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Fortbildungskosten – Rückzahlungsklausel in Tarifvertrag

Bundesarbeitsgericht

Az: 9 AZR 604/06

Urteil vom 05.06.2007


In Sachen hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2007 für Recht erkannt:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. Oktober 2005 – 4 Sa 376/05 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung von Fortbildungskosten.

Der Beklagte war seit 1998 bei der Klägerin als Sparkassenfachwirt beschäftigt. Unter dem 30. April 2002 schlossen die Parteien folgende Vereinbarung:

„…

1. Die Sparkasse gewährt dem Angestellten zum Besuch des 57. Studiengangs zum Sparkassenbetriebswirt – Sparkassenfachlehrgang -, Klasse B … Sonderurlaub.

Der Lehrgang dauert vom 27. Mai 2002 bis 12. Dezember 2002. Die Sommerferien sind für die Zeit vom 08. Juli bis 09. August 2002 eingeplant.

2.1 Die Sparkasse zahlt dem Angestellten während der Dauer des Lehrganges die Vergütung, die dem Angestellten ohne die Beurlaubung zustehen würde, weiter. Zur Vergütung gehören auch die anteilige Überstundenpauschvergütung und die anteilige Zuwendung sowie ferner das anteilige Urlaubsgeld.

2.2 Die Sparkasse übernimmt außerdem folgende mit diesem Lehrgang verbundenen Kosten:

– Unterrichts- und Prüfungsgebühren

– Unterbringungskosten (ohne Verpflegung)

– Fahrtkosten (max. 1 Hin- und Rückfahrt pro Woche)

3.1 Scheidet der Angestellte innerhalb von drei Jahren nach der Prüfung auf eigenen Wunsch oder aus seinem Verschulden aus dem Dienstverhältnis zur Sparkasse aus, so hat er die der Sparkasse entstandenen Kosten zu erstatten. Das Gleiche gilt, wenn der Angestellte den Lehrgangsbesuch vor der Prüfung aufgibt und innerhalb von drei Jahren nach diesem Zeitpunkt aus dem Dienstverhältnis zur Sparkasse ausscheidet.

3.2 Zu den zu erstattenden Kosten gehören die neben den in Ziffer 2.1 und 2.2 genannten Leistungen auch die vom Arbeitgeber getragenen Umlagen zur Zusatzversorgung.

4.1 Der zurückzuzahlende Betrag vermindert sich innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren für jeden vollen Monat, den der Angestellte nach dem Ende des Lehrganges im Dienstverhältnis zur Sparkasse verbracht hat, um 1/36. Der hiernach verbleibende Restbetrag ist zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses zur sofortigen Rückzahlung fällig.

5. Der tarifliche Erholungsurlaub wird ungekürzt gewährt, er ist jedoch während der Semesterferien zu nehmen.

…“

Der Beklagte nahm vom 27. Mai 2002 bis zum 12. Dezember 2002 mit Erfolg an dem Lehrgang teil. Während der Semesterferien erhielt er seinen Jahresurlaub. Soweit der Jahresurlaub die unterrichtsfreie Zeit nicht abdeckte, arbeitete er bei der Klägerin. Nach Abschluss der Fortbildung wurde er bei unveränderter Vergütung in der Rechtsabteilung eingesetzt. Sein früherer Arbeitsplatz als stellvertretender Gruppenleiter in der Organisationseinheit „S-Direkt“ war infolge einer Umstrukturierung weggefallen.

Im Rahmen eines Personalabbaus bot die Klägerin den Arbeitnehmern, darunter dem Beklagten, im Jahr 2003 an, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Der Beklagte nahm das Angebot nicht an.

Im Frühjahr 2004 eröffnete sich dem Beklagten die Möglichkeit einer Beschäftigung in einem anderen Kreditinstitut. Dies teilte er der Klägerin telefonisch mit und bekundete den Wunsch, das Arbeitsverhältnis zum 1. August 2004 aufzulösen. Dem entsprach die Klägerin. Die zu erstattenden Fortbildungskosten bezifferte sie mit Schreiben vom 7. Juni 2004 auf 17/36 der Gesamtkosten in Höhe von 27.541,67 Euro, damit 13.005,79 Euro. Auf die Bitte des Beklagten, von einer Rückforderung der anteiligen Fortbildungskosten abzusehen, weil er die ursprünglich ausgelobte Abfindung nicht beansprucht habe, ging die Klägerin nicht ein.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 13.005,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. August 2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er geht davon aus, die Rückzahlungsverpflichtung sei unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige.

Ihre Unwirksamkeit ergebe sich außerdem aus der fehlenden Beteiligung des Personalrats.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Erstmals im Revisionsverfahren hat die Klägerin auf den Bezirkstarifvertrag vom 1. März 1979 über die Ausbildungs- und Prüfungspflicht von Sparkassenangestellten (BezTV Ausbildung) verwiesen, abgeschlossen zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband Rheinland-Pfalz (KAV) und – jeweils getrennt – der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), der Kommunalgewerkschaft für Beamte und Arbeitnehmer (KOMBA) sowie der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV). Sie sei Mitglied des KAV. Danach ist für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppen Vb bis III eine Zweite Prüfung abzulegen (§ 2 Abs. 1 BezTV Ausbildung). Nach § 5 Abs. 1 BezTV Ausbildung sind die Sparkassen verpflichtet, während der Lehrgänge die Vergütung fortzuzahlen und die Unterrichts- und Prüfungsgebühren zu übernehmen. Nach § 5 Abs. 2 BezTV Ausbildung ist der Angestellte verpflichtet, die der Sparkasse entstandenen Kosten zu erstatten, wenn er innerhalb von drei Jahren nach der Prüfung aus dem Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch oder aus seinem Verschulden ausscheidet. § 5 Abs. 3 BezTV Ausbildung bestimmt, dass sich der zurückzuzahlende Betrag innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren anteilmäßig für die Zeit mindert, während der ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Angestellten und der zur Rückforderung berechtigten Sparkasse bestanden hat.

Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin 13.005,79 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

I. Der Anspruch ergibt sich aus der Vereinbarung der Parteien vom 30. April 2002.

1. Der Beklagte hat sich in Nr. 3.1 der Vereinbarung verpflichtet, der Klägerin u.a. die Kosten zu erstatten, die ihr auf Grund seiner Teilnahme am 57. Studiengang entstanden sind, wenn er innerhalb von drei Jahren nach der Prüfung auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Arbeitsverhältnis ist auf Wunsch des Beklagten zum 1. August 2004 und damit vor Ablauf von drei Jahren nach der im Dezember 2002 abgelegten Prüfung beendet worden. Er hat der Klägerin deshalb die während des Lehrgangs gezahlte Vergütung sowie die von ihr getragenen Unterrichts- und Prüfungsgebühren, die Kosten für seine Unterbringung und die wöchentlichen Heimfahrten nach Nr. 4.1 der Vereinbarung anteilig zu erstatten. Daraus ergibt sich der von der Klägerin ermittelte unstreitige Rückzahlungsbetrag von 13.005,79 Euro.

2. Der Beklagte ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von seiner Erstattungspflicht befreit.

a) Die Vertragsklausel begegnet individualrechtlich keinen Bedenken. Die Rückzahlungsklausel ist nicht wegen unangemessener Benachteiligung des Beklagten unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

aa) Die getroffene Regelung ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 BGB. Die Klägerin verwendet die von ihr vorformulierte Klausel üblicherweise dann, wenn sie einen Angestellten zu einem Sparkassenlehrgang entsendet. Solche Klauseln unterliegen der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Ob hiervon wegen des von der Klägerin herangezogenen § 5 Abs. 2 BezTV Ausbildung nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB abzusehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Die Klausel hält entgegen der Auffassung des Beklagten einer Angemessenheitskontrolle stand.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Das Bundesarbeitsgericht hat schon vor der Einbeziehung des Arbeitsrechts in die allgemeine Inhaltskontrolle sog. Rückzahlungsklauseln wie hier einer Angemessenheitskontrolle unterzogen. Derartige Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten der vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, wenn er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, hat es als grundsätzlich zulässig beurteilt (vgl. 21. November 2001 – 5 AZR 158/00 – BAGE 100, 13, 18). Daran hat der Senat festgehalten (11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – Rn. 24, AP BGB § 307 Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 14).

Rückzahlungsabreden für Aus- und Fortbildungskosten benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Eine Rückzahlungsklausel ist nicht zu beanstanden, wenn die Rückzahlungsverpflichtung bei verständiger Betrachtung einem billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entspricht und der Arbeitnehmer mit der Fortbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten hat. Das Interesse des Arbeitgebers geht dahin, die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation möglichst langfristig für seinen Betrieb nutzen zu können. Dieses grundsätzlich berechtigte Interesse gestattet es ihm, als Ausgleich für seine finanziellen Aufwendungen von einem sich vorzeitig abkehrenden Arbeitnehmer die Kosten der Ausbildung ganz oder zeitanteilig zurückzuverlangen. Die berechtigten Belange des Arbeitgebers sind gegen das Interesse des Arbeitnehmers abzuwägen, seinen Arbeitsplatz ohne Belastung mit der Erstattungspflicht wählen zu können. Dabei sind nach der Rechtsprechung ua. die Dauer der Ausbildung und die Wertigkeit der erlangten Befähigung zu vergleichen, ohne dass es hierbei auf starre Grenzen ankäme. Eine Bindungsdauer von drei Jahren bei einer Fortbildung von etwa sechs Monaten ist danach als angemessen beurteilt worden. Auch bei kürzerer Fortbildung kann eine verhältnismäßig lange Bindung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber ganz erhebliche Mittel aufwendet (vgl. BAG 19. Februar 2004 – 6 AZR 552/02 – BAGE 109, 345: 34.000,00 DM bei einem Monatsgehalt von 5.000,00 DM). Die Abwägung hat sich insbesondere daran zu orientieren, ob und inwieweit der Arbeitnehmer mit der Aus- oder Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt (Senat 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – Rn. 25, AP BGB § 307 Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 14).

bb) Die Parteien haben danach rechtswirksam die Erstattung der von der Klägerin getätigten Aufwendungen vereinbart.

(1) Der Beklagte hat einen Studiengang zum Sparkassenbetriebswirt erfolgreich absolviert. Diese Fortbildung ist „ihres Geldes wert“. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Beklagte mit der erworbenen Qualifikation die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in den gehobenen Sparkassendienst erlangt, die er vorher nicht hatte.

(2) Fortbildungs- und Bindungsdauer stehen in einem ausgewogenen Verhältnis. Für diese Beurteilung sind entgegen der Auffassung des Beklagten nicht lediglich die 640 Lehrgangsstunden à 45 Minuten oder der tägliche Unterricht von 4,5 Zeitstunden zu berücksichtigen. Erfolgversprechend ist eine berufliche Fortbildung regelmäßig nur dann, wenn der Arbeitnehmer sich über die Teilnahme am Unterricht hinaus ernsthaft bemüht, den Unterrichtsstoff vor- und nachzubereiten. Auch für diese häuslichen Studien war der Beklagte unter Fortzahlung seiner Vergütung freigestellt. Lässt man die Semesterferien von gut einem Monat außer Betracht, verbleiben somit bei einer Lehrgangsdauer vom 27. Mai bis 12. Dezember 2002 mehr als fünf Monate, in denen sich der Beklagte auf Kosten der Klägerin seiner beruflichen Fortbildung widmen konnte. Hierfür hat die Klägerin bei einem Bruttoentgelt des Beklagten von 3.180,36 Euro insgesamt 27.541,67 Euro aufgewendet und damit seinen Lebensstandard für die Dauer von 8,66 Monaten gesichert. Eine hieran anknüpfende Bindungsdauer von drei Jahren benachteiligt den Beklagten nicht unangemessen.

b) Kollektivrechtliche Gründe stehen der Zahlungspflicht des Beklagten ebenfalls nicht entgegen.

aa) Der Beklagte wendet sich ohne Erfolg gegen die Erstattung der bezogenen Vergütung sowie der von der Klägerin übernommenen Unterrichts- und Prüfungsgebühren wegen fehlender Beteiligung des Personalrats. Mögliche Mitbestimmungsrechte werden durch den Tarifvorbehalt des § 73 Abs. 1 LPersVG Rheinland-Pfalz verdrängt.

(1) Nach dieser Vorschrift ist der Personalrat bei Maßnahmen des Arbeitgebers nur zu beteiligen, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Seine Mitbestimmung wird verdrängt, wenn die tarifliche Regelung die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst abschließend und zwingend regelt (vgl. zu § 87 BetrVG: BAG 6. November 1990 – 1 ABR 88/89 – BAGE 66, 202; BVerwG 20. Juli 1998 – 6 P 13.97 -ZTR 1999, 141). Für den durch die notwendige Mitbestimmung bezweckten Schutz der Arbeitnehmer durch gleichberechtigte Teilhabe der Arbeitnehmervertretung an den sie betreffenden Entscheidungen besteht dann kein Bedürfnis, wenn der Arbeitgeber wegen der geltenden tariflichen Regelung selbst nichts zu bestimmen hat und er keinen Spielraum zur Ausgestaltung der Einzelfallmaßnahme hat.

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(2) Der BezTV Ausbildung regelt abschließend und zwingend, welche Aufwendungen ein Sparkassenangestellter der Sparkasse zu erstatten hat, wenn er einen dort festgelegten Ausbildungsgang durchläuft.

(2.1) Der BezTV Ausbildung ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, wie der Senat selbst feststellen kann (vgl. BAG 9. August 1995 – 6 AZR 1047/94 – BAGE 80, 316). Die für das Eingreifen des Tarifvorbehalts erforderliche aber auch ausreichende Tarifbindung der Klägerin liegt vor (st. Rspr. vgl. BAG 24. Februar 1987 – 1 ABR 18/85 – BAGE 54, 191). Sie ergibt sich aus der Verbandsvertretung der Klägerin im Rechtsstreit und wird durch das von ihr im Termin zur mündlichen Revisionsverhandlung überreichte Schreiben des KAV Rheinland-Pfalz vom 1. Juni 2007 bestätigt.

(2.2) Dass der Tarifvertrag entgegen der Zweifel des Beklagten tatsächlich abgeschlossen ist, ist dem ebenfalls zu den Akten gereichte Rundschreiben Nr. 19/1979 des Sparkassen- und Giroverbands Rheinland-Pfalz vom 1. Juni 1979 zu entnehmen, das sich mit der zum 1. März 1979 erfolgten Einführung des BezTV Ausbildung befasst. Der zwischen dem KAV Rheinland-Pfalz und der ÖTV geschlossene Tarifvertrag befindet sich in Ablichtung überdies in dem Tarifarchiv des Bundesarbeitsgerichts (Ordner Nr. 30a Rheinland-Pfalz), unterzeichnet für den KAV von „Rheinwalt“ und für die ÖTV – Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz – von „Anders“ und „Bachmann“. Dass das vom Beklagten angeschriebene Tarifregister des Landes Rheinland-Pfalz ihm mitgeteilt hat, dort sei der Tarifvertrag nicht registriert, besagt nichts anderes. Die Länder sind nicht verpflichtet, Tarifverträge zu registrieren. „Das“ Tarifregister wird nach § 6 TVG vom Bund geführt. Im Jahr 2002 war der Tarifvertrag noch gültig, wie ebenfalls dem Schreiben des KAV Rheinland-Pfalz vom 1. Juni 2007 zu entnehmen ist.

(2.3) In dem BezTV Ausbildung sind in Ausfüllung von § 6 der Anlage 3 zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) die Voraussetzungen festgelegt, die ein Angestellter für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppen des gehobenen Dienstes erfüllen muss. Dazu gehört ua. die erfolgreiche Absolvierung des Sparkassenlehrgangs. Hieran anknüpfend bestimmt § 5 Abs. 1 BezTV Ausbildung, dass die Sparkasse während der Dauer des Lehrgangs die Vergütung weiterzuzahlen und sie zusätzlich die Unterrichts- und Prüfungsgebühren zu tragen hat. Diese Verpflichtung besteht hinsichtlich der erstmaligen Teilnahme an einem Lehrgang ausnahmslos. Das gilt gegenläufig auch für die Zahlungspflichten des Angestellten, wenn das Arbeitsverhältnis auf seinen Wunsch vor Ablauf der dreijährigen Bindungsfrist endet. Die Entsendung zu dem Lehrgang selbst ist zwar, da der bestehende Arbeitsvertrag insoweit modifiziert wird, vertraglich zu vereinbaren; es bedarf eines „Vollzugsaktes“. Der Inhalt der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung ist aber tariflich und insoweit abschließend vorgegeben. Sie lässt keinen Raum für eine zusätzliche Beteiligung des Personalrats. Ihm verbleibt das Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl der Teilnehmer an der beruflichen Fortbildung nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 16 LPersVG Rheinland-Pfalz.

bb) Ebenso stehen Mitbestimmungsrechte des Personalrats nicht dem Anspruch der Klägerin auf Erstattung der von ihr über den BezTV Ausbildung hinaus übernommenen Kosten für die Unterbringung des Beklagten und seine wöchentlichen Heimfahrten entgegen. Der Personalrat war entgegen der Auffassung des Beklagten an der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung der Parteien über die Übernahme dieser Kosten und deren Erstattung nicht zu beteiligen. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Verletzung eines Mitbestimmungstatbestands geeignet wäre, die Erstattungspflicht des Beklagten in Wegfall zu bringen.

(1) Das gilt zunächst für das Mitbestimmungsrecht nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 LPersVG Rheinland-Pfalz. Nach dieser Vorschrift hat der Personalrat ua. mitzubestimmen bei der „Aufstellung von Grundsätzen über die Durchführung der Berufsbildung (Berufsausbildung, berufliche Fortbildung und berufliche Umschulung)“. Nicht zweifelhaft ist, dass der Sparkassenlehrgang die Berufsbildung des Angestellten in der Form der beruflichen Fortbildung betrifft. Der Zweck der Mitbestimmung, nämlich die Sicherstellung einer angemessenen, die Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber wahrenden Kostenverteilung, mag für eine Mitwirkung der Arbeitnehmervertretung sprechen, wie sie nunmehr in § 47 Abs. 5 des Besonderen Teils Sparkassen zum TVöD (BT-S) für den Fall vorgesehen ist, dass die Qualifizierung vom Arbeitgeber veranlasst wird.

Hier geht es jedoch nicht um die Aufstellung allgemeiner Grundsätze, sondern lediglich um die im BezTV Ausbildung nicht geregelten Kostenfaktoren Unterbringung und Heimfahrten. Hierauf bezogene Regelungen sind schon nach dem Wortlaut des § 78 Abs. 3 Nr. 3 LPersVG Rheinland-Pfalz nicht mitbestimmungspflichtig. Die „Durchführung der Berufsbildung“ ist nur bei Maßnahmen angesprochen, die unmittelbar mit der Berufs- oder Fortbildung zusammenhängen. Erfasst werden Regelungen, die sich auf die Art und Weise der Berufsausbildung beziehen und diese lenken. Angesprochen sind damit insbesondere zeitliche und inhaltliche Festlegungen sowie organisatorische Fragen (vgl. BVerwG 28. Dezember 1984 – 6 P 5.84 – Rn. 21, Buchholz 238.34 § 86 HmbPersVG Nr. 3; zur Übernahme von Fahrtkosten BVerwG 15. Dezember 1994 – 6 P 19.92 – AP BPersVG § 75 Nr. 58; 10. November 1999 – 6 P 12.98 – AP BPersVG § 78 Nr. 4 zu § 75 Abs. 3 Nr. 6 BPersVG).

(2) Ein Mitbestimmungsrecht ergibt sich nicht aus § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LPersVG Rheinland-Pfalz, auch wenn zu Gunsten des Beklagten unterstellt wird, dass er sich ohne die finanzielle Unterstützung der Klägerin den Studiengang zum Sparkassenbetriebswirt nicht hätte leisten können.

Der Personalrat hat auf Antrag des Arbeitnehmers mitzubestimmen bei der „Gewährung oder Versagung von sozialen Zuwendungen, insbesondere von Unterstützungen, Zuschüssen und Darlehen“. Der Begriff „sozial“ spricht die persönliche Situation eines Arbeitnehmers an, der wegen seiner wirtschaftlichen Lage auf eine finanzielle Leistung des Arbeitgebers angewiesen ist. Er erfasst deshalb nur Zuwendungen, die wegen der individuellen Bedürftigkeit des Arbeitnehmers gewährt werden (vgl. BAG 28. September 1977 – 4 AZR 743/76 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 4 = EzA TVG § 4 Rundfunk Nr. 3 zu § 65 Abs. 1 Buchst. a LPVG NRW idF vom 28. Mai 1958; Jacobi/Küssner/Meerkamp Personalvertretungsgesetz für Rheinland-Pfalz Stand März 2007 § 80 Nr. 33). Die von dem Antrag des Arbeitnehmers abhängige Beteiligung des Personalrats bestätigt diese Auslegung. Zum Schutz seines Persönlichkeitsrechts bleibt es dem Arbeitnehmer überlassen, ob er seine privaten Verhältnisse einem größeren Personenkreis offenbart. Seine Privatsphäre wird indessen durch eine vom Arbeitgeber nach generellen Merkmalen gewährte Leistung nicht betroffen. Das Mitbestimmungsrecht greift deshalb dann nicht ein, wenn der Arbeitgeber – wie hier – die Leistung allgemein ohne Ansehen der Person des Arbeitnehmers erbringt.

(3) Ob sich aus § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 LPersVG Rheinland-Pfalz ein Mitbestimmungsrecht herleiten lässt, ist offenzulassen. Auch wenn zu Gunsten des Beklagten angenommen wird, die Übernahme von Unterbringungs- und Fahrtkosten sowie deren Erstattung anlässlich einer Fortbildungsmaßnahme lasse sich dem dort geregelten Mitbestimmungstatbestand „Entgeltgestaltung“ zuordnen, führte eine mögliche Verletzung des Mitbestimmungstatbestands nicht zur Unwirksamkeit der rechtsgeschäftlich begründeten Rückzahlungspflicht. Hierfür ist nicht entscheidend, dass die Klägerin diese Kosten freiwillig übernommen hat und bei freiwilligen Leistungen der Arbeitgeber die Grundentscheidungen mitbestimmungsfrei treffen kann (vgl. BAG GS 3. Dezember 1991 – GS 1/90 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52). Ein Regelungsspielraum ist hinsichtlich der Ausgestaltung der Rückzahlungspflicht nicht von vornherein ausgeschlossen. Auch kann dahinstehen, ob Rechtsfolge der Verletzung eines Mitbestimmungstatbestands nach § 74 Abs. 1 Satz 2 LPersVG Rheinland-Pfalz ausschließlich ein Recht des Personalrats auf eine nachgeholte Beteiligung ist.

Nach der vom Bundesarbeitsgericht zu § 87 BetrVG entwickelten sog. Wirksamkeitstheorie ist die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung lediglich Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers (vgl. 11. Juni 2002 – 1 AZR 390/01 – BAGE 101, 288 mwN). Das gilt für die entsprechenden Mitbestimmungstatbestände des Personalvertretungsrechts vorbehaltlich einer anderen ausdrücklichen Regelung in gleicher Weise. Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers sind jedoch nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen des Arbeitnehmers schmälern. Dazu bedarf es einer Gesamtbetrachtung der Rechtsstellung vor und nach der Maßnahme. Unter „Maßnahme“ ist jede Handlung oder Entscheidung des Arbeitgebers zu verstehen, durch die die Rechtsstellung des einzelnen Arbeitnehmers oder mehrerer Arbeitnehmer berührt wird. Maßnahme in diesem Sinn ist hier der Abschluss des Fortbildungsvertrags und die dort von der Klägerin über die tarifliche Verpflichtung hinausgehende Übernahme der Unterbringungs- und Fahrtkosten. Diese kann bei objektiver Betrachtung nicht als den Beklagten benachteiligend beurteilt werden. Die Fortbildung ist insgesamt für ihn und seine beruflichen Chancen von Vorteil.

II. Der Beklagte hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

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