutzern den Abschluss von Verträgen mit ihrer Firma anbietet. Die Nutzung der Homepage mit der Bezeichnung xxxxxxxxxx ist nach Meinung der Kammer nicht entsprechend der Fortführung einer Firma über § 25 HGB zu verstehen.
Der tragende Gesichtspunkt für die in § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgesehene Mithaftung des Nachfolgers für die im Betrieb begründeten Verbindlichkeiten seines Vorgängers liegt in der Kontinuität des Unternehmens, die durch die Fortführung der bisherigen Firma nach außen in Erscheinung tritt (vgl. LG Bonn NJW-RR 2005, 1559). Die (Weiter-) Nutzung der Internetplattform xxxxxxxxxx durch die Beklagte stellt keine Fortführung in diesem Sinn dar. Vielmehr handelt es sich bei der Internetplattform lediglich um das „Geschäftslokal“ in dem nunmehr die Beklagte ihre Waren anbietet. Nicht jede Bezeichnung, unter der ein Kaufmann auftritt, ist aber eine Firma. Es ist daher im Rahmen des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB stets zu prüfen, ob es sich bei der gewählten Bezeichnung überhaupt um eine Firma im rechtlichen Sinne handelt. Insbesondere verwenden Gewerbetreibende und Freiberufler häufig werbewirksame sog. Geschäfts- bzw. Etablissementbezeichnungen. Diese bezeichnen im Gegensatz zur Firma nicht den Unternehmensträger, sondern das Handelsgeschäft / Geschäftslokal.
Es kommt auch keine analoge Anwendung des § 25 HGB in Betracht. Eine Analogie ist die Ausdehnung der aus dem Gesetz zu entnehmenden Prinzipien auf einen Fall, der dem im Gesetz entschiedenen Fall rechtsähnlich ist, d.h. in den für den Grund der Entscheidung maßgebenden Teilen gleicht. Voraussetzung einer Analogie ist daher stets, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke aufweist, wobei die Lücke sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem – dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden – Regelungsplan ergeben muss.
Eine planwidrige Lücke kann im vorliegenden Zusammenhang nicht festgestellt werden: Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Reform des Firmenrechts trotz der bekannten Kritik an der Fassung des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB keine Veranlassung gesehen, diese Norm im Zuge der Handelsrechtsreform neu zu fassen. Dies hätte aber nahegelegen, wenn der Gesetzgeber der bisherigen Rechtsprechung, welche der Zulässigkeit eines Analogieschlusses auf Geschäfts- und Etablissementbezeichnungen stets ablehnend gegenüberstand, eine Absage hätte erteilen wollen.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
IV.
Streitwert: 2.084,00 €