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Folgen einer berechtigten Zeugnisverweigerung im Zivilprozess

Eltern schenken, Erben klagen: Tochter muss Geld aus Erbschaft zurückzahlen. Ein überraschender Prozess vor dem Oberlandesgericht Brandenburg zeigt, dass auch gutgläubige Empfänger von Geschenken zur Kasse gebeten werden können, wenn das Geld aus einem fremden Erbe stammt. Die Beklagte muss nun tief in die Tasche greifen, weil ihre Eltern ihr Geld schenkten, das ihnen gar nicht zustand.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Fall behandelt einen Streit über ungerechtfertigte Bereicherung im Nachlassrecht.
  • Die Kläger sind die Erben einer verstorbenen Person und klagen auf Rückzahlung eines Betrags, den die Beklagte unrechtmäßig erhalten haben soll.
  • Die Beklagte argumentierte, dass die fragliche Summe für ihren Hausbau verwendet wurde und somit gerechtfertigt sei.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte tatsächlich Gelder aus dem Nachlass erhalten hat, die als Geschenk qualifiziert werden können.
  • Der Entscheidung zufolge war die Beklagte nicht davon überzeugt, dass das Geld rechtmäßig war, was zur Rückzahlung eines Teils des Betrags führte.
  • Das Gericht bewertete die Darlegungen der Beklagten als unzureichend und nicht glaubwürdig.
  • Die Kosten des Verfahrens wurden zwischen den Parteien verteilt, mit einer erheblichen Last für die Beklagte.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, sofern bestimmte Sicherheitsleistungen erbracht werden.
  • Die Zulassung zur Revision wurde für die Beklagte gewährt, was ihr die Möglichkeit gibt, die Entscheidung anzufechten.
  • Die Entscheidung hat potentielle Auswirkungen auf ähnliche Fälle von ungerechtfertigter Bereicherung im Bereich des Erbrechts.

Zeugnisverweigerungsrecht im Zivilprozess: Ein Fall mit weitreichenden Folgen

Im Zivilprozess spielt die Beweisaufnahme eine zentrale Rolle, da sie entscheidend zur Klärung des Sachverhalts beiträgt. Hierbei haben Zeugen eine wichtige Funktion: Ihre Aussagen können entscheidend sein, um die Ansprüche einer Partei zu untermauern. Doch was passiert, wenn ein Zeuge sich weigert, aus bestimmten Gründen auszusagen? Das Recht auf Zeugnisverweigerung ist ein grundlegender Bestandteil des Zivilprozessrechts, das in bestimmten Situationen einem Zeugen das Schweigen erlaubt.

Die Gründe für eine berechtigte Zeugnisverweigerung können vielseitig sein. Oftmals berufen sich Zeugen auf das Zeugnisverweigerungsrecht, um sich und andere vor möglichen rechtlichen Nachteilen zu schützen, etwa bei Vertraulichkeitsverhältnissen oder in Fällen von drohender Selbstbelastung. Das deutsche Rechtssystem sieht hier klare Regelungen vor, wie mit diesen Situationen umgegangen wird, was sowohl den Zeugen als auch die Parteien im Prozess betrifft.

Die Konsequenzen einer berechtigten Zeugnisverweigerung können jedoch weitreichend sein und das Ergebnis eines Verfahrens beeinflussen. Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Auswirkungen einer solchen Entscheidung detailliert beleuchtet.

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Der Fall vor Gericht


Der Gerichtsfall: Rückzahlung eines Erbes

Der vorliegende Fall vor dem Oberlandesgericht Brandenburg befasst sich mit der Rückforderung von Geldern aus einem Nachlass. Die Kläger sind die unbekannten Erben einer 2010 verstorbenen Frau. Sie fordern von der Beklagten die Rückzahlung von 4.586,96 Euro, die diese von ihren Eltern als Schenkung für den Hausbau erhalten hatte. Das Geld stammte ursprünglich aus dem Nachlass der Verstorbenen.

Hintergrund und Sachverhalt

Die Eltern der Beklagten verfügten über eine Vollmacht der Erblasserin. Nach deren Tod hoben sie insgesamt rund 115.000 Euro von deren Konten ab. Davon gaben sie ihrer Tochter, der jetzigen Beklagten, einen Teil für deren Hausbau. Die Eltern gingen dabei irrtümlich davon aus, dass ihnen das Geld zustehe.

In einem vorherigen Prozess wurden die Eltern der Beklagten von den Erben auf Rückzahlung verklagt. Dort beriefen sie sich erfolgreich darauf, dass sie in Höhe von 20.000 Euro entreichert seien, da sie diesen Betrag ihrer Tochter geschenkt hätten. Daraufhin verklagten die Erben nun die Tochter direkt.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Oberlandesgericht gab der Klage weitgehend statt. Es verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 4.586,96 Euro nebst Zinsen. Das Gericht stützte sich dabei auf § 822 BGB. Danach ist ein Dritter, dem etwas unentgeltlich zugewendet wurde, das der Zuwendende rechtsgrundlos erlangt hatte, zur Herausgabe verpflichtet.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 4.586,96 Euro, die die Beklagte von ihren Eltern erhalten hatte, aus dem Nachlass der Verstorbenen stammten. Dafür stützte es sich vor allem auf Aussagen der Mutter der Beklagten im vorherigen Prozess. Diese hatte dort erklärt, dass die Schenkung an ihre Tochter nur durch das Geld aus dem Nachlass möglich gewesen sei.

Beweisaufnahme und Würdigung

Besonders interessant ist die Frage der Beweisaufnahme. Die Mutter der Beklagten hatte in diesem Prozess von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Das Gericht verwertete dennoch ihre Aussagen aus dem Vorprozess. Es sah darin keinen Verstoß gegen Beweisverwertungsverbote, da die Mutter dort als Partei und nicht als Zeugin ausgesagt hatte.

Die Beklagte argumentierte vergeblich, sie habe nicht gewusst, woher das Geld ihrer Eltern stammte. Das Gericht stellte klar, dass es darauf nicht ankomme. Entscheidend sei nur, dass die Schenkung ursprünglich aus dem Nachlass finanziert wurde.

Rechtliche Einordnung

Mit seiner Entscheidung stärkt das Gericht den Schutz von Erben vor unberechtigten Verfügungen über den Nachlass. Es zeigt, dass auch mittelbare Empfänger zur Rückzahlung verpflichtet sein können. Gleichzeitig wirft der Fall interessante Fragen zur Verwertbarkeit von Aussagen auf, wenn ein Zeuge später von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch macht.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung stärkt den Schutz von Erben, indem sie klarstellt, dass auch mittelbare Empfänger zur Rückzahlung unrechtmäßig erlangter Nachlassgelder verpflichtet sind. Das Gericht betont, dass es für die Rückzahlungspflicht nach § 822 BGB nicht auf die Kenntnis des Empfängers ankommt, sondern allein auf die Herkunft der Zuwendung aus dem Nachlass. Zudem wird die Verwertbarkeit von Parteiaussagen aus einem Vorprozess trotz späteren Zeugnisverweigerungsrechts bestätigt, was die Beweisführung in solchen Fällen erleichtert.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige Auswirkungen für potenzielle Zeugen in Zivilprozessen. Wenn Sie als Zeuge geladen werden und Zweifel an der Rechtmäßigkeit oder den Folgen Ihrer Aussage haben, sollten Sie wissen: Ihr Zeugnisverweigerungsrecht schützt Sie zwar vor einer aktuellen Aussage, aber frühere Äußerungen in anderen Verfahren können trotzdem gegen Sie oder Angehörige verwendet werden. Das Gericht darf Ihre früheren Aussagen als Beweismittel heranziehen, auch wenn Sie jetzt von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Seien Sie sich daher bewusst, dass Ihre Worte in einem Verfahren später in einem anderen Kontext relevant werden können. Im Zweifelsfall ist es ratsam, sich vor einer Aussage rechtlich beraten zu lassen, um die möglichen Konsequenzen abzuschätzen.


FAQ – Häufige Fragen

In dieser FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf häufige Fragen zu rechtlichen Themen, die Ihnen helfen sollen, sich im juristischen Dschungel besser zurechtzufinden. Besonders beleuchtet wird dabei das Zeugnisverweigerungsrecht im Zivilprozess, ein essenzieller Aspekt, der sowohl die Rechte von Zeugen als auch die Fairness des Verfahrens betrifft. Entdecken Sie, wie dieses Recht funktioniert und welche Auswirkungen es auf Ihre Situation haben kann.


Welche Gründe berechtigen einen Zeugen zur Zeugnisverweigerung im Zivilprozess?

Im Zivilprozess gibt es zwei Hauptkategorien von Gründen, die einen Zeugen zur Verweigerung der Aussage berechtigen: persönliche und sachliche Gründe.

Persönliche Gründe nach § 383 ZPO:

1. Verwandtschaftliche Beziehungen: Verlobte, Ehegatten (auch geschiedene), Lebenspartner (auch wenn die Partnerschaft beendet ist) einer Prozesspartei dürfen die Aussage verweigern. Gleiches gilt für Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie sowie Verwandte in der Seitenlinie bis zum dritten Grad und Verschwägerte bis zum zweiten Grad.

2. Berufsgruppen mit Schweigepflicht: Geistliche, Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken, sowie Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater).

Sachliche Gründe nach § 384 ZPO:

1. Gefahr der Strafverfolgung: Ein Zeuge kann die Aussage verweigern, wenn die Beantwortung einer Frage ihm selbst oder einem nahen Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

2. Unmittelbarer vermögensrechtlicher Schaden: Die Aussage kann verweigert werden, wenn sie dem Zeugen oder einem nahen Angehörigen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden zufügen würde.

3. Ehre: Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem nahen Angehörigen zur Unehre gereichen würde, müssen nicht beantwortet werden.

4. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse: Ein Zeuge kann die Aussage verweigern, wenn er dadurch ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis offenbaren müsste.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Zeugnisverweigerungsrecht vor der Vernehmung geltend gemacht werden muss. Das Gericht muss den Zeugen über sein Recht belehren. Macht ein Zeuge von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch, darf das Gericht daraus keine negativen Schlüsse ziehen.

In der Praxis kann die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts komplexe Situationen hervorrufen. Stellen Sie sich vor, ein Arzt wird als Zeuge in einem Zivilprozess geladen, in dem es um einen Behandlungsfehler geht. Er muss sorgfältig abwägen zwischen seiner ärztlichen Schweigepflicht und der Wahrheitsfindung vor Gericht.

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Welche Konsequenzen hat die Zeugnisverweigerung für den Verlauf des Zivilprozesses?

Die Zeugnisverweigerung im Zivilprozess kann verschiedene Auswirkungen auf den Verfahrensverlauf und das Ergebnis haben:

Beweislast bleibt unverändert: Die Verweigerung der Aussage durch einen Zeugen ändert grundsätzlich nichts an der Beweislast. Die Partei, die den Zeugen benannt hat, trägt weiterhin die Beweislast für die Tatsachen, die sie beweisen wollte.

Beweismittelverlust: Durch die Zeugnisverweigerung steht ein möglicherweise wichtiges Beweismittel nicht zur Verfügung. Dies kann die Beweisführung der Partei, die den Zeugen benannt hat, erheblich erschweren.

Freie richterliche Beweiswürdigung: Das Gericht muss die Zeugnisverweigerung im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO berücksichtigen. Es darf dabei jedoch keine negativen Schlüsse aus der Verweigerung ziehen, da dies das Zeugnisverweigerungsrecht aushöhlen würde.

Mögliche Verzögerung des Verfahrens: Wenn ein wichtiger Zeuge die Aussage verweigert, kann dies zu Verzögerungen führen, da möglicherweise alternative Beweismittel gefunden und vorgelegt werden müssen.

Kostenfolgen: Dem Zeugen können die durch seine Weigerung verursachten Kosten auferlegt werden, wenn er das Zeugnis ohne Angabe eines Grundes oder aus einem für unerheblich erklärten Grund verweigert (§ 390 Abs. 1 ZPO).

Ordnungsmittel: Bei unberechtigter Zeugnisverweigerung kann das Gericht Ordnungsmittel wie Ordnungsgeld oder Ordnungshaft gegen den Zeugen verhängen (§ 390 Abs. 1 ZPO).

Erzwingungshaft: In extremen Fällen kann sogar Erzwingungshaft angeordnet werden, um den Zeugen zur Aussage zu bewegen (§ 390 Abs. 2 ZPO).

Einfluss auf die Entscheidung: Obwohl das Gericht keine negativen Schlüsse aus der Zeugnisverweigerung ziehen darf, kann der Wegfall eines wichtigen Beweismittels indirekt die Entscheidungsfindung beeinflussen.

Alternative Beweismittel: Die Partei, die den Zeugen benannt hat, muss möglicherweise auf andere Beweismittel zurückgreifen, um ihre Behauptungen zu belegen. Dies können Urkunden, Sachverständigengutachten oder andere Zeugen sein.

Parteivernehmung: In manchen Fällen kann die Zeugnisverweigerung dazu führen, dass das Gericht eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO anordnet, um den Sachverhalt aufzuklären.

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Kann ein Gericht frühere Aussagen eines Zeugen verwenden, der später die Aussage verweigert?

Grundsätzlich dürfen frühere Aussagen eines Zeugen, der später von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, nicht verwertet werden. Dies ergibt sich aus § 252 der Strafprozessordnung (StPO). Die Vorschrift soll das Zeugnisverweigerungsrecht schützen und verhindern, dass es durch die Verwendung früherer Aussagen umgangen wird.

Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme: Wurde die frühere Aussage vor einem Ermittlungsrichter gemacht, darf sie unter bestimmten Voraussetzungen doch verwendet werden. Dies gilt allerdings nur, wenn:

1. Der Zeuge zum Zeitpunkt der früheren Aussage bereits ein Zeugnisverweigerungsrecht hatte.

2. Er über dieses Recht ordnungsgemäß belehrt wurde.

3. Er trotz Belehrung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht verzichtet und ausgesagt hat.

Der Grund für diese Ausnahme liegt darin, dass einer richterlichen Vernehmung ein höherer Beweiswert zugemessen wird als einer polizeilichen oder staatsanwaltschaftlichen Befragung.

Wichtig zu beachten ist, dass polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Vernehmungsprotokolle in diesem Fall nicht verlesen oder anderweitig in die Hauptverhandlung eingeführt werden dürfen. Auch die Vernehmung der Polizeibeamten oder Staatsanwälte als sogenannte „Zeugen vom Hörensagen“ ist unzulässig.

In der Praxis bedeutet dies, dass ein Gericht beispielsweise die Aussage einer Ehefrau gegen ihren Mann nicht verwerten darf, wenn sie zunächst bei der Polizei ausgesagt hat, später aber von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht. Hat sie jedoch vor dem Ermittlungsrichter ausgesagt und wurde dabei ordnungsgemäß belehrt, könnte diese Aussage unter Umständen doch verwendet werden.

Das Beweisverwertungsverbot gilt übrigens nur im Strafprozess. Im Zivilprozess können frühere Aussagen grundsätzlich als Urkundenbeweis eingeführt werden, auch wenn der Zeuge später die Aussage verweigert.

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Welche Rechte haben die Parteien im Zivilprozess, wenn ein Zeuge die Aussage verweigert?

Im Zivilprozess haben die Parteien verschiedene Rechte und Möglichkeiten, wenn ein Zeuge die Aussage verweigert:

Prüfung des Zeugnisverweigerungsrechts: Die Parteien können beantragen, dass das Gericht prüft, ob dem Zeugen tatsächlich ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Dies ist besonders relevant, wenn der Zeuge sich auf persönliche oder berufliche Gründe beruft.

Antrag auf gerichtliche Entscheidung: Besteht Uneinigkeit über das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts, können die Parteien einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Das Gericht entscheidet dann durch Zwischenurteil über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung.

Recht auf Benachrichtigung: Die Parteien haben das Recht, vom Gericht über die Zeugnisverweigerung informiert zu werden. Dies ermöglicht ihnen, angemessen darauf zu reagieren.

Antrag auf Ordnungsmittel: Verweigert ein Zeuge die Aussage ohne rechtliche Grundlage, können die Parteien beim Gericht die Verhängung von Ordnungsmitteln beantragen. Dies kann ein Ordnungsgeld oder sogar Ordnungshaft umfassen.

Recht auf Erklärungsabgabe: Die Parteien haben das Recht, Erklärungen zur Zeugnisverweigerung abzugeben. Diese Erklärungen werden in das Gerichtsprotokoll aufgenommen.

Antrag auf Glaubhaftmachung: Die Parteien können beantragen, dass der Zeuge die Gründe für seine Zeugnisverweigerung glaubhaft macht. Dies erfolgt in der Regel durch eine eidesstattliche Versicherung.

Recht auf Akteneinsicht: Die Parteien haben grundsätzlich das Recht auf Akteneinsicht. Dies gilt jedoch nicht für vertrauliche Informationen, wie etwa ärztliche Atteste des Zeugen.

Antrag auf amtsärztliche Untersuchung: Bei Zweifeln an der Vernehmungsunfähigkeit eines Zeugen können die Parteien die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung beantragen.

Recht auf Vernehmung durch beauftragten Richter: Verweigert ein Zeuge die Aussage vor dem Prozessgericht, können die Parteien beantragen, dass die Vernehmung durch einen beauftragten Richter erfolgt.

Antrag auf Erzwingungshaft: Als letztes Mittel können die Parteien bei wiederholter unberechtigter Aussageverweigerung die Anordnung von Erzwingungshaft beantragen.

Diese Rechte stellen sicher, dass die Parteien aktiv am Prozessgeschehen teilnehmen und ihre Interessen wahren können, auch wenn ein Zeuge die Aussage verweigert. Die konkrete Anwendung dieser Rechte hängt vom Einzelfall und der Einschätzung des Gerichts ab.

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Wie beeinflusst das Zeugnisverweigerungsrecht die Beweiswürdigung durch das Gericht?

Das Zeugnisverweigerungsrecht hat erheblichen Einfluss auf die Beweiswürdigung durch das Gericht. Grundsätzlich darf die Ausübung dieses Rechts nicht zum Nachteil des Angeklagten gewertet werden. Dies bedeutet, dass das Gericht aus der Tatsache, dass ein Zeuge von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, keine negativen Schlüsse ziehen darf.

Bei der Beweiswürdigung muss das Gericht beachten, dass die Verweigerung der Aussage ein prozessuales Recht des Zeugen darstellt. Die Ausübung dieses Rechts darf nicht als Indiz für die Schuld des Angeklagten oder die Unglaubwürdigkeit des Zeugen interpretiert werden. Das Gericht ist verpflichtet, andere Beweismittel heranzuziehen und diese sorgfältig zu würdigen.

Wenn ein Zeuge sein Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nimmt, führt dies in der Regel dazu, dass frühere Aussagen dieses Zeugen einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Das bedeutet, dass das Gericht diese früheren Aussagen bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigen darf. Eine Ausnahme besteht nur für richterliche Vernehmungen, bei denen der Zeuge über sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt wurde.

Es ist wichtig zu verstehen, dass das Zeugnisverweigerungsrecht dem Schutz des Zeugen dient. Es soll verhindern, dass der Zeuge durch seine Aussage zur Belastung eines Angehörigen beitragen muss. Das Gericht muss diesen Schutzzweck bei der Beweiswürdigung respektieren und darf keine Spekulationen über den möglichen Inhalt einer verweigerten Aussage anstellen.

Die Beweiswürdigung durch das Gericht muss trotz der Zeugnisverweigerung umfassend und erschöpfend sein. Das Gericht ist verpflichtet, alle anderen verfügbaren Beweismittel sorgfältig zu prüfen und zu bewerten. Dabei gilt der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung, der es dem Gericht erlaubt, die vorliegenden Beweise nach seiner Überzeugung zu würdigen.

In Fällen, in denen ein Zeuge sein Zeugnisverweigerungsrecht ausübt, aber die Verwertung früherer Aussagen gestattet, muss das Gericht besonders vorsichtig bei der Beweiswürdigung vorgehen. Es muss berücksichtigen, dass sich der Zeuge durch diese Vorgehensweise einer konfrontativen Befragung entzieht, was die Möglichkeiten zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit einschränkt.

Wichtig ist: Das Gericht muss in seiner Urteilsbegründung deutlich machen, dass es die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht zu Lasten des Angeklagten gewertet hat. Es muss klar erkennbar sein, auf welche Beweismittel sich das Gericht bei seiner Entscheidung stützt und wie es diese bewertet hat.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Zeugnisverweigerungsrecht: Das Recht eines Zeugen, in bestimmten Fällen die Aussage vor Gericht zu verweigern. Es schützt vor Selbstbelastung oder der Belastung naher Angehöriger. Im vorliegenden Fall machte die Mutter der Beklagten davon Gebrauch. Wichtig ist: Frühere Aussagen in anderen Verfahren können trotzdem verwertet werden. Das Recht bezieht sich nur auf die aktuelle Vernehmung. Zeugen sollten sich der möglichen späteren Verwendung ihrer Aussagen bewusst sein.
  • Entreicherung: Ein rechtlicher Zustand, bei dem jemand eine erhaltene Leistung nicht mehr zurückgeben kann, weil er sie verbraucht oder weitergegeben hat. Im Fall beriefen sich die Eltern darauf, da sie das Geld aus dem Nachlass bereits ihrer Tochter geschenkt hatten. Die Entreicherung kann von der Rückzahlungspflicht befreien, schützt aber nicht den Empfänger der Weiterleitung (hier die Tochter).
  • Unentgeltliche Zuwendung: Eine Leistung ohne Gegenleistung, typischerweise eine Schenkung. Im Urteil geht es um die Schenkung der Eltern an ihre Tochter. Wichtig ist: Auch gutgläubige Empfänger unentgeltlicher Zuwendungen können zur Rückgabe verpflichtet sein, wenn die Zuwendung aus unrechtmäßig erlangtem Vermögen stammt.
  • Urkundenbeweis: Ein Beweismittel im Zivilprozess, bei dem schriftliche Dokumente zur Feststellung von Tatsachen herangezogen werden. Im Fall wurden Aussagen der Mutter aus einem früheren Verfahren als Urkunden verwertet. Dies zeigt, dass auch Protokolle früherer Verhandlungen als Beweismittel dienen können, selbst wenn der Zeuge später schweigt.
  • Beweislastverteilung: Regelt, welche Partei im Prozess welche Tatsachen beweisen muss. Im Urteil war entscheidend, dass die Kläger die Herkunft des Geldes aus dem Nachlass beweisen mussten. Die Beweislast kann den Ausgang eines Verfahrens maßgeblich beeinflussen, besonders wenn direkte Beweise fehlen.
  • Freie Beweiswürdigung: Grundsatz, nach dem das Gericht alle vorliegenden Beweise nach freier Überzeugung würdigt. Im Fall führte dies dazu, dass das Gericht trotz fehlender Zeugenaussage der Mutter zu dem Schluss kam, das Geld stamme aus dem Nachlass. Zeigt, dass Gerichte verschiedene Indizien zu einem Gesamtbild zusammenfügen können.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 822 BGB (Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Dritten bei unentgeltlicher Zuwendung): Dieser Paragraph regelt, dass ein Dritter, der etwas unentgeltlich (z.B. als Geschenk) erhalten hat, zur Herausgabe verpflichtet ist, wenn der Zuwendende die Sache rechtsgrundlos erlangt hatte. Im vorliegenden Fall erhielt die Beklagte Geld von ihren Eltern, das diese unrechtmäßig aus dem Nachlass der Erblasserin entnommen hatten. Daher ist sie nach § 822 BGB zur Rückzahlung verpflichtet.
  • § 2038 BGB (Entreicherung des Erben): Dieser Paragraph besagt, dass ein Erbe, der eine Sache aus dem Nachlass unentgeltlich einem Dritten zugewendet hat, diese nicht mehr herausverlangen kann, wenn er entreichert ist, d.h., wenn er nicht mehr in der Lage ist, die Sache zurückzugeben. Im vorliegenden Fall beriefen sich die Eltern der Beklagten erfolgreich auf Entreicherung, da sie das Geld bereits ihrer Tochter geschenkt hatten.
  • § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Leistungskondiktion): Diese Vorschrift regelt den Anspruch auf Rückgewähr einer Leistung, wenn diese ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Im vorliegenden Fall haben die Eltern der Beklagten das Geld ohne rechtlichen Grund aus dem Nachlass entnommen. Daher konnten die Erben die Rückzahlung auf Grundlage der Leistungskondiktion fordern.
  • § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO (Bezugnahme auf den Tatbestand): Diese Vorschrift erlaubt es dem Berufungsgericht, auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug zu nehmen, um den Sachverhalt und die Prozessgeschichte darzulegen. Dies dient der Verfahrensökonomie und der Vermeidung von Wiederholungen.
  • § 138 ZPO (Zeugnisverweigerungsrecht): Diese Vorschrift regelt das Recht eines Zeugen, die Aussage zu verweigern, wenn er sich oder einen nahen Angehörigen dadurch einer strafrechtlichen Verfolgung oder einem erheblichen Vermögensnachteil aussetzen würde. Im vorliegenden Fall machte die Mutter der Beklagten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 11 U 127/14 – Urteil vom 10.07.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. Juni 2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam – 11 O 338/13 – teilweise abgeändert und – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird – unter Abweisung der Klage im Übrigen – verurteilt, an die Kläger zur gesamten Hand € 4.586,96 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 23. November 2013 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger 78 % und die Beklagte 22 % zu tragen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

III. Das Berufungsurteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Entsprechendes gilt für das angefochtene Urteil, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV. Die Revision wird für die Beklagte in vollem Umfange ihrer Beschwer zugelassen.

Gründe

I.

Kläger sind die unbekannten Erben der am …. August 1920 geborenen und am 22. Oktober 2010 verstorbenen C… K…. Sie werden durch die ihnen vom Amtsgericht Rathenow mit Urkunde vom 19. Oktober 2011 (Kopie Beiakte [BA] 1 O 29/13 [LG Potsdam] I 10) unter dem Aktenzeichen 8 VI 303/11 bestellte Nachlasspflegerin vertreten und nehmen die Beklagte wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus dem Nachlass der Erblasserin in Anspruch. Ihre Klage ist auf die Behauptung gestützt, die Berufungsführerin habe von ihren Eltern, den Eheleuten E… und N… S…, unentgeltlich eine Summe von insgesamt € 20.000,00 erhalten, die aus Bankguthaben der Verstorbenen stamme. Außer Streit steht zwischen den Prozessparteien, dass die Mutter und der am 22. Juli 2011 verstorbene Vater der Anspruchsgegnerin über eine Konto- und Sparbuchvollmacht sowie eine Vorsorgevollmacht der Erblasserin verfügten, nach deren Tode in den Besitz eines zuvor dieser gehörenden Sparbuchs gelangt sind, hiervon am 21. Februar 2011 € 107.600,00 sowie von einem Girokonto der C… K… in drei Beträgen € 7.150,00 abgehoben haben. Die Mutter der Beklagten, die Alleinerbin ihres Ehemannes ist, hat sich vor dem Landgericht Potsdam in dem Rechtsstreit 1 O 29/13, in dem sie seitens der hiesigen Kläger unter anderem auf Herausgabe des erlangten Geldbetrags in Anspruch genommen wurde, mit Erfolg darauf berufen, dass sie im Umfange von € 20.000,00 entreichert sei, weil die hiesige Berufungsführerin diese Summe für ihren Hausbau erhalten habe, was ohne die Mittel aus den Nachlass nicht möglich gewesen wäre. Zur näheren Darstellung des Sachverhalts und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (LGU 2 ff.).

Vom Landgericht Potsdam, das im ersten Rechtszug erkannt hat, ist der Klage – unter Abweisung im Übrigen – in Höhe von € 4.586,96 nebst anteiligen Zinsen und Kosten stattgegeben worden. Zur Begründung hat die Zivilkammer ausgeführt: Der Rückzahlungsanspruch beruhe auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 822 BGB. Im Ergebnis der persönlichen Anhörung stehe fest, dass die Beklagte von ihren Eltern € 4.586,96 aus dem Nachlass erhalten habe. Von dem geschenkten Geld seien entsprechend den im Vorprozess in Kopie zur Akte gereichten Rechnungen unter anderem ein Geschirrspüler und weitere Gegenstände für das damals im Ausbau befindliches Haus der Anspruchsgegnerin gekauft worden. Deren weitere Einlassungen erwiesen sich als wenig überzeugend. Angesichts ihrer engen Zusammenarbeit mit ihrer Mutter und deren Anwältin betreffend den Vorprozess könne keineswegs darauf geschlossen werden, ihr seien die Vermögensverhältnisse ihrer Eltern unbekannt gewesen. Dass man in der Familie über die vermeintlich geerbte große Geldsumme und deren Verwendung nicht geredet habe, sei sehr unwahrscheinlich. Dagegen spreche auch der Vortrag der Klägervertreter, die Beklagte habe ihn wenige Tage nach dem 22. Oktober 2013 in seiner Kanzlei angerufen und mitgeteilt, als alleinerziehende Mutter könne sie keine größeren Summen zahlen, was darauf schließen lasse, dass ihr der Inhalt des anwaltlichen Schreibens vom oben genannten Datum (Kopie Anlage K6/ GA I 37) bekannt gewesen sei. In der Verhandlung am 03. Juni 2014 habe sie auf diesen Vorhalt ausweichend reagiert. Auf die Aussage der Mutter der Anspruchsgegnerin, die durch Schreiben vom 10. März 2014 (GA I 72) von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht habe, komme es deshalb nicht mehr an. Eine Entreicherung sei insoweit nicht eingetreten, weil die Beklagte keine Luxusausgaben getätigt habe. Hinsichtlich des übersteigenden Betrags lasse sich indes bereits kein Geldzufluss feststellen; insbesondere habe die Mutter der Anspruchsgegnerin den gebrauchten Pkw Seat Leon im eigenen Namen gekauft, auf sich selbst zugelassen und ihrer Tochter in der Zeit des Hausbaus lediglich zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Wegen der weiteren Details wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (LGU 5 ff.).

Letzteres ist der Beklagten zu Händen ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten gemäß dessen Empfangsbekenntnis am 01. Juli 2014 (GA I 101) zugestellt worden. Sie hat am 10. Juli 2014 (GA I 103) mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel – nach in der Berufungsschrift beantragter (GA I 103, 105) und bis zum 01. Oktober 2014 bewilligter (GA I 109) Verlängerung der Begründungsfrist – mit einem an den zuletzt genannten Tage per Telekopie beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet (GA I 115 ff.).

Die Beklagte ficht das landgerichtliche Urteil – im Kern ihre bisherigen Darlegungen wiederholend und vertiefend – in vollem Umfange ihrer Beschwer an. Dazu trägt sie speziell Folgendes vor:

Die Zivilkammer sei aufgrund falscher Tatsachenwürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass sie – die Rechtsmittelführerin – von ihren Eltern Geld aus dem Nachlass der Erblasserin erhalten habe. Woher die finanziellen Mittel stammten, die ihr als Geschenk zugeflossen seien, habe bis zuletzt in Streit gestanden. Für die Übergabe eines Geldbetrages in Höhe von € 4.586,96 aus dem Nachlass seien allein die Kläger beweisbelastet. Da die von ihnen benannte Zeugin E… S… infolge der Ausübung ihres Zeugnisverweigerungsrechts von der Eingangsinstanz nicht habe vernommen werden können, seien die Anspruchsteller beweisfällig geblieben. Die Klage hätte insgesamt abgewiesen werden müssen. Die Akten des Vorprozesses 1 O 29/13 beizuziehen, der von den hiesigen Berufungsgegnern gegen ihre – der Beklagten – Mutter geführt worden sei, und trotz der Zeugnisverweigerung zu verwerten, stelle einen grundlegenden Verstoß gegen die Verfahrensordnung und die zivilprozessualen Beweisverwertungsverbote dar. Auf die Entscheidung des Landgerichts Potsdam, Urt. v. 12.09.2013 – 1 O 29/13 (BA I 71 ff.), hätte sich die Vorinstanz deshalb nicht stützen dürfen, zumal sie – der Rechtsmittelführerin – am Vorprozess weder beteiligt gewesen noch ihr dort der Streit verkündet worden sei. Von einer nachträglichen Aussageverweigerung könne im Streitfall keine Rede sein, weil es an einer früheren Zeugenaussage fehle. Im Übrigen dürften selbst dann Beweisergebnisse aus anderen Verfahren nicht mehr urkundenbeweislich verwertet werden, sobald eine Partei – wie hier die Kläger – die Anhörung des betreffenden Zeugen beantragt habe. Jedenfalls handele es sich bei dem Beurkundeten nur um Indizien mit eng begrenztem Beweiswert; eine Glaubwürdigkeitsbeurteilung sei regelmäßig nicht möglich und verstieße gegen den Grundsatz der Beweisunmittelbarkeit. Das Ergebnis ihrer – der Anspruchsgegnerin – Parteianhörung nach § 141 ZPO hätte die Zivilkammer nicht in sein Gegenteil verkehren und zu ihrem Nachteil auslegen dürfen, obwohl sie nicht beweisbelastet sei.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen – im Kern ihre bisherigen Darlegungen ebenfalls wiederholend und vertiefend – die angefochtene Entscheidung, soweit diese ihnen günstig ist, und nehmen sie im Übrigen hin. Dabei tragen sie insbesondere Folgendes vor:

Zu Unrecht meine die Beklagte, nach Ausübung eines Zeugnisverweigerungsrechts seien in einem Parallelverfahren bereits getätigte Äußerungen nicht mehr verwertbar. Das gelte umso mehr, wenn es sich – wie hier im Vorprozess – um den eigenen Vortrag einer dortigen Partei handele, die in jenem Verfahren weder ein Zeugnis abgelegt habe noch hätte verweigern können. Der im Streitfall erforderliche Nachweis sei ihnen, den Klägern, gelungen. Er ergebe sich zunächst aus dem Verteidigungsvorbringen der Mutter der Anspruchsgegnerin im Vorprozess. Den Empfang der Geldzuwendung habe die vormalige Bevollmächtigte der Beklagten, Rechtsanwältin …, im Schriftsatz vom 11. Oktober 2013 (Kopie Anlage K5/GA I 19) konkludent eingeräumt. Auf die Ex-post-Betrachtung, die die Berufungsführerin im Termin der mündlichen Verhandlung erster Instanz betreffend die Herkunft des Geldes und die Lauterkeit des Verhaltens ihrer Eltern angestellt habe, komme es nicht an; diese seien – wie E… S… im dem gegen sie geführten Rechtsstreit bekundet habe – seinerzeit davon ausgegangen, dass die finanziellen Mittel ihnen gehörten.

Mit Beschluss vom 04. Februar 2015 (GA I 144 f.) ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. Im Termin der mündlichen Verhandlung II. Instanz hat das Gericht die Beklagte persönlich angehört sowie die Sach- und Rechtslage mit den Prozessbevollmächtigten beider Seiten eingehend erörtert. Die Akten des Rechtsstreits 1 O 29/13 (LG Potsdam) lagen vor und waren Gegenstand der Verhandlung. Nach deren Schluss haben die Parteien – nicht nachgelassene – Schriftsätze eingereicht (GA I 160 ff.). Wegen der weiteren Details des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Anwaltsschriftsätze beider Seiten nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

A.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist zwar an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig; es wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst bleibt die Berufung aber nahezu vollumfänglich erfolglos. Denn das Landgericht hat der Klage – soweit sie zugesprochen wurde, was in zweiter Instanz allein zur Überprüfung steht – im Wesentlichen zu Recht stattgegeben. Die Kläger können von der Berufungsführerin gemäß § 822 i.V.m. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 und § 2039 Satz 1 BGB die Zahlung von insgesamt € 4.586,96 verlangen. In diesem Umfange hat die Beklagte – als Ditte im Rechtssinne – von ihren Eltern, den Eheleuten E… und N… S…, im Wege der Schenkung unentgeltliche Zuwendungen empfangen, die bei zutreffender Betrachtungsweise ursprünglich aus dem Nachlass der Erblasserin stammen, was zu einer Entreicherung der Schenker nach dem Verständnis von § 818 Abs. 3 BGB führte, wobei diese selbst die verwendeten Geldmittel ohne rechtlichen Grund auf Kosten der Anspruchsteller erlangt hatten. Hinsichtlich des Letzteren, das im Streitfall nicht problematisiert worden ist, kann auf die rechtsfehlerfreien Ausführungen in der Entscheidung des Landgerichts Potsdam, Urt. v. 12.09.2013 – 1 O 29/13 (BA I 71, 75 f.), Bezug genommen werden. Den eigenen Entreicherungseinwand der hiesigen Beklagten hat die Zivilkammer zu Recht für unbegründet erachtet (LGU 6 f.), was auch mit der Berufung nicht angegriffen wird. Abzuändern ist die angefochtene Entscheidung nur hinsichtlich eines Teils der Nebenforderungen: Da die Anspruchsteller – nach eigenem Vorbringen in der Klageschrift (GA I 1, 4) – der Beklagten mit der Mahnung eine Zahlungsfrist bis zum 22. November 2013 gesetzt hatten, ist der Schuldnerverzug erst mit dem Ablauf dieses Tages eingetreten. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind nicht erstattungsfähig, weil nicht vorgetragen wurde, dass die Beauftragung des Klägervertreters verzugsbedingt war. Eines gerichtlichen Hinweises bedurft es diesbezüglich nicht, weil nur eine Nebenforderung betroffen ist (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Gemäß § 822 BGB ist ein Dritter (Zweitempfänger), dem das ohne Rechtsgrund Erlangte von dessen – dadurch entreichertem (§ 818 Abs. 3 BGB) – Erstempfänger unentgeltlich zugewendet wurde, selbst zur Herausgabe verpflichtet, als hätte er die in Rede stehende Zuwendung unmittelbar und rechtsgrundlos von dem Gläubiger erhalten. Der Begriff des Erlangten schließt – entsprechend der Abschöpfungsfunktion des Kondiktionsrechts (vgl. hierzu Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., Einf. v. § 812 Rdn. 1) und der deshalb gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise – nach ganz herrschender Meinung, die der Senat teilt, auch die Surrogate, die Nutzungen und den Wert ein (arg. § 818 Abs. 1 und 2 BGB; vgl. dazu Jauernig/ Stadler, BGB, § 822, 15. Aufl., § 822 Rdn. 3 und 6; MünchKommBGB/Schwab, 6. Aufl., § 822 Rdn. 12; Palandt/Sprau aaO § 822 Rdn. 3 und 10; Schulze in Schulze, HK-BGB, 8. Aufl., § 822 Rdn. 3). Im Streitfall ist den Eltern der Beklagten durch die Geldabhebungen, bei denen es sich rechtlich betrachtet um den Einzug von Forderungen gegenüber dem Kreditinstitut handelte, ein bestimmtes Wertquantum (eine Geldsumme) zugeflossen, auf das sie – wie bereits oben erörtert – keinen Anspruch hatten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abhebungen unmittelbar bei dem kontoführenden Geldinstitut erfolgt sind oder – wie in dem Vorprozess dargetan wurde (BA I 4, 15 und 45) – zunächst die Überweisung auf ein eigenes Konto der Erstempfänger stattgefunden hat (vgl. dazu BeckOK-BGB/Wendehorst, Edition 35, § 818 Rdn. 8). Wären sie nicht entreichert gewesen, hätten bereits die Mutter und der Vater der Berufungsführerin gegenüber den Klägern nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 818 Abs. 1 BGB eine sogenannte echte Geldschuld zu erfüllen gehabt, deren Charakteristikum in der Wertverschaffung – der Herausgabe eines Wertquantums in Gestalt einer bestimmten Geldsumme und nicht individueller Scheine und Münzen – besteht (vgl. dazu Heermann, Geld und Geldgeschäfte, § 3 Rdn. 9). Entsprechend verhält es sich mit Blick auf die Beklagte. Es spielt keine Rolle, ob sie jene Geldzeichen von ihren Eltern erhalten hat, die diesen selbst bei den Abhebungen ausgehändigt worden sind. Ihre bereicherungsrechtliche Haftung ist schon dann zu bejahen, wenn ihr bei wirtschaftlicher Betrachtung (unentgeltlich) ein Wert zugeflossen ist, der ursprünglich aus dem Nachlass der Erblasserin stammt. Darauf hat der Senat im Termin der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Die Frage, ob die Anspruchsgegnerin die streitgegenständlichen € 20.000,00 (GA I 138) beziehungsweise € 4.586,96 (GA I 167) oder andere von ihrer Mutter und ihrem Vater erhalten hat, ist angesichts dessen nicht zielführend. Ebenso wenig stellt § 822 BGB darauf ab, ob der jeweilige Dritte weiß oder hätte wissen müssen, dass es sich bei der unentgeltlichen Zuwendung, die er erhalten hat, um den Gegenstand einer ungerechtfertigten Bereicherung handelt.

2. Ohne Rechtsverstoß durfte sich die Zivilkammer davon überzeugen, dass die Geldsumme in Höhe von insgesamt € 4.586,96, die die Beklagte unstreitig von ihren Eltern für den Hausbau erhalten hat und die lediglich Ausdruck eines bestimmten Wertquantums war, vom Nachlass der C… K… herrührt.

a) Ob eine tatsächliche Behauptung für wahr zu erachten ist oder nicht, hat das Gericht gemäß § 286 Abs. 1 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden und in seinem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind. So ist die Eingangsinstanz im Streitfall verfahren. Dabei hat sie im Kern auf das Ergebnis der persönlichen Anhörung im Termin der mündlichen Verhandlung am 03. Juni 2014 (GA I 81 ff.) und auf das vorgerichtliche Verhalten der Beklagten abgestellt. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Zum Verhandlungsinhalt, den das Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung berücksichtigen darf und muss, zählen insbesondere der Vortrag beider Seiten in der mündlichen Verhandlung (einschließlich der Äußerungen bei einer persönlichen Anhörung) und ihr Prozessverhalten insgesamt; eine Überzeugungsbildung, die im Einklang mit § 286 Abs. 1 ZPO steht, setzt nicht zwingend voraus, dass eine förmliche Beweisaufnahme stattgefunden hat (vgl. BeckOK-ZPO/Bacher, Edition 16, § 286 Rdn. 6 und 10; Musielak/Voit/ Foerste, ZPO, 12. Aufl., § 286 Rdn. 2, 9 und 13a; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 286 Rdn. 2 und 14; jeweils m.w.N.). Auch kann keine Partei verlangen, dass die von ihr vorgebrachten Angriffs- oder Verteidigungsmittel bei der Beweiswürdigung nicht zu ihrem Nachteil gewertet werden; die Regeln über die Beweislastverteilung sind dafür nicht einschlägig (vgl. Zöller/Greger aaO Rdn. 2). Die Zivilkammer hat das Ergebnis der persönlichen Anhörung keineswegs in sein Gegenteil verkehrt, sondern daraus Rückschlüsse gezogen, dass die Beklagte ihre Mutter bei deren eigener Rechtsverteidigung speziell durch die Zurverfügungstellung der Rechnungskopien unterstützt und wie sie auf den Vorhalt des Klägervertreters betreffend den behaupteten Anruf wenige Tage nach dem 22. Oktober 2013 reagiert hat. Ablichtungen von Rechnungen vorzulegen, die aus Mitteln bezahlt wurden, welche zwar von den Eltern der Rechtsmittelführerin stammen, aber mit dem Nachlass der C… K… nicht in Zusammenhang stehen, hätte keinerlei Sinn ergeben. Zu dem behaupteten Telefonat durfte sich die Anspruchsgegnerin nicht mit Nichtwissen erklären, weil es dabei um ihre eigenen Handlungen gegangen sein soll (§ 138 Abs. 4 ZPO).

b) Das aus dem Nachlass Erlangte (respektive einen Teil davon in dem hier in Rede stehenden Umfange) haben die Eltern der Berufungsführerin ihr zumindest dann im Sinne des § 822 BGB zugewendet, wenn die Schenkung erst durch den Mittelzufluss bei ihnen selbst veranlasst und ermöglicht worden ist. Genau darauf hat die Mutter der Beklagten mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13. Dezember 2012 (BA I 39, 41 = Kopie Anlage K1/GA I 6, 7) im Vorprozess ihren dort erfolgreichen Entreicherungseinwand gestützt. Im Termin der mündlichen Verhandlung am 22. August 2013 ergänzte sie laut dem entsprechenden Protokoll (BA I 65 = Kopie Anlage K2/GA I 8) bei ihrer persönlichen Anhörung – nachdem das Landgericht darauf hingewiesen hatte, dass in Höhe von € 20.000,00 eine Entreicherung zu bejahen sein dürfte, weil ein solcher Betrag zur Unterstützung des Hausbaus an die Tochter gezahlt worden sei, was ohne die Erlangung des Sparguthabens nicht erfolgt wäre -, dass die Zahlung noch zu Lebzeiten ihres Ehemannes und in dem Glauben stattgefunden habe, das Geld gehöre ihnen. Unter Berücksichtigung dessen ist im Streitfall mit Blick auf den notwendigen (inneren) Zusammenhang zwischen dem Erlangten und der Zuwendung das sogenannte Regelbeweismaß erfüllt, wonach es – angesichts der Begrenztheit des menschlichen Erkenntnisvermögens – keiner absoluten und unumstößlichen Sicherheit bedarf, sondern ein für einen vernünftigen Menschen und für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit vorliegen muss, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, Rdn. 734, m.w.N.).

aa) Zu Unrecht meint die Berufungsführerin, Unterlagen aus dem Vorprozess dürften hier bereits deshalb nicht urkundenbeweislich verwertet werden, weil ihre Mutter mit der Erklärung vom 10. März 2014 (GA I 72) gegenüber dem Landgericht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 und § 384 Nr. 1 ZPO Gebrauch gemacht hat. Die Folgen einer berechtigten Zeugnisverweigerung sind in der Zivilprozessordnung nicht geregelt; die Befugnis zum Nichterscheinen gemäß § 386 Abs. 4 ZPO erfordert allein eine formal ordnungsgemäße Verweigerungserklärung und § 390 ZPO befasst sich lediglich mit den Konsequenzen der unbegründeten Zeugnisverweigerung. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat beitritt, findet § 252 StPO, wonach die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in dieser von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, nicht verlesen werden darf, im Zivilprozess keine – entsprechende – Anwendung (vgl. insb. BGH, Beschl. v. 04.12.2012 – VI ZB 2/12, Rdn. 17, juris = BeckRS 2013, 00688; ebenso OLG Köln, Urt. v. 15.06.1992 – 5 U 191/91, Rdn. 37 ff., juris = BeckRS 2013, 00868; BeckOK-ZPO/Scheuch, Edition 16, § 383 Rdn. 17; MünchKommZPO/Damrau, 4. Aufl., § 383 Rdn. 43; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 383 Rdn. 6). Zwar besteht hier regelmäßig ein Verwertungsverbot für Niederschriften, die über eine Aussage als Beschuldigter oder als Zeuge im Ermittlungsverfahren angefertigt wurden, wenn der Vernommene seinerzeit nicht ordnungsgemäß über sein Aussageverweigerungsrecht belehrt worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.02.1985 – VI ZR 202/83, LS und Rdn. 11 ff., juris = r+s 1985, 129). Darauf kann aber im Streitfall nicht abgestellt werden, weil die Mutter der Beklagten in dem gegen sie geführten Rechtsstreit selbst Prozesspartei gewesen ist, dort keine Parteivernehmung stattgefunden hat, ihr kein förmliches Aussageverweigerungsrecht zustand und das Gesetz – insbesondere im Anwaltsprozess – keine entsprechenden Belehrungen vorsieht. Soweit es um das Vorbringen zum Entreicherungseinwand ging, das hier von Bedeutung ist, musste sich E… S… auch nicht gegen einen gegen sie erhobenen Vorwurf verteidigen. Es gibt daher keinerlei Grund, die Beweisführungsmöglichkeiten der Kläger zu beschränken. Das Recht zur Zeugnisverweigerung, welches der Mutter der Rechtsmittelführerin im vorliegenden Rechtsstreit zusteht, wird dadurch keineswegs ausgehöhlt. Weder § 383 Abs. 1 Nr. 3 noch § 384 Nr. 1 ZPO zielen darauf ab, es in die Hände des jeweiligen Verweigerungsberechtigten zu legen, ob und inwieweit eine Sachverhaltsaufklärung möglich ist. Die Vorschriften sollen vielmehr den Zeugen vor einem Konflikt schützen, der durch seine Wahrheitspflicht einerseits sowie seine sozialen und familiären Verpflichtungen andererseits entstehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2002 – VI ZR 378/01, Rdn. 20 m.w.N., juris = BeckRS 2003, 01563). Die persönliche Entscheidung der Mutter der Rechtsmittelführerin, nicht als Zeugin auszusagen, wird im Streitfall geachtet und bleibt unangetastet. Allein daraus, dass es zur Zeugnisverweigerung gekommen ist, werden auch keine für die Beklagten nachteiligen Schlüsse gezogen (vgl. hierzu insb. BeckOK-ZPO/Scheuch aaO Rdn. 16; Musielak/Voit/Huber, ZPO, 12. Aufl., § 383 Rdn. 10).

bb) Mit dem Anwaltsschriftsatz der E… S… vom 13. Dezember 2012 und dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2013 aus dem Vorprozess stehen den Klägern einerseits eine Privaturkunde im Sinne von § 416 ZPO und andererseits eine öffentliche Urkunde über Erklärungen gemäß § 415 Abs. 1 ZPO zur Verfügung, deren materielle Beweiskraft – hier insbesondere deren inhaltliche Richtigkeit – der freien Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 ZPO) unterliegt (vgl. Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, Rdn. 659). Ausgehend von dem oben erörterten Regelbeweismaß ist der Senat unter Berücksichtigung des gesamten Inhaltes der Verhandlungen davon überzeugt, dass die Angaben der Mutter der Berufungsführerin in dem gegen sie anhängig gewesenen Rechtsstreit, wonach der Zufluss von finanziellen Mitteln aus dem Sparguthaben der Erblasserin bei den Eheleuten Anlass und wirtschaftliche Grundlage für die Schenkungen an die Beklagte gewesen sei, zutreffen.

(1) Dem steht keineswegs entgegen, dass es sich hierbei nicht um das Ergebnis einer förmlichen Vernehmung durch eine Amtsperson nach Belehrung über bestehende Wahrheitspflichten, sondern um das Verteidigungsvorbringen in einem anderen Zivilprozess handelt. Denn gemäß § 138 Abs. 1 ZPO haben die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und wahrheitsgemäß abzugeben. Ein Verstoß dagegen kann – sofern die weiteren Voraussetzungen vorliegen – zu einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Prozessbetruges führen, wobei bereits der Versuch strafbar ist (§ 263 StGB); in einem Anwaltsprozess wie dem vorangegangen Rechtsstreit kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die Prozessbevollmächtigten die Verfahrensbeteiligten darauf hinweisen. Den Schriftsatz vom 11. Oktober 2013 (Kopie Anlage K5/GA I 19), in dem eingewandt wird, von den € 20.000,00 sei ein Teil durch E… S… selbst verwendet worden, um sich ein Auto zu kaufen, das auf sie zugelassen und von der Beklagten während der Bauphase nur genutzt worden sei, hat Rechtsanwältin … namens der Berufungsführerin und keineswegs im Namen von deren Mutter verfasst, wobei zwischen den hiesigen Prozessparteien indes streitig ist, in wessen Auftrag dies geschah und ob eine entsprechende Vollmacht dafür erteilt wurde. Selbst wenn das Verteidigungsvorbringen von E… S… im Vorprozess betreffend die Verwendung des Betrages von € 20.000,00 teilweise unrichtig war, begründet dies keine Zweifel an ihren Angaben zur Bedeutung des Geldzuflusses aus dem Nachlass bei den Eltern der Beklagten für die Zuwendung im Umfange von insgesamt € 4.586,96, die die Anspruchsgegnerin unstreitig erhalten hat. Denn nach dem Tode des Vaters ist ihre Mutter die einzige Person, die originäre, positive und sichere Kenntnis davon hat, was den Eheleuten Anlass für die Zuwendungen an ihre Tochter war und woher die finanziellen Mittel dafür stammten. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass E… S… die Rechtsmittelführerin durch bewusst wahrheitswidriges Vorbringen einer Inanspruchnahme seitens der Kläger aussetzen wollte. Mit Letzterem musste sie indes bei einer sogenannten Parallelwertung in der Laiensphäre rechnen, auch wenn sie die Vorschrift des § 822 BGB nicht kannte.

(2) Die Einwendungen, die von der Beklagten erhoben werden, rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Nach ihren Einlassungen wusste sie nicht, woher die ihr zugewandten Gelder ursprünglich stammten. Ob sie Kenntnis davon hatte oder hätte haben müssen, was ihrer Mutter und ihrem Vater die Schenkungen ermöglicht und beide dazu veranlasst hat, ist nicht Voraussetzung für den im Streitfall geltend gemachten Zahlungsanspruch. Die Vermutung der Rechtsmittelführerin, ihre Eltern hätten kein Geld verschenkt, das diesen nicht gehöre, hilft – worauf die Kläger zutreffend hinweisen (GA I 126) – schon deshalb nicht weiter, weil die Eheleute gemäß den Bekundungen der Mutter im Vorprozess davon ausgingen, die Guthaben der Erblasserin stünden ihnen zu. In dieser Auffassung ist E… S… offenbar auch von ihrer anwaltlichen Vertreterin in dem Vorprozess bestärkt worden, die nach einer rechtlichen Prüfung vortrug, zwei Schenkungen hätten zur Forderungsinhaberschaft von ihrer Mandantin und deren Ehemann geführt (BA I 39 ff. und Anlage K1/GA I 7). Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern, die von der Beklagten bei ihrer persönlichen Anhörung im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz geschildert wurden, legen nicht nahe, dass – unabhängig von dem Zufluss finanzieller Mittel aus dem Nachlass – damals die wirtschaftlichen Voraussetzungen bestanden, um einerseits die Rechtsmittelführerin mit Geldzuwendungen beim Hausbau zu unterstützen und zugleich andererseits einen gebrauchten Pkw Seat Leon zum Preis in Höhe von € 14.390,00 (Rechnungskopie in Anlage K5/GA I 19, 36) für die Mutter anzuschaffen, der der Tochter in der Bauphase zur Nutzung zur Verfügung steht. Die Beklagte bekundete, dass das seinerzeit von den Eheleuten S… gemeinsam betriebene Café keine besonderen Erträge abwarf, auch wenn es für ihre Eltern immer gereicht habe. Anhaltspunkte dafür, dass das Unternehmen gerade damals besonders ertragreich war, bestehen nicht. Da das Gericht die Bekundungen der Mutter der Berufungsführerin im Vorprozess urkundenbeweislich verwertet und nicht dessen (unstreitiges) Ergebnis, gereicht es der Anspruchsgegnerin keineswegs zum Nachteil, dass sie an dem vorangegangen Rechtsstreit formell nicht beteiligt war und deshalb auch auf dessen Ausgang keinen Einfluss nehmen konnte. Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt, weil die Akten des Vorprozesses sowohl in erster als auch in zweiter Instanz vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. Der Senat hatte zudem mit Verfügung vom 16. Oktober 2014 (GA I 131 f.) auf die Aktenanforderung und gemäß Verfügung vom 23. Oktober 2014 (GA I 133) auf den Akteneingang hingewiesen. Auf den prinzipiellen Vorrang der eigenen Vernehmung des Zeugen durch den erkennenden Spruchkörper vor der urkundenbeweislichen Verwertung von früheren Bekundungen kann es nicht mehr ankommen, wenn der jeweilige Zeuge infolge einer begründeten Aussageverweigerung nicht zur Verfügung steht. Die Beklagte hat sich in erster Instanz ausdrücklich mit einer Nichtvernehmung der Zeugin E… S… einverstanden erklärt (GA I 73 f.). Die Kläger sind der Art der Beweisaufnahme nicht entgegengetreten.

B.

Die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz eingegangenen Anwaltsschriftsätze beider Parteien geben dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO wieder zu eröffnen. Nachgelassen worden war nur den Klägern, eine Kopie des in der mündlichen Verhandlung im Original präsentierten Beleges nachzureichen. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel können, sobald die letzte mündliche Verhandlung geschlossen wurde, nicht mehr vorgebracht werden (§ 296a Satz 1 i.V.m. § 525 Satz 1 ZPO). Eine Konstellation, für die das Gesetz die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zwingend vorschreibt (§ 156 Abs. 2 ZPO), ist im Streitfall nicht gegeben. Da die Beklagte den Rechtsstreit in zweiter Instanz nicht wegen mangelhafter Substanziierung ihres Verteidigungsvorbringens verliert, hilft ihr Hinweis auf die Entscheidung des Senats, Urt. v. 11.12.2013 – 11 U 172/12 (juris = BeckRS 2013, 22388), unabhängig davon nicht weiter, dass dort eine gänzlich andere Fallgestaltung zugrunde liegt.

C.

Die Kostenentscheidung beruht betreffend die Eingangsinstanz auf § 92 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich des Berufungsrechtszuges auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

D.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO sowie aus § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

E.

Die Revision ist vom Senat für die Beklagte in vollem Umfange ihrer Beschwer gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen. Grundsätzliche – über den Streitfall hinausgehende Bedeutung – hat die Frage, ob die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts in einem Zivilprozess dazu führt, dass frühere Bekundungen des Zeugen, die er als Partei in einem vorangegangenen Rechtstreit gemacht hat, nicht mehr im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden dürfen. Da die Folgen einer berechtigten Zeugnisverweigerung in der Zivilprozessordnung selbst nicht geregelt sind, ist insoweit zugleich eine Fortbildung des Rechts erforderlich. Gemäß der – oben erörterten – höchstrichterlichen Judikatur findet zwar § 252 StPO keine entsprechende Anwendung; es besteht aber ein Verwertungsverbot für frühere Vernehmungsprotokolle, wenn keine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist. Welche Konsequenzen daraus für Sachvortrag zu ziehen ist, den der Zeuge vor seiner Zeugnisverweigerung in einem anderen Zivilprozess als Partei gehalten hat, wo zwar für ihn eine Wahrheitspflicht, für das Gericht aber keine Belehrungspflicht bestand, und wo für ihn nicht ohne Weiteres absehbar war, dass sein Vorbringen später urkundenbeweislich zum Nachteil eines nahen Angehörigen Verwendung finden kann, bedarf der Klärung durch den Bundesgerichtshof als Revisionsgericht. § 526 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO steht einer Revisionszulassung durch den Einzelrichter jedenfalls dann nicht entgegen, wenn sich – wie im Streitfall – die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergeben hat (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.07.2003 – VIII ZR 286/02, Rdn. 5, juris = BeckRS 2003, 06844; ferner BVerwG, Urt. v. 29.07.2004 – 5 C 65/03, Rdn. 16, juris = BeckRS 2004, 25482).

F.

Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt € 4.586,96 (§ 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Bei den vorgerichtlichen Anwaltskosten der Kläger handelt es sich um eine Nebenforderung, die gemäß § 43 Abs. 1 GKG streitwertneutral bleibt (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 25.09.2007 – VI ZB 22/07, Rdn. 4 ff., juris = BeckRS 2007, 17108; ferner BDPZ/ Dörndorfer, GKG/FamGKG/JVEG, 3. Aufl., GKG § 43 Rdn. 2; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 4 Rdn. 13, m.w.N.).

 


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