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Flugpreisrückerstattung nach Kündigung des Flugvertrages

AG Köln, Az.: 126 C 431/15, Urteil vom 10.02.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerinnen begehren von der Beklagten Rückerstattung des Flugreisepreises nach erfolgter Kündigung.

Die Klägerinnen buchten am 28.11.2014 über die Webseite der Beklagten einen Flug von Köln/Bonn über München nach New York und den Rückflug von New York nach Frankfurt zu einem Gesamtpreis von 1.158,66 EUR. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage 1 zur Akte gereichte Kopie der Buchungsbestätigung (Bl. 4 d. A.) Bezug genommen.

Unter Ziff. 5.1.3 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten, die Gegenstand des Vertrages zwischen den Parteien geworden ist, heißt es:

Bestimmte Tarife unterliegen einschränkenden Bestimmungen im Hinblick auf Umbuchung oder Stornierungen. Die einzelnen Bedingungen entnehmen Sie bitte den jeweiligen Tarifbestimmungen.“

Im Rahmen des Buchungsvorganges wählten die Klägerinnen unter mehreren von der Beklagten angebotenen Tarifen, den für diesen Flug günstigsten sog. „Economy Basic“ Tarif durchsetzen eines Häkchens bei dem entsprechenden Preis. Für diesen Tarif war angezeigt, dass eine „Erstattung“ für den Fall, dass die Reise nicht angetreten werde, nicht enthalten sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgelegten Screenshot (Bl. 53 d.A.) und die insoweit unbestrittenen Ausführungen der Beklagten (Bl. 53, 54 d.A.) Bezug genommen.

Vor Beginn der Reise „stornierten“ die Klägerinnen den Flug bei der Beklagten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage 2 zur Akte gereichte Kopie der Stornierungsbestätigung (Bl. 5 d. A.) verwiesen. Die Beklagte erstattete den Klägerinnen daraufhin einen Betrag in Höhe von insgesamt 214,08 EUR für ersparte Steuern und Gebühren. Eine weitere Erstattung erfolgte nicht.

Mit anwaltlichem Schreiben forderten die Klägerinnen die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 30.06.2015 erfolglos auf, den verbleibenden Gesamtreisepreis auszuzahlen.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, ihnen stehe aufgrund der Stornierung gemäß § 649 BGB ein Anspruch auf Erstattung des vollen Preises zu. Sämtliche durch den Nichtantritt der Reise gesparten Kosten seien zu erstatten. Da die Beklagte nicht nachgewiesen hätte, welche Kosteneinsparungen sie verzeichnet habe und so der ihr obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen sei, sei der gesamte Flugpreis zurückzuzahlen. Bei dem von der Beklagten angebotenen Buchungssystem handle es sich um ein verwirrendes Vergütungssystem, das den Geboten von Treu und Glaube widerspräche. Außerdem stehe das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einem wirksamen Ausschluss der Kündigungsregeln entgegen.

Die Klägerinnen b e a n t r a g e n,

die Beklagte zu verurteilen, an sie jeweils 472,29 EUR, zusammen also 944,58 EUR, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.07.2015, sowie

an sie als Gesamtgläubiger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 176,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.07.2015 zu zahlen.

Die Beklagte b e a n t r a g t, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, § 649 BGB fände vorliegend keine Anwendung. Der Luftbeförderungsvertrag sei kein typischer Werkvertrag im Sinne der §§ 631ff. BGB sodass diese Vorschriften nicht uneingeschränkt Anwendung fänden. Außerdem hätten die Parteien die Anwendung von § 649 BGB explizit vertraglich ausgeschlossen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerinnen haben unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückerstattung des vollständigen Flugpreises in Höhe von insgesamt 944,58 EUR. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 649 BGB i. V. m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Flugreisevertrag vom 28.11.2014.

Ob auf den Flugreisevertrag sämtliche Regelungen des Werkvertragsrechts uneingeschränkt anzuwenden sind, kann im Ergebnis dahinstehen, da die Parteien hier jedenfalls eine Anwendung von § 649 Satz 2 und 2 BGB wirksam abbedungen haben.

Die Regelungen zur Anwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen stehen dem nicht entgegen. Die Parteien haben explizit vereinbart, dass eine Stornierung der Flugreise mit der Folge der Rückerstattung des Reisepreises nicht möglich sein soll, sodass der Ausschluss von § 649 BGB nicht dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterfällt. Die Klägerinnen hatten bei ihrer Flugbuchung die freie Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Tarifen zu unterschiedlichen Konditionen. Die zwischen den Tarifen bestehende freie Wahlmöglichkeit führt dazu, dass die Vertragskonditionen als zwischen den Parteien als ausgehandelt anzusehen sind.

Eine wie hier vorliegende vorformulierte Vertragsbedingung kann ausgehandelt sein, wenn der Verwender sie als eine von mehreren – auch vorformulierten – Alternativen anbietet, zwischen denen der Verwender die Wahl hat; Voraussetzung hierfür ist, dass die Wahlfreiheit des Vertragspartners nicht durch Einflussnahme des Verwenders überlagert wird (BGH, Urt. v. 06.12.20102, Az. V ZR 220/02).

So liegt es hier. Unstreitig hatten die Klägerinnen bei der Buchung des streitgegenständlichen Fluges die Wahl zwischen verschiedenen Tarifen, die jeweils unterschiedliche Konditionen vorsahen. Die Klägerinnen hatten unter anderem die Wahl zwischen den Tarifen „Economie Basic“ und „Economy Flex“. Während bei dem zuerst genannten Tarif die Kosten erheblich geringer sind und dafür im Falle des Nichtantritts eine Erstattung der Flugkosten ausgeschlossen ist, sieht der Tarif „Economy Flex“ einen erheblich höheren Preis, aber auch die Möglichkeit, im Falle einer Stornierung die Kosten vollständig zurückerstattet zu bekommen, vor.

Mit der Auswahl des nicht-stornierbaren Tarifs erklärten sich die Klägerinnen bei ihrer Buchung damit einverstanden, auch dann die vollständige vertragliche Vergütung zu entrichten, wenn sie den Flug nicht antreten werden. Dadurch haben sie jedenfalls konkludent erklärt, dass § 649 BGB mit seinen Rechtsfolgen abbedungen wird.

Flugpreisrückerstattung nach Kündigung des Flugvertrages
Symbolfoto: svershinsky/Bigstock

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen handelt es sich vorliegend auch nicht um ein verwirrendes Vergütungssystem, das den Geboten von Treu und Glaube widerspricht. Bedient sich ein Fluggast für die Buchung einer Flugreise der Onlineplattform einer Fluggesellschaft, so trifft ihn auch die Verpflichtung, die von der Fluggesellschaft angebotenen Informationen hinsichtlich von Flugtarifen und deren Besonderheiten umfassend zur Kenntnis zu nehmen. Dies gilt umso mehr, wenn Informationen im Rahmen einzelner Buchungsschritte von der Fluggesellschaft offenbart werden. Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass bei einem Flugtarif, der für die gleiche Reiseklasse wie ein anderer Flugtarif gilt, jedoch mehr als die Hälfte günstiger ist als derselbe Flug in einer anderen Tarifklasse, Nachteile vorhanden sind. Selbst wenn vorher nicht bekannt sein sollte, dass mit einem günstigen Flugpreis regelmäßig eine fehlende Stornierbarkeit „erkauft“ wird, ergibt sich dies unmissverständlich aus den von der Beklagten auf der Onlineplattform im Rahmen des Buchungsvorgangs zur Verfügung gestellten Informationen.

Es hätte den Klägerinnen freigestanden, vorliegend – zu einem höheren Betrag – einen anderen Tarif zu buchen und sich damit eine Stornierbarkeit unter Zugrundelegung der Regelung des § 649 BGB zu erhalten.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Nebenforderungen teilen das Schicksal des Hauptanspruchs und unterliegen somit ebenfalls der Abweisung.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

Streitwert: 944,58 EUR

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