AG Essen – Az.: 20 C 114/18 – Urteil vom 03.08.2018
Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger Ansprüche in Höhe von 690,55 Euro nicht zustehen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlungspflicht des Klägers aufgrund eines Fitnessstudiovertrages.
Der Kläger schloss mit der G GmbH einen Vertrag, durch diesen er berechtigt war das Fitnessstudio der G GmbH zu nutzen. Dieser galt ab dem 09.04.2011. Die monatliche Gebühr betrug 17,99 Euro.
Die letzte Rate wurde am 01.02.2012 abgebucht. Am 03.02.2012 erstattete die G GmbH diesen Betrag jedoch wieder dem Kläger. In der Folgezeit erfolgten keine Abbuchungen durch die G GmbH.
Im weiteren Verlauf schloss der Kläger mit einem Fitnessstudio in Essen einen Vertrag.
Am 09.01.2018 nahm die Beklagte den Kläger aus abgetretenem Recht in Anspruch. Dabei forderte sie offene Mitgliedschaftsbeiträge aus dem Vertrag des Klägers mit der G GmbH für den Zeitraum vom 09.01.2014 zum 08.06.2017 ein.
Daraufhin wandte sich der Kläger an die Beklagte und verlangte, dass diese erklären sollte diese Ansprüche nicht länger zu erheben. Dafür setzte er eine Frist bis zum 31.01.2018.
Der Kläger behauptet, er habe den Fitnessstudiovertrag schriftlich gekündigt. Diese habe er am 30.11.2011 und 07.02.2012 per Post an die Zedentin zugestellt. Diese Schreiben seien auch zugegangen. Zudem erhebt der Kläger die Einrede der Verwirkung.
Ursprünglich hat der Kläger angekündigt den Antrag zu stellen, das festgestellt wird, dass der Beklagten Ansprüche gegen den Kläger in Höhe von 905,67 Euro nicht zustehen. Im Prozess hat der Klägervertreter bezüglich der in Betracht kommenden Ansprüche der Beklagten aus 2014 die Einrede der Verjährung erhoben. Daraufhin, hat die Beklagte erklärt, dass sie nur noch einen Betrag von 690,55 Euro fordert.
Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 14.05.2018 den Rechtsstreit für einen Teilbetrag in Höhe von 215,12 Euro für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 28.05.2018 angeschlossen.
Der Kläger beantragt, dass festgestellt wird, dass der Beklagten Ansprüche gegen den Kläger in Höhe von 690,55 Euro nicht zustehen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Kündigungserklärung sei weder der G GmbH noch ihr zugegangen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist als negative Feststellungsklage zulässig.
Das notwendige Feststellungsinteresse ist gegeben. Ein rechtliches Interesse besteht, weil die Beklagte sich eines Anspruches gegen den Kläger berühmt und ihn deswegen auch bereits in Anspruch genommen hat. Zudem hat sie auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht erklärt, dass sie die Ansprüche nicht mehr geltend macht.
Die Klage ist auch begründet.
Der Beklagten stehen keine Ansprüche aus abgetretenem Recht gegen den Kläger aus dem Fitnessstudiovertrag des Klägers mit der G GmbH zu.
Das Gericht kann es dabei offen lassen, ob die Kündigung des Klägers der Zedentin zugegangen ist.
Jedenfalls steht einer Inanspruchnahme des Klägers durch die Beklagten der Rechtseinwand der Verwirkung entgegen. Aus diesem Grund kann die Beklagte keine Rechte aus dem ursprünglich geschlossenen Vertrag mehr herleiten.
Ein Recht ist verwirkt, wenn es längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat und einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht ausüben wird (vgl. Palandt 74. Auflage § 242 Rn. 87).
Nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB muss sich die Beklagte dann so stellen lassen, als wäre der Vertrag wirksam zum 31.01.2012 gekündigt worden. Jedenfalls sind ihre Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Kündigung zum 31.01.2012 ausgeschlossen.
Denn der Kläger durfte darauf vertrauen, dass die Kündigung gegenüber der G GmbH wirksam geworden ist. Erforderlich ist hierfür nach § 242 BGB, dass ein Zeitmoment und ein Umstandsmoment vorliegt (vgl. Palandt 74. Auflage § 242 Rn. 93 und 95).

Ein Zeitmoment liegt hier vor. Dabei kann keine abstrakte Zeitspanne zu Grunde gelegt werden. Es kommt viel mehr auf die Umstände des Einzelfalls an (Palandt § 242 Rn. 93). Hier macht die Beklagte Ansprüche aus einem Fitnessstudiovertrag geltend. Die letzte durchgeführte Abbuchung erfolgte im Januar 2012. Erst am 09.01.2018 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung von Mitgliedschaftsbeiträgen auf. Dies also sechs Jahre nach der letzten Zahlung. Grundsätzlich erfolgen Zahlungen für einen Vertrag mit einem Fitnessstudio monatlich. So auch im vorliegenden Fall. Hier verstrichen also 72 Zahlungstermine ohne dass die Zedentin oder die Beklagte sich an den Kläger gewendet hätten. Damit ist ein Zeitmoment gegeben.
Ebenso liegt ein Umstandsmoment vor. Die letzte ursprünglich eingezogene Rate vom 01.02.2012 wurde dem Kläger von der Zedentin unstreitig am 03.02.2012 zurück überwiesen. Dies geschah auch zu einem Zeitpunkt in dem der Kläger davon ausging, dass der Vertrag wirksam gekündigt worden sei. Der Kläger hat sich auch darauf eingerichtet, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird. Denn er hat einen neuen Vertrag mit einem anderen Fitnessstudio in einer anderen Stadt geschlossen. Der Kläger hat aber kein Interesse daran, mit mehreren Fitnessstudios einen inhaltsgleichen Vertrag abzuschließen – noch dazu in unterschiedlichen Städten. Zudem musste aus seiner Sicht die Rückerstattung des Betrages so wirken, als hätte die G GmbH seine Kündigung akzeptiert. Dieses Vertrauen wurde auch durch die verstreichende Zeit gestärkt.
Die Beklagte muss sich diese Einwendungen auch gemäß § 404 BGB entgegen halten lassen. Bereits zum Zeitpunkt der Abtretungsanzeige am 09.01.2018 war die Forderung verwirkt. Als Schuldnerschutzvorschrift ist § 404 BGB weit auszulegen und gilt auch für die Einrede der Verwirkung (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25.01.2007 – 15 W 309/06).
Der Beklagten war auch keine weitere Schriftsatzfrist einzuräumen. Denn insoweit enthält der Schriftsatz der Klägerseite vom 09.07.2018 keinen entscheidungserheblichen Sachvortrag mehr. Ausdrücklich stützt das Gericht die Entscheidung nicht auf den Zugang der Kündigung sondern die bereits vorher vom Klägervertreter erhobene Einrede der Verwirkung. Zu diesen Umständen bestand auch bereits ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. So dass es auf den weiteren Vortrag hier nicht mehr ankommt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91 a Abs. 1 ZPO.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des noch offenen Streitstandes beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Demnach trägt die Beklagte die Kosten, da sie in der Hauptsache vollständig unterlegen ist.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des teilweise übereinstimmend für erledigt erklärten Teils beruht auf § 91 a Abs. 1 ZPO.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen der Beklagten auch insoweit die Kosten aufzuerlegen.
Nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien bestehen an der ursprünglichen Berechtigung der Klageforderung in der Hauptsache keine Bedenken. Es war daher davon auszugehen, dass die beklagte Partei im Wesentlichen unterlegen wäre. Denn insoweit war der Klageanspruch verjährt. Zudem hätte auch ohne Erhebung der Einrede der Verjährung dieser Anspruch der Beklagten aufgrund der Einrede der Verwirkung nicht bestanden.
Auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 93 ZPO bestand kein Anlass, von dieser Kostenfolge abzusehen. Dessen Voraussetzungen, nämlich, dass kein Klageanlass bestanden hätte und sofort anerkannt bzw. erfüllt worden wäre, lagen hier nicht vor.
Vorliegend bestand Klageanlass, da die Beklagte trotz Aufforderungsschreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte nicht erklärt hat die Ansprüche aus dem Fitnessstudiovertrag nicht mehr geltend zu machen. Dies geschah, obwohl die Beklagte Kenntnis von den Umständen des Falles hatte. Insofern ist unschädlich, dass die Einrede der Verjährung erst im Prozess erhoben worden ist, da jedenfalls ein Anspruch sich auch unter den Gesichtspunkten der Verwirkung nicht bestand.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11 Var. 2, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf wie folgt festgesetzt:
Bis zum 14.05.2018: 905,67 Euro
Ab dem 15.05.2018: 690,55 Euro
Bei der Bestimmung des Streitwerts ist zu berücksichtigen, dass sich dieser bereits mit Eingang der teilweisen Erledigungserklärung bei Gericht reduziert (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.07.2009 – 21 W 24/09).