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Formularmietvertrag über Wohnung und Garage: Kündbarkeit der Garagenanmietung?

AG Schwelm, Az.: 27 C 228/16, Urteil vom 16.02.2017

Dokumenttyp: Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 BGB abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von den Beklagten mit Vertrag vom 27.03.2013 angemieteten Garage nicht zu, denn die am 24.05.2016 allein auf die Garage bezogene ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

Formularmietvertrag über Wohnung und Garage: Kündbarkeit der Garagenanmietung?
Symbolfoto: Gagodesign/Bigstock

Die am 27.03.2013 erfolgte Anmietung der auf dem Grundstück Berghauser Straße Nr. 10 c in Breckerfeld gelegenen Wohnräume in der 1. Etage und die zeitgleich erfolgte Anmietung der auf dem selben Grundstück im Erdgeschoss rechts neben dem Hauseingang befindlichen Garage in derselben Vertragsurkunde stellen bei verständiger Würdigung ein rechtlich einheitliches Mietverhältnis dar mit der Folge, dass eine Teilkündigung einzelner Räume, wie hier allein der Garage, nicht zulässig ist. Vielmehr kann das Mietverhältnis nur einheitlich nach den Vorschriften für Wohnraummietverhältnisse bei Vorliegen eines berechtigten Interesses gekündigt werden.

Die Klägerin kann sich bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht mit Erfolg auf § 15 Abs. 4 des schriftlichen Mietvertrages stützen, in welchem unter anderem aufgeführt ist, dass das Mietverhältnis über die Garage von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen gesondert gekündigt werden kann und Einigkeit besteht, dass der Bestand des Mietverhältnisses über die Garage/Stellplatz nicht an das Wohnraummietverhältnis gebunden ist. Bei dem von der Klägerin verwendeten Mietvertrag handelt es sich um einen von Haus- und Grund Hagen und Umgebung e. V. herausgegebenen vorformulierten Mietvertrag, dessen Regelungen damit der AGB Kontrolle unterliegen. Vorliegend haben die Parteien zur Anmietung der Wohnräume und der Garage nur ein Vertragsformular verwendet. Damit spricht bereits die Vermutung für die rechtliche Einheit des Mietverhältnisses. Ebenso wie umgekehrt die Anmietung von Wohnräumen und einer Garage in zwei separaten Verträgen für deren rechtliche Selbständigkeit spricht. Die Vermutungswirkung der rechtlichen Einheit des Mietverhältnisses kann entkräftet sein, wenn ein entsprechender Parteiwille hinreichend deutlich zum Ausdruck gelangt ist. Hierfür reicht allein noch nicht die gesonderte Ausweisung des Mietpreises für die Garage in § 3 des Mietvertrages aus. Für eine rechtliche Selbständigkeit der Verträge kann sprechen, wenn die Parteien unterschiedliche Vertragslaufzeiten oder Kündigungsbedingungen vereinbaren.

In § 2 Ziffer 1 des Mietvertrages sind zunächst die einzelnen Wohnräume sowie unter Ziffer 2 die Garage aufgeführt. In § 2 Mietdauer ist festgehalten, dass der Mietvertrag von unbestimmter Dauer ist und für die Kündigung die gesetzlichen Vorschriften gelten. Eine Differenzierung dahin, dass für die gleichzeitig angemietete Garage andere Laufzeiten und abweichende Kündigungsfristen gelten sollen, findet sich an dieser Stelle nicht.

Erst auf Seite 6 oben des eine Vielzahl von Regelungen enthaltenen vorformulierten Mietvertrages findet sich sodann in § 15 Ziffer 4 die Klausel, dass das Mietverhältnis über die Garage gesondert gekündigt werden kann und Einigkeit besteht, dass der Bestand des Mietverhältnisses nicht an das Wohnraummietverhältnis gebunden ist, mithin eine rechtliche Selbständigkeit bezüglich des Garagenmietverhältnisses vereinbart sein soll.

§ 15 enthält lediglich die hervorgehobene Überschrift „Kündigung“ auf Seite 5 unten des Mietvertrages. Die in § 15 Ziffer 4 aufgeführten Regelungen sind nicht im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt worden – Gegenteiliges trägt die Klägerin auch selbst nicht vor -, sondern seitens der Klägerin einseitig gestellt worden und unterliegen damit der AGB-Kontrolle. Die Klausel ist gemäß § 305 c BGB unwirksam. Zur wirksamen Einbeziehung dieser Regelung hätte es hier eines deutlichen und besonderen Hinweises bedurft.

Die Beklagten wollten auch für die Klägerin erkennbar zugleich mit der Anmietung der Wohnräume auch die auf demselben Grundstück und in demselben Wohnhaus im Erdgeschoss gelegene Garage als Nebenraum mit anmieten. Insoweit erfolgte dann auch die Aufnahme sämtlicher Räume in einer Vertragsurkunde. Für die Einheitlichkeit des Mietverhältnisses spricht weiter auch die bereits oben aufgeführte Lage der Garage im selben Haus, in welchem die Beklagten die Wohnräume angemietet haben, und nicht zuletzt auch die nachträglich einvernehmlich erfolgte Anschließung der Garagenversorgung mit Strom, Wasser und den Heizkörpern an die angemietete Wohnung.

Für die Klägerin war damit hinreichend erkennbar, dass die Beklagten bei Anmietung der Wohnräume und der zeitgleichen Anmietung einer Garage in dem Haus ein einheitliches Mietverhältnis anstrebten und auch wollten, welches dann auch nur einheitlich beendet werden konnte. Dem steht allein die Ausweisung unterschiedlicher Mietpreise im Vertrag noch nicht entgegen.

Es wäre für die Klägerin, so sie denn eine rechtliche Selbständigkeit des Wohnraummietverhältnisses und des Garagenmietverhältnisses gewollt hätte, ohne weiteres möglich gewesen, dies durch den Abschluss zweier separater Verträge deutlich zum Ausdruck zu bringen oder zumindest die Beklagten auf die erst auf Seite 6 oben unter Ziffer 15 Abs. 4 enthaltene Regelung zur gesonderten Kündigung besonders hinzuweisen. Ein solcher besonderer Hinweis ist – Gegenteiliges trägt die Klägerin auch selbst nicht vor – nicht erfolgt. Allein, dass die Klausel in Fettdruck gehalten ist, genügt bei dem vorliegenden Sachverhalt noch nicht für einen ausreichenden Hinweis durch die Klägerin als Verwenderin. Zwar ist die Regelung ihrer Fassung nach nicht unklar. Die Beklagten mussten aber bei dem vorliegenden Sachverhalt angesichts des umfangreichen 26 Paragraphen umfassenden vorformulierten Regelwerkes nicht damit rechnen, dass in § 15 zur Kündigung eine Regelung enthalten ist, die eine separate Kündigung des Garagenmietverhältnisses ermöglichte, zumal auch in der Überschrift zu § 15 auf Seite 5 unten des Vertragsformulares lediglich das Wort „Kündigung“ aufgeführt ist, ohne hier bereits einen trennenden Hinweis auf die Garage und Wohnräume aufzunehmen.

Es ist gerichtsbekannt, dass Vermieter häufig Vertragsformulare von Verbänden benutzen, deren Inhalte nicht im Einzelnen ausgehandelt und auch von beiden Seiten vor Unterschriftsleistung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt studiert werden und damit einzelne Regelung nicht hinreichend zur Kenntnis genommen werden. Ein Mieter, der in einem Vertragsformular zeitgleich sowohl Wohnräume, als auch eine auf demselben Grundstück im selben Haus gelegene Garage anmietet, geht billigenswerter Weise von einer Einheitlichkeit des Mietverhältnisses aus. Er muss nicht damit rechnen, dass erst an einer weit hinten im Formular befindlichen Stelle nunmehr eine rechtliche Selbständigkeit der angemieteten Wohnräume und der Garage seitens der Verwenderin gewollt ist, sowie deren gesonderte Kündigungsmöglichkeit aufgeführt wird. Insoweit handelt es sich um eine nach den hier vorliegenden konkreten Umstände und dem Erscheinungsbild des Vertrages ungewöhnliche Klausel im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB, mit der die Beklagten als Vertragspartner der Klägerin als Verwenderin nicht zu rechnen brauchten. Mithin ist diese Vertragsklausel nicht Vertragsbestandteil geworden, mit der Folge, dass die Klägerin auf diese eine separate Kündigung der angemieteten Garage nicht stützen kann.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, denn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO liegen nicht vor.

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