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Fluggastrechteverordnung – Ausschluss eines Rückerstattungsanspruchs

Ein Albtraum für jeden Urlauber: Der Flug wird annulliert und der Reiseveranstalter geht pleite. Kann man dann sein Geld direkt von der Fluggesellschaft zurückfordern? Das Landgericht Frankfurt hatte über diese brisante Frage zu entscheiden. Im Kern ging es um die Reichweite des Pauschalreiserechts im Fall einer Insolvenz.

Übersicht:

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2/24 S 123/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Frankfurt am Main
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Fluggastrechte, Pauschalreiserecht, Insolvenzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Kläger, ein Fluggast, der eine Reise inklusive Flug über einen Vermittler/Veranstalter buchte.
  • Beklagte: Die Beklagte, das Luftfahrtunternehmen, dessen Flüge annulliert wurden.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger buchte Flüge und weitere Reiseleistungen für eine Reise über einen Reisevermittler/Veranstalter. Die Flüge wurden annulliert, und der Vermittler/Veranstalter wurde zahlungsunfähig. Der Kläger forderte daraufhin den Flugpreis vom Luftfahrtunternehmen zurück.
  • Kern des Rechtsstreits: War der Anspruch auf Flugpreiserstattung gegen das Luftfahrtunternehmen ausgeschlossen, weil die Flüge Teil einer Pauschalreise waren und ein Anspruch gegen den insolventen Reiseveranstalter bestand?

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts wurde zurückgewiesen. Das Urteil des Amtsgerichts, das die Klage auf Erstattung des Flugpreises abwies, bleibt bestehen.
  • Begründung: Das Gericht begründete dies damit, dass ein Anspruch aus der Fluggastrechteverordnung ausgeschlossen ist, wenn ein Anspruch nach Pauschalreiserecht gegen den Reiseveranstalter besteht. Dies gilt auch, wenn der Reiseveranstalter insolvent ist. Die Buchung erfüllte die Kriterien einer Pauschalreise, unabhängig von der Bezeichnung des Vermittlers.
  • Folgen: Der Kläger erhält den Flugpreis nicht vom Luftfahrtunternehmen erstattet, sondern muss seine Forderung im Insolvenzverfahren des Reiseveranstalters oder gegen dessen Versicherung geltend machen.

Der Fall vor Gericht


Flugannullierung bei Pauschalreise: Landgericht verneint Erstattungsanspruch gegen Airline trotz Insolvenz des Reiseveranstalters

Ein komplexer Rechtsstreit um die Erstattung von Flugkosten nach einer pandemiebedingten Annullierung beleuchtet die schwierige Abgrenzung zwischen Reisevermittlern und Reiseveranstaltern sowie die Rechte von Fluggästen im Rahmen von Pauschalreisen, insbesondere wenn der Veranstalter insolvent wird.

Frustrierter Reisender vor Laptop mit Flugannullierungs-Mail, Peru-Reiseführer, Globus, wegen Covid-19 Reiseprobleme.
Corona-Pandemie führt zu Flugannullierung: Reisender fordert Rückerstattung bei insolventem Vermittler. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Landgericht Frankfurt am Main musste klären, ob ein Reisender sein Geld für annullierte Flüge direkt von der Fluggesellschaft zurückfordern kann, wenn die Flüge Teil einer Pauschalreise waren und der zuständige Reiseveranstalter zahlungsunfähig ist.

Buchung von Flug und Rundreise über Reisebüro: Ausgangslage des Rechtsstreits

Im März 2020 buchte eine Kundin für sich und einen Mitreisenden bei einem Anbieter in Heidelberg eine Reise nach Peru. Diese Buchung umfasste nicht nur die Flüge mit einer bestimmten Fluggesellschaft von Frankfurt über Madrid nach Lima und zurück, sondern auch eine 11-tägige Rundreise („Amazon to the Andes“), die von einem Drittunternehmen durchgeführt werden sollte, sowie zwei sogenannte Cash-Cards. Die Gesamtkosten beliefen sich auf über 8.000 Euro, wovon knapp 2.000 Euro auf die Flüge entfielen. Der Mitreisende, der spätere Kläger in diesem Fall, bezahlte den Flugpreisanteil an den Anbieter.

Ein entscheidender Punkt war, dass der Anbieter in seiner Buchungsbestätigung, die auch die E-Tickets enthielt, mehrfach darauf hinwies, lediglich als „Vermittler“ der einzelnen Leistungen zu agieren. Ausdrücklich wurde vermerkt, dass die gebuchten Leistungen „nicht Bestandteil einer Pauschalreise“ seien und der Reisende daher keinen Anspruch auf die besonderen Schutzrechte des EU-Pauschalreiserechts habe.

Annullierung der Flüge und Reise wegen Corona-Pandemie: Streit um Flugpreiserstattung

Aufgrund der beginnenden Corona-Pandemie wurden im Frühjahr 2020 sämtliche gebuchten Flüge von der Fluggesellschaft annulliert. Auch der Anbieter teilte den Reisenden mit, dass die gesamte Reise abgesagt werden müsse. Ende Mai 2020 kontaktierte die Fluggesellschaft den Reisenden per E-Mail und bot ihm Umbuchungsmöglichkeiten oder einen Reisegutschein an. Eine direkte Rückerstattung des Flugpreises wurde jedoch nicht angeboten.

Der Reisende forderte die Fluggesellschaft im September 2020 schriftlich zur Erstattung der Flugkosten auf, blieb jedoch erfolglos. Die Situation verkomplizierte sich erheblich, als über das Vermögen des Anbieters, bei dem die Reise gebucht worden war, das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Reisende meldete seine Forderung daraufhin zur Insolvenztabelle an, doch die Insolvenzverwalterin bestritt die Forderung. Auch eine möglicherweise für die Insolvenzabsicherung zuständige Versicherung lehnte eine Leistungspflicht ab.

Klage gegen die Fluggesellschaft: Wer muss den Flugpreis erstatten?

Da der Reisende weder vom Anbieter (wegen Insolvenz) noch von der Versicherung sein Geld zurückerhielt, verklagte er die Fluggesellschaft auf Zahlung der knapp 2.000 Euro Flugkosten zuzüglich Zinsen. Zunächst reagierte die Fluggesellschaft nicht auf die Klage, weshalb das Amtsgericht Frankfurt am Main ein Versäumnisurteil gegen sie erließ. Dagegen legte die Fluggesellschaft jedoch fristgerecht Einspruch ein.

Vor dem Amtsgericht argumentierte der Reisende, der Anbieter sei, wie in den Unterlagen ausgewiesen, nur Vermittler gewesen. Daher sei die Fluggesellschaft als Vertragspartnerin für die Beförderung zur Rückerstattung verpflichtet. Zudem wertete er die E-Mail der Fluggesellschaft vom Mai 2020 als Anerkenntnis der Schuld.

Die Fluggesellschaft bestritt ihre Zahlungspflicht. Sie wandte zunächst ein, nicht den vollen vom Reisenden geforderten Betrag vom Anbieter erhalten zu haben, da ein Teil davon eine Servicegebühr des Anbieters gewesen sei. Hauptsächlich argumentierte die Fluggesellschaft jedoch, dass sie nicht der richtige Anspruchsgegner sei (fehlende Passivlegitimation). Es habe sich bei der Buchung um eine Pauschalreise gehandelt, bei der der Anbieter als Reiseveranstalter aufgetreten sei. Gemäß den europäischen Fluggastrechten und dem Pauschalreiserecht müsse sich der Reisende daher ausschließlich an den Reiseveranstalter halten, auch wenn dieser insolvent sei.

Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt: Abweisung der Klage wegen Pauschalreise

Das Amtsgericht Frankfurt am Main folgte der Argumentation der Fluggesellschaft, hob das Versäumnisurteil auf und wies die Klage des Reisenden ab. Die Begründung stützte sich maßgeblich auf Art. 8 Abs. 2 der Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004. Diese Regelung schließt einen direkten Erstattungsanspruch des Fluggastes gegen die Fluggesellschaft aus, wenn der annullierte Flug Teil einer Pauschalreise war und dem Reisenden ein Erstattungsanspruch gegen den Reiseveranstalter nach dem Pauschalreiserecht zusteht (umgesetzt in Deutschland u.a. in § 651h BGB).

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es sich bei der Buchung tatsächlich um eine Pauschalreise im Sinne des § 651a BGB gehandelt habe. Es wurden mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen (Flugbeförderung und mehrtägige Rundreise als sonstige touristische Leistung) für den Zweck derselben Reise kombiniert. Unerheblich sei dabei, dass die Leistungen möglicherweise auf Wunsch des Reisenden individuell zusammengestellt wurden.

Den wiederholten Hinweis des Anbieters, nur als Vermittler tätig zu sein, wertete das Gericht als unbeachtlich. Gemäß § 651b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB wird ein Unternehmer nämlich auch dann zum Reiseveranstalter, wenn der Reisende in dessen Vertriebsstelle verschiedene Reiseleistungen für dieselbe Reise im Rahmen eines einzigen Buchungsvorgangs auswählt, bevor er sich zur Zahlung verpflichtet. Genau dies sei hier geschehen. Auf die Bezeichnung als „Vermittler“ komme es dann nicht mehr an. Die E-Mail der Fluggesellschaft wurde nicht als Anerkenntnis gewertet.

Berufung beim Landgericht Frankfurt: Streit um Pauschalreise-Status und Erstattungsanspruch

Der Reisende legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung beim Landgericht Frankfurt am Main ein. Er hielt die Annahme einer Pauschalreise für falsch und betonte erneut die ausdrücklichen Erklärungen des Anbieters, nur als Vermittler zu agieren. Er argumentierte, das deutsche Recht erlaube unter Berufung auf die Privatautonomie (Art. 2 GG) durchaus, dass Reisende bewusst auf den Schutz des Pauschalreiserechts verzichten und stattdessen einzelne Leistungen vermitteln lassen (§ 651w BGB). Er verfolgte weiterhin seine Ansprüche aus einem vermeintlichen Anerkenntnis sowie aus einem Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) zwischen dem Anbieter und der Fluggesellschaft. Im Berufungsverfahren trug er zudem vor, dass die ursprüngliche Buchende ihm ihre Ansprüche abgetreten habe.

Die Fluggesellschaft beantragte die Zurückweisung der Berufung und verteidigte das Urteil des Amtsgerichts. Sie blieb dabei: Es war eine Pauschalreise, der Anspruch richtet sich gegen den Reiseveranstalter. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-163/18) betonte sie, dass ein bestehender Anspruch gegen den Reiseveranstalter den Anspruch gegen die Fluggesellschaft ausschließe, selbst im Fall der Insolvenz des Reiseveranstalters. Die E-Mail sei eine automatisierte Nachricht gewesen, kein Anerkenntnis.

Interessanterweise trat im Berufungsverfahren die Versicherung, die potenziell für die Insolvenz des Anbieters hätte einstehen müssen, dem Rechtsstreit auf Seiten des Reisenden bei (Nebenintervention).

Urteil des Landgerichts: Berufung zurückgewiesen – Kein Anspruch gegen die Fluggesellschaft

Das Landgericht Frankfurt am Main wies die Berufung des Reisenden zurück. Damit bestätigte es die Entscheidung des Amtsgerichts: Der Reisende hat keinen Anspruch auf Rückerstattung des Flugpreises gegen die Fluggesellschaft. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem Reisenden auferlegt. Das Gericht ließ jedoch die Revision zum Bundesgerichtshof zu, da der Fall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

Begründung: Warum der Anspruch aus der Fluggastrechteverordnung ausgeschlossen ist

Das Landgericht stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Auslegung von Art. 8 Abs. 2 der Fluggastrechteverordnung. Diese Vorschrift besagt, dass die Verordnung (und damit der direkte Anspruch gegen die Airline) nicht gilt, wenn Reisende bereits nach der Pauschalreiserichtlinie einen Anspruch auf Erstattung haben. Die Kammer stellte klar, dass diese Ausschlussregelung auch nach Inkrafttreten der neuen Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 im Jahr 2018 weiterhin gilt, obwohl der Text der Fluggastrechteverordnung noch auf die alte Richtlinie verweist. Der Zweck, eine Doppelerstattung (Anspruchskumulierung) zu vermeiden, bestehe unverändert fort. Es sei unerheblich, ob der Reisende selbst oder die buchende Person den Anspruch aus dem Pauschalreiserecht habe – allein das objektive Bestehen eines solchen Anspruchs aufgrund einer Pauschalreise genügt für den Ausschluss des Anspruchs gegen die Airline.

Bestätigung: Ja, es handelte sich um eine Pauschalreise gemäß § 651a BGB

Das Landgericht bestätigte die Einschätzung des Amtsgerichts, dass die Kombination aus Flugbeförderung und mehrtägiger Rundreise die Kriterien einer Pauschalreise nach § 651a BGB erfüllt. Mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen wurden für dieselbe Reise gebucht. Nach neuem Recht (§ 651a Abs. 2 S. 2 BGB) ist es dabei unerheblich, ob die Leistungen vom Reisenden selbst zusammengestellt wurden; eine „Bündelung“ durch den Anbieter ist nicht mehr erforderlich.

Reiseveranstalter statt nur Vermittler: Die rechtliche Einordnung des Anbieters nach § 651b BGB

Entscheidend war auch hier die Anwendung von § 651b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB. Da die Reisende die Flüge und die Rundreise in der Vertriebsstelle des Anbieters im Rahmen desselben Buchungsvorgangs ausgewählt hatte, bevor sie sich zur Zahlung verpflichtete, wurde der Anbieter kraft Gesetzes zum Reiseveranstalter. Seine wiederholten Hinweise, nur Vermittler zu sein, waren daher rechtlich unbeachtlich. Das Gericht verwies auf die zugrundeliegende EU-Richtlinie, die auf objektive Kriterien und die Erwartungshaltung des Reisenden abstellt, nicht auf die vom Unternehmer gewählte Bezeichnung. Dass der Anbieter zudem eigene Reisebedingungen verwendete und von einer „Reise mit Durchführungsgarantie“ sprach, stützte diese Einordnung zusätzlich. Da somit ein Pauschalreisevertrag mit dem Anbieter als Veranstalter zustande kam, lagen auch die Voraussetzungen für eine bloße Vermittlung verbundener Reiseleistungen (§ 651w BGB) nicht vor.

Kein Verzicht auf Pauschalreiseschutz möglich: Zwingendes Verbraucherrecht nach § 651y BGB

Das Argument des Reisenden, er habe durch die Wahl eines vermeintlichen Vermittlers bewusst auf den Schutz des Pauschalreiserechts verzichten wollen (Privatautonomie), ließ das Gericht nicht gelten. Die Regelungen des Pauschalreiserechts in den §§ 651a ff. BGB sind zwingendes Verbraucherschutzrecht. Davon kann nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden (§ 651y BGB). Ein Umgehungsverbot besteht ebenfalls. Dieser Schutz greift auch dann, wenn dadurch Ansprüche gegen Dritte – wie hier die Fluggesellschaft – ausgeschlossen werden.

Auswirkungen der Insolvenz des Reiseveranstalters: Ausschluss des Anspruchs gegen Airline bleibt bestehen

Ein zentraler Punkt war die Frage, ob die Insolvenz des Reiseveranstalters etwas an diesem Ergebnis ändert. Das Landgericht verneinte dies klar: Der Ausschluss des Anspruchs gegen die Fluggesellschaft nach Art. 8 Abs. 2 Fluggastrechteverordnung wird nicht dadurch aufgehoben, dass der eigentlich zuständige Reiseveranstalter insolvent ist und der Anspruch gegen ihn faktisch (möglicherweise bis auf eine geringe Insolvenzquote) wertlos ist. Der Wortlaut der Vorschrift und die Rechtsprechung des EuGH (C-163/18) stellen nur auf das rechtliche Bestehen des Anspruchs gegen den Veranstalter ab, nicht auf dessen tatsächliche Durchsetzbarkeit. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Anbieter eröffnete dem Reisenden daher nicht doch noch einen Anspruch gegen die Fluggesellschaft.

Weitere geprüfte Ansprüche: Kein Anerkenntnis und kein Vertrag zugunsten Dritter

Das Gericht prüfte auch die weiteren vom Reisenden geltend gemachten Anspruchsgrundlagen:

  • Ein Anerkenntnis durch die E-Mail der Fluggesellschaft wurde verneint. Die Mail bot gerade keine direkte Rückzahlung an, sondern verwies auf Gutscheinregelungen.
  • Ein Anspruch aus Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) wurde ebenfalls abgelehnt. Zwar sei der Beförderungsvertrag zwischen dem Reiseveranstalter (dem Anbieter) und der Fluggesellschaft ein Vertrag zugunsten der Reisenden. Dieser Vertrag gewähre den Reisenden aber nur einen Anspruch auf die Beförderungsleistung selbst, nicht jedoch einen Anspruch auf Rückzahlung des vom Veranstalter an die Airline gezahlten Flugpreises.

Kostenentscheidung und Zulassung der Revision: Grundsätzliche Bedeutung des Falls

Die Kostenentscheidung folgte den üblichen prozessualen Regeln (der Unterlegene trägt die Kosten). Die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof begründete das Landgericht mit der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen. Insbesondere die Abgrenzung zwischen Reiseveranstalter und Vermittler nach der Pauschalreiserechtsreform 2018 (§ 651b BGB) und die Reichweite des Anspruchsausschlusses nach Art. 8 Abs. 2 Fluggastrechteverordnung bei Insolvenz des Reiseveranstalters seien klärungsbedürftig. Es bleibt abzuwarten, ob der Reisende von der Möglichkeit der Revision Gebrauch macht und der Bundesgerichtshof diese Rechtsfragen abschließend klären wird.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Fluggäste bei annullierten Flügen einer Pauschalreise keinen direkten Erstattungsanspruch gegen die Fluggesellschaft haben, selbst wenn der Reiseveranstalter insolvent ist – dies gilt auch, wenn sich das Unternehmen selbst nur als „Vermittler“ bezeichnet. Entscheidend ist nicht die Selbstbezeichnung des Unternehmens, sondern ob objektiv eine Pauschalreise vorliegt, was bei der Kombination verschiedener Reiseleistungen in einem Buchungsvorgang regelmäßig der Fall ist. Reisende können nicht auf den zwingenden Verbraucherschutz des Pauschalreiserechts verzichten, selbst wenn dies im Insolvenzfall des Veranstalters zu einem faktischen Rechtsverlust führt.

FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen einem Reisevermittler und einem Reiseveranstalter und warum ist diese Unterscheidung wichtig für meine Rechte?

Wenn Sie eine Reise buchen, haben Sie es meistens mit zwei verschiedenen Rollen zu tun: dem Reiseveranstalter und dem Reisevermittler. Auch wenn beide mit Reisen zu tun haben, ist ihre Aufgabe und vor allem ihre Verantwortung Ihnen gegenüber sehr unterschiedlich. Für Sie als Reisenden ist es wichtig, diese Unterscheidung zu kennen, da sie bestimmt, an wen Sie sich bei Problemen wenden müssen und welche Rechte Sie haben.

Der Reiseveranstalter: Ihr Vertragspartner für die Pauschalreise

Ein Reiseveranstalter stellt Reisen zusammen und verkauft sie unter eigenem Namen. Das bedeutet, er kombiniert verschiedene einzelne Reiseleistungen, wie zum Beispiel Flug, Unterkunft, Transfer oder Ausflüge, zu einem Gesamtpaket. Dieses Gesamtpaket nennt man Pauschalreise.

  • Der Reiseveranstalter ist Ihr direkter Vertragspartner für die gesamte Pauschalreise.
  • Er ist verantwortlich dafür, dass alle einzelnen Leistungen der Pauschalreise wie vereinbart erbracht werden.
  • Wenn es während der Reise Probleme gibt, die eine der gebuchten Leistungen betreffen (z. B. Flugausfall, Mängel im Hotel), ist Ihr erster Ansprechpartner der Reiseveranstalter.
  • Für Pauschalreisen gelten besondere gesetzliche Regelungen (das sogenannte Pauschalreiserecht), die Ihnen als Kunde umfangreiche Rechte einräumen, zum Beispiel bei erheblichen Änderungen, Mängeln oder im Insolvenzfall des Veranstalters (Stichwort: Reisepreissicherungsschein).

Der Reisevermittler: Der Mittler zwischen Ihnen und den Anbietern

Ein Reisevermittler (oft ein klassisches Reisebüro oder ein Online-Reiseportal, das einzelne Leistungen anbietet) verkauft oder vermittelt einzelne Reiseleistungen, die von anderen Anbietern stammen. Das kann ein einzelner Flug einer Fluggesellschaft, ein einzelnes Hotelzimmer oder eine Mietwagenbuchung sein. Der Vermittler stellt diese Leistungen nicht selbst zu einem Paket zusammen, das er unter eigenem Namen anbietet.

  • Der Reisevermittler ist Ihr Vertragspartner für die Vermittlung der Leistung.
  • Er ist verantwortlich dafür, dass die Buchung korrekt und vollständig an den eigentlichen Anbieter (z. B. Fluggesellschaft, Hotelbetreiber) weitergegeben wird.
  • Er ist aber grundsätzlich nicht verantwortlich für die Erbringung der vermittelten Leistung selbst.
  • Wenn es Probleme mit der Leistung gibt (z. B. Flugannullierung, Mängel im Hotel), ist Ihr direkter Vertragspartner der Anbieter der Leistung (die Fluggesellschaft, das Hotel etc.), nicht der Vermittler. Sie müssen sich in diesem Fall direkt an den Anbieter wenden.

Warum ist diese Unterscheidung wichtig für Ihre Rechte?

Die Unterscheidung ist entscheidend, weil sie festlegt, wer in welchem Fall haftet und welche Rechte Sie geltend machen können:

  1. Vertragspartner: Bei einer Pauschalreise haben Sie einen Vertrag mit dem Veranstalter für das Gesamtpaket. Bei einzeln über einen Vermittler gebuchten Leistungen haben Sie separate Verträge mit jedem einzelnen Leistungsanbieter (Fluggesellschaft, Hotel etc.).
  2. Verantwortung bei Problemen: Bei Mängeln oder Ausfällen einer Leistung auf einer Pauschalreise wenden Sie sich an den Reiseveranstalter, der für das gesamte Paket haftet. Bei Problemen mit einer einzeln gebuchten Leistung wenden Sie sich an den jeweiligen Anbieter der Leistung (Fluggesellschaft, Hotel etc.). Nur wenn der Vermittler einen Fehler bei der Buchung gemacht hat, ist er Ihr Ansprechpartner.
  3. Insolvenzschutz: Pauschalreisen sind in der Regel gegen die Insolvenz des Reiseveranstalters abgesichert. Geht dagegen eine Fluggesellschaft oder ein Hotel pleite, deren Leistungen Sie einzeln über einen Vermittler gebucht haben, besteht dieser Schutz nicht automatisch; hier sind Sie auf Kulanz, Kreditkartenrückbuchungen oder eine separate Reiseversicherung angewiesen.
  4. Umfang der Rechte: Das Pauschalreiserecht gewährt Ihnen bei Mängeln oder Problemen umfangreichere und einfacher geltend zu machende Rechte gegenüber einem einzigen Ansprechpartner (dem Veranstalter), als wenn Sie sich mit mehreren einzelnen Anbietern und deren jeweiligen Vertragsbedingungen auseinanderzusetzen müssen.

Für Sie bedeutet das: Prüfen Sie bei der Buchung genau, ob Sie eine Pauschalreise von einem Veranstalter buchen oder ob Sie einzelne Leistungen von verschiedenen Anbietern über einen Vermittler zusammenstellen. Dies hat direkte Auswirkungen darauf, wer im Problemfall Ihr richtiger Ansprechpartner ist und welche Rechte Ihnen zustehen.


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Was bedeutet „Passivlegitimation“ in Bezug auf Fluggastrechte und wie beeinflusst sie meinen Anspruch auf Erstattung?

Stellen Sie sich vor, Ihr Flug verspätet sich stark oder wird annulliert. Sie möchten nun eine Entschädigung oder die Kosten für das Ticket zurückerhalten. Die Frage ist: An wen genau müssen Sie sich wenden? Hier kommt der Begriff „Passivlegitimation“ ins Spiel.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet Passivlegitimation, wer der rechtlich richtige Adressat für einen Anspruch ist. Wenn Sie einen Anspruch haben, zum Beispiel auf Entschädigung wegen einer Flugverspätung, ist derjenige „passivlegitimiert“, der diesen Anspruch erfüllen muss. Für Sie als Fluggast ist es entscheidend, die richtige Partei zu identifizieren, um Ihren Anspruch erfolgreich geltend machen zu können.

Wer ist bei Fluggastrechten passivlegitimiert?

Bei Ansprüchen, die sich aus der EU-Fluggastrechte-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) ergeben, wie etwa bei Verspätung, Annullierung oder Nichtbeförderung, ist der „ausführende Luftfahrtunternehmen“ der primäre Anspruchsgegner.

Das ausführende Luftfahrtunternehmen ist die Fluggesellschaft, die den Flug tatsächlich durchgeführt hat oder durchführen sollte. Das ist wichtig, weil es nicht immer dieselbe Gesellschaft ist, bei der Sie das Ticket gebucht haben oder die auf Ihrem Ticket steht (dem sogenannten „vertraglichen Luftfahrtunternehmen“). Manchmal verkauft eine Fluggesellschaft Tickets für Flüge, die von einer anderen Fluggesellschaft im Rahmen einer Code-Share-Vereinbarung oder als Wet-Lease durchgeführt werden.

Warum ist das wichtig für Ihren Anspruch?

Wenn Sie eine Entschädigung oder Erstattung fordern, müssen Sie sich direkt an das ausführende Luftfahrtunternehmen wenden. Nur diese Gesellschaft ist in der Regel passivlegitimiert, also rechtlich verpflichtet, Ihren Anspruch zu prüfen und gegebenenfalls zu erfüllen. Wenn Sie Ihren Anspruch stattdessen an die buchende Fluggesellschaft, den Reiseveranstalter oder ein Reisebüro richten, kann es sein, dass diese Ihre Forderung zurückweisen, da sie nicht die rechtlich verantwortliche Partei sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Um Ihren Anspruch auf Entschädigung oder Erstattung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung erfolgreich geltend zu machen, ist es unerlässlich zu wissen, welche Fluggesellschaft den Flug tatsächlich ausgeführt hat. Diese Gesellschaft ist passivlegitimiert und damit der richtige Ansprechpartner für Ihre Forderung.


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Welche Rechte habe ich, wenn mein Flug im Rahmen einer Pauschalreise annulliert wird und der Reiseveranstalter insolvent ist?

Wenn Sie eine Pauschalreise gebucht haben und Ihr Reiseveranstalter zahlungsunfähig wird (insolvent ist), bevor oder während Ihr Flug stattfinden soll, befinden Sie sich in einer schwierigen Lage. Die gute Nachricht ist, dass das deutsche Reiserecht hierfür einen besonderen Schutz vorsieht, der in der Regel greift.

Schutz durch den Reisesicherungsschein

Pauschalreiseveranstalter sind gesetzlich verpflichtet, Kundengelder für den Fall ihrer Insolvenz abzusichern. Als Nachweis für diese Absicherung muss Ihnen der Veranstalter bei der Buchung einen Reisesicherungsschein aushändigen. Dieses Dokument ist sehr wichtig. Es ist Ihr persönlicher Schutzbrief für den Fall, dass der Veranstalter die Reise wegen Zahlungsunfähigkeit nicht durchführen kann.

Was deckt der Reisesicherungsschein ab?

Der Reisesicherungsschein garantiert Ihnen zwei wesentliche Dinge, falls der Reiseveranstalter insolvent wird:

  1. Rückerstattung geleisteter Zahlungen: Wenn die Reise aufgrund der Insolvenz nicht mehr stattfinden kann, haben Sie Anspruch auf die Rückzahlung des von Ihnen gezahlten Reisepreises.
  2. Rückbeförderung: Wenn Sie sich bereits am Reiseziel befinden, als die Insolvenz eintritt und Ihre Rückreise nicht mehr durch den Veranstalter organisiert wird, haben Sie Anspruch darauf, dass Ihre Heimreise sichergestellt wird.

Wer hilft im Insolvenzfall?

Der Reisesicherungsschein wird von einer Absicherungseinrichtung ausgestellt, meistens einer Versicherung oder einem speziellen Fonds. Der Name und die Kontaktdaten dieser Einrichtung stehen auf Ihrem Sicherungsschein. Diese Einrichtung ist Ihr Ansprechpartner, wenn der Reiseveranstalter insolvent ist.

Seit dem 1. November 2021 gibt es in Deutschland zusätzlich eine staatliche Absicherung (Sekundärhaftung). Sollte die im Reisesicherungsschein genannte Absicherungseinrichtung ausnahmsweise nicht alle berechtigten Forderungen erfüllen können (was in der Praxis selten, aber theoretisch möglich ist), tritt der deutsche Staat ein, um die verbleibenden Ansprüche auszugleichen.

Was bedeutet das konkret für Sie?

Wenn Ihr Flug als Teil einer Pauschalreise wegen der Insolvenz des Veranstalters annulliert wird:

  • Ihre Forderungen richten sich nicht mehr an den insolventen Reiseveranstalter, sondern an die auf dem Reisesicherungsschein genannte Absicherungseinrichtung.
  • Bewahren Sie Ihren Reisesicherungsschein und alle Zahlungsbelege sorgfältig auf. Diese Dokumente benötigen Sie, um Ihre Ansprüche geltend zu machen.
  • Kontaktieren Sie die auf dem Reisesicherungsschein genannte Absicherungseinrichtung, um zu erfahren, wie Sie Ihre Rückerstattung oder die Organisation Ihrer Rückreise erhalten können. Die Einrichtung wird Ihnen das weitere Vorgehen erläutern.

Die gesetzliche Absicherung durch den Reisesicherungsschein ist dazu da, Pauschalreisende genau in solchen Fällen vor finanziellem Verlust zu schützen.


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Kann ich mich auf die EU-Fluggastrechteverordnung berufen, wenn ich einen Flug bei einem Vermittler gebucht habe, der betont, keine Pauschalreise anzubieten?

Ja, in den meisten Fällen können Sie sich auch dann auf die EU-Fluggastrechteverordnung berufen, wenn Sie Ihren Flug über einen Vermittler gebucht haben, selbst wenn dieser angibt, keine Pauschalreise anzubieten.

Die Rolle der Fluggesellschaft

Die EU-Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) regelt die Rechte von Fluggästen bei Annullierung, großer Verspätung oder Nichtbeförderung. Diese Rechte, wie zum Beispiel ein Anspruch auf Ausgleichszahlung, richten sich primär gegen die Fluggesellschaft, die den Flug tatsächlich durchführt (die „ausführende Fluggesellschaft“).

Für Sie als Reisenden bedeutet das: Ob Sie das Flugticket direkt auf der Webseite der Fluggesellschaft oder über ein Online-Reiseportal, ein Reisebüro oder einen anderen Vermittler gekauft haben, ändert in der Regel nichts an der Verpflichtung der Fluggesellschaft aus der EU-Fluggastrechteverordnung. Der Beförderungsvertrag über den Flug besteht letztlich zwischen Ihnen und der Fluggesellschaft.

Der Vermittler und die Pauschalreise

Ein Vermittler ist in der Regel jemand, der Flugtickets im Namen der Fluggesellschaft verkauft oder verschiedene Reisedienstleistungen (wie Flug und Hotel) zusammenstellt.

Wenn ein Vermittler betont, keine Pauschalreise anzubieten, bedeutet dies meist, dass er die Reise nicht als ein Gesamtpaket unter den strengen Regeln des Pauschalreiserechts verkauft. Beim Kauf eines reinen Flugtickets über einen Vermittler handelt es sich in der Regel um die reine Vermittlung eines Einzelleistungsvertrags – nämlich des Beförderungsvertrags mit der Fluggesellschaft.

Was bedeutet das für Ihre Fluggastrechte?

Ihre Rechte aus der EU-Fluggastrechteverordnung wegen Flugunregelmäßigkeiten (wie Verspätung oder Annullierung) bestehen grundsätzlich unabhängig davon, ob es sich um eine Pauschalreise handelt oder nicht. Die Verordnung gilt für den Flug selbst.

Das Handeln des Vermittlers ist für die Anwendung der Fluggastrechteverordnung meist nachrangig. Die Pflichten zur Information, Betreuung und möglichen Ausgleichszahlung liegen bei der ausführenden Fluggesellschaft.

Gerichte bewerten die Rolle eines Vermittlers oft anhand der tatsächlich angebotenen und gebuchten Leistungen. Wurde nur ein Flugticket verkauft, wird dies auch dann als reine Flugbuchung angesehen, wenn es über einen Vermittler lief. Ob der Vermittler zusätzlich Rechte nach dem Pauschalreiserecht begründet hat, ist eine andere Frage, die für die Geltendmachung von Ansprüchen direkt aus der EU-Fluggastrechteverordnung gegenüber der Fluggesellschaft in der Regel unerheblich ist.


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Was bedeutet „Anerkenntnis der Schuld“ durch die Fluggesellschaft und wie kann ich dies in meinem Fall nutzen?

Ein Anerkenntnis der Schuld (juristisch oft als Schuldanerkenntnis bezeichnet) bedeutet im Zusammenhang mit Flugrechten, dass die Fluggesellschaft klar und eindeutig erklärt, dass sie eine bestimmte Verpflichtung gegenüber dem Fluggast hat. Das kann zum Beispiel die Verpflichtung sein, eine Entschädigung wegen einer Flugverspätung oder -annullierung zu zahlen.

Wodurch kann ein Anerkenntnis der Schuld entstehen?

Ein solches Anerkenntnis muss nicht immer ein formelles Dokument sein, das ausdrücklich den Titel „Schuldanerkenntnis“ trägt. Es kann sich auch aus dem Verhalten oder der Kommunikation der Fluggesellschaft ergeben. Beispiele dafür können sein:

  • Ein schriftliches Angebot der Fluggesellschaft zur Zahlung einer konkreten Entschädigungssumme nach einer Flugstörung.
  • Eine bestimmte Formulierung in einer Antwort auf Ihre Anfrage, die klar bestätigt, dass Ihnen nach den geltenden Regeln (z.B. EU-Verordnung 261/2004) eine bestimmte Leistung oder Entschädigung zusteht.
  • Unter Umständen auch unwiderrufliche Angebote, die im Austausch für einen Anspruch gemacht werden (z.B. ein Gutschein, der ausdrücklich als Alternative zur gesetzlichen Entschädigung angeboten wird), sofern daraus hervorgeht, dass die Fluggesellschaft das Bestehen eines Anspruchs anerkennt.

Ein einfaches Angebot zur Umbuchung oder zur Bereitstellung von Mahlzeiten oder einer Unterkunft bei einer Verspätung ist nicht zwangsläufig ein Anerkenntnis der Schuld im Sinne einer Entschädigungspflicht. Das sind oft Serviceleistungen, die die Fluggesellschaft ohnehin erbringen muss, ohne damit automatisch die Verantwortung für die Ursache der Störung oder die Pflicht zur Entschädigung anzuerkennen. Entscheidend ist immer, ob die Fluggesellschaft durch ihre Handlung oder Aussage zu erkennen gibt, dass sie eine bestimmte Pflicht anerkennt, die über die reine Serviceerbringung hinausgeht, insbesondere die Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung.

Was bedeutet ein solches Anerkenntnis für Sie?

Wenn die Fluggesellschaft Ihre Schuld oder eine bestimmte Verpflichtung (wie die Zahlung einer Entschädigung) anerkennt, kann dies Ihre Position erheblich stärken.

  • Es kann die Beweisführung vereinfachen: Die Fluggesellschaft hat im Grunde schon zugegeben, dass sie Ihnen etwas schuldet. Das bedeutet, dass Sie möglicherweise weniger oder gar keine Beweise mehr dafür vorlegen müssen, dass der Anspruch dem Grunde nach besteht (z.B. warum der Flug verspätet war und ob die Fluggesellschaft dafür verantwortlich ist).
  • Es kann das Verfahren beschleunigen: Wenn die grundsätzliche Pflicht anerkannt ist, geht es oft nur noch um die Höhe des Anspruchs oder andere Details.

Wie können Sie ein Anerkenntnis nachweisen?

Ein Anerkenntnis sollten Sie immer schriftlich festhalten.

  • Speichern Sie E-Mails, Briefe oder andere schriftliche Mitteilungen der Fluggesellschaft sorgfältig ab.
  • Auch Kommunikation über Messenger-Dienste oder Aufzeichnungen von Telefongesprächen (unter Beachtung der rechtlichen Zulässigkeit) können als Beweis dienen, wobei schriftliche Beweise meist aussagekräftiger sind.

Ein mündliches Anerkenntnis ist schwer nachweisbar, es sei denn, es gibt Zeugen. Daher ist die schriftliche Dokumentation von zentraler Bedeutung.

Ein Anerkenntnis der Schuld kann also ein wichtiges Element in Ihrem Fall sein, da es die Durchsetzung Ihrer Rechte erleichtern kann, indem es die Beweislast für bestimmte Aspekte reduziert.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Pauschalreise (§ 651a BGB)

Eine Pauschalreise liegt vor, wenn mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen, wie Flugbeförderung und eine Rundreise, für denselben Zweck zusammen angeboten oder gebucht werden. Dieses Gesamtpaket wird in einem einzigen Buchungsvorgang gebucht und von einem einzigen Vertragspartner, dem Reiseveranstalter, verkauft. Das Pauschalreiserecht (§§ 651a ff. BGB) gewährt dem Reisenden besondere Schutzrechte, zum Beispiel Anspruch auf Erstattung bei Ausfall oder Insolvenz des Veranstalters. Wichtig ist, dass es unerheblich ist, ob der Reisende die Leistungen individuell zusammengestellt hat oder ob sie vom Veranstalter gebündelt wurden.

Beispiel: Sie buchen bei einem Anbieter gleichzeitig Flug und Hotel als Paket für eine Urlaubsreise – das ist eine Pauschalreise mit allen gesetzlichen Schutzvorschriften.


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Reiseveranstalter (§ 651b BGB)

Der Reiseveranstalter ist der Unternehmer, der eine Pauschalreise unter eigenem Namen anbietet und die verschiedenen Reiseleistungen zu einem Gesamtpaket zusammenstellt, verkauft und dafür verantwortlich ist. Selbst wenn er im Buchungsverfahren als „Vermittler“ bezeichnet wird, kann er nach § 651b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB kraft Gesetzes zum Veranstalter werden, wenn er verschiedene Leistungen im Rahmen eines einzigen Buchungsvorgangs anbietet. Der Veranstalter haftet dafür, dass alle Leistungen ordnungsgemäß erbracht werden, und ist der primäre Ansprechpartner bei Problemen.

Beispiel: Ein Reisebüro bietet Flug und Hotel zusammen in einem Vertrag an und garantiert als Veranstalter, dass alles wie versprochen bereitgestellt wird.


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Passivlegitimation

Passivlegitimation bezeichnet die rechtliche Eigenschaft einer Person oder Firma, als richtige Partei für die Erfüllung eines Anspruchs in Anspruch genommen zu werden. Im Fall von Flugansprüchen bedeutet das, dass nur diejenige Fluggesellschaft, die den Flug tatsächlich durchgeführt oder betreiben sollte (das „ausführende Luftfahrtunternehmen“), für Erstattungen oder Entschädigungen haftet. Wenn Sie Ansprüche gegenüber einer anderen Gesellschaft oder einem Vermittler geltend machen, denen die Passivlegitimation fehlt, ist es wahrscheinlich, dass Ihr Anspruch abgewiesen wird.

Beispiel: Wenn ein Flug verspätet war, können Sie die Fluggesellschaft verklagen, die den Flug tatsächlich durchgeführt hat, nicht aber eine andere Airline, die nur den Vertrag vermittelt hat.


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Anerkenntnis der Schuld

Ein Anerkenntnis der Schuld ist eine klare und unmissverständliche Erklärung eines Schuldners (hier der Fluggesellschaft), dass er eine Zahlungspflicht gegenüber dem Anspruchsteller anerkennt. Es kann schriftlich oder konkludent erfolgen, aber muss eindeutig zeigen, dass die Fluggesellschaft die Verpflichtung zur Erstattung oder Entschädigung akzeptiert. Ein bloßes Angebot zur Umbuchung oder ein Reisegutschein stellt kein Anerkenntnis der Schuld dar. Ein solches Anerkenntnis erleichtert die Durchsetzung eines Anspruchs, da die Beweislast für die Existenz der Schuld reduziert wird.

Beispiel: Die Fluggesellschaft schreibt in einer E-Mail, dass sie den Flugpreis innerhalb von 14 Tagen erstatten wird – das wäre ein Anerkenntnis.


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Insolvenzverfahren

Ein Insolvenzverfahren ist ein gerichtliches Verfahren zur Abwicklung oder Sanierung eines zahlungsunfähigen Unternehmens nach den §§ 1 ff. der Insolvenzordnung (Insolvenzordnung, InsO). Ziel ist es, die Gläubiger bestmöglich zu befriedigen, wobei die Ansprüche der Gläubiger in einer Insolvenztabelle erfasst und nach einer bestimmten Rangfolge bedient werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen den Reiseveranstalter bedeutet, dass der Reisende seine Forderungen dort anmelden muss. Ein Anspruch gegen die Fluggesellschaft bleibt jedoch ausgeschlossen, solange ein Erstattungsanspruch gegen den insolventen Reiseveranstalter rechtlich besteht.

Beispiel: Wenn Ihr Reiseveranstalter zahlungsunfähig wird, müssen Sie Ihre ausstehende Rückzahlung im Insolvenzverfahren anmelden – eine direkte Rückzahlung von der Fluggesellschaft können Sie meist nicht verlangen.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 651a BGB (Begriff der Pauschalreise): Definiert eine Pauschalreise als die Zusammenstellung von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für dieselbe Gesamtreise, die vor der Reiseverpflichtung gebucht wurden. Wichtig ist, dass es nicht auf eine Bündelung durch den Veranstalter ankommt, auch selbst zusammengestellte Kombinationen fallen darunter. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kombination von Flugbeförderung und einer mehrtägigen Rundreise erfüllt diese Voraussetzung und begründet damit eine Pauschalreise, obwohl der Anbieter nur als Vermittler auftreten wollte.
  • § 651b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB (Reiseveranstalterbegriff): Bestimmt, dass der Unternehmer als Reiseveranstalter gilt, wenn er in seiner Vertriebsstelle verschiedene Reiseleistungen im Rahmen eines einzigen Buchungsvorgangs anbietet und der Reisende sich zur Zahlung verpflichtet. Die Bezeichnung als „Vermittler“ ist dabei rechtlich unerheblich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anbieter wurde kraft Gesetzes zum Reiseveranstalter, da der Kunde Flug und Rundreise zusammen in dessen Vertriebsstelle buchte, was die Argumentation des Kunden als bloßer Vermittler entkräftet.
  • § 651y BGB (Zwingendes Verbraucherschutzrecht): Schränkt die Vertragsfreiheit ein und verbietet Abweichungen zuungunsten des Verbrauchers vom Pauschalreiserecht. Der Schutz kann also nicht durch vertragliche Gestaltungen oder bewusste Verzichtserklärungen umgangen werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Versuch des Reisenden, durch bewussten Verzicht auf den Pauschalreiseschutz zu verzichten, wird vom Gericht abgelehnt, sodass der gesetzliche Schutz für Pauschalreisende besteht.
  • Art. 8 Abs. 2 der Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004: Regelt, dass bei Annullierungen kein direkter Erstattungsanspruch gegen die Fluggesellschaft besteht, wenn der Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist und der Reisende Ansprüche gegen den Reiseveranstalter hat. Das soll Doppelzahlungen verhindern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da eine Pauschalreise vorliegt, schließt diese Norm den direkten Erstattungsanspruch des Reisenden gegen die Fluggesellschaft auch bei Insolvenz des Reiseveranstalters aus.
  • EuGH-Urteil C-163/18: Bestätigt, dass der Anspruchsausschluss nach Art. 8 Abs. 2 Fluggastrechteverordnung allein auf das rechtliche Bestehen des Erstattungsanspruchs gegen den Reiseveranstalter abstellt, nicht hingegen auf dessen Durchsetzbarkeit (z.B. bei Insolvenz). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Insolvenz des Reiseveranstalters führt nicht zu einem Rückgriff auf die Fluggesellschaft, da der Anspruch gegen den Veranstalter formal noch besteht.
  • § 328 BGB (Vertrag zugunsten Dritter): Ermöglicht Dritten, die Begünstigten eines Vertrags sind, Ansprüche aus diesem Vertrag geltend zu machen, sofern der Vertrag dies vorsieht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl die Reisenden Dritte des Beförderungsvertrags zwischen Veranstalter und Fluggesellschaft sind, haben sie keinen Anspruch auf Erstattung des Flugpreises dadurch, sondern nur auf Beförderung.

Das vorliegende Urteil


LG Frankfurt – Az.: 2/24 S 123/21 – Urteil vom 07.04.2022


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