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Mietvertrag: Formularklauseln und unangemessene Benachteiligung Partei

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: VIII ZR 308/02

Verkündet am: 14.05.2003

Vorinstanzen: LG Düsseldorf, AG Düsseldorf


Leitsatz:

Eine unangemessene Benachteiligung einer Vertragspartei – und damit eine Unwirksamkeit der Gesamtregelung – kann sich aus dem Zusammenwirken zweier Formularklauseln auch dann ergeben, wenn eine dieser Klauseln schon für sich gesehen unwirksam ist (Bestätigung von BGHZ 127, 245, 253 f.).


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2003 für Recht erkannt:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 19. September 2002 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen unterlassener Renovierungsarbeiten.

Mit Vertrag vom 23. Januar 1981 mietete die Beklagte von der Rechtsvorgängerin des Klägers eine Wohnung in D. an. Dieser Vertrag enthielt unter anderem folgende Formularklauseln:

„§8

Instandhaltung der Mieträume Anzeigepflicht und Haftung des Mieters

1. …

2. Der Mieter hat insbesondere die Verpflichtung, auf seine Kosten alle Schönheitsreparaturen (Innenanstrich – auch Heizkörper und Rohre – sowie Tapezierung) in den Mieträumen fachmännisch auszuführen, bei Küchen mindestens in einem Abstand von zwei Jahren, bei Dielen und Bädern mindestens von drei Jahren, bei Wohnräumen mindestens von vier Jahren und bei Schlafräumen mindestens von sechs Jahren.

Der Bodenbelag ist bei Auszug in einem ordnungsgemäßen und einwandfreien Zustand zu versetzen. Parkettboden ist bei einem Auszug nach mehr als vierjähriger Mietdauer abzuschleifen und zu versiegeln.

§12

Beendigung der Mietzeit

1. Die Mieträume sind bei Auszug sauber und

a) ohne Rücksicht auf den für Schönheitsreparaturen in § 8 Ziff. 2 vereinbarten Zeitablauf in fachmännisch renoviertem Zustand zurückzugeben,

Das Mietverhältnis endete zum 31. Januar 2000. Vergeblich forderte der Kläger mit Schreiben vom 28. Januar 2000 die Beklagte, die jegliche Renovierungsarbeiten unterlassen hatte, zur Durchführung aller vertraglich vereinbarten und erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen und Schönheitsreparaturen bis zum 11. Februar 2000 auf. In dem vom Kläger beantragten selbständigen Beweisverfahren hat der gerichtlich bestellte Sachverständige festgestellt, die Wohnung sei umfassend zu renovieren. Die Kosten hierfür würden sich auf 24.377,66 DM belaufen. Zum 1. Juli 2000 wurde die Wohnung wieder vermietet.

Der Kläger fordert von der Beklagten neben dem Ersatz der Kosten für die durchgeführte Renovierung Schadensersatz in Höhe von fünf Monatsmieten, weil der unrenovierte Zustand der Wohnung eine frühere Vermietung verhindert habe. Hilfsweise macht der Kläger noch Schadensersatzansprüche wegen der Schäden an den Fliesen in der Küche und im Badezimmer geltend.

Mit seiner Klage hat der Kläger insgesamt 31.107,06 DM nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf deren Berufung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger begehrt mit der zugelassenen Revision die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Renovierungsarbeiten zu. Denn sowohl die Rückgabeklausel in § 12 Ziff. 1 Buchst, a) des Mietvertrages wie auch die Regelung in § 8 Ziff. 2 des Vertrages, mit welcher der Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet werde, seien unwirksam. Die Unwirksamkeit der Rückgabeklausel folge aus § 9 AGBG. Denn nach dem Inhalt dieser Klausel habe der Mieter bei Beendigung der Mietzeit die Räume renoviert zurückzugeben, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die letzte Schönheitsreparatur vorgenommen worden sei. Eine Renovierungsvereinbarung wie hier – gegen deren Fristenregelung im übrigen Bedenken beständen – könne zwar für sich betrachtet, auch als Formularklausel wirksam geschlossen werden. Durch das Zusammenwirken mit der Rückgabeklausel entstehe jedoch zum Nachteil des Mieters ein Summierungseffekt. Bei einer Gesamtbetrachtung beider Regelungen zeige sich eine übermäßige Benachteiligung des Mieters als Vertragspartner des Klauselverwenders, die mit dem gesetzlichen Leitbild – Instandhaltung des Mietobjekts als Pflicht des Vermieters gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 n.F. BGB -nicht mehr zu vereinbaren sei; hieran ändere sich auch nichts dadurch, daß sich beide Klauseln an verschiedenen Stellen im Vertragswerk befänden. Das Übermaß der überbürdeten Pflichten ergebe sich aus dem Umstand, daß zu den abgewälzten Instandhaltungspflichten während der Vertragslaufzeit auch noch – mit der Endrenovierungsklausel – die Pflicht treten solle, den nachvertraglichen Renovierungsaufwand zu tragen.

Da die Beklagte mangels wirksamer Vereinbarungen keine Pflichten zur Renovierung der Mietwohnung verletzt habe, schulde sie dem Kläger auch keinen Schadensersatz für den geltend gemachten Mietausfall. Hinsichtlich der Badewanne, des Spiegels, der Mischbatterie sowie der abgelösten Fliesen seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die aufgetretenen Mängel nach etwa zwanzig Jahren Mietzeit nicht durch normale Abnutzung bzw. altersbedingten Verschleiß verursacht worden seien.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand, so daß die Revision zurückzuweisen ist. Der Kläger kann wegen Unwirksamkeit der Klauseln des § 12 Ziff. 1 Buchst, a und des § 8 Ziff. 2 des Vertrages weder Ersatz seiner Aufwendungen für die Renovierungsarbeiten noch Schadensersatz für den fünfmonatigen Mietausfall verlangen.

1. Vergeblich wendet sich die Revision dagegen, daß das Landgericht die Rückgabeklausel in § 12 Ziff. 1 Buchst, a für unwirksam gehalten hat.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 3. Juni 1998 – VIII ZR 317/97, NJW 1998, 3114 = WM 1998, 2145 unter III 2 a m.w.Nachw.; vgl. auch BGHZ 101, 253, 268 f.) ist eine Regelung in einem vom Vermieter verwendeten Formularmietvertrag, die den Mieter verpflichtet, die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen renoviert zu übergeben, wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB) unwirksam. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, daß nach der Senatsentscheidung vom 3. Juni 1998 (aaO, unter III 2 b) eine solche Klausel, die bei isolierter Betrachtungsweise den Mieter unangemessen benachteilige und deshalb unwirksam sei, sich bei einer Gesamtbetrachtung der Vereinbarung über die Renovierungspflichten gleichwohl als wirksam erweisen könne. Der Senat hat aber die Klausel dort nur deshalb als wirksam angesehen, weil durch die unmittelbar nachfolgenden Bestimmungen in deren Satz 2 hinreichend klargestellt war, daß der Mieter die ihm auferlegte Endrenovierung nur dann vornehmen mußte, wenn die Fristen seit der Ausführung der letzten Schönheitsreparaturen bei Vertragsende bereits abgelaufen waren (vgl. auch BGHZ 101, 253, 265). An einer solchen Einschränkung fehlt es hier. In der Rückgabeklausel des § 12 Ziff. 1 Buchst, a heißt es im Gegenteil, daß die Renovierung bei Beendigung der Mietzeit ohne Rücksicht auf den für Schönheitsreparaturen vereinbarten Zeitablauf zu erfolgen hat.

2. Zu Recht hält das Berufungsgericht auch die formularmäßige Über-wälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen – die nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich dem Vermieter obliegt – in § 8 Ziff. 2 des Vertrages für unwirksam.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 2. Dezember 1992 – VIII ARZ 5/92, NJW 1993, 532 unter II, 2) können auch jeweils für sich unbedenkliche Klauseln einen Summierungseffekt haben und in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders führen. Diese Rechtsprechung hat das Berufungsgericht zu Recht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Zwar sind die Regelungen der §§ 8 und 12 des Vertrages in voneinander getrennten Paragraphen und mit unterschiedlichen Überschriften niedergelegt. Sie müssen jedoch, weil sie sich insgesamt mit der Renovierungspflicht des Mieters befassen, ihrer gemeinsamen Bestimmung gemäß als zusammengehörig betrachtet werden (Senatsbeschluß aaO). Dieser inhaltliche Zusammenhang wird zudem durch die Klauseln selbst hergestellt. § 12 Ziff. 1 Buchst, a verweist auf die turnusmäßige Renovierungspflicht des § 8 Ziff. 2; § 8 Ziff. 2 wiederum enthält eine Anordnung über die Pflichten des Mieters bei Auszug in bezug auf die Instandsetzung des Bodenbelags, insbesondere des Parkettbodens.

Die Revision meint zwar, die von dem Berufungsgericht herangezogenen Grundsätze könnten nur dann eingreifen, wenn gegen beide Klauseln, für sich gesehen, nichts einzuwenden sei und sie nur in ihrer Gesamtwirkung zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters führten, während das Berufungsgericht schon eine der Klauseln, die Rückgabeklausel, isoliert betrachtet für unwirksam halte; in einem solchen Fall ließen sich die Klauseln in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil aufteilen mit der Folge, daß der zulässige Teil aufrechtzuerhalten sei (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1998 – VIII ZR 244/97, NJW 1998, 2284 unter II 1 a cc, und vom 7. Oktober 1981 – VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 unter II, 3 e). Dem kann für den gegebenen Fall nicht gefolgt werden. Anders als inhaltlich selbständige, nur in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang stehende Regelungen sind die genannten Klauseln wegen ihrer inneren Zusammengehörigkeit nicht in dem von der Revision befürworteten Sinne teilbar. Im übrigen kann sich eine unangemessene Benachteiligung einer Vertragspartei – und damit eine Unwirksamkeit der Gesamtregelung – aus dem Zusammenwirken zweier Klauseln auch dann ergeben, wenn eine dieser Klauseln schon für sich gesehen unwirksam ist (BGHZ 127, 245, 253 f.). Denn der Verwender einer aus zwei Teilen bestehenden Klausel, deren einer Teil nur Bestand haben kann, wenn der andere Teil unwirksam ist, kann sich wegen des Gebotes der Transparenz vorformulierter Vertragsbedingungen nicht zu seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit des anderen Klauselteils berufen.

Ob die Renovierungsklausel des § 8 Ziff. 2 – unter anderem die Bestimmung über die Instandsetzung des Bodenbelags (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 584 Rdnr. 84) – schon aus sich heraus der Inhaltskontrolle des § 9 AGBG nicht standhält, kann nach alledem dahingestellt bleiben.

3. Damit erweist sich die Entscheidung des Berufungsgerichts auch als zutreffend, soweit dem Kläger Schadensersatzansprüche wegen des fünfmonatigen Mietausfalls versagt worden sind. Bei Unwirksamkeit der vorgenannten Klauseln hat die Beklagte durch das Unterlassen von Renovierungen und Schönheitsreparaturen keine ihr obliegende Pflicht verletzt.

4. Auch soweit das Landgericht Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Schäden an Fliesen in der Küche und im Badezimmer verneint hat, kann die Entscheidung nicht beanstandet werden. Die Erwägung des Berufungsgerichts, nach etwa 20 Jahren Mietzeit liege es durchaus nahe, daß die festgestellten Mängel durch Verschleiß im Rahmen einer vertragsgerechten Nutzung der Wohnung entstanden seien, sind frei von Rechtsfehlern. Daß andere Schadensursachen zugrunde liegen könnten, ist nicht festgestellt und wird auch von der Revision nicht aufgezeigt.

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