OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
Az.: 9 U 192/99
Verkündet am 8. Mai 2000
Vorinstanz: LG Wuppertal – Az.: 17 O 130/99
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2000 für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 16. September 1999 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 14.045,52 DM nebst 4 % Zinsen vom 19. Februar 1999 an zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von dir Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Berufung der Kläger ist – bis auf einen geringen Teil des Zinsanspruches – begründet. Die Kläger können von der Beklagten wegen der Minderfläche des von ihnen erworbenen Grundstücks Zahlung von 14.045,52 DM verlangen (585,23 DM x 24 qm).
Das Zahlungsbegehren der Kläger ist nach Kaufrecht zu beurteilen. Hat der Veräußerer ein Grundstück mit einem darauf zu errichtenden Eigenheim zu übereignen, so handelt es sich um einen aus kauf- und werkvertraglichen Elementen bestehenden Mischvertrag. Soweit der Streit der Parteien allein um die vertragsgemäße Beschaffenheit von Grund und Boden geht, sind nur die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften anzuwenden (BGH WM 1984, 941, 942).
Das Zahlungsbegehren der Kläger ist als Gewährleistungsanspruch (sei es als Minderung oder Schadensersatz) gerechtfertigt, §§ 463 Satz 1, 462 BGB.
Wegen des vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschlusses in § 15 des Notarvertrages kommen Gewährleistungsansprüche der Kläger nur dann in Betracht, wenn die Beklagte die Größe des Grundstückes zugesichert hat; ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsausschluß erstreckt sich nämlich nicht auf eine im selben Vertrag gewährte Zusicherung (vgl. Palandt/Putzo, a.a.O., § 476, 3).
Die notarielle Vereinbarung.der Parteien enthält eine entsprechende Zusicherung der Beklagten.
Eine Zusicherung setzt voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft als Kaufsache übernimmt und damit die Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. Ob eine Zusicherung erfolgt ist, ist eine Frage der Auslegung, bei der das Verhalten des Verkäufers aus Sicht des Käufers unter Berücksichtigung seines Erwartungshorizontes bei objektiver. Würdigung der Umstände nach Treu. und Glauben zu bewerten ist (BGH NJW 1996, 2027; vgl. auch BGH NJW 1996, 1465, 1466): Hier sind zur Auslegung die vertraglichen Bestimmungen in § 1 und § 7 der notariellen Vereinbarung heranzuziehen. In § 7 haben die Parteien den Kaufgegenstand bestimmt als „das vorgenannte, noch zu vermessende Grundstück …“. § 7 verweist also auf § 1 der notariellen Vereinbarung. Dort ist das Grundstück beschrieben als „Teilfläche aus dem nachbenannten Grundbesitz in der ungefähren Größe von 176 qm“. Diese Flächenangabe bezieht sich daher auf den Kaufgegenstand und enthält eine Zusicherung seiner Größe. Dies ergibt eines Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung zum Verkauf noch zu vermessender Grundstücksteilflächen durch Bauträger entwickelten Grundsätze (vgl. BGH WM 1984, 941 und WM 1978, 1291). Die Vertragsgestaltung kann in solchen Fällen darauf ausgerichtet sein, das Vertrauen des Erwerbers in die weitestgehende Genauigkeit der Flächenangabe zu erwecken (BGH WM 1984, 941, 943).
So liegen die Dinge hier: Auch bei den Klägern als Käufern wurde durch den der notariellen Vereinbarung als Anlage beigefügten Lageplan, auf den wegen der Lage der verkauften Teilfläche Bezug genommen worden war, der Eindruck erweckt, als sei die Detailplanung der zu errichtenden Doppelhaushälften abgeschlossen und die im Vertragstext enthaltene Flächenangabe so exakt, wie in diesem Planungsstadium möglich, ermittelt worden (vgl. BGH WM 1984, 941, 942). Auch hier wurde durch die Flächenangabe im Vertragstext das Vertrauen der Kläger darauf erweckt, diese Angabe habe weitestgehende Genauigkeit. Die Kläger als Erwerber hatten keinen Anhaltspunkt anzunehmen, hinsichtlich der Einhaltung der angegebenen Grundstücksfläche würden außer den üblichen Vermessungsrisiken noch Unsicherheiten bestehen. Andererseits konnte die Beklagte als Verkäuferin nicht ohne weiteres erwarten, die Kläger als Erwerber seien bereit, eine noch so grobe Abweichung der wirklichen von der vertraglich genannten Flächengröße hinzunehmen (vgl. BGH WM 1984, 941, 943).
Der Annahme einer Zusicherung steht es nicht entgegen, dass es im Vertragstext heißt, der Grundbesitz habe die „ungefähre“ Größe von 176 qm. Diese „ungefähr“-Angabe steht dem Zusicherungscharakter nicht entgegen, da unter einer „bestimmten“ Größe im Sinne des § 468 Satz 1 BGB nicht nur ein absolutes Flächenmaß zu verstehen ist (BGH WM 1984, 941, 942 und WM 1978, 1291, 1292); mit einer solchen Forderung entfiele jede Größenzusicherung beim Verkauf einer noch nicht vermessenen, aber durch Bezeichnung ihrer Grenzpunkte in der Natur oder durch einen Lageplan genau festgelegten Grundstücksfläche. Bei dem Gewicht, das die Flächengröße für die Preisbildung, aber auch für die Verwendung des Kaufobjektes haben kann, wäre eine so weitgehende Beschränkung der Verpflichtungsfreiheit des Verkäufers nicht vertretbar (BGH WM 1978, 1291, 1292) .
Auch der Notarurkunde beigefügte zweite Lageplan spricht nicht gegen die Annahme einer Zusicherung. Dieser weitere Lageplan, der die qm-Angabe von 152 qm enthält (GA 43), ist gemäß § 3 der Notarurkunde in Bezug genommen zur Bestimmung des Leistungsumfanges der Werkleistung (Errichtung des Bauvorhabens), weil die Terrasse abweichend von der Baubeschreibung in einer Größe von 28 qm errichtet werden sollte. Dass die dort – also in anderem Zusammenhang angegebene abweichende Grundstücksfläche den Klägern aufgefallen und ihnen die Abweichung von der im Vertragstext zuvor deutlich hervorgehobenen Grundstücksgröße bewußt geworden ist, läßt sich nicht feststellen. Auch der in diesem Zusammenhang in § 1 in Bezug genommene Lageplan enthält keine Flächenangabe. Er enthält darüber hinaus auch durch seine zeichnerische Darstellung keine verbindliche Bestimmung des Leistungsinhaltes.
Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren und Beschwer der Beklagten: 14.045,52 DM.