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Flugbeförderungsvertrag – Rechtswahlklausel in AGB Fluggesellschaft

AG Köln – Az.: 142 C 616/18 – Beschluss vom 19.05.2020

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt (§ 91a ZPO).

Der Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Herr A. N. (im Folgenden Fluggast) buchte unter der Buchungsnummer XX1X bei der Beklagten Flüge mit der Flugnummer YY111 vom 15.09.2017 und Flugnummer YY 222 vom 17.09.2017 von Köln-Bonn nach Kopenhagen und zurück. Der Flug wurde seitens des Fluggastes trotz vorheriger Entrichtung des vollen Flugpreises nicht angetreten. Eine gesonderte Ausweisung in Höhe der jeweils entrichteten Steuern und Gebühren erfolgte in der Buchungsbescheinigung nicht. Der Fluggast wandte sich an die Klägerin und bevollmächtigte diese am 10.09.2017 in seinem Namen die Flüge bei der Beklagten zu stornieren. Gleichzeitig trat der Fluggast mögliche Rückforderungsansprüche, die sich aus dem Nichtantritt des Fluges gegen die Beklagte ergeben, an die Klägerin ab. Sodann stornierte die Klägerin am 10.09.2017 den Flug namens und in Vollmacht des Fluggastes und verlangte die durch den Nichtantritt des Fluges nicht angefallenen Steuern und Gebühren wieder zurück. Die Beklagte erklärte sich nicht zu dem Betrag der angefallenen Steuern und Gebühren.

Mit der Buchung wurden die folgenden Allgemeinen Beförderungsbedingungen (im Folgenden: ABB) der Beklagten Vertragsbestandteil:

Art. 15.4:

„Die Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen gegen uns ist ausschließlich an natürliche Personen zulässig, die in Ihrer Flugbuchung als weitere Fluggäste mit aufgeführt sind oder, falls Sie Teilnehmer einer Reisegruppe sind, an andere Fluggäste dieser Reisegruppe, sowie bei minderjährigen und geschäftsunfähigen Fluggästen an ihre gesetzlichen Vertreter. Im Übrigen ist die Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen gegen uns an Dritte ausgeschlossen. Das Abtretungsverbot gilt nicht bei außervertraglichen Schadensersatzansprüchen gegen uns sowie in Fällen, in denen die Abtretung bzw. der Forderungsübergang gesetzlich vorgesehen ist oder wenn zwingende Umstände, die in der Person des Fluggastes selbst begründet sind, dies erfordern.“

Art. 4.2.1:

„Flughafen-Abfertigungsgebühren, Sicherheitsabgaben, sämtliche vom Staat eingehobene Steuern (einschließlich aber nicht beschränkt auf Großbritanniens Fluggaststeuer) sowie von uns verrechnete Abgaben für Leistungen im Zusammenhang mit einem von uns betriebenen und von Ihnen in Anspruch genommenen Flug, müssen von Ihnen in der am Zeitpunkt Ihrer Buchung geltenden Höhe entrichtet werden.

Wenn Sie die Reise nicht antreten, können Sie innerhalb eines Monats schriftlich die vollständige Rückerstattung der bezahlten staatlichen Steuern beantragen. Dafür fällt lediglich eine Verwaltungsgebühr für die Erstattung staatlicher Steuern in der in unserer Gebührentabelle festgesetzten Höhe an. Alle übrigen Entgelte sind nicht rückerstattbar.“

Die Klägerin ist der Auffassung gewesen, dass deutsches Recht anwendbar sei und ein Anspruch auf Offenlegung der Steuern und Gebühren nach VO 1008/2008/EG bestehe. Weiterhin ist die Klägerin der Ansicht gewesen, dass ihr ein Rückerstattungsanspruch der Steuern und Gebühren zustehe, die von der Fluggesellschaft nicht abgeführt werden müssten. Darüber hinaus ist die Klägerin der Ansicht gewesen, dass keine Bearbeitungsgebühr von diesem Rückerstattungsanspruch abgezogen werden dürfe. Sie ist auch der Auffassung gewesen, die Abtretung sei wirksam erfolgt. Schließlich ist sie der Ansicht gewesen, dass eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Rückforderungsansprüche von einem Monat unwirksam sei.

Mit der am 23.11.2018 bei Gericht eingegangenen Stufenklage hat die Klägerin beantragt,

1.  Die Beklagte zu verurteilen, offen zu legen, in welcher Höhe Steuern und Gebühren bei den Flugbuchungen YY 111 15.09.2017 und YY 222 17.09.2017 zur Buchungsnummer XX1X angefallen sind sowie

2.  die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin diese Steuern und Gebühren vollumfänglich nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Ablauf der jeweiligen Fristsetzung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, Art. 2.4 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen habe den folgenden Wortlaut gehabt:

Flugbeförderungsvertrag - Rechtswahlklausel in AGB Fluggesellschaft
(Symbolfoto: Von Bogac Erkan/Shutterstock.com)

„Sofern das Übereinkommen oder einschlägigen Gesetze nichts anderes vorsehen, unterliegen Ihr Beförderungsvertrag, diese Beförderungsbestimmungen und unsere Regelungen dem Irischen Recht.“

Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, dass bei der Buchung die Allgemeinen Beförderungsbedingungen auch hinsichtlich Art. 2.4 in den Beförderungsvertrag wirksam einbezogen worden sei. Sie ist der Ansicht gewesen, dass die Rechtswahlabrede zu irischem Recht wirksam vereinbart worden sei. Darüber hinaus ist sie der Auffassung gewesen, dass nach irischen Recht eine Abtretung der streitgegenständlichen Ansprüche unwirksam sei.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 24.10.2019 die Steuern und Gebühren für die streitgegenständliche Buchung offengelegt und darüber hinaus den Klageantrag zu 2. anerkannt. Mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 03.02.2020 hat das Gericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 35,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2017 zu zahlen.

Die Parteien haben den Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrages zu 1.) in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II.

Nach § 91a ZPO sind die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.

Dies entspricht der Billigkeit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands. Die Beklagte wäre nach bisherigem Sach- und Streitstand hinsichtlich des Klageantrages zu 1.) unterlegen. Der Klägerin stand ein Auskunftsanspruch aus abgetretenem Recht des Fluggastes nach §§ 242, 398 S. 2 BGB in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO (EG) 1008/2008 zu.

Zunächst ist festzustellen, dass vorliegend deutsches Recht Anwendung findet. Dabei kann dahinstehen ob Art. 2.4 der ABB mit dem irisches Recht gewählt wurde, wirksam in den Beförderungsvertrag einbezogen wurde; denn die Vereinbarung der Anwendung von irischem Recht in den ABB der Beklagten ist wegen Verstoßes gegen die Richtlinie EG 93/13 (Klausel-RL) und wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a) ROM-II-VO unwirksam.

Die seitens der Beklagten ausbedungene Rechtswahl in Art. 2.4 ABB ist irreführend, intransparent und daher rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der Klausel-RL.

Die Wirksamkeit einer Rechtswahlklausel bestimmt sich nach dem Vertragsstatut, das nach den Regeln des internationalen Schuldvertragsrechts zu ermitteln ist. Gemäß Art. 3 Abs. 5 ROM-I-VO in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 ROM-I-VO bestimmt sich also die Wirksamkeit der Rechtswahlklausel grundsätzlich nach dem Recht des Staates, das zur Anwendung käme, wenn die Rechtswahlklausel wirksam wäre. Vorliegend käme irisches Recht zur Anwendung, wenn die Rechtswahlklausel wirksam wäre. Insofern bestimmt sich die Wirksamkeit der Rechtswahlklausel zwar grundsätzlich nach irischem Recht. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass zum Kontrollmaßstab der Rechtswahlklauseln auch und insbesondere die Klausel-RL zählt. Insoweit geht die Klausel-RL gemäß Art. 23 ROM-I-VO als spezielleres Gesetz vor (Makowski, NJW 2016, 2705 (2706)). Eine Rechtswahlklausel muss daher den Anforderungen der Klausel-RL, insbesondere den Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der Klausel-RL, genügen.

Diesen Voraussetzungen hält die Rechtswahlklausel in Art. 2.4 S. 1 ABB der Beklagten hingegen nicht Stand.

Art. 2.4 erweist sich zunächst als intransparent nach Art. 3 und Art. 5 der Klausel-RL.

Nach Art. 3 S. 1 der Klausel-RL ist eine Rechtswahlklausel unwirksam, wenn sie treuwidrig zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte des Verbrauchers darstellt. Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Klausel-RL sind Rechtswahlabreden gegenüber Verbrauchern nicht nur auf ihre inhaltliche Angemessenheit, sondern auch auf ihre Transparenz hin zu kontrollieren, die sich an Art. 5 S. 1 der Klausel-RL bemisst. Art. 5 S. 1 der Klausel-RL sieht vor, dass Klauseln, die dem Verbraucher in Verträgen unterbreitet werden, stets klar und verständlich abgefasst werden müssen. Unter einer klaren und verständlichen Abfassung im Sinne des Art. 5 S. 1 der Klausel-RL ist zu verstehen, dass insbesondere auch das regelmäßig vorherrschende Informationsgefälle zwischen Verbraucher und Unternehmer zu berücksichtigen ist (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.12.2017 – 2-24 O 8/17, Rn. 25).

Dem wird die von der Beklagten verwendete Klausel nicht gerecht. Bereits die Formulierung von Art. 2.4 S. 1 der ABB der Beklagten lässt erhebliche Auslegungsspielräume zu. So findet sich in dieser Rechtswahlklausel der Begriff „einschlägige Gesetze“, der sich allein anhand der ABB nicht näher bestimmen lässt. Außerdem wird in den ABB der Beklagten auf ein „Übereinkommen“ verwiesen, worunter ausweichlich der Begriffsbestimmungen in Art. 1 der ABB der Beklagten lediglich das Übereinkommen von Montreal aus dem Jahr 1999 gemeint sein soll. Diese beiden Begrifflichkeiten „einschlägige Gesetze“ sowie „Übereinkommen“ bilden vorliegend den Anknüpfungspunkt für die Transparenzkontrolle sowie einer möglichen Irreführung. Anhand der bezeichneten Begrifflichkeiten ergeben sich aber für einen durchschnittlichen Leser ohne juristische Vorkenntnisse erhebliche Schwierigkeiten, was genau darunter zu verstehen ist. So fehlt dem Leser bereits jeglicher Anhaltspunkt, aus welcher Rechtsordnung diese Gesetze zu entnehmen sind und darüber hinaus auch welche Gesetze im Einzelnen gemeint sein könnten. Außerdem würde ein juristischer Laie beim Lesen der ABB der Beklagten das „Übereinkommen“ entsprechend der Begriffsbestimmung der Beklagten ohne Einschränkungen lediglich auf das Übereinkommen von Montreal beschränken. Dass mit „einschlägige Gesetze“ und „Übereinkommen“ hingegen deutlich mehr gemeint sein muss, als sich durch oberflächliches Lesen ergibt, bleibt für den Klauselgegner ohne juristische Vorkenntnisse verschleiert.

Darüber hinaus ist die abschließende Aufführung von „einschlägige Gesetze“ und „Übereinkommen“ irreführend im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Klausel-RL. Mit dem Hinweis auf „einschlägige Gesetze“ sowie dem Hinweis auf das „Übereinkommen“ ist dem von der Beklagten bei der Gestaltung der ABB zu beachtenden Gebot, dass auch solche bindenden Rechtsvorschriften Erwähnung finden müssen, die auf die Wirksamkeit der Rechtswahlklausel Einfluss haben  können, nicht hinreichend Rechnung getragen worden, nicht Genüge getan, da auch die EG VO 261/2004 (Fluggastrechte-VO) die Rechtswahl beeinflusst.

Dem durchschnittlichen Leser muss, damit die Klausel nicht irreführend ist, hinreichend deutlich werden, welches bindende Recht im Einzelnen die Rechtswahlabrede beeinflussen könnte. Gemäß der Amazon-Rechtsprechung des EuGH muss der Klauselgegner daher zumindest auf das bindende Recht hinweisen, das der Wirksamkeit der Rechtswahlabreden entgegenstehen könnte (EuGH, Urt. v. 28.07.2016 – C-191/15).

Das ist hier nicht geschehen. So wird der Leser an keiner Stelle ausdrücklich darüber informiert, dass auch die Fluggastrechte-VO die Rechtswahlabrede einschränken könnte. Es darf auch nicht angenommen werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher ohne juristische Vorkenntnisse die Fluggastrechte-VO unter den Begriff „einschlägige Gesetze“ oder „Übereinkommen“ fasst, insbesondere nicht, wenn mit dem „Übereinkommen“ scheinbar nur das Übereinkommen mit Montreal verstanden werden soll. Nun ist aber die Fluggastrechte-VO zentrales Einheitsrecht für den Verbraucherschutz, der insbesondere auch die Anwendbarkeit irischen Rechts verdrängt. Hinzu kommt, dass es einem durchschnittlicher Verbraucher ohne juristischer Vorkenntnisse anhand der gewählten Formulierung in den ABB der Beklagten deutlich erschwert wird, ohne das Wissen, dass dieses bindende Recht die Rechtswahlabrede einschränken könnte, eine solche Klausel zu überprüfen und selber zu dem Ergebnis zu gelangen, dass diese nicht mit bindendem Recht vereinbar ist. Die Beklagte verschleiert insoweit die Rechtslage, wodurch dem Verbraucher wesentliche Verbraucherrechte vorenthalten werden. Dies widerspricht dem Grundgedanken des Verbraucher- und Kundenschutzes in erheblicher Weise. Insofern ist die Klausel also auch wegen der unklaren bzw. unvollständigen Formulierung in Art. 2.4 S. 1 der ABB der Beklagten intransparent und irreführend und damit unwirksam.

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Der Feststellung der Irreführung wegen fehlenden Hinweises steht nicht entgegen, dass sich die Rechtsprechung des EuGH nur auf die Informationspflichten nach Art. 6 Abs. 2 ROM-I-VO bezieht, von denen Personenbeförderungsverträge gemäß Art. 6 Abs. 4 lit. b) ROM-I-VO aber aus ausgenommen sind, sofern sie sich nicht als Teil einer Pauschalreise darstellen. Die vom EuGH entwickelten Grundsätze sind vielmehr übertragbar.

Zunächst zitiert der EuGH in seiner Entscheidung nicht das allein aus Art. 6 Abs. 2 ROM-I-VO geltende Günstigkeitsprinzip, sondern er zitiert Art. 6 Abs. 2 ROM-I-VO allgemein. Zwar folgt die Informationspflicht im vorliegenden Fall nicht aus Art. 6 Abs. 2 ROM-I-VO, sondern aus Art. 5 Abs. 2 UAbs. 2 ROM-I-VO, jedoch dient auch diese Rechtswahlbeschränkung dem Schutz der Verbraucher, wie es sich Erwägungsgrund 32 zur ROM-I-VO entnehmen lässt. Demnach muss auch hierfür außerhalb der Verbraucherverträge im Sinne von Art. 6 ROM-I-VO der Kontrollmaßstab der Klausel-RL gelten. Somit soll der Verbraucher darüber informiert werden, dass auch wenn ausländisches Recht gewählt wurde, ein gewisser Schutz dem Verbraucher durch zwingendes Aufenthaltsrecht dem Verbraucher nicht entzogen werden darf. Richtig ist, dass die Klausel-RL von ihrem Schutzgehalt lediglich Verbraucher umfasst, unabhängig davon, dass die in Rede stehende Klausel auch für Unternehmer gilt. Der durch die Klausel-RL gewährte Schutz soll hingegen als Mindestmaß für alle EU-Mitgliedstaaten gelten und gemäß Art. 3 Abs. 5 ROM-I-VO in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 ROM-I-VO gilt für Vertragsfragen irisches Recht, sodass sich auch Irland als Mitgliedstaat der Europäischen Union an den Mindeststandard der Klausel-RL zu orientieren hat.

Mithin lassen sich die Grundgedanken der Amazon-Doktrin auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen (so auch LG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.12.2017 – 2-24 O 8/17, Rn. 26; AG Bühl, Teilurt. v. 11.11.2019 – 2 C 106/19, Rn. 13; Staudinger, jM 2019, 134 (134 f.), Bl. 124 d. A.). Dass die Klägerin dabei als juristische Person selbst nicht als Verbraucherin im Sinne von § 13 BGB handelt, spielt insofern keine Rolle, da lediglich der Zeitpunkt der Buchung von Bedeutung ist, bei dem der Fluggast unstreitig als Verbraucher im Sinne des BGB handelte.

Darüber hinaus verstößt die Rechtswahlklausel gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a) ROM-II-VO zu erkennen.

Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a) ROM-II-VO besagt, dass eine Rechtswahl für Fälle außervertraglicher Schuldverhältnisse erst nach Eintritt des schädigenden Ereignisses in Betracht kommt.

Die Klausel 2.4 der Beklagten könnte jedoch auch dahingehend ausgelegt werden, dass sie auch außervertragliche Schuldverhältnisse umfassen soll. Zwar enthält die Klausel keine Formulierungen wie „sämtliche Rechtsbeziehungen“ worunter ohne Zweifel auch außervertragliche Schuldverhältnisse im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a) ROM-II-VO zu fassen wären, jedoch enthält beispielsweise Art. 15.4 der ABB einen eindeutigen Ausschluss von außervertraglichen Schadensansprüchen („Das Abtretungsverbot gilt nicht bei außervertraglichen Schadensersatzansprüchen gegen uns […]“ (Bl. 43 d. A.)), woraus man schließen könnte, dass diese dann nicht ausgeschlossen sein sollen, wenn es nicht ausdrücklich in der Klausel enthalten ist. Daraus kann geschlossen werden, dass der Klauselsteller außervertragliche Ansprüche ebenfalls dem irischen Recht unterstellen will. Dies lässt sich hingegen nicht mit Art. 14 Abs. 1 S. 1 lit. a) ROM-II-VO vereinbaren und ist folglich jedenfalls Verbrauchern gegenüber unwirksam. (Staudinger, jM 2019, 134 (137 f.); Bl. 128 d. A.).

Aufgrund der insgesamt unwirksamen Rechtswahlabrede in Art. 2.4 der ABB der Beklagten bestimmt sich das anwendbare Sachrecht nach Art. 5 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 ROM-I-VO. Dies ist vorliegend deutsches Recht.

Nach Art. 5 Abs. 2 UAbs. 1 S. 1 ROM-I-VO ist das Recht des Staats entscheidend, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern sich in diesem Staat auch der Abgangsort oder Bestimmungsort befindet.

Der gewöhnliche Aufenthalt des Fluggastes als der zu befördernden Person befand sich gemäß seines Wohnsitzes in Deutschland. Dort lag auch der Abflugsort der Flugbeförderung.

Richtet sich das Bestehen eines dem Fluggast zustehenden Auskunftsanspruches nach deutschem Recht, so ergibt sich der Anspruch auf Auskunft hinsichtlich der angefallenen Steuern und Gebühren aus § 242  BGB in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO (EG) 1008/2008.

Nach Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO (EG) 1008/2008 sind Luftfahrtunternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, stets offen zu legen, in welcher Höhe Steuern und Gebühren bei den jeweiligen Fluggästen für den gebuchten Flug angefallen sind (LG Köln, Teilurteil v. 14.02.2019 – 20 O 272/19, Rn. 20, zitiert nach juris). Die Verpflichtung des Vertragspartners zur Erteilung derjenigen Auskünfte, die der andere Partner zur Berechnung seiner vertraglichen Leistungsansprüche bedarf, ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGb (BGH, Urt. v. 28.10.1953 – II ZR 149/52; LG Köln, Teilurteil v. 14.02.2019 – 20 O 272/19, Rn. 2, jeweils zitiert nach juris).

Danach ist die Beklagte dem Fluggast gegenüber zur Auskunft verpflichtet.

Aufgrund einer wirksamen Abtretung des Auskunftsanspruches des Fluggastes an die Klägerin gemäß § 398 BGB bestand  die Verpflichtung zu einer Auskunft im Sinne von Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO (EG) 1008/2008 gegenüber der Klägerin. Das in Art. 15.4 der ABB enthaltene Abtretungsverbot der Beklagten steht dem nicht entgegen. Sie stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB dar und verstößt gegen § 307 Abs. 1 BGB.

Ein Abtretungsverbot muss einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhalten, um einer Forderungsabtretung entgegenstehen zu können. Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Klausel unangemessen benachteiligend, wenn der Klauselverwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.

Vorliegend stellt die Beklagte ihr Interesse an einer Unabtretbarkeit der Forderungen über das Interesse des Klauselgegners ohne ihr schützenswertes Interesse an einem Abtretungsverbot darzulegen oder zu begründen, weswegen ihr Interesse dasjenige Interesse des Kunden an der Abtretbarkeit vertraglicher Forderungen überwiegt. Darüber hinaus ist ein solches Interesse der Beklagten auch nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung der Beklagten, obliegt es nicht der Klägerin, darzulegen, dass sie ein Interesse an der Abtretung hat, sondern es ist vielmehr zunächst Sache der Beklagten als Klauselverwenderin darzulegen, welche geschützten Interessen einer Abtretung entgegenstünden.

Auch die in Art. 4.2.1 der ABB vereinbarte Ausschlussfrist von einem Monat steht dem Auskunftsanspruch der Klägerin vorliegend nicht entgegen. Die Klausel verstößt wegen Unklarheit gegen § 305c Abs. 2 BGB und stellt sich ebenfalls als unangemessen benachteiligend gemäß § 307 BGB dar.

Die Klausel erweist sich als missverständlich im Sinne von § 305 c BGB. So widersprechen sich Satz 2 und Satz 3 der Art. 4.2.1 der ABB inhaltlich, soweit in Satz 2 zunächst die Beantragung der „vollständigen Rückerstattung der bezahlten staatlichen Steuern“ für den Fall des Nichtantritts der Reise in Aussicht gestellt wird und diese vollständige Rückerstattung in Satz 3 wieder dadurch eingeschränkt wird, dass eine Verwaltungsgebühr „in der in unserer Gebührentabelle festgesetzten Höhe“ in Abzug gebracht werden soll (Bl. 42 d. A.). Zunächst sind nach der Formulierung der Klausel keine Fälle denkbar, in denen eine Verwaltungsgebühr nicht anfallen könnte, wodurch die Bezeichnung „vollständige Rückerstattung“ für den Verbraucher schlichtweg irreführend ist, wenn dieser Fall niemals eintreten kann. Außerdem ist es für den Verbraucher auch nicht einsehbar und insofern nicht nachvollziehbar, in welcher Höhe diese Verwaltungsgebühr in der „in unserer Gebührentabelle festgesetzten Höhe“ ausfällt. So lässt sich der Klausel nicht entnehmen, wo eine entsprechende Tabelle für den Verbraucher zu finden und einzusehen ist.

Darüber hinaus ist diese Klausel auch wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

So ist weder vorgetragen noch ersichtlich, weswegen eine Ausschlussfrist von einem Monat, die zudem erheblich kürzer ist als die allgemeine Verjährungsfrist für den Klauselsteller ohne entsprechenden Ausgleich von unverzichtbarer Bedeutung sein soll.

Die Kosten waren danach der Beklagten aufzuerlegen.

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