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Forsteigentümer – Verkehrssicherungspflicht

LG Arnsberg

Az.: 2 O 233/04

Urteil vom 07.04.2006


Die Klage ist dem Grunde nach hinsichtlich der Anträge zu 1) – 3) gegenüber dem Beklagten zu 2) gerechtfertigt.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 03. 08. 2003 zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4) trägt die Klägerin.

Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche aus einem Unfall vom 03. 08. 2003 in N. geltend. Den Beklagten zu 1) und zu 2) wird die Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflichten vorgeworfen. Gegenüber dem Beklagten zu 3) und dessen Haftpflichtversicherer – der Beklagten zu 4) – werden Ansprüche aus § 7 Abs. 1 StVG wegen des vorgenannten Unfallereignisses geltend gemacht.

Die 1977 geborene Klägerin ist von Beruf Lehrerin. Sie unternahm am 03. 08. 2003 bei Sommerwetter mit den Zeugen G. und I. eine Radtour, wobei sie die Straße zwischen N. – M. und N. – C. im Gebiet der Gemeinde N. befuhr. Eigentümer dieser Straße ist die Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung I. I 807. Die Teilnehmergemeinschaft hat die Verwaltung, Instandhaltung und die Verkehrssicherungspflicht auf den Bürgermeister der Stadt N. übertragen, die Streitverkündete zu 1).

Ca. 100 m vor der Unfallstelle kam den Radfahrern der Beklagte zu 3) mit dem LKW Daimler – Chrysler mit Milchtankaufbau und dem amtlichen Kennzeichen … entgegen. Die Klägerin fuhr zu diesem Zeitpunkt etwa 6 m vor den Zeugen her. Als sie gegen 18. 30 Uhr das Waldgebiet „Am L-berg“ passierte, brach einer von drei Stämmlingen einer Blutbuche in einer Höhe von ca. 4 m ab und stürzte auf die Klägerin. Die Klägerin wurde zunächst aufgrund der schweren Verletzungen mit dem Rettungshubschrauber ins Evang. K. – T. Krankenhaus nach T. geflogen. Dort erfolgte die Erstbehandlung und die stationäre Betreuung im Intensiv- und Aufwachbereich bis zum 18. 08. 2003. Die Klägerin wurde ins T-klinikum N., Berufsgenossenschaftliche Sonderstation für Schwerunfallverletzte nach L. verlegt, wo sie am 28. 01. 2004 entlassen wurde.

Laut Bescheid des Versorgungsamtes T. vom 04. 11. 2003 ( Anlage 3 im Anlagenheft ) ist die Klägerin schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 %.

Bei dem zum Teil umgestürzten Baum handelt es sich um eine ca. 98 Jahre alte Blutbuche, die etwa 9 m nördlich des Straßenrandes in dem Waldgebiet „Am L-berg“ steht. Der Stamm der Buche besteht aus drei Stämmlingen. Der abgebrochene Stämmling hatte einen Durchmesser von 60 cm und war insgesamt ca. 20 m lang. Ein Großteil der Äste war nach Süden ausgerichtet und wuchs über die Straße bis über das gegenüberliegende Feld hinaus.

Das Grundstück, auf dem sich der Baum befand, stand zum Zeitpunkt des Unfalls im Eigentums des Beklagten zu 1).

Mit Übertragungsvertrag vom 23. 06. 2003 haben die Beklagten zu 1) und zu 2) den Besitz, die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung sowie die Nutzung mit Beginn des 1. Juli 2003 vom Beklagten zu 2) auf den Beklagten zu 1) übertragen. § 4 des Übertragungsvertrages enthält die folgende Regelung :

“ Der Besitz, die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung sowie die Nutzung gehen mit Beginn des 1. Juli 2003 auf den Übertragsnehmer über. Mit diesem Stichtag gehen auch alle öffentlichen und privaten Lasten auf den Übertragsnehmer über. Dieser verpflichtet sich zugleich, den Übertragsgeber von sämtlichen Lasten und Abgaben freizustellen, soweit er nach der Besitzübergabe weiter haftet; dies betrifft also auch solche mit dem übertragenen Grundbesitz verbundenen Verbindlichkeiten, Lasten und Abgaben, die vor dem Übergabe – Stichtag entstanden sind.“

Die Klägerin behauptet, die Blutbuche sei extrem umsturzgefährdet gewesen und es habe eine deutliche Bruchgefahr vorgelegen. An der Blutbuche sei nie eine Baumschau durchgeführt worden. Ein Fachmann hätte ansonsten folgende Defektsymptome festgestellt:

– Größe, Ausformung und Alter der Buche

– bei dem umgestürzten Stämmling handele es sich um einen mehrfachen Druckzwiesel

– stark ausgeformte Rippenbildung ( „Zwieselohren“)

– stark nach Süden ausgerichteter Randbaum mit erheblichem Schrägstand und Überhang zur Straßenseite.

Diese Defektsymptome hätten die Beklagten zu 1) und zu 2), die eine eigene Forstverwaltung unterhalten, veranlassen müssen, den Baum näher in Augenschein zu nehmen. Dann wären folgende weitere Defektsymptome aufgefallen:

– Vorhandensein des Brandkrustenpilzes im gesamten Baumbestand „Am L-berg“

– Radialriss des Stammes

– geschlossene Wassertasche zwischen den Stämmlingen mit einer Öffnung ca. 70 – 80 cm über dem Boden.

Der Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) seien zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten zu 3) und zu 4) seien zum Ersatz des entstandenen Schadens aus Gefährdungshaftung verpflichtet. Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Passieren der Unfallstelle durch den LKW und dem Abbruch des Stämmlings lasse nur den Schluss zu, dass die Luftverwirbelungen und die enorme Sogwirkung, die von einem schnell fahrenden Lkw ausgehen zum Abbrechen des Stämmlings geführt haben. Der Beklagte zu 3) habe den Unfallweg nicht benutzen dürfen. Der Weg an der Unfallstelle sei – dies ist unstreitig – wie folgt ausgeschildert:

a) in östlicher Richtung an der sogenannten C-allee: Durchfahrt verboten, Fahrradfahrer und Anlieger frei.

b) in südlicher Richtung am Abzweig B 00 / C-hausen : Durchfahrt verboten, Fahrradfahrer und Anlieger frei.

c) einige Hundert Meter weiter, zwischen C-hausen und der Unfallstelle: Durchfahrt verboten, Fahrradfahrer und landwirtschaftlicher Verkehr frei.

d) ca. 50 – 100 m weiter in Richtung Unfallstelle: Durchfahrt verboten; Fahrradfahrer und Anlieger frei.

Der Beklagte zu 3) sei zwischen 66 km/h und 75 km/h und damit zu schnell gefahren (Bl. 352).

Die Klägerin behauptet, sie habe aufgrund des Unfalls die folgenden Verletzungen erlitten:

Instabile Berstungsfraktur des 1. LWK mit kompletter Querschnittsymptomatik

Hämatopneumathorax rechts

Rippenserienfrakturen rechts

Innenknöchelfraktur links

Offene Platzwunde am Kopf

Vollständige Lähmung beider Beine

Vollständige Lähmung des Mastdarms und der Blase

Vollständiger Verlust der Sexualfunktion

Vollständiger Verlust der Gebärfähigkeit

Seit dem 18. 08. 2003 erfolge eine intensive krankengymnastische sowie ergotherapeutische Behandlung der Klägerin. Wegen der erheblichen Schmerzen im Rücken – und Lungenbereich seien umfangreiche Schmerztherapien erforderlich gewesen. Auch heute noch würden umfangreiche Therapiemaßnahmen durchgeführt, zu denen die Klägerin von ihrer Mutter gefahren werden müsse. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Klageschrift (Bl. 7 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, ihr sei ein materieller Schaden in Höhe von 10. 219, 16 Euro entstanden. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 28. 04. 2004, Bl. 17 – 23 d. A. Bezug genommen.

Nicht bezifferbar seien als materielle Schäden der Verdienstausfall, der Haushaltsführungsschaden, der Umbau der Wohnung , der Umbau des Autos, der Mehraufwand für die Risikolebensversicherung und die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung., orthopädische Hilfsmittel und Medikamente.

Die Klägerin beantragt,

1) die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin als Gesamtschuldner 10. 219, 16 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 09. 03. 04 zu zahlen.

2) die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin als Gesamtschuldner ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03. 08. 03 zu zahlen.

3) die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin als Gesamtschuldner eine monatliche Schmerzensgeldrente von 350,- Euro seit dem 01. 09. 03 vierteljährlich im Voraus jeweils zum 01. 01., 01. 04., 01. 07. und 1. 10 eines jeden Jahres zu zahlen.

4) festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 03. 08. 03 zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) bestreiten in Bezug auf den Weg, den die Klägerin im Unfallzeitpunkt befuhr, verkehrssicherungspflichtig zu sein. Sie sind der Ansicht, die Stadt N. sei verkehrssicherungspflichtig, da diese Aufsichtsbehörde über die Eigentümerin des Weges, die Teilnehmergemeinschaft I-tal sei, die wiederum den Verkehr eröffnet habe. Die Beklagten sind der Ansicht, bei dem Weg auf dem sich der Unfall ereignete, handele es sich um einen zweckbestimmten Privatweg ohne Widmung für den öffentlichen Verkehr. Insbesondere bestreiten die Beklagten zu 1) und zu 2), dass die Stadt N. den Weg als Fahrradweg gekennzeichnet und ins Radwegenetz aufgenommen habe.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) behaupten, sie hätten ihre Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt. Die in den Diensten der Beklagten stehenden Förster seien dazu aufgerufen, stets ein Auge auf alle Bäume zu haben und erkennbare Gefahren sofort abzustellen. Der Revierleiter M. kontrolliere regelmäßig zweimal jährlich im Herbst und Frühjahr den Baumbestand, vor dem Unfall zuletzt im Frühjahr 2003. Dabei habe er an der Buche nichts festgestellt, was zu näheren Untersuchungen hätte führen müssen. Eine schriftliche Meldung über die Frühjahrs – Kontrolle liege deshalb nicht vor, weil die Meldungen über die Baumkontrollen seit 1996 nur noch einmal jährlich, im Herbst schriftlich übermittelt würden. Zudem behaupten die Beklagten zu 1) und zu 2), dass bei einer Durchforstung im Winter 2001 / 2002 jeder Baum in dem Bestand, in dem sich die Buche befindet, zwangsläufig in Augenschein genommen worden sei.

Der Beklagte zu 3) trägt vor, der Beklagte zu 1) habe mit der Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten den Revierförster V. M. betraut, der in forstwirtschaftlichen Dingen seit langem bei dem Forstbetrieb des Beklagten tätig geworden sei und überaus erfahren sei. Der Beklagte zu 1) habe Herrn M. ständig wiederholten und unerwarteten Kontrollen ausgesetzt, die keinen Anlass für Beanstandungen ergeben hätten.

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Die Beklagten zu 1) und zu 2) behaupten, ihre Mitarbeiter seien wie folgt überwacht worden: Es bestehe eine interne Dienstanweisung zweimal jährlich im Frühjahr und Herbst eine Kontrolle der Bestände vorzunehmen und zum 01. 10. eines jeden Jahres Meldung an das Forstamt zu richten. Diese Kontrolle habe der Zeuge M. im Frühjahr 2003 durchgeführt, er sei den Bereich des Weges zu Fuß abgeschritten und habe sich die Bäume – vom Boden aus – im Einzelnen angesehen. Durch ein geeignetes Wiedervorlagesystem werde der Eingang der Berichte kontrolliert. Im regelmäßigen Durchforstungs- bzw. Holzentnahmeturnus von 5 Jahren werde jeder Bestand auch hinsichtlich gefährdeter Objekte geprüft und Abhilfe geschaffen. Zudem seien jährlich sogenannte Bereisungen durch den Leiter der Zentralverwaltung Herrn Dr. I. U. T. vorgesehen, um einzelne Wirtschaftsmaßnahmen festzulegen. Dazu seien Revier – und Forstamtsleiter ca. 5 bis 10 Tage vor Ort, um die Maßnahmen zu prüfen. Hierbei werde wiederum der Bestand hinsichtlich der Gefährdung begutachtet und die durchgeführten Maßnahmen kontrolliert. Die Mitarbeiter der Beklagten seien geschult. Fachliche Defizite seien weder dem Forstamtsleiter noch dem Leiter der Zentralverwaltung Dr. U. T. zur Kenntnis gelangt. Durchgeführte Kontrollen hätten nichts Gegenteiliges ergeben.

Die Beklagten bestreiten, dass es sich bei den in der Klageschrift aufgeführten Merkmalen der Buche um Defektsymptome handele. Die Buche sei nicht umsturzgefährdet gewesen. Es sei kein Brandkrustenpilz im gesamten Baumbestand in der Nähe des Unfallortes vorhanden gewesen, insbesondere sei die umgestürzte Buche frei von Pilzbefall gewesen. Der Stamm weise auch nicht in dem Bereich, in dem es am 03. 08. 2003 zum Auseinanderbrechen gekommen sei, einen Radialriss auf. Ein vor dem Fällen nicht sichtbarer Riss habe sich lediglich an dem nicht gebrochenen Zwiesel befunden. Auch die Wassertasche sei vor dem Fällen nicht sichtbar gewesen.

Die Beklagten zu 1) und 2) bestreiten die aufgrund des Unfalls diagnostizierten Verletzungen, die Durchführung von Therapiemaßnahmen und die Operationen mit Nichtwissen. Die Beklagten zu 1) und zu 2) bestreiten zudem die geltend gemachten materiellen Schäden.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) behaupten, der Beklagte zu 3) sei mit dem Milchtankwagen 45 – 46 km /h gefahren. Dies ergebe sich aus der Auswertung der Tachographenscheibe des Sachverständigenbüros I. und U., auf das Bezug genommen wird (Bl. 279 d. A. ). Zudem habe der Leiter des Laboratoriums für Gebäude – und Umweltaerodynamik der Universität L. in einer Abhandlung über das Auftreten von Druck – und Sogkräften beim Vorbeifahren von Fahrzeugen festgestellt, dass durch den Milchwagen eine Sogwirkung erzeugt worden sei, die zwar nicht zum Bruch eines gesunden, aber zum Bruch eines vorgeschädigten Astes führen könne. Auf das Gutachten des Prof. Dr. Ing. S. wird Bezug genommen (Bl. 338 d. A. ). Der Milchtankwagen habe den Waldweg unbefugt benutzt.

Die Beklagten zu 3) und zu 4 ) behaupten, der Milchsammelwagen sei berechtigt gewesen, den Weg zu befahren, als ein der Landwirtschaft dienendes Kfz. Er habe das Astwerk nicht berührt und den Bruch des Astes mit dem Aufbau des Milchwagens in Höhe von 3, 20 m nicht verursacht. Sie sind der Ansicht, es handele sich um höhere Gewalt.

Die Akte 2 OH 14 / 03 war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Bezüglich des Ergebnisses des selbständigen Beweisverfahrens wird auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. I. Bezug genommen. Die Kammer hat weiterhin gemäß Beweisbeschluss vom 05. 04. 2005 (Bl. 210 d. A. ), 06. 09. 2005 ( Bl. 302 d. A. ) und 12. 10. 2005 (Bl. 308 d. A.) Beweis erhoben durch Einholen eines weiteren Sachverständigengutachtens nebst ergänzender Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. D. N.. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dessen Gutachten und seine ergänzende Stellungnahme Bezug genommen. Die Kammer hat den Sachverständigen ergänzend in der mündlichen Verhandlung vom 24. 03. 06 angehört. Bezüglich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. 03. 06 ( Bl. 357 d. A.) Bezug genommen.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 31. 03. 2006 haben die Beklagten zu 1) und zu 2) den Beitritt als Streithelfer auf Seiten der Klägerin im Verhältnis zu den Beklagten zu 3) und zu 4) erklärt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters zu 1) und 2) vom 31. 03. 06 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Sie ist gegenüber dem Beklagten zu 2) hinsichtlich der Anträge zu 1) – 3) dem Grunde nach gerechtfertigt und hinsichtlich des Feststellungsantrages begründet. Im übrigen ist sie hinsichtlich der Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4) unbegründet.

I. 1) Der Erlass eines Grundurteils ist gemäß § 304 ZPO gegenüber dem Beklagten zu 2) hinsichtlich der Anträge zu Ziffer 1) – 3) zulässig. Die Voraussetzungen des § 304 Abs. 1 ZPO liegen vor. Der Anspruch ist dem Grunde und der Höhe nach streitig. Die Entscheidung über den Grund ist spruchreif; für die Entscheidung über die Höhe sind noch weitere Beweiserhebungen hinsichtlich der entstandenen Verletzungen und deren Folgen, sowie hinsichtlich der materiellen Schäden erforderlich.

2) Hinsichtlich der Feststellungsklage ergeht ein Teilendurteil, da ein unbezifferter Feststellungsantrag nicht durch ein Grundurteil beschieden werden darf ( BGH, NJW 02, 116). Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht, da die materiellen und immateriellen Schäden noch nicht bezifferbar sind, so dass kein Vorrang der Leistungsklage besteht.

II. 1) Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 831 Abs. 1 BGB, 249 BGB gegenüber dem Beklagten zu 2) zu.

a) Die Mitarbeiter der Forstverwaltung des Beklagten zu 2) sind dessen Verrichtungsgehilfen, denn ihnen wurde die Bewirtschaftung und die Instandhaltung des Waldgebietes „Am L-berg“ übertragen. Der Beklagte zu 2) ist gegenüber seinen Mitarbeitern weisungsbefugt. Der Mitarbeiter der Forstverwaltung, der Förster M., hat eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB begangen. Eine Gesundheitsverletzung der Klägerin liegt vor. Diese wurde durch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Mitarbeiter des Beklagten zu 2) verursacht.

b) Der Beklagte zu 2) war als Eigentümer des Waldgrundstücks bis zum 1. Juli 2003 verkehrssicherungspflichtig hinsichtlich des streitgegenständlichen Baumes. Verkehrssicherungspflichtig ist grundsätzlich jeder, der in der Lage ist, über eine Sache zu verfügen. Der Eigentümer einer Sache, der auch die tatsächliche Verfügungsgewalt über diese innehat, muss daher Gefahren, die von ihr drohen, abwenden ( Palandt – Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Auflage, § 823, Rn. 59 ). Einen Forsteigentümer, dessen Waldgrundstück an eine öffentliche Straße angrenzt, trifft daher kraft seiner Verfügungsgewalt über sein Gelände im Rahmen seiner Möglichkeiten und des Zumutbaren die Pflicht, schädliche Einwirkungen durch Holzbruch auf die Verkehrsteilnehmer zu vermeiden ( BGH, VersR 1974, 89 ). Hinsichtlich seines Baumbestandes ist der Verkehrssicherungspflichtige grundsätzlich verpflichtet, den Baumbestand neben Straßen und Wegen nach forstwirtschaftlichen Erkenntnissen gegen Windbruch und -wurf zu schützen und in angemessenen Zeitabständen auf Krankheitsbefall zu überwachen ( BGH, NJW 1993, 2612; VersR 74, 88 ), wobei grundsätzlich eine äußere Sichtprüfung bezogen auf die Gesundheit und Standsicherheit zweimal jährlich im belaubten und unbelaubten Zustand genügt (OLG Hamm, NVZ 2003, 527; OLG Düsseldorf, VersR 1992, 467; OLG Celle, OLGR 2000, 187 ( 188 )). Grundsätzlich trifft deshalb den Eigentümer des Waldstücks die Verkehrssicherungspflicht der sich auf seinem Grundstück befindlichen Bäume.

c) Dem Beklagten zu 2) obliegt auch nicht deshalb keine Verkehrssicherungspflicht, weil er das Waldgrundstück mit Übertragungsvertrag vom 23. 06. 2003 auf den Beklagten zu 1) übertragen hat. In § 4 des Übertragungsvertrages ist geregelt, dass mit Stichtag zum 1. Juli 2003 die Gefahr des zufälligen Unterganges und der zufälligen Verschlechterung sowie die Nutzung auf den Beklagten zu 1) übergehen, ebenso wie alle öffentlichen und privaten Lasten. Der Unfall ereignete sich am 03.08. 2003 also einen Monat nach der Übernahme der Nutzung des Grundstücks durch den Beklagten zu 1). Diesem war es in dem Zeitraum von einem Monat nicht möglich und zumutbar – ohne auf etwaige Gefahren hingewiesen worden zu sein – den gesamten übernommenen Besitz auf Gefahrenquellen zu untersuchen. Anknüpfungspunkt für die Verkehrssicherungspflichtverletzung ist vielmehr die grundsätzlich zweimal jährlich durchzuführende äußere Sichtprüfung in belaubtem und unbelaubtem Zustand, in der Regel im Frühjahr und Herbst. Der Beklagte zu 1) war aber nicht in der Lage, eine Überprüfung im Frühjahr vorzunehmen, da zu diesem Zeitpunkt der Beklagte zu 2) die alleinige Verfügungsmacht über den Waldbesitz als Eigentümer und Nutzer innehatte. Deshalb haftet der Beklagte zu 2), da das schädigende Ereignis, die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, zu einem Zeitpunkt erfolgte, als er Eigentümer des Grundstücks war.

d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Übertragungsvertrag enthaltenen Regelung, wonach der Beklagte zu 1) sich verpflichtete, den Übertragungsgeber von sämtlichen Lasten und Abgaben freizustellen, soweit er nach Besitzübergabe weiter haftet. Zwar ist dort aufgeführt, dass dies auch solche mit dem übertragenen Grundbesitz verbundenen Verbindlichkeiten, Lasten und Abgaben betrifft, die vor dem Übergabe – Stichtag entstanden sind. Selbst wenn mit diesen „Verbindlichkeiten“ auch Ansprüche wegen der Verletzung von Verkehrsicherungspflichten gemeint seien sollten, so betrifft die Regelung allenfalls dass Innenverhältnis zwischen dem Beklagten zu 1) und zu 2). Es besteht nur ein Anspruch auf „Freistellung“. Im Außenverhältnis zum Geschädigten ist jedoch derjenige verpflichtet, dem die Verkehrssicherungspflicht oblag.

e) Bei der den Unfall verursachenden Buche handelt es sich auch nicht um einen Baum, der allein der Straßenverkehrssicherungspflicht der Streitverkündeten zu 1) , der Stadt N., unterliegt. Dafür wäre erforderlich, dass die Buche dem Straßenbereich zugeordnet werden kann, was sich nach der Verkehrsauffassung entscheidet. Der BGH verneint eine Straßenverkehrssicherungspflicht bei solchen Bäumen, die unauffällig im Wald stehen, d. h. ihren Standort zwar am Rande eines an die Straße grenzenden Waldstücks haben, dort aber in keiner Weise hervortreten, weil sie keine Eigentümlichkeiten aufweisen, die sie vom Waldsaum abheben und äußerlich der Straße zuzuordnen sind ( BGH, NZV 1989, 346, 347 ) . Die Buche steht – wie sich insbesondere aus den Feststellungen des Sachverständigen I. in seinem 1. und 2. Gutachten ergibt – zwischen 5 – 10 Meter von dem von der Klägerin genutzten Weg entfernt. Der Stammfuß befand sich 4 m unterhalb des Straßenniveaus. Aus der Fotodokumentation im Gutachten des Sachverständigen I. ( Fotos Nr. 1 – 5) ist ersichtlich, dass die Buche ihren Standort zwar örtlich am Rand des Waldstückes hatte, aber nicht zwischen den anderen Bäumen hervortrat oder sich von diesen abhob. Je weiter der Baum vom Straßenrand entfernt ist, desto mehr verlagern sich die Verkehrssicherungspflichten auf den Eigentümer des Waldgrundstücks, da die Möglichkeit der Erkennbarkeit durch den Straßenverkehrspflichtigen sinkt ( OLG Hamm OLGR 92, 260 ). Darüber hinaus befreit eine etwaige Verkehrssicherungspflicht auch der Streitverkündeten Stadt N. den Beklagten zu 2) nicht von der ihm obliegenden Straßenverkehrssicherungspflicht aufgrund der Eigentümerstellung. Es käme gemäß § 840 Abs. 1 BGB allenfalls eine Haftung als Gesamtschuldner mit der Streitverkündeten in Betracht, der Beklagte zu 2) könnte also allenfalls im Innenverhältnis Rückgriff nehmen.

f) Für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich ist zudem, ob es sich bei dem Weg, auf dem sich der Unfall ereignete, um einen öffentlichen Weg oder um einen privaten Wirtschaftsweg handelte. Die Klägerin befuhr den Weg befugtermaßen, da der Weg für den Grundstückseigentümer erkennbar für den Fahrradverkehr geöffnet war. Dies ergibt sich bereits aus der unstreitigen Beschilderung des Weges. Auch wenn möglicherweise nicht der Beklagte zu 2) den Weg für den Fahrradverkehr eröffnet hat, sondern der Eigentümer des Weges, so befreit ihn dies nicht von der bestehenden Verkehrssicherungspflicht als Eigentümer des Waldgrundstücks. Davon wäre allenfalls auszugehen, wenn die Streitverkündete bzw. die Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung I. den Verkehr für den Beklagten zu 2) nicht ersichtlich an einer gefährlichen Stelle eröffnet hat ( BGH, NVwZ 1990, 297 ). Für den Beklagten zu 2) war jedoch erkennbar, dass der Weg zur Nutzung für den Fahrradverkehr eröffnet wurde. Er hat auch faktisch durch Prüfung die Verkehrssicherungspflicht übernommen. Dass zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verkehrs der Baum bereits bruchgefährdet war, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

g) Der Beklagte konnte die Verkehrssicherungspflicht auf die Mitarbeiter übertragen. Der Mitarbeiter des Beklagten zu 2) , Herr M., hat die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte die Baumkontrollen regelmäßig zweimal im Jahr im belaubten und unbelaubten Zustand durchgeführt hat. Jedenfalls hat der Mitarbeiter der Beklagten die Baumkontrollen nicht ordnungsgemäß und zureichend ausgeführt. Der Klägerin ist der ihr obliegende Beweis gelungen, dass der Beklagte zu 2) bzw. dessen Mitarbeiter im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen hätten erkennen können und müssen, dass von der Buche eine Gefahr ausgeht und diese Pflichtverletzung ursächlich für den Astabbruch war. Im Rahmen der von dem Beklagten durchgeführten Kontrolle des Baumbestandes hätten dem Mitarbeiter des Beklagten zu 2) Herrn M. Defektsymptome auffallen müssen, die ein deutliches Warnsignal in der Körpersprache der Bäume darstellen. Der Sachverständige Dr. I., wie auch der Sachverständige Prof. Dr. N. kommen in den vorliegenden Gutachten übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Warnsignale vorlagen, die weitere Untersuchungen erfordert hätten und letztendlich zu einer Fällung des Baumes geführt hätten. Bei der gebotenen Sichtprüfung nach den Grundsätzen der VTA (Visual Tree Assessment) – Methode, die in der Regel von der Rechtsprechung als Maßstab angesehen wird ( vgl. nur OLG Brandenburg, Az. 2 U 18 / 03, Urteil vom 18. 11. 2003 ) war erkennbar, dass der Stämmling bruchgefährdet war. Die streitgegenständliche Buche bestand aus drei Stämmlingen. Die Stämmlinge, insbesondere der ausgebrochene Stämmling, neigten sich in Schieflage in Richtung des Sonnenlichts zur Straße hin. Der ausgebrochene Stämmling ragte im Winkel von ca. 45 Grad weit über die Straße bis zum gegenüberliegenden Feld. Für die Bruchsicherheit eines Baumes ist entscheidend die Verbindungsstelle zwischen den einzelnen Stämmlingen. Der Stamm der Buche teilt sich erstmalig in einer Höhe von 1, 50 m und anschließend in einer Höhe von 2, 50 – 2, 80 m, wobei der bei der 2. Teilung entstehende südliche Stämmling abbrach. Im unteren Stammbereich hat der streitgegenständliche Baum nach den Sachverständigen Feststellung des Sachverständigen Dr. I. und des Sachverständigen Prof. Dr. N. eine spitznasige Rippe ( oder ein großes Zwieselohr) gebildet. Diese „spitznasige Rippe“ entsteht dadurch, dass viel Rinde zwischen den beiden Stämmlingen im unteren Bereich eingeschlossen sind und nur wenige Jahresringe die beiden Stämmlinge zusammenbinden. Da die Rinde zwischen den Stämmlingen wie ein Riss wirkt, bildet sich eine spitznasige Rippe. Diese ausgebildete „spitznasige Rippe“ deutet auf eine schwache Verbindung der Stämmlinge hin und macht den Baum bereits als Risiko erkennbar, insbesondere wenn die Äste der Stämmlinge quer zur Stammrichtung voneinander weg in erheblichem Maße auf Zug belastet werden. So hat auch das OLG Hamm entschieden, dass bereits das Vorliegen eines „Druckzwiesels“ ein Stabilitätsrisiko bewirkt ( vgl. OLG Hamm, NJW- RR 2003, S. 968 ). Das große Zwieselohr war auch aus der Ferne erkennbar und hätte Veranlassung gegeben, den Baum zu untersuchen. Da der Stämmling weit über die Straße bis zum gegenüberliegenden Feld ragte, hätte Veranlassung bestanden, den Baum näher in Augenschein zu nehmen. Zudem waren bei der Unfallbuche bei der gebotenen näheren Untersuchung bereits Risse erkennbar, die auf eine eingeleitete Stammkopfspaltung hindeuten. Dies stellte der Sachverständige Prof. Dr. N. in seinem Gutachten nachvollziehbar und widerspruchsfrei fest. Zudem war ersichtlich, dass die Stämmlinge an der Ausbruchsstelle nicht axial verschweißt waren. Der Unfallast wies an der Bruchfläche zwar eingeschlossene Rinde mit Risseigenschaft auf, aber keine allverbindenden, verschweißten Jahresringe. Der ausgebrochene Stämmling war nämlich nicht durch „Ohren“ mit dem Stamm verwachsen. Die Bruchfläche zeigte nur Rindeneinschluss und keine weißen Ränder, die Holzbruchflächen ehemals verschweißter Jahresringe wären. Es handelte sich bei dem Unfallast um die gefährlichste Ausbildung eines sogenannten Druckzwiesels, da kein Halt durch verschweißte Jahresringe gegeben war ( 2. Gutachten Prof. Dr. N., Bl. 3). Diese fehlende Verschweißung war äußerlich erkennbar durch die eingerollte Rinde entlang der potentiellen Schweißnaht. Diese weist auf eine schwache Verbindung hin ( 2. Gutachten Prof. Dr. N., Bl. 6). Jedenfalls hätte das auffällige Zwieselohr und die Längsspaltungen in denen der Sachverständige Dr. I. eine Sonde einführen konnte, Anlass für eine eingehende Untersuchung gebildet. Dann hätte man die ausgedehnte Fäule des Baumes erkennen können ( 2. Gutachten Prof. Dr. N., Bl. 7 ). Diese Feststellungen konnte der Sachverständige aufgrund des vorhandenen Fotomaterials des Sachverständigen Dr. I. treffen. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt, dass die im Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. enthaltenen Lichtbilder die streitgegenständliche Buche und das Bild 7 D des Gutachtens des Prof. Dr. N. die Ausbruchstelle des Unfallastes zeigen.

Auch der Sachverständige Dr. I. kam zu dem Ergebnis, dass die Bruchgefährdung des Baumes infolge der Ausprägung einer Rippe, der eingerissenen ehemals geschlossenen Wassertasche zwischen den Stämmlingen und der Öffnung im unteren Stammbereich erkennbar war, bzw. zumindest eine weitere eingehende Untersuchung bedurft hätte, bei der sich sowohl die Fäule wie auch der Riss und seine Auswirkungen zwischen den unteren beiden Stämmlingen gezeigt hätte. Beide Sachverständige kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Baum im Rahmen der Baumschau hätte gefällt werden müssen.

Es handelte sich entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) und zu 2) auch nicht um einen Sommerbruch. Ein Sommerbruch findet normalerweise statt beim Übergang zwischen Zug – und Stützholz des Astes. Diese Stelle liegt ca. 1 m vom Stamm entfernt. Hier ist der Stämmling aber direkt an der Kerbe gebrochen und nicht in einem Abstand von ca. 1 m vom Stamm entfernt, wie dies bei einem Sommerbruch zu erwarten gewesen wäre. Dass der Astabbruch keinen „sog. Sommerbruch“ darstellt steht für die Kammer nach den nachvollziehbar und widerspruchsfreien Erklärungen des Sachverständigen im Termin vom 24. 03. 06 fest.

h) Die Bediensteten des Beklagten zu 2), insbesondere der Förster M., haben die Verkehrssicherungspflicht verletzt. Er handelte auch rechtwidrig und schuldhaft. Die Rechtswidrigkeit wird durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht indiziert. Der Zeuge M. handelte fahrlässig. Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht war ursächlich für den Unfall. Selbst wenn durch den Milchwagen der Astbruch mitverursacht worden wäre, käme nur eine Haftung als Gesamtschuldner gemäß § 840 Abs. 1 BGB in Betracht.

i) Der Beklagte zu 2) kann sich nicht gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB entlasten. Dem Beklagten obliegt die Darlegungs – und Beweislast, dass er seine Mitarbeiter mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ausgewählt und überwacht hat. Der Geschäftsherr darf eine Tätigkeit nur Gehilfen übertragen, die hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und von denen eine gefahrlose Durchführung erwartet werden kann, er muss sich von ihren Fähigkeiten, Eignung und Zuverlässigkeit überzeugen ( BGH, NJW 03, 288 ). Neben der sorgfältigen Auswahl ist die fortgesetzte Prüfung geboten, ob der Angestellte noch zu den Verrichtungen befähigt ist. Es ist der Nachweis fortdauernder, planmäßiger Kontrollen erforderlich. Die Überwachung kann auf einen höheren Angestellten übertragen werden. Dieser muss ebenfalls sorgfältig ausgewählt, angeleitet und überwacht werden ( Palandt – Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 63. Auflage, § 831 BGB, Rn. 14 ). Hierauf hatte die Kammer bereits mit Hinweis – und Auflagenbeschluss vom 11. 11. 2004 hingewiesen. Der Vortrag des Beklagten zu 2) ist nicht ausreichend und geeignet, um den Anforderungen an die Darlegung des Entlastungsbeweis zu genügen. Selbst wenn der Revierleiter M. ordnungsgemäß ausgewählt worden seien sollte, so fehlt es an einer Darlegung, von wem und wann regelmäßige Kontrollen ausgeübt wurden. Eine Kontrolle im Rhythmus von 5 Jahren ( regelmäßiger Durchforstungsturnus ) ist nicht ausreichend. Soweit vorgetragen wurde, dass jährlich sogenannte Bereisungen durch den Leiter der Zentralverwaltung Dr. I. U. T. vorgenommen wurden, bei dem einzelne Wirtschaftsmaßnahmen festgelegt werden, so ist nicht dargelegt, dass dieser ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht wurde. Zu den behaupteten Kontrollen und einer ordnungsgemäßen Auswahl des Forstamtsleiters N. erfolgte kein Vortrag. Es ist aber für die Darlegung des Entlastungsbeweises erforderlich, wenn die Überwachung einem höheren Angestellten übertragen wurde, nachzuweisen, dass dieser sorgfältig ausgewählt, angeleitet und überwacht wurde. Eine Überprüfung durch Vorlage von Berichten sowie durch Einrichten eines geeigneten Wiedervorlagesystem ist nicht ausreichend. Tatsächliche Kontrollen erfolgten nämlich nicht. Die Berichte waren zudem nicht zweimal, sondern nur einmal jährlich vorzulegen, jeweils durch die Revierleiter und nicht durch eine Kontrollinstanz.

Eine Entlastung des Beklagten zu 2) erscheint auch deshalb nicht möglich, weil der Beklagte zu 2) offensichtlich keine Anweisung an seine jeweiligen Revierförster dahingehend erteilt hat, auf Druckzwiesel als Defektsymptom eines Baumes zu achten, da der Beklagte entgegen den Feststellungen der beiden Sachverständigen bestreitet, dass es sich bei dem Vorhandensein eines Druckzwiesels überhaupt um ein Defektsymptom handelte, welches Anlass zu weiteren Untersuchungen gegeben hätte. Eine ordnungsgemäße Kontrolle und Überwachung kann aber nicht erfolgt sein, wenn der „Druckzwiesel“ nicht als Defektsymptom angesehen wurde, denn dann wurde der Waldbestand auch nicht im Hinblick auf dieses Defektsymptom kontrolliert.

Den Beklagten zu 2) kann es auch nicht entlasten, dass möglicherweise die eingesetzten Verrichtungsgehilfen in dem Spezialgebiet der Forstwirtschaft besser ausgebildet waren, als der Beklagte zu 2) selbst, so dass die Kontrolle durch den Beklagten zu 2) faktisch nicht möglich gewesen wäre. Die Unmöglichkeit den Entlastungsbeweis hinsichtlich der Überwachung zu führen, führt dazu, dass es bei der vermuteten Verschuldenshaftung gemäß § 831 Abs. 1 S. 1 BGB verbleibt ( vgl. OLG Bamberg, VersR 1994, S. 814 ).

Der Beklagte zu 2) haftet deshalb gemäß § 831 Abs. 1 S. 1 BGB, 249 BGB dem Grunde nach auf Schadensersatz.

2) Der Beklagte zu 2) haftet gemäß § 831 Abs. 1 S. 1 BGB, 253 Abs. 2 BGB dem Grunde nach auf Schmerzensgeld. Die Klägerin hat eine Körperverletzung erlitten. Auf die Ausführungen zu Ziff. 1) wird Bezug genommen. Hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes sind noch weitere Beweiserhebungen insbesondere im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen erforderlich.

3) Die Klägerin hat dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung einer Geldrente gemäß § 831 Abs. 1 S. 1 BGB, § 253 Abs. 2 BGB. Auf die Ausführungen zu Ziff. 1) wird Bezug genommen. Eine Kombination von Kapitalbetrag und Geldrente kommt insbesondere in Betracht, um einen bereits in der Vergangenheit eingetretenen Schaden auszugleichen und zugleich einer Dauerbeeinträchtigung Rechnung zu tragen ( vgl. Hamm, NZV 03, 192: Querschnittlähmung). Hinsichtlich der Höhe sind weitere Beweiserhebungen erforderlich.

4) Der Feststellungsantrag ist begründet, da der Eintritt eines weiteren und eines zukünftigen Schadens wahrscheinlich ist. Unstreitig sind erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen durch das Herabfallen des Astes (Durchmesser ca. 60 cm) entstanden, wenn sie auch im einzelnen durch die Beklagten bestritten werden. Schon aufgrund der Art und Weise des Verletzungsereignisses besteht die Möglichkeit künftiger Verwirklichung einer Schadensersatzpflicht durch das Auftreten weiterer bisher noch nicht erkennbarer und voraussehbarer Leiden. Insoweit hat die Kammer den Antrag durch Teilendurteil beschieden. Die Verpflichtung zum Ersatz immaterieller Schäden ist nicht mit der Schmerzensgeldrente abgegolten, da weitere jetzt noch nicht voraussehbare Leiden drohen. Auch die Beklagten zu 1) und zu 2) verkennen nicht die Schwere der von der Klägerin erlittenen Verletzungen. Auch nach ihrer Auffassung belegt das Attest vom 04.12.2003, dass die Klägerin nur in der Lage ist, mit speziellen Unterschenkelorthesen unter Zuhilfenahme zweier Gehstöcke kurze Strecken zu laufen und dass sie im übrigen aber auf den Rollstuhl angewiesen ist. Diese schweren Verletzungen stehen trotz des Bestreitens mit Nichtwissen fest. Auf die Klageerwiderung (insbesondere Bl. 63 d.A.) wird Bezug genommen.

III. Die Klage gegen den Beklagten zu 1) ist zulässig aber unbegründet. Der Beklagte zu 1) haftet nicht gemäß § 831 Abs. 1 S. 1 BGB auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Beklagte zu 1) ist Eigentümer des Waldgrundstücks. Das Waldgrundstück wurde mit Übertragungsvertrag vom 23. 06. 2003 auf den Beklagten zu 1) übertragen. Der Eigentümer eines Waldgrundstücks ist grundsätzlich verpflichtet eine äußere Sichtprüfung bezogen auf die Gesundheit, Stand – und Bruchsicherheit zweimal jährlich im belaubten und unbelaubten Zustand im Rahmen des Zumutbaren auszuführen. Auf die Ausführung zu II 1 c) d) wird Bezug genommen. Dem Beklagten war es aber weder möglich noch zumutbar den gesamten übertragenen Waldbesitz binnen eines Monats auf Gefahrenquellen zu untersuchen. Der Unfall ereignete sich am 03. 08. 2003. Anknüpfungspunkt für die Verkehrssicherungspflichtverletzung ist vielmehr die grundsätzlich zweimal jährlich durchzuführende äußere Sichtprüfung, in belaubtem und unbelaubtem Zustand in der Regel im Frühjahr und Herbst. Eine solche Überprüfung war dem Beklagten zu 1) im Zeitraum von nur einem Monat nicht möglich. Dass der Beklagte zu 1) auf etwaige Gefahren seitens des streitgegenständlichen Baumes hingewiesen wurde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Übertragungsvertrag vom 23. 06. 2003. Dieser betrifft nur das Innenverhältnis zwischen dem Beklagten zu 1) und zu 2). Auch insoweit wird auf die Ausführungen zu Ziff. II 1 c) d) Bezug genommen. Die Klage war hinsichtlich des Beklagten zu 1) durch Teilendurteil abzuweisen.

IV. 1. Eine Haftung des Beklagten zu 3) als Halter des Milchwagens und des Beklagten zu 4), der Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 3), gemäß § 823 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. StVG bzw. §§ 823 Abs. 1 BGB, § 7 StVG i. V. m. § 3 PflichtversG besteht nicht.

a) Der Beklagte zu 3) ist Halter und Fahrer des Milchwagens, der die Unfallstelle kurz vor dem Astbruch passierte. Der Schadensfall muss sich „beim Betrieb“ des Kfz ereignet haben, wobei der Begriff weit zu fassen ist. Es genügt ein zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit dem Betriebsvorgang des Kfz, wobei eine Berührung des Kfz mit dem Geschädigten nicht erforderlich ist. Da der Beklagte zu 3) mit seinem Fahrzeug an der Unfallstelle in zeitlich und örtlichem Zusammenhang vorbeifuhr, ereignete sich der Schadensfall beim „Betrieb“ eines Kfz.

b) Der Betrieb des Kfz muss zudem für den Schaden kausal geworden sein. Dies ist der Fall, wenn ein rechtlicher Zurechnungszusammenhang zwischen beiden besteht, d.h. der Unfall dem die Haftung auslösenden Gefahrenbereich zuzuordnen ist. Maßgeblich ist die Frage, ob der Schaden eine adäquate Verwirklichung der betriebstypischen Gefahren des Kfz ist, vor denen das StVG seinem Sinn und Zweck nach schützen will. Die Rechtsprechung zieht den Zurechnungszusammenhang sehr weit ( z. B. BGH, NJW 1997, 865 ). Adäquat ist ein Umstand, der im Allgemeinen, nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen Umständen Schaden stiftet ( BGH VersR 66, 291; Jagusch / Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, § 7 StVG, Rn. 11), nicht ein solcher, der vorher vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden konnte ( Jagusch / Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, § 7 StVG, Rn. 11). Dass eine Berührung des Fahrzeuges mit dem Ast erfolgte, wird von der Klägerin selbst nicht vorgetragen. Dass die Luftverwirbelung und die Sogwirkung zum Bruch des Astes führte, hat die insoweit beweisbelastete Klägerin nicht nachweisen können. Der Sachverständige N. kommt in seinem Gutachten nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass letztlich nicht sicher festgestellt werden kann, ob die Vorbeifahrt des Milchwagens an dem streitgegenständlichen Ast bruchauslösend war. Selbst bei der Vorgabe, dass der Ast durch den Sog in Bewegung geraten ist, ist nach den sachverständigen Feststellungen des Prof. Dr. N. die zusätzliche Amplitude, die durch den Windfluss des LKW entsteht, nur gering. Letztendlich könnte auch die zusätzliche Last einer Kohlmeise oder eines Eichhörnchens das Abbrechen des Astes bewirkt haben. Der Sachverständige hat Windgeschwindigkeiten gemessen, die an Bundesstraßen und Autobahnen entstehen. An einer Bundesstraße wurden bei einem LKW maximal um 12 km/ h fahrzeugbedingter Windgeschwindigkeitserhöhung gemessen. Ein Geländewagen verursacht bei einer Geschwindigkeit von 100 km/ h in Fahrtrichtung 11km /h und quer zur Fahrtrichtung max. 3 km/ h fahrzeugbedingter Geschwindigkeit, bei 0, 5 m – 1 m Abstand vom Fahrzeugrand. Die Windgeschwindigkeiten, die durch Einzelfahrzeuge bewirkt werden können liegen weit unter den Werten, bei denen Äste brechen; dies erscheint nur bei Windgeschwindigkeiten von 80 km/ h möglich. Der Sachverständige kommt nach den vorgenannten Messungen zu dem Ergebnis, dass das Eigengewicht des Stämmlings, das permanent ansteht, hier mit weitaus größerer Wahrscheinlichkeit ein kriechendes Versagen über längere Zeiträume bewirkt hat. Wegen der Kleinheit der Zusatzlasten kann der Sachverständige letztlich nicht feststellen, dass die Vorbeifahrt des Milchwagens bruchauslösend war. Dem steht auch nicht das Privatgutachten des Dr. S. entgegen, das basierend auf Messungen der Druck – und Sogkraft von vorbeifahrenden Fahrzeugen zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einer angenommenen Fahrgeschwindigkeit von 50 km / h Strömungsgeschwindigkeiten entstehen, die zwar einen gesunden Ast nicht zum Abbruch bringen können, wohl aber einen vorgeschädigten Ast. ( vgl. das Gutachten über das Auftreten von Druck – und Sogkräften beim Vorbeifahren von Fahrzeugen (Prof. S. , Institut für Hydromechanik / Karlsruhe ). Denn auch das Gutachten schränkt seine Aussage dahingehend ein, dass es systematische, in der Literatur verbriefte Untersuchungen nicht gibt, so dass die genaue Kraft nicht ermittelt werden kann, auch hängt diese entscheidend von der Astform ab ( vgl. Bl. 344 d. A. ). Zudem bestätigt das Gutachten des Prof. Dr. S. die Ausführungen des Sachverständigen, da er Windgeschwindigkeiten von 10 m pro Sekunde berechnete. Da jedenfalls ein gesunder Ast durch die entsprechende Sogwirkung nicht brechen kann, liegt keine adäquate Verwirklichung der betriebstypischen Gefahren eines Kfz vor, vor denen das StVG seinem Sinn und Zweck nach schützen will. Auch der BGH sieht einen Zurechnungszusammenhang dann nicht gegeben, wenn ein Schaden ( Tod von Tieren ) durch eine durch Fahrzeuglärm ausgelöste Panikreaktion von Tieren verursacht wird ( BGHZ 115, 84; OLG Hamm, MDR 1997, S. 350 ). Dass der Sachverständige letztlich nicht klären konnte, ob die Vorbeifahrt des Milchwagens bruchauslösend war, geht zu Lasten der Klägerin. Denn diese war beweisbelastet dafür, dass der Schaden beim Betrieb des Kfz entstanden ist. Die Beweislast für einen Unfall beim Betrieb des Kfz liegt beim Verletzten ( Jagusch / Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, § 7, Rn. 48 ).

c) Zugunsten der Klägerin sprach auch kein Anscheinsbeweis für die Mitursächlichkeit des Astbruches. Steht ein Sachverhalt fest, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Geschehensablauf hinweist, so ist diese Ursache oder dieser Ablauf, wenn der Fall das Gepräge des Üblichen und Gewöhnlichen trägt, als bewiesen anzusehen (BGHZ 5, 31; 357, 1002 ( 1006 ). Die Anwendung eines Anscheinsbeweises kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es nicht üblich und gewöhnlich ist, dass ein Ast abbricht infolge einer durch die bloße Vorbeifahrt entstandenen Sogwirkung. Dies entspricht nicht einem typischen Geschehensablauf. Zumindest müsste bewiesen werden, dass es wahrscheinlicher ist, dass der Astabbruch durch das Fahrzeug bewirkt wird und nicht durch andere Faktoren. Nach den sachverständigen Feststellungen des Prof. Dr. N. ist es jedoch sogar wahrscheinlicher, dass das Eigengewicht des Astes, den Abbruch genau zu diesem Zeitpunkt bewirkte. Letztlich kann auch das zusätzliche Gewicht einer Kohlmeise oder eines Eichhörnchens den Bruch des Astes bewirkt haben. Dem stehen auch nicht die Feststellungen des Sachverständigen Dr. I. in seinem Gutachten des selbständigen Beweisverfahrens entgegen. Dieser hat keine Berechnungen oder Messungen vorgenommen, um seine Annahme, es seien erhebliche Luftverwirbelungen entstanden, zu verifizieren. Die Einholung eines aerodynamischen oder physikalischen Gutachtens war nicht erforderlich. Die genaue Ermittlung oder Berechnung von Druck – und Sogwirkungen des Milchwagens ist nicht möglich, da die Berechnungen insbesondere von der Astform abhängen. Der Sachverständige Prof. Dr. N. hat Messungen vorgenommen und das Ergebnis der Messungen nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargestellt, so dass die Kammer ihre Entscheidung auf die Feststellungen des Sachverständigen stützen kann.

2. Eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB allein deshalb, weil der Beklagte gegen das Verbotszeichen Nr. 250 der Anlage zu § 41 StVO verstoßen hätte verbunden mit dem Zusatzschild „Fahrradfahrer und Anlieger frei“ bzw. „Fahrradfahrer und landwirtschaftlicher Verkehr frei“ kommt nicht in Betracht. Es ist schon zweifelhaft, ob der Beklagte überhaupt gegen das Verbotsschild mit Zusatzschild verstoßen hat, denn der Kläger hatte zuvor den Landwirt G. X. aufgesucht, dessen landwirtschaftlicher Betrieb im Bereich C. liegt. Zwischen C. und der Unfallstelle ist ein Schild „Durchfahrt verboten“ mit dem Zusatzschild „Fahrradfahrer und landwirtschaftlicher Verkehr frei“ vorhanden. Das Zusatzschild Nr. 1026 „Landwirtschaftlicher Verkehr frei“ stellt nicht auf bestimmte Fahrzeugarten und Halter ab, sondern auf den landwirtschaftlichen Zweck der Wegbenutzung. Auf das Fahrtziel kommt es dabei nicht an, landwirtschaftlicher Verkehr darf die im übrigen gesperrte Straße auch zur bloßen Durchfahrt benutzen ( Jagusch / Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, § 41 StVO S. 832, Celle, NZV 90, 441 ). Da der Beklagte zu 3) mit einem Milchsammelwagen die Strecke befuhr, einem landwirtschaftlichen Fahrzeug, welches einem landwirtschaftlichen Zweck diente, nämlich dem Aufladen von Milch des Landwirts X., benutzte der Beklagte zu 3) den Weg befugt. Selbst wenn nur das Zusatzschild „Anlieger frei“ maßgeblich wäre ( wogegen die widersprüchliche Beschilderung spricht) durfte der Streitverkündete den Weg befahren, da er sich auf der Rückfahrt vom Anlieger X. befand. Das Schild erlaubt nämlich nicht nur eigentlichen Anliegern die Durchfahrt, sondern auch den Verkehr mit ihnen und damit die Zufahrt zu den Grundstücken (Jagusch / Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 41 StVO, S. 831 ). Ob der Beklagte zu 3) den Weg unbefugt benutzte kann zudem dahinstehen. Das Verbotszeichen Nr. 250 der Anlage zu § 41 StVO verbunden mit dem Zusatzschild „Anlieger frei“ ist nämlich kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB. Es dient nämlich dann nicht dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer, wenn es aus allgemeinen verkehrspolitischen Erwägungen aufgestellt ist. Es ist ein Schutzgesetz nur, wenn speziell Anlieger geschützt werden sollen ( vgl. Jagusch / Hentschel, Straßenverkehrsrecht, § 41 StVO , S. 831, OLG Köln, Versicherungsrecht 1982, S. 154 ). Dass hier speziell Anlieger geschützt werden sollen, ist nicht ersichtlich. Das Verbotschild soll vielmehr der Verkehrsberuhigung im Erholungsgebiet dienen.

Es fehlt zudem an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden. Insoweit wird auf IV 1 b) Bezug genommen.

V. Die Kammer sah keine Veranlassung aufgrund des nicht nachgelassenen Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 31. 03. 06 erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten ( § 156 ZPO ). Eine Pflicht zur Wiedereröffnung gemäß § 156 ZPO bestand nicht. Verletzungen der Hinweispflicht oder des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegen nicht vor. Insbesondere bedurfte es keiner Hinweise zur Erkennbarkeit der Defektsymptome und zur Verursachung des Astabbruchs durch den Milchtankwagen. Dies waren die tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte, die bereits Gegenstand zahlreicher Schriftsätze zwischen den jeweiligen Parteien waren, in denen die jeweiligen Behauptungen und Rechtsansichten angesprochen wurden. Eines weiteren Hinweises durch die Kammer bedurfte es weder gemäß § 139 Abs. 1 ZPO noch gemäß § 139 Abs. 2 ZPO.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, soweit sie nicht dem Schlussurteil vorbehalten bleibt.

VII. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1. und S. 2 ZPO.

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