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Flugverspätung: Schadensersatz und Verspätungsschadens aus Art. 22 MÜ

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az.: I-18 U 110/06

Urteil vom 31.01.2007


Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 30. Mai 2005 (33 C 13795/05) unter gleichzeitiger teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 15. November 2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 259,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2005 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil des Senats vom 15. November 2006 aufrechterhalten.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 88 % und die Beklagte zu 12 %. Der Kläger trägt jedoch diejenigen Kosten allein, die durch seine Säumnis im Senatstermin vom Vom 15. November 2006 veranlasst wurden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die zulässige Berufung des Klägers hat im zuerkannten Umfang Erfolg, im übrigen ist sie unbegründet.

Gründe:

A.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen des hier in Rede stehenden Verspätungsschadens aus Art. 22 MÜ zu.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Schaden vorsätzlich verursacht, weil ihr Erfüllungsgehilfe, dessen Verschulden sie sich wie eigenes Verschulden zurechnen lassen muss, den Kläger von Bord des Flugzeugs gewiesen hat. Somit haftet die Beklagte für den von der American Airlines verursachten Verspätungsschaden der Höhe nach unbegrenzt, Art. 22 Abs. 5 MÜ.

Die Auffassung des AG, aus dem Vorbringen des Klägers ergebe sich, dass er Veranlassung gegeben habe, ihn des Flugzeugs zu verweisen, findet im Vortrag des Klägers keine Stütze. Andererseits teilt der Senat auch nicht die Auffassung des Klägers, wonach die Fluggesellschaft einen Passagier nur dann vom Transport ausschließen dürfe, wenn er die Flugsicherheit gefährdet. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang nur, ob der Fluggast eine Vertragsverletzung begangen hat und diese so schwer wiegt, dass sie – gegebenenfalls nach erfolgloser Abmahnung – den Ausschluss von der Beförderung zu rechtfertigen vermag.

Unter Berücksichtigung dieses Ausgangspunkts ist es denkbar, dass ein Fluggast so penetrant riechen kann, dass die von ihm ausgehende Geruchsbelästigung für die anderen Passagiere nicht mehr zumutbar ist. Dass diese – sicherlich hoch anzusetzende – Schwelle für dieses Beförderungshindernis im vorliegenden Fall gegeben war, lässt sich dem Vortrag des Klägers indes nicht entnehmen, denn hierfür reicht es keinesfalls aus, dass der Kläger einräumt, er sei verschwitzt gewesen.

Letztendlich bedarf es jedoch keiner Aufklärung, ob vom Kläger eine massive Geruchsbelästigung der Mitreisenden ausgegangen ist. Denn dem Grunde nach bleibt die Klage auch dann begründet, wenn man dies zugunsten der Beklagten unterstellt, weil sie dann den eingetretenen Verspätungsschaden durch eine andere Pflichtverletzung leichtfertig verursacht hat.

Falls es wirklich den übrigen Passagieren nicht zuzumuten gewesen wäre, wenn die Beklagte den Kläger hätte mitfliegen lassen, dann kann dieser penetrante Geruch dem Stationsmanager M. beim Einchecken des Klägers nicht verborgen geblieben sein, so dass er bereits zu diesem Zeitpunkt das nach Behauptung der Beklagten bestehende Beförderungshindernis „gerochen“ haben muss. Daher hätte er den Kläger beim Einchecken auf diesen Umstand hinweisen müssen, um ihm Gelegenheit zu geben, diesem Beförderungshindernis abzuhelfen. Zu diesem Zeitpunkt wäre der Kläger auch ohne weiteres in der Lage gewesen, sich ein frisches Hemd anzuziehen, weil er zu diesem Zeitpunkt noch seine Koffer in unmittelbarem Besitz hatte. Da das Leistungshindernis nach Meinung des Stationsmanagers durch ein Wechseln des Hemdes zu beseitigen gewesen wäre, hat er dem Kläger diese Möglichkeit, doch noch am Flug teilnehmen zu können, leichtfertig genommen.

B.

Das AG hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte für den gesamten Rückflug vertraglicher Luftfrachtführer gewesen ist.

Die Auffassung der Beklagten, der Flug des Klägers sei eine Beförderung durch mehrere aufeinander folgende Luftfrachtführer gewesen, so dass sie für den Verweis des Klägers nicht haften müsse, findet in den überreichten Anlagen keine Stütze. In der Buchungsbestätigung des Klägers ist die Beklagte als Veranstalter des gesamten Fluges ausgewiesen. Auch die Flüge auf der Strecke L./ H. trugen eine Flugnummer der Beklagten. Schließlich ist auf dem von der Beklagten in Ablichtung zu den Akten gereichten Flugticket des Klägers von der A. klar und deutlich zu lesen, dass dieser Flug zwar die Flugnummer A trug, das Ticket jedoch als Flug der Beklagten verkauft wurde, denn auf dem Ticket steht: „sold as BA 5“.

C.

Wegen dieser Pflichtverletzung der Beklagten steht dem Kläger jedoch nur ein Anspruch auf Ersatz der Übernachtungskosten in L. zu, während die weiteren Schadenspositionen nicht begründet sind.

Schadensersatz für einen „vertanen“ Urlaubstag seiner Ehefrau steht dem Kläger nicht zu. Bei diesem Schaden handelt es sich nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung um einen immateriellen Schaden (vgl. EuGH NJW 2002, 1255 sowie BGH NJW 2005, 1047), der nur unter den Voraussetzungen des § 651 f Abs. 2 BGB einen Geldanspruch gewährt. Die Voraussetzungen des § 651 f Abs. 2 BGB sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, weil der Kläger und seine Ehefrau bei der Beklagten keine Pauschalreise, sondern lediglich Hin- und Rückflug zum Urlaubsort gebucht hatten.

Ob dem AG darin beizupflichten ist, dass der Kläger seinen Verdienstausfall für einen Arbeitstag nicht schlüssig dargetan hat, kann dahinstehen. Denn jedenfalls kann ein Verdienstausfallschaden eines Freiberuflers ausschließlich auf die anhand des Betriebsergebnisses konkret festzustellende Gewinnminderung gestützt werden (vgl. BGH NJW 1970, 1411; NJW 1994, 654). Ob und gegebenenfalls inwieweit dem Kläger durch den Verlust eines Arbeitstages ein Verdienstausfallschaden entstanden ist, kann der Senat nicht prüfen, weil der Kläger sich erklärtermaßen unter Berufung auf das Steuergeheimnis weigert, dem Gericht gegenüber Angaben zu seinen Einnahmen und Betriebsausgaben zu machen. Insoweit hilft es auch nicht weiter, dass der Kläger bereit ist, diese Angaben gegenüber einem vom Gericht beauftragten Sachverständigen zu machen, denn ein Sachverständigengutachten zum Verdienstausfallschaden wäre nur dann beweiskräftig, wenn der Sachverständige in seinem Gutachten die von ihm festgestellten Betriebseinnahmen und Ausgaben auflistet, womit der Kläger jedoch erklärtermaßen nicht einverstanden ist, weil dann das Gericht über die Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten Einblick in seine Vermögensverhältnisse erhalten würde.

Damit bliebe im vorliegenden Fall nur die Möglichkeit, ein Gutachten einzuholen, dass sich in der Mitteilung des sachverständigen Prüfungsergebnisses erschöpft, aber nicht aufzeigt, wie dieses Prüfungsergebnis gewonnen wurde. Ein solches Sachverständigengutachten einzuholen erübrigt sich jedoch, weil es ohne jeden Beweiswert wäre (vgl. BGHZ 116,47).

D.

Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

E.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97, 344, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Ein Anlass, zugunsten einer Partei die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 2.180,25 €.

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