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Fitnessstudiovertrag – außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bei berufsbedingtem Wohnortswechsel?


Amtsgericht Aachen

Az: 111 C 31/12

Urteil vom 27.06.2012


Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt vorbehalten, die Vollstreckung der Beklagten abzuwenden, indem er Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen den Beklagten Forderungen aus der geschlossenen Nutzungsvereinbarung hinsichtlich des Fitnessstudios der Klägerin gelten.

Mit Wirkung ab Juli 2011 schloss der Kläger eine Mitgliedschaft in einem von der Beklagten in B-Stadt betriebenen Fitnessstudio mit einer Laufzeit von 24 Monaten ab zu einem Preis von € 999,00, zahlbar im Voraus, ab. Mit Schreiben vom 28.10.2011, zugegangen bei der Beklagten am selben Tag, kündigte der Kläger den Vertrag außerordentlich. Der Kläger berief sich auf einen Umzug von B-Stadt nach T-Stadt. Mit Schreiben vom 08.11.2011 bestätigte die Beklagte die Mitgliedschaft zum Ablauf der Grundlaufzeit am 11.06.2013 und verneinte das Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes.

Der Kläger behauptet, ihm sei bei Abschluss der Fitnessstudiovertrages von Mitarbeitern der Beklagten zugesagt worden, er könne bei einem Umzug zu einem mehr als 20 km entfernt liegenden Wohnort den Vertrag fristlos kündigen. Er ist der Ansicht, er habe den Fitnessstudiovertrag mit Schreiben vom 28.10.2011 wirksam fristlos gekündigt. Auf Grund beruflicher Umstände sei er zu dem Ortswechsel nach T-Stadt gezwungen gewesen. Da er das Fitnessstudio lediglich etwa fünf Monate genutzt habe, stehe ihm ein Anspruch auf Zahlung des auf die restlichen 19 Monate entfallenden Entgelts zu. Dieses beziffere er mit € 803,25.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 803,25 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung in Höhe von € 803,25 zu. Insbesondere besteht ein solcher Anspruch nicht nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Der zwischen den Parteien geschlossene Nutzungsvertrag ist durch die Kündigung des Klägers vom 28.10.2011 nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden.

Den Nachweis einer dahingehenden Abrede zwischen den Vertragsparteien, dass dem Kläger bei einem Umzug ein vertragliches Kündigungsrecht zustehen solle, konnte der insoweit beweisbelastete Kläger nicht erbringen. Nachdem der Kläger auf die Vernehmung der von ihm für diese Behauptung benannten Zeugen verzichtet hat, war eine Beweisaufnahme nicht durchzuführen.

Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Klägers bestand ebenfalls nicht. Der vom Kläger vorgetragene Wohnsitzwechsel stellt keinen außerordentlichen Kündigungsgrund dar. Ob sich das Recht des Klägers zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages mit der Beklagten nach § 626 BGB oder nach § 314 BGB richtet, kann dahinstehen. Die Anforderung an einen wichtigen Grund zur Kündigung des Rechtsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB und des § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB sind, wie sich aus dem Wortlaut der beiden Vorschriften ergibt, inhaltlich im Wesentlichen gleich. Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessenssphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und dem anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. BGH, NJW R 2011, 916, so auch BGH NJW 2012, 1431 ff). Der Gläubiger einer Dienstleistung, der die Leistung in Folge des Wohnsitzwechsels nicht mehr in Anspruch nehmen kann, hat zwar im Ausgangspunkt unter dem Blickwinkel der Vertragsparität ein nachvollziehbares Interesse daran, dem Leistungsanbieter kein Entgelt mehr zu entrichten. Jedoch trägt der Beklagte, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich das Risiko, den Vertrag auf Grund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Die Gründe für einen Wohnsitzwechsel sei es auch aus beruflicher Veranlassung, liegen allein in der Sphäre des Beklagten und sind allein von diesem, nicht jedoch auch von dem Anbieter der Leistung beeinflussbar. Anders als in den Fällen, in denen die Nutzungsvereinbarung wegen Krankheit außerordentlich gekündigt wird, hat der Kunde bei einem Wohnsitzwechsel selbst die Entscheidung getroffen, die ihm die Nutzung des Studios möglicherweise erschwert bzw. unzumutbar macht. Der Kunde nimmt anders als im Krankheitsfall selbst Einfluss auf die Änderung seiner persönlichen Verhältnisse und entscheidet sich in Kenntnis der sich aus dem Wohnungswechsel ergebenden erschwerten oder unter Umständen auch unzumutbaren Nutzungsmöglichkeiten bewusst hierfür.

Darüber hinaus ergibt sich ein Kündigungsrecht des Beklagten auch nicht aus § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB. Auch bei der Anwendung des § 313 BGB ist zu beachten, dass grundsätzlich jede Partei ihre aus dem Vertrag ersichtlichen Risiken selbst trägt. Insbesondere kann derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse, wie hier den Umzug selbst bewirkt hat, auf Grund dieser Änderung keine Rechte herleiten kann (vgl. BGH aaO). Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von diesen Grundsätzen rechtfertigen können, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

Kommt daher eine außerordentliche Kündigung des Klägers nicht in Betracht, ist seine Kündigung unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen als ordentliche Kündigung auszulegen.

Ein Anspruch auf Zahlung bereits entrichteter Mitgliedsbeiträge besteht nicht.

Die prozessualen Nebenentscheidungen basieren auf § 91 Abs. 1, §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Streitwert: € 803,25

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