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Forderungsbeitreibung und eidesstattliche Versicherung

Landgericht Kleve

Az: 4 T 82/10

Beschluss vom 25.03.2010


Der Beschluss des Amtsgerichts F am p vom 25. März 2010 wird aufgehoben.

Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, den Antrag der Gläubigerin vom 17. Februar 2010 auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch die Schuldnerin nicht mit der Begründung zurückzuweisen, die eidesstattliche Versicherung beziehe sich auf einen Betrag von 468,93 € zuzüglich näher bezeichneter Nebenforderungen, während die zugunsten der Gläubigerin am 3. Februar 2010 durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahme lediglich in Höhe eines Teilbetrages von 100,00 € zuzüglich näher bezeichneter Nebenforderungen erfolgt sei.

Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Schuldner auferlegt.

G r ü n d e
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Die Gläubigerin ist Inhaberin eines Vollstreckungstitels über einen Betrag in Höhe von 468,93 € nebst Nebenforderungen. Sie hat gegen die Schuldnerin die Fahrnisvollstreckung betrieben, allerdings lediglich wegen eines Teilbetrages in Höhe von 100,00 € zuzüglich 12,00 € Rechtsanwaltsgebühren. Diese Vollstreckung blieb ausweislich des Protokolls des zuständigen Gerichtsvollziehers vom 3. Februar 2010 erfolglos. Mit Anwaltsschriftsatz vom 17. Februar 2010 beantragte die Gläubigerin bei dem Gerichtsvollzieher die Durchführung des Verfahrens zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch die Schuldnerin. Mit Schreiben vom 19. Februar 2010 stellte der Gerichtsvollzieher das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ein. Zur Begründung berief er sich darauf, die eidesstattliche Versicherung solle über einen Betrag von 468,93 € zuzüglich 16,20 € Rechtsanwaltsgebühren erfolgen, während die von ihm am 3. Februar 2010 durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahme lediglich wegen eines Teilbetrages in Höhe von 100,00 € zuzüglich 12,00 € Rechtsanwaltsgebühren erfolgt sei. Gegen die Ablehnung der Vollstreckungsmaßnahme hat die Gläubigerin mit Anwaltsschriftsatz vom 1. März 2010 Erinnerung eingelegt. Mit Beschluss vom 25. März 2010 hat das Amtsgericht F am p diese Erinnerung kostenpflichtig zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit der Beschwerde vom 30. März 2010, bei Gericht eingegangen am Folgetag.

Das Rechtsmittel der Gläubigerin ist als sofortige Beschwerde zulässig (§§ 567 f., 793 ZPO). Bei dem Beschluss des Amtsgerichts F am p vom 25. März 2010, mit dem die Verpflichtungserinnerung der Gläubigerin (§ 766 Abs. 2 ZPO) zurückgewiesen worden war, handelt es sich nämlich um eine Entscheidung im Sinne des § 793 ZPO.

In der Sache ist die sofortige Beschwerde begründet. Die Gläubigerin ist berechtigt, wegen der gesamten titulierten Forderung gegen die Schuldnerin das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO zu betreiben, auch wenn die vorherige Fahrnisvollstreckung nur wegen eines Teils der titulierten Forderung erfolgt ist.

Im Streitfall liegen die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung – Vollstreckungstitel, Klausel und Zustellung (§§ 724 Abs. 1, 750 Abs. 1 ZPO) sowie die weiteren Voraussetzungen der Offenbarungspflicht gemäß § 807 ZPO – die von der Gläubigerin betriebene Zwangsvollstreckung hat nicht zu ihrer Befriedigung geführt (§ 807 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und die Gläubigerin hat Antrag auf Bestimmung eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gestellt (§ 900 Abs. 1 ZPO) – unstreitig vor. Fraglich ist allein, ob das Offenbarungsverfahren (§ 900 Abs. 1 S. 1 ZPO) bei vorangegangener erfolgloser Vollstreckung nur wegen eines Teilbetrages der titulierten Forderung auf den Gesamtbetrag der titulierten Forderung erweitert werden kann. Das ist entgegen der Auffassung des Gerichtsvollziehers und des Vollstreckungsgerichts zu bejahen.

Allerdings ist besondere Voraussetzung der Offenbarungspflicht im Fall des § 807 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, dass „die Pfändung zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat.“ Diese „vollständige Befriedigung“ (§ 362 BGB) kann auch nur die Befriedigung der titulierten Forderung sein, wegen der der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, bei Vollstreckung wegen einer Teilforderung also nur diese Teilforderung und nicht die gesamte titulierte Forderung. Denn eine „Befriedigung des Gläubigers“ (§ 362 BGB) setzt immer das Bestehen einer entsprechenden bestimmten Forderung voraus. An der Geltendmachung der Gesamtforderung trotz vorangegangener erfolgloser Vollstreckung nur wegen einer Teilforderung im Offenbarungsverfahren ist der Gläubiger gleichwohl nicht gehindert. Nach § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO kann der Gläubiger das Offenbarungsverfahren nämlich auch dann betreiben, wenn er glaubhaft macht, „dass er durch die Pfändung seine Befriedigung nicht vollständig erlangen könne.“ Dieser Fall ist auch dann zu bejahen, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass in letzter Zeit beim Schuldner im Auftrag anderer Gläubiger durchgeführte Pfändungen erfolglos waren (sog. Unpfändbarkeitsbescheinigung, § 33 GVGA; vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 807 Rdnr. 18). Dem Fall der Unpfändbarkeitsbescheinigung gleichzustellen ist aber der Fall, dass der Gläubiger – wie hier – durch das Pfändungsprotokoll nachweist, dass der Schuldner schon nicht zur Tilgung einer Teilforderung von 100,00 € in der Lage war. Denn wenn der Schuldner nachweislich schon zur Begleichung einer solchen Teilforderung außerstande ist, steht damit zugleich fest, dass er erst recht eine sehr viel höhere Forderung – hier die Gesamtforderung von knapp 500,00 € – nicht zu tilgen vermag.

Dass der Gläubiger das Offenbarungsverfahren bei vorangegangener Vollstreckung nur wegen einer Teilforderung auf diese Teilforderung beschränken kann, bedeutet umgekehrt auch nicht, dass er an der Geltendmachung der titulierten Gesamtforderung im Offenbarungsverfahren gehindert ist. Das Offenbarungsverfahren ist nämlich nicht die bloße Fortsetzung der vorher von dem Gläubiger betriebenen einzelnen Vollstreckungsmaßnahme, sondern ein eigenständiges Verfahren (§§ 899 ff. ZPO), welches dem Gläubiger die Unterlagen verschaffen soll, auf deren Grundlage er weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergreifen kann (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 807 Rdnr. 1).

Zu keiner anderen Bewertung führt auch, dass die Geltendmachung der gesamten titulierten Forderung im Offenbarungsverfahren für den Schuldner mit Nachteilen verbunden ist, weil die vorzeitige Löschung seiner Eintragung im Schuldnerverzeichnis von der Tilgung der Gesamtforderung und nicht nur einer bloßen Teilforderung abhängig ist (§ 915 a Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Insoweit muss sich der Schuldner nämlich entgegenhalten lassen, dass er tatsächlich die gesamte titulierte Forderung schuldet und der Gläubiger demgemäß das Wahlrecht hat, durch Bezifferung der titulierten Forderung, für die das Offenbarungsverfahren betrieben wird – Gesamtforderung oder bloße Teilforderung – den Umfang der für eine vorzeitige Löschung des Schuldners im Schuldnerverzeichnis nötigen Zahlung vorzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 1.000,00 €.

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