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Flugannullierung wegen Nebel – Ausgleichszahlungsanspruch?

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: Xa ZR 96/09

Urteil vom 25.03.2010


In dem Rechtsstreit hat der Xa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofes auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2010 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers wird das am 16. Juli 2009 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Simmern vom 25. September 2008 wird zurückgewiesen, soweit der Kläger Ausgleichszahlungen in Höhe von 800,– Euro geltend gemacht hat.

Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen … wegen der Annullierung eines Flugs unter anderem Ausgleichszahlungen sowie die Erstattung der Kosten für einen Ersatzflug.

Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau einen Flug für den 25. Oktober 2007 um 10.00 Uhr von Jerez de la Frontera (Spanien) nach Hahn. Dieser Flug wurde von der Beklagten annulliert, weil das für den Flug vorgesehene Flugzeug wegen Nebels nach Sevilla umgeleitet wurde und sodann von dort direkt nach Hahn zurückflog. Die Beklagte bot dem Kläger und seiner Ehefrau einen Ersatzflug für den übernächsten Tag an, den diese ablehnten. Der Kläger buchte stattdessen für sich und seine Ehefrau noch für denselben Tag bei einem anderen Luftfahrtunternehmen einen Flug über Madrid nach Frankfurt am Main. Die Beklagte erstattete dem Kläger den gezahlten Flugpreis von 20,– €.

Mit seiner Klage hat der Kläger aus eigenem und von seiner Ehefrau abgetretenem Recht Ausgleichszahlungen gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91, ABl. 2004 Nr. L 46 S. 1 (im Folgenden: Verordnung) in Höhe von jeweils 400,– €, die Erstattung der Kosten für den Ersatzflug in Höhe von 579,72 €, für zusätzliche Verpflegung in Jerez in Höhe von 51,– €, für die Beförderung von Frankfurt am Main nach Hahn in Höhe von 24,– €, für zusätzliche Parkgebühren in Höhe von 8,– €, jeweils nebst Zinsen, sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt.

Das Amtsgericht hat dem Kläger die geltend gemachten Verpflegungskosten sowie die anteiligen Anwaltskosten zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von insgesamt 1.062,72 € nebst Anwaltskosten stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, der sich der Kläger angeschlossen hat, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Revision ist uneingeschränkt zulässig.

Das Berufungsgericht hat sie in den Urteilsgründen ohne Einschränkung zugelassen. Soweit es diese Zulassung allein damit begründet hat, dass die Auslegung von Art. 7 und 5 Abs. 3 der Verordnung von grundsätzlicher Bedeutung sei, kann dahinstehen, ob aus dieser Begründung eine Beschränkung der Zulassung mit hinreichender Klarheit hervorgeht (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19.11.1991 – VI ZR 171/91, ZIP 1992, 410 unter A; Urt. v. 7.12.2004 – XI ZR 366/03, NJW-RR 2005, 581 unter A).

Das angefochtene Urteil muss jedenfalls in vollem Umfang überprüft werden, weil eine Beschränkung der Zulassung allein auf die geltend gemachten Ausgleichsansprüche unzulässig wäre (vgl. BGH, Urt. v. 23.09.2003 – XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233; Urt. v. 15.3.2005 – XI ZR 137/04, juris, unter A). Die Zulassung der Revision kann nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Der Teil des Prozessstoffs, für den die Zulassung ausgesprochen wird, muss vom restlichen Prozessstoff teilbar sein. Im Falle einer Zurückverweisung darf die Änderung dieses Teils nicht in die Gefahr eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil geraten (BGH, Urt. v. 4.6.2003 – VIII ZR 91/02, WM 2003, 2139, 2141; Urt. v. 23.09.2003 – XI ZR 135/02, aaO; Urt. v. 15.3.2005 – XI ZR 137/04, aaO). Eine solche Gefahr bestünde hier schon deshalb, weil das Berufungsgericht aufgrund der Bejahung von Ausgleichsansprüchen den weiteren Schadensersatz für den Kläger im Wege der Anrechnung gemäß Art. 12 Abs. 1 der Verordnung reduziert hat. – 5 –

B.

Die Revision und die Anschlussrevision sind begründet.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dem Kläger stünden wegen der Annullierung des gebuchten Flugs aus eigenem und abgetretenem Recht Ausgleichzahlungen nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Verordnung in Höhe von jeweils 400,– € zu. Die Voraussetzungen, unter denen ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung zu Ausgleichszahlungen nicht verpflichtet ist, lägen nicht vor. Die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um die Annullierung des Flugs zu verhindern. Die Beklagte habe insbesondere nicht konkret dargelegt, warum das für den Flug vorgesehene und wegen des Nebels in Sevilla gelandete Flugzeug auf dem Rückweg nach Deutschland nicht in Jerez zwischengelandet sei und die dort wartenden Fluggäste aufgenommen habe, statt leer von Sevilla nach Deutschland zurückzufliegen. Die Wetterbedingungen hätten dies mittlerweile zugelassen. In Jerez habe nur bis 11.30 Uhr Nebel geherrscht, ab 11.45 Uhr sei es überwiegend, ab 12.30 Uhr nur noch teilweise wolkig gewesen. Die Beklagte habe auch nicht konkret dargelegt, dass eine solche Zwischenlandung aus flugtechnischer oder flugorganisatorischer Sicht nicht möglich gewesen sei. Aufgrund dessen könne dahinstehen, ob es der Beklagten, wie vom Kläger geltend gemacht, auch zumutbar gewesen wäre, die Fluggäste mit Bussen nach Sevilla und von dort aus mit dem vorgesehenen Flugzeug nach Hahn zu befördern.

Darüber hinaus stehe dem Kläger wegen der Annullierung des Flugs nach Art. 12 der Verordnung weitergehender Schadensersatz in Höhe der Kosten für den Ersatzflug, die Beförderung von Frankfurt am Main nach Hahn sowie die zusätzlichen Parkgebühren zu. Die gewährte Ausgleichszahlung sei jedoch auf den Schadensersatzanspruch hälftig anzurechnen.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1.

Ausgleichsansprüche gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Verordnung stehen dem Kläger weder aus eigenem noch aus dem abgetretenen Recht seiner Ehefrau zu.

a) Die Grundvoraussetzungen eines solchen Anspruchs, dass der Fluggast von einer Annullierung betroffen und diese von dem Luftfahrtunternehmen außerhalb der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung genannten Fristen mitgeteilt wurde, sind hinsichtlich des Klägers und seiner Ehefrau erfüllt. Die Beklagte hat die Annullierung erst am Flugtag bekannt gegeben.

b) Die Beklagte ist jedoch gemäß Art. 5 Abs. 3 der Verordnung von Ausgleichszahlungen befreit, weil die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

aa) Die Annullierung des vom Kläger gebuchten Flugs beruhte nach den nach § 529 Abs. 1 ZPO auch für die Entscheidung des Berufungsgerichts maßgeblichen Feststellungen des Amtsgerichts auf dem am Morgen des 25. Oktober 2007 in Jerez herrschenden Nebel. Dieser Nebel, auf den die Beklagte naturgemäß keinen Einfluss hatte, erlaubte die Landung des vorgesehenen Flugzeugs in Jerez weder zur hierfür vorgesehenen Ankunftszeit noch zur geplanten Abflugszeit des vom Kläger gebuchten Flugs, weshalb das Flugzeug nach Sevilla umgeleitet wurde.

bb) Ob dieser Umstand für eine Befreiung von Ausgleichszahlungen gemäß Art. 5 Abs. 3 der Verordnung bereits ausreicht, weil das ausführende Luftfahrtunternehmen in einem solchen Fall nur nachweisen muss, dass sich die zur Annullierung führenden außergewöhnlichen Umstände (hier die Wetterbedingungen) nicht hätten vermeiden lassen (so OLG Koblenz, Urt. v. 11.1.2008 – 10 U 385/07, RRa 2008, 181, 182; offen gelassen von KG, Urt. v. 23.11.2009 – 20 U 62/08, in juris Tz. 30), oder ob entsprechend der Ansicht des Berufungsgerichts – für die neben Erwägungsgrund 15 schon sprechen könnte, dass die Annullierung nach Art. 5 Abs. 3 der Verordnung auf außergewöhnliche Umstände zurückgehen (be caused; être due) muss – der Anspruch auf Ausgleichszah-ung erst dann ausgeschlossen ist, wenn weiterhin auch die Annullierung selbst bei Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätte vermieden werden können, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Die Beklagte hätte die Annullierung nicht durch zumutbare Maßnahmen vermeiden können.

cc) Die Annullierung wäre zwar vermieden worden, wenn die Beklagte die Auflösung des Nebels abgewartet hätte und sodann das für den Flug vorgesehene, in Sevilla gelandete Flugzeug in Jerez hätte zwischenlanden lassen, um die dort wartenden Fluggäste aufzunehmen. Ein solches Vorgehen war der Beklagten indessen nicht zuzumuten.

Gemäß dem Erwägungsgrund 12 der Verordnung gehört es zu deren Zielen, die betroffenen Fluggäste möglichst frühzeitig über die Annullierung eines Flugs zu unterrichten, um ihnen eine zumutbare anderweitige Beförderung anbieten zu können und damit sie frühzeitig umdisponieren können. Dementsprechend wird das Luftfahrtunternehmen gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung von Ausgleichszahlungen befreit, wenn es die Annullierung innerhalb bestimmter Fristen vor dem Abflug bzw. unter Gewährung angemessener Alternativen für eine anderweitige Beförderung mitteilt. Die Verordnung bezweckt demnach nicht nur, eine Annullierung zu vermeiden, sondern auch eine notwendige Annullierung möglichst frühzeitig den Fluggästen mitzuteilen, weil erst hierdurch die Unterstützungsleistungen gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 der Verordnung insbesondere in Form der Wahrnehmung einer anderweitigen Beförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zur Anwendung kommen können.

Daraus folgt jedoch nicht, dass bereits geringfügige Verzögerungen oder sonstige Störungen des Flugbetriebs, sofern sie nur unvermeidbar sind, ausreichen, um eine Annullierung zu rechtfertigen, selbst wenn sie nur eine geringfügige Abweichung von der geplanten Abflugszeit erwarten lassen. Vielmehr hat das Luftverkehrsunternehmen, sobald eine erhebliche Störung im Flugplan auf-ritt, nach „vernünftigem Ermessen“ zu entscheiden, ob im Hinblick auf das Spannungsfeld zwischen dem Interesse der Fluggäste an einer Durchführung des ursprünglich geplanten Flugs und dem Interesse an einer möglichst frühzeitigen Bekanntgabe einer notwendigen Annullierung der Flug bereits zu annullieren ist. Dabei sind auch die Interessen anderer Fluggäste zu berücksichtigen, die von der Entscheidung betroffen sind, weil sich die verspätete Durchführung des Flugs oder seine Annullierung auf weitere geplante Flüge auswirken würde. Für diese Entscheidung ist eine Prognose erforderlich, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt sich der geplante Flug wahrscheinlich durchführen lässt. Auch in anderen Konstellationen, für die eine solche Prognose relevant wird, stellt die Verordnung maßgeblich auf ein vernünftiges Ermessen („prévoit raisonnablement“, „reasonably expects“) ab. So sind die Prognosen, ob eine Beförderung zu verweigern sein wird (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung), ob Unterstützungsleistungen gemäß Art. 9 anzubieten sind, weil die zu erwartende Abflugszeit eines neuen Flugs nicht mehr für den gleichen Tag zu erwarten ist (Art. 5 Abs. 1 Buchst. b), und insbesondere ob solche Unterstützungsleistungen anzubieten sind, weil eine Verspätung von zwei, drei oder vier Stunden – gestaffelt entsprechend der Flugstrecke – zu erwarten ist, jeweils nach vernünftigem Ermessen zu treffen. Die Entscheidung, ob und wann den Fluggästen die Annullierung eines Flugs mitzuteilen ist, ist deshalb entsprechend diesem von der Verordnung für ähnliche Konstellationen vorgegebenen Maßstab zu treffen.

dd) Nach einem solchen Maßstab war es der Beklagten am 25. Oktober 2007 nicht zuzumuten, länger abzuwarten, um eine zuverlässigere Prognose treffen zu können, wann die Wetterbedingungen in Jerez eine Zwischenlandung des in Sevilla gelandeten und für den vom Kläger gebuchten Flug vorgesehenen Flugzeugs zulassen würden.

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Der Pilot des für den annullierten Flug vorgesehenen Flugzeugs erhielt nach den getroffenen Feststellungen ca. 20 Minuten vor der vorgesehenen Landung, d.h. gegen 9.15 Uhr, einen Wetterbericht, demzufolge keine ausreichende Sicht für eine Landung bestand. Nach Fliegen einer Warteschleife über 10 bis 15 Minuten entschied sich der Pilot mangels besserer Sicht, den Flughafen von Sevilla anzufliegen. Wie lange der Nebel andauern werde, war zu diesem Zeitpunkt nicht mit Sicherheit vorhersehbar; tatsächlich hielt er bis 11.30 Uhr an. Angesichts der geplanten Abflugszeit von 10.00 Uhr entsprach es jedenfalls zu diesem Zeitpunkt vernünftigem Ermessen, die Risiken für eine weitere, erhebliche Verschiebung der Abflugszeit als so erheblich einzuschätzen, dass die Entscheidung über eine Annullierung des Flugs nicht weiter aufzuschieben war. Hätte es die Beklagte, wie es das Berufungsgericht für geboten gehalten hat, unternehmen wollen, die Genehmigung für eine Zwischenlandung in Jerez auf dem Rückflug des in Sevilla gelandeten Flugzeugs nach Hahn einzuholen, hätte sie – sofern eine solche Genehmigung überhaupt kurzfristig erlangbar gewesen wäre – damit entweder zuwarten müssen, bis erkennbar wurde, wann die Wetterverhältnisse eine Landung in Jerez ermöglichen würden, oder sie hätte die Genehmigung für einen voraussichtlich sicheren späten Zeitpunkt beantragen müssen. In jedem Fall war mit einer mehrstündigen Verzögerung des Abflugs in Jerez zu rechnen. Angesichts dessen durfte die Beklagte auch berücksichtigen, dass es ihr die unmittelbare Rückführung des in Sevilla gelandeten Flugszeugs nach Hahn ermöglichte, Auswirkungen des Nebels in Jerez auf den Flugplan für weitere Flüge, für die dieses Flugzeug ebenfalls vorgesehen war, zu vermeiden oder jedenfalls in engen Grenzen zu halten. Im Hinblick auf die unklaren Wetterbedingungen und die mit einer Zwischenlandung verbundenen luftverkehrsrechtlichen und logistischen Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten war damit nach vernünftigem Ermessen keine Prognose für die Durchführbarkeit des geplanten Flugs erkennbar, nach der ein weiteres Abwarten auf bessere Wetterverhältnisse und die Durchführung einer Zwischenlandung der Beklagten zuzumuten gewesen wären.

Die Annullierung beruhte damit nicht nur auf einem unvermeidbaren Grund – dem Nebel -, sondern war auch im Übrigen nicht durch Anstrengungen zu vermeiden, die der Beklagten mit Rücksicht auf die Interessen ihrer Fluggäste zuzumuten waren. Die Beklagte ist deshalb von Ausgleichszahlungen gemäß Art. 5 Abs. 3 der Verordnung befreit.

2.

Es hält der rechtlichen Nachprüfung gleichfalls nicht stand, dass das Berufungsgericht dem Kläger den in der Berufungsinstanz noch anhängig gebliebenen Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 611,72 € (Ersatzflug, Beförderung nach Hahn, Parkgebühren) zugebilligt hat (auf den es sodann 400,– € Ausgleichsleistung angerechnet hat).

a) Fluggästen steht ein Anspruch auf Ersatz ihres weitergehenden Schadens zu, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen seine Verpflichtungen aus der Verordnung schuldhaft nicht erfüllt. Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich indessen nicht aus Art. 12 der Verordnung. Diese Vorschrift setzt einen Schadensersatzanspruch voraus, begründet ihn aber nicht. Die Grundlage für einen solchen Anspruch ist vielmehr in dem anwendbaren nationalen Recht zu suchen. Im Streitfall unterliegt der Luftbeförderungsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten deutschem Sachrecht. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom I“), ABl. 2008 Nr. L 177 S. 6, findet nach Art. 29 dieser Verordnung auf den Streitfall noch keine Anwendung. Grundsätzlich wäre nach Art. 28 Abs. 1, Art. 31 Abs. 1 EGBGB das Sitzrecht des beklagten Luftfahrtunternehmens, hier das … Recht, anzuwenden (BGHZ 182, 24 Tz. 34 ff.). Beide Parteien haben sich jedoch hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ausschließlich auf Vorschriften des deutschen Rechts berufen, zuletzt in der Revisionsbegründung und der Anschlussrevisionsbegründung; hierdurch haben sie stillschweigend eine Rechtswahl i.S. des Art. 27 Abs. 1 EGBGB getroffen (vgl. statt vieler BGHZ 103, 84, 86; 154, 276, 278; MünchKomm-BGB/Martiny, 5. Aufl., Art. 3 Rom I-VO Rn. 53 m.w.N.).

Nach dem deutschen Sachrecht steht dem Kläger gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten zu, wenn diese auf einer schuldhaften Verletzung der Pflichten der Beklagten gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung beruhen. Nach dieser Vorschrift haben Fluggäste unter anderem Anspruch auf eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt; damit einher geht die Pflicht des Luftfahrtunternehmens, eine solche anderweitige Beförderung anzubieten und durchzuführen.

b) Ob die Beklagte diese Pflicht verletzt hat, kann der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Aufgrund der Annullierung des geplanten Fluges konnten die Fluggäste nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung wählen zwischen der voll-ständigen Erstattung des Flugpreises, anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt und anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren, vom Fluggast gewünschten Zeitpunkt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger den Flugpreis von 20,– € erstattet hat. Es hat jedoch weder festgestellt, dass der Kläger die Erstattung, noch dass er die anderweitige Beförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt gewählt hat. Für die revisionsrechtliche Prüfung ist daher bei der Revision der Beklagten zugrunde zu legen, dass der Kläger den Anspruch auf anderweitige Beförderung verloren hat, und bei der Anschlussrevision, dass dies nicht der Fall ist. Trifft ersteres zu, wäre die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, den Kläger und seine Ehefrau anderweitig zu befördern, womit es an einer Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch fehlen würde.

c) Hatten der Kläger und seine Ehefrau hingegen eine anderweitige Beförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt gewählt, kommt es darauf an, ob die Beklagte mit dem erst für den übernächsten Tag, den 27. Oktober 2007, angebotenen Ersatzflug ihrer Verpflichtung aus Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung hinreichend gerecht geworden ist. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Das Berufungsgericht wird in diesem Fall zu klären haben, ob die Beklagte verpflichtet war, dem Kläger und seiner Ehefrau einen Ersatzflug zu einem früheren Zeitpunkt als dem 27. Oktober 2007 anzubieten, insbesondere ob sie ihnen, wie vom Kläger geltend gemacht, eine Busbeförderung nach Sevilla und einen Rückflug mit dem dort wegen des Nebels gelandeten Flugzeug hätte anbieten müssen.

d) Sollte sich der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch als begründet erweisen, wäre dieser nicht gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung im Wege der Anrechnung zu reduzieren, weil dem Kläger keine anrechenbaren Ausgleichsansprüche zustehen.

III.

Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben. Soweit der Kläger Ausgleichszahlungen begehrt hat, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden und das klageabweisende Ersturteil wiederherstellen. Im Übrigen ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

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