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Fortbestand eines im Grundbuch eingetragenen wasserrechtlichen Altrechts

Bayerischer VGH lehnt Antrag auf Aussetzung eines Bebauungsplans ab

In einem kürzlich gefällten Beschluss hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Az.: 1 NE 21.2464) den Antrag auf Aussetzung eines Bebauungsplans abgelehnt. Die Antragsteller, Eigentümer benachbarter Grundstücke, hatten befürchtet, dass die Bebauung in der Nähe ihrer Fischteiche die Wasserqualität und -quantität beeinträchtigen könnte.

Direkt zum Urteil: Az.: 1 NE 21.2464 springen.

Antragsbefugnis nicht dargelegt

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde aufgrund mangelnder Darlegung der Antragsbefugnis als unzulässig eingestuft. Die Antragsteller konnten keine rechtlich gesicherte Position für den Quellwasserbezug ihrer Fischteiche aufzeigen, da wasserrechtliche Genehmigungen aus neuerer Zeit nicht vorlagen.

Keine schutzwürdige Position

Ein im notariellen Kaufvertrag erwähntes Quellenfassungs- und Wasserleitungsrecht reichte nicht aus, um eine schutzwürdige Position der Antragsteller im Hinblick auf den Wasserbezug aus den Quellen darzulegen. Die Antragsteller konnten kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Beibehaltung einer besonders reinen Wasserqualität begründen.

Keine Anhaltspunkte für Beeinträchtigung des Quellwassers

Die Antragsteller legten keine substantiierten Anhaltspunkte für eine quantitative Beeinträchtigung des Quellwassers vor. Die Kostenentscheidung ergab sich aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 2 VwGO.

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Das vorliegende Urteil

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 1 NE 21.2464 – Beschluss vom 07.03.2022

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan D… „A…“ für den Bereich westlich und östlich der T…, den die Antragsgegnerin am 15. September 2020 als Satzung beschlossen und am 20. November 2020 bekanntgemacht hat.

Das Planungsgebiet umfasst eine im Außenbereich gelegene, bislang überwiegend als landwirtschaftliches Grünland genutzte Fläche von ca. 1,5 ha. Es liegt zwischen dem Hauptkern und dem nördlichen Siedlungsbereich des Ortsteils D… der Gemeinde U… in einer Entfernung von ca. 300 m westlich des L…. Der Bebauungsplan weist ein allgemeines Wohngebiet mit Einzel- und Doppelhausbebauung aus.

Die Antragsteller sind Eigentümer der in der Nähe des Planungsgebiets im Osten gelegenen Grundstücke FlNr. … und …, Gemarkung D…. Der Antragsteller zu 2 betreibt zusammen mit seinem Bruder auf dem Grundstück FlNr. … sowie Teilflächen des Grundstücks FlNr. … in 12 Teichen eine Fischzucht.

Am 24. September 2021 stellten sie einen Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan, über den bislang nicht entschieden wurde. Zugleich beantragten sie,

den Vollzug des Bebauungsplans D… „A…“ für den Bereich westlich und östlich der T… bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.

Ihnen drohten erhebliche Nachteile bei der Vollziehung des Bebauungsplans. Ihre Fischteiche würden durch Quellaustritte am Fuß der Hangkante östlich des Planungsgebiets gespeist. Aufgrund der Bebauung der Hanggrundstücke könne es zu Veränderungen der Wasserqualität und -quantität dieser Quellen kommen, durch die die Fischteiche irreparabel geschädigt würden. Hingegen bestehe kein besonderer Nachteil für die Gemeinde im Fall der Außervollzugsetzung des Bebauungsplans. Der Normenkontrollantrag werde voraussichtlich erfolgreich sein. Die Antragsteller seien antragsbefugt, auch wenn keine wasserrechtlichen Genehmigungen aus neuerer Zeit vorlägen. Die Mühle, um die herum die Fischteiche gelegen seien, bestehe seit dem Jahr 1611. Die Fischteiche seien auch bereits in einem notariellen Kaufvertrag von 1941 erwähnt, sodass sie über eine schutzwürdige Position verfügten. Sie hätten im Rahmen des Aufstellungsverfahrens mehrfach darauf hingewiesen, dass die naturbelassene Fischzucht auf besonders sauberes Wasser angewiesen sei. Der Bebauungsplan sei aus formellen und materiellen Gründen offenkundig unwirksam.

Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag abzulehnen.

Die Antragsteller seien bereits nicht antragsbefugt, da sie nicht hinreichend substantiiert eine fehlerhafte Behandlung abwägungserheblicher Belange dargelegt hätten. Jedenfalls aber sei der Antrag unbegründet.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Normaufstellungsakten sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO ist mangels ausreichender Darlegung der Antragsbefugnis unzulässig.

Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsteller müssen hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt werden. Der Eigentümer eines Grundstücks, für das der Bebauungsplan Festsetzungen trifft, ist grundsätzlich nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 – 4 BN 17.17 u.a. – BauR 2018, 814). Der Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücks ist antragsbefugt, wenn er eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots geltend machen kann. Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privaten Belange, die für die Abwägung erheblich sind (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2019 – 3 BN 2.18 – NVwZ-RR 2019, 1027, B.v. 13.11.2020 – 4 BN 23.12 – juris Rn. 4; B.v. 22.8.2000 – 4 BN 38.00 – NVwZ 2000, 1413). Die Antragsbefugnis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich ausscheidet. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn das Interesse des Betroffenen geringwertig, nicht schutzwürdig, für die Gemeinde nicht erkennbar oder sonst makelbehaftet ist (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2015 – 4 BN 30.14 – BauR 2015, 967; B.v. 10.7.2012 – 4 BN 16.12 – BauR 2012, 1771).

Gemessen an diesen Maßstäben ist eine Antragsbefugnis nicht dargelegt. Die Antragsteller zeigen eine rechtlich gesicherte Position für den Quellwasserbezug zur Speisung ihrer Fischteiche nicht auf. Nach ihren Angaben liegen wasserrechtliche Genehmigungen für den Wasserbezug aus neuerer Zeit nicht vor. Soweit sie sich sinngemäß auf ein wasserrechtliches Altrecht berufen, lassen sie unberücksichtigt, dass nach § 16 Abs. 2 WHG (i.d.F. vom 27.7.1957, BGBl I S.1105) i.V.m. Art. 97 BayWG (i.d.F. 28.7.1962, GVBl S. 143) aufgrund der öffentlichen Aufforderung zur Anmeldung alter Rechte und alter Befugnisse des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 6. Dezember 1962 (StAnz v. 20. Dezember 1963) wasserrechtliche Altrechte grundsätzlich erloschen sind, sofern sie nicht innerhalb der dort genannten Frist bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde angemeldet oder bekannt geworden sind. Hierzu verhält sich die Antragsbegründung nicht. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vorgelegten notariellen Kaufvertrag vom 17. März 1941, in dem ein Quellenfassungs- und Wasserleitungsrecht am Grundstück FlNr. … zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks Nr. … D… („K…“) erwähnt wird. Unabhängig davon, dass sich das Grundstück FlNr. … im BayernAtlas nicht findet (es wurde wohl zum Grundstück FlNr. … hinzugezogen) und der Inhalt eines Quellenfassungsrechts unklar bleibt, bezieht sich diese Dienstbarkeit auf das Grundstück FlNr. …. Die vorgelegte Kopie des Kaufvertrags trägt zwar die handschriftliche Anmerkung des Antragstellers zu 2, dass die Dienstbarkeit zu Gunsten der Antragsteller umgeschrieben worden sei. Daraus ergibt sich aber nicht, für welche Grundstücke nunmehr die Dienstbarkeit bestellt ist bzw. welchen Inhalt sie aufweist. Zudem setzt der Fortbestand eines im Grundbuch eingetragenen Altrechts nach § 16 Abs. 2 Satz 3 WHG a.F. voraus, dass die Grundbucheintragung auch das Vorliegen der wasserrechtlichen Gestattung erkennen lässt, soweit es einer solchen bedurfte (BayVGH, B.v. 10.2.2021 – 8 ZB 19.2464 – BayVBl 2021, 632). Dies lässt sich den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Es kann daher offenbleiben, wie sich eine fehlende wasserrechtliche Erlaubnis bzw. Bewilligung auf die bestellte Grunddienstbarkeit auswirkt (vgl. hierzu: BayObLG, B.v. 5.4.1960 – 2 Z 16/60 – BayObLGZ 1960, 167). Der Hinweis der Antragsteller auf die im notariellen Kaufvertrag vom 20. September 2001 erwähnte, auf den Grundstücken FlNr. … und … lastende Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Grundstücks FlNr. … zeigt ebenfalls keine schutzwürdige Position im Hinblick auf den Wasserbezug aus den Quellen auf, da sie sich erkennbar auf den ungehinderten Ablauf des Mühlbachs bezieht (vgl. hierzu auch den im Aufstellungsverfahren vorgelegten notariellen Vertrag vom 11. September 1941). Im Übrigen handelt es sich bei dem Planungsgebiet bislang um überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Antragsteller auf die Beibehaltung einer besonders reinen Qualität des Wassers aus Quellen, deren Fassungsbereich unter dem Planungsgebiet liegt, ist damit ohnehin nicht dargetan. Eine quantitative Beeinträchtigung des Quellwassers, für die nach den eingeholten Gutachten keine Anhaltspunkte bestehen, machen die Antragsteller nicht substantiiert geltend.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant


  • Bauplanungsrecht (Bundesrecht): In dem Urteil geht es um die Frage, ob die Antragsteller durch den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt werden und ob der Bebauungsplan unwirksam ist. Das Bauplanungsrecht ist in Deutschland im Baugesetzbuch (BauGB) geregelt und umfasst Regelungen über die städtebauliche Planung und Ordnung. Hierbei ist insbesondere das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot von Bedeutung, das drittschützenden Charakter hinsichtlich privater Belange hat, die für die Abwägung erheblich sind.
  • Wasserrecht (Bundesrecht und Landesrecht): Im vorliegenden Fall haben die Antragsteller den Vollzug des Bebauungsplans angefochten, weil sie befürchten, dass durch die Bebauung der Hanggrundstücke die Wasserqualität und -quantität ihrer Fischteiche beeinträchtigt werden könnten. Im deutschen Recht ist das Wasserrecht im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) auf Bundesebene und in den jeweiligen Landeswassergesetzen der Länder geregelt. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach wasserrechtlichen Altrechten (§ 16 Abs. 2 WHG a.F.) bzw. der Anwendung von Art. 97 BayWG (Bayerisches Wassergesetz) und der Rechtsprechung zum Fortbestand von Altrechten relevant.
  • Grundbuchrecht (Landesrecht): In dem Urteil werden Grunddienstbarkeiten, die im Grundbuch eingetragen sind, als möglicherweise schutzwürdige Position der Antragsteller erwähnt. Das Grundbuchrecht ist in Deutschland im Grundbuchordnung (GBO) und den jeweiligen Landesgrundbuchordnungen geregelt. Hierbei sind insbesondere die Voraussetzungen für den Fortbestand eines im Grundbuch eingetragenen Altrechts nach § 16 Abs. 2 Satz 3 WHG a.F. und die Auswirkung einer fehlenden wasserrechtlichen Erlaubnis bzw. Bewilligung auf die bestellte Grunddienstbarkeit von Bedeutung.

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