VG Augsburg – Az.: Au 8 K 20.1982 – Urteil vom 18.03.2021
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die polizeiliche Sicherstellung eines Pkws Mercedes GLS samt Schlüssel und Fahrzeugpapieren am 30. März 2017 rechtswidrig war.
Die Firma … hat am 9. November 2016 in Rumänien den streitgegenständlichen Mercedes an die Firma … verkauft. Am 21. Dezember 2016 hat die … den gleichen Mercedes an die Firma … ebenfalls in Rumänien verkauft. Am 27. Januar 2017 wurde der Mercedes von der Firma … an die Beigeladene in Rumänien verkauft. Am 24. März 2017 hat nach Angaben der Klägerin diese den Mercedes von der Firma … gekauft. Von der Beigeladenen bzw. der Firma … sind verschiedene Zahlungen an die Firma … und an die Klägerin geleistet worden.
Am 30. März 2017 reiste ein Bevollmächtigter der Beigeladenen, Herr R., aus Rumänien zum Firmensitz der Klägerin nach Deutschland, um den bereits aus Rumänien nach Deutschland überführten Mercedes abzuholen. Dort fuhr er mit einem Mitarbeiter der Klägerin zur Kfz-Zulassungsbehörde und die Beigeladene wurde in die Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) eingetragen.
Nach Rückkehr zum Autohaus kam es zwischen Herrn R. und dem Geschäftsführer der Klägerin zu Streitigkeiten wegen der Kaufpreiszahlung. Gegen 19 Uhr rief der Geschäftsführer der Klägerin die Polizei, weil sich „ein Kunde mit einem Pkw von dem Gelände entfernen wolle, ohne dafür bezahlt zu haben“. Aus dem Aktenvermerk des vor Ort anwesenden Polizisten vom 31. März 2017 (Bl. 11 der beigezogenen Strafakte … wegen Bedrohung) ergibt sich, dass dieser, nachdem die Eigentumsfrage nicht habe geklärt werden können, Herrn R. um Aushändigung der Fahrzeugpapiere und des Schlüssels gebeten habe.
Aus dem Sicherstellungsprotokoll vom 30. März 2017 (Bl. 1 der Behördenakte) ergibt sich, dass anschließend der streitgegenständliche Mercedes, die Fahrzeugpapiere und ein Schlüssel einschließlich Kaufvertrag und diverser Unterlagen, die die Kaufpreiszahlungen bestätigen sollten, sichergestellt worden sind. Gegen die Sicherstellung legte die Klägerin Widerspruch ein und beantragte, das Fahrzeug nebst Schlüssel und sämtlicher Fahrzeugpapiere herauszugeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück, weil dieser bereits nicht statthaft sei. Zudem sei die Sicherstellung rechtmäßig.
Mit Schriftsatz vom 10. August 2017 ließ die Klägerin Klage erheben und sinngemäß zunächst beantragen,
1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin den PKW Mercedes GLS mit der Fahrgestellnummer … herauszugeben nebst dem dazugehörigen Fahrzeugschlüssel und den dazugehörigen Fahrzeugpapieren (Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II),
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jedweden Schaden aufgrund der Sicherstellung des PKW Mercedes GLS vom 30. März 2017 zu ersetzen.
Des Weiteren ließ sie im Wege der einstweiligen Anordnung (Au 8 E 17.1224) beantragen, dem Beklagten aufzugeben, den Pkw Mercedes GLS herauszugeben, hilfsweise festzustellen, dass die Sicherstellung des Pkw Mercedes GLS rechtswidrig ist. Die Klage richte sich auch gegen den Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2017, zugestellt am 12. Juli 2017, der in seinen Gründen nicht in Rechtskraft erwachsen solle, zumal diese nicht zutreffend seien. Die Klägerin sei Eigentümerin des streitgegenständlichen Pkws. Sie habe diesen mit Vertrag vom 24. März 2017 von der … erworben. Einen Kaufvertrag zwischen der Klägerin und dem Bevollmächtigten der Beigeladenen gebe es nicht. Die ursprüngliche Käuferin … habe sich mit den Kaufpreiszahlungen in Verzug befunden, so dass dieser Vertrag rückabgewickelt worden sei. Hinzu kämen noch Strafzinsen. Eine Übergabe an den Bevollmächtigten der Beigeladenen habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Weil der Bevollmächtigte der Beigeladenen den Geschäftsführer der Klägerin wiederholt bedroht habe, habe dieser die Polizei gerufen. Die Sicherstellung sei nicht gerechtfertigt und zudem unverhältnismäßig. Eine Sicherstellung solle dazu dienen, den Eigentümer zu schützen. Die Klägerin als Eigentümerin des Mercedes benötige diesen Schutz jedoch nicht. Der Mercedes sei in den ordnungsgemäß gesicherten Geschäftsräumen bei der Klägerin gut aufgehoben gewesen. Die Polizei sei hier zivilrechtlich tätig geworden, was nicht in den Aufgabenbereich der Polizei falle. Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB spreche für die Klägerin, diese sei in den Fahrzeugpapieren eingetragen und auch in Besitz derselben gewesen. Da die Klägerin auf die Zusage des Bevollmächtigten der Beigeladenen vertraut habe, den noch offenen Kaufpreis nach der Zulassung komplett zu bezahlen, sei die Zulassung auf die Beigeladene vorgenommen worden. Da der Kaufpreis dann aber nicht mehr bezahlt worden sei, habe der Geschäftsführer der Klägerin die Fahrzeugpapiere nicht ausgehändigt. Es gebe diverse Zahlungen auf diverse Fahrzeuge, die aber nicht auf den streitgegenständlichen Mercedes verrechnet hätten werden können. Es hätte auch ausgereicht, nur die Fahrzeugpapiere und/oder die Schlüssel mitzunehmen. Das Fahrzeug erleide einen Wertverlust und es sei die Gefahr von Standschäden zu befürchten. In zivilrechtlicher Hinsicht sei am 3. August 2017 der Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Bevollmächtigten der Beigeladenen beantragt worden, der allerdings mit Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 4. August 2017 (Az. …) zurückgewiesen worden sei, weil eine Zuständigkeit des AG Augsburg nicht gegeben sei, da der tägliche Wertverlust des hochpreisigen Mercedes GLS nach Ansicht des Gerichts nicht zur Begründung einer Dringlichkeit im Sinne von § 942 Abs. 1 ZPO ausreiche.
Die mit Beschluss vom 29. September 2017 Beigeladene führte, ohne einen Antrag zu stellen, im Eilverfahren aus, dass die Aufhebung der Sicherstellungsverfügung nicht gerechtfertigt sei. Die Beigeladene sei rechtmäßige Eigentümerin und Besitzerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Die Ummeldung von der letzten gemäß Fahrzeugpapieren Berechtigten/Eigentümerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf die Beigeladene sei mit Zustimmung der Klägerin vorgenommen worden. Das Fahrzeug sei wirksam übereignet worden. Lediglich die Ausstellung einer abschließenden Gesamtrechnung sei am 30. März 2017 noch ausgestanden, weswegen sich der Bevollmächtigte nochmals zu dem Autohaus begeben habe, anstatt mit dem Fahrzeug nebst Überführungskennzeichen, sämtlichen Fahrzeugpapieren und sämtlichen Schlüsseln direkt nach Rumänien zurückzufahren. Der Kaufpreis sei im Rahmen von insgesamt sechs Teilzahlungen in Gänze ausgeglichen gewesen. Dieser Sachverhalt werde auch durch die schriftliche Erklärung des Bevollmächtigten der Beigeladenen bestätigt.
Mit Beschluss vom 11. Oktober 2017 lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den Eilantrag ab (Au 8 E 17.1224). Die Angelegenheit sei bereits nicht eilbedürftig. Die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass ein wesentlicher Wertverlust oder Standschäden drohen würden. Es bestehe auch kein Herausgabeanspruch, da die Voraussetzungen für die Sicherstellung nicht weggefallen seien. So lange die Eigentumsfrage nicht geklärt sei, würden weiterhin die Voraussetzungen für die Sicherstellung vorliegen. Aufgrund der unklaren Situation vor Ort sei von der Polizei zu befürchten gewesen, dass entweder der Bevollmächtigte der Beigeladenen mit dem Fahrzeug nach Rumänien fahren oder dass aufgrund der Auslandsbeziehungen der Klägerin diese das Fahrzeug anderweitig ins Ausland verkaufen würde.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde dagegen mit Beschluss vom 10. Februar 2018 (Az.: …) zurück. U.a. begründe der Umstand, dass der Klägerin in Folge der Sicherstellung „zivilrechtliche Schritte auch nicht unbedingt erleichtert“ würden, keinen Anordnungsgrund. Auch dürfe der Beklagte durch die Herausgabe eines sichergestellten Gegenstands die zivilgerichtliche Entscheidung über die Eigentumsfrage an dem Gegenstand nicht vorwegnehmen. Es könne damit offenbleiben, ob die Klägerin daneben einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe.
Mit Schriftsatz vom 23. November 2017 ließ die Klägerin Klage beim Landgericht Augsburg (Az.: …) auf Zahlung des Kaufpreises für den PKW Mercedes GLS gegen die Beigeladene erheben. Die Beigeladene ließ Widerklage erheben mit dem Antrag, festzustellen, dass sie Eigentümerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs sei. Mit Beschluss vom 12. April 2018 wurde das Verfahren beim Verwaltungsgericht Augsburg bis zur rechtskräftigen Entscheidung im zivilrechtlichen Verfahren ausgesetzt.
Mit Urteil vom 9. Januar 2020 entschied das Landgericht Augsburg, dass die Beigeladene verurteilt werde, an die Klägerin 13.098,68 EUR nebst Zinsen hieraus Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des PKW Mercedes GLS zu zahlen. Die Widerklage wurde abgewiesen. Das Gericht habe Beweis erhoben durch die Einvernahme von fünf Zeugen. Die jeweiligen Geschäftsführer seien informatorisch angehört worden. Auf die Sitzungsniederschriften von insgesamt vier Verhandlungstagen werde Bezug genommen. Die Klägerin sei Eigentümerin des Mercedes, da eine wirksame Übereignung noch nicht stattgefunden habe. Es sei ein mündlicher Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen geschlossen worden. Die Beigeladene habe bereits mehrere Teilleistungen gezahlt. Der Kaufpreis sei jedoch hinsichtlich des tenorierten Betrags noch offen. Die Berufung an das OLG München wurde von der Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2020 zurückgenommen.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 16. Oktober 2020 wurde das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg fortgeführt.
Die Klägerin legte eine Bestätigung von ihr und der Beigeladenen vor, wonach diese die Restzahlung geleistet habe und das Fahrzeug an die Beigeladene herausgegeben werden solle. Es könnten keinerlei Ansprüche mehr von der Beigeladenen gegen die Klägerin geltend gemacht werden. Am 24. November 2020 gab der Beklagte das Fahrzeug an die Beigeladene heraus.
Die Klägerin teilte mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2020 mit, dass das vorliegende Verfahren nicht für erledigt erklärt werde und stellte den ursprünglichen Klageantrag in eine Fortsetzungsfeststellungsklage um mit dem Antrag,
1. festzustellen, dass die Sicherstellung der PI … vom 30. März 2017 des PKW Mercedes GLS mit der Fahrgestellnummer … nebst dem dazugehörigen Fahrzeugschlüssel und der dazugehörigen Fahrzeugpapiere (Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II) rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzte,
2. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin jedweden Schaden aufgrund der Sicherstellung des PKW Mercedes GLS zu ersetzen.
Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus der Wiederholungsgefahr als auch daraus, dass die Klage der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses diene. Zudem stehe der Klägerin auch ein nicht unerhebliches Rehabilitierungsinteresse zu. Da die Klägerin ein Autohaus betreibe, womit der An- und Verkauf von Fahrzeugen einhergehe, ergebe sich daraus die Wiederholungsgefahr. Der Beklagte habe bislang nicht erkennen lassen, dass er unter vergleichbaren Umständen davon Abstand nehmen werde, einen gleichartigen Verwaltungsakt – nämlich Sicherstellung eines im Eigentum der Klägerin stehenden Fahrzeuges – erneut gegenüber der Klägerin zu erlassen. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass im Sicherstellungsprotokoll der Polizei als Anlass/Grund „Zivilrecht“ vermerkt sei. Es sei nicht Aufgabe der Polizei, zivilrechtliche Angelegenheiten zu regeln. Dafür seien die Zivilgerichte zuständig. Ein Rehabilitierungsinteresse bestehe, da der streitgegenständliche Mercedes vor den Augen des Vertreters der Beigeladenen sichergestellt worden sei. Dadurch habe der Ruf des Geschäftsführers der Klägerin gelitten. Dieser habe die Polizei nur deshalb gerufen, weil er Angst um das Leben seiner Familie und sein eigenes Leben und nicht Angst um das Fahrzeug gehabt habe. Der angegriffene Verwaltungsakt – die Sicherstellung vom 30. März 2017 – sei auch rechtswidrig gewesen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei die Rechtslage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses. Zu diesem Zeitpunkt sei das Urteil des Landgerichts Augsburg bereits rechtskräftig gewesen. Das Landgericht habe u.a. ausgeführt, dass die Beklagte (die Beigeladene im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) nicht zur Überzeugung des Gerichts habe nachweisen können, dass sie bereits Eigentümerin des streitgegenständlichen PKWs sei. Über diese rein zivilrechtlichen Fragen, wer welche Rechte an dem PKW habe, hätte die Polizei nicht entscheiden dürfen, schon gar nicht so gravierend in die Rechte der Eigentümerin eingreifen dürfen, dass das Fahrzeug dann letzten Endes dreieinhalb Jahre dem Besitz der Klägerin entzogen gewesen sei. Es wären auch mildere Mittel denkbar gewesen. Bei der Befürchtung, die Klägerin hätte das Fahrzeug auch beispielsweise ins Ausland veräußern können, handele es sich um eine durch nichts zu rechtfertigende Unterstellung. Mit einer solchen Sichtweise müssten jedem Geschäftsmann, der Streit mit einem Kunden habe, alle Gegenstände sichergestellt werden, wenn dieser entweder einen ausländischen Hintergrund habe oder Geschäftsbeziehungen ins Ausland bestünden. Warum die Polizei nicht einfach die Beigeladene aus den Geschäftsräumen der Klägerin herausgeleitet habe und so dem Streit ein Ende bereitet habe, sei nach wie vor unbeantwortet. Es werde bestritten, dass sich die Fahrzeugpapiere und der Fahrzeugschlüssel im Besitz des Bevollmächtigten der Beigeladenen befunden hätten. Weder Schlüssel noch Fahrzeugpapiere seien mit Wissen und Wollen der Klägerin an Herrn R. herausgegeben worden. Dies lasse keinen anderen Schluss zu, als dass er sich diese Gegenstände ohne Einwilligung der Klägerin bemächtigt habe. Es sei daher keinesfalls davon auszugehen, dass die Beigeladene die tatsächliche Sachherrschaft über den PKW ausgeübt habe. Der Geschäftsführer der Klägerin habe keine andere Wahl gehabt, als das Fahrzeug dem Polizeibeamten nebst Fahrzeugpapiere und Schlüssel auszuhändigen. Sie sei Besitzerin des PKW gewesen, bevor er in Verwahrung genommen worden sei. Die Beigeladene sei nur deshalb in die Zulassungsbescheinigung Teil II eingetragen worden, weil Herr R. mitgeteilt habe, erst sehr spät zu kommen, und dann die Zulassungsstelle bereits geschlossen hätte. Er habe jedoch versprochen, den noch offenen Kaufpreis komplett zu bezahlen. Zu Herrn R. und dessen Familie habe damals noch ein Vertrauensverhältnis bestanden. Wenn die Beigeladene nun behaupte, Käuferin zu sein, so stehe der Klägerin jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht an dem Fahrzeug zu, das ausdrücklich geltend gemacht werde. Es gebe keinen Grund, die Klägerin als Eigentümerin zu schützen, da diese regelmäßig ihre Fahrzeuge nur unter Eigentumsvorbehalt verkaufe. Gefahr in Bezug betreffend des PKW Mercedes GLS habe nicht bestanden, allenfalls im Hinblick auf die körperliche Unversehrtheit der Familie des Geschäftsführers der Klägerin. Auch der Feststellungsantrag sei zulässig. Einen konkreten Entschädigungsanspruch könne die Klägerin noch gar nicht beziffern, weil sie den Zustand des Fahrzeugs nicht kenne.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Klagefrist sei bereits verstrichen. Die Sicherstellung und die Verwahrung seien formell und materiell rechtmäßig. Wenn in zivilrechtem Wege rechtzeitiger Rechtsschutz nicht möglich sei und ohne die Sicherstellung die Gefahr bestehe, dass die Verwirklichung des subjektiven Rechts an dem gegenständlichen Pkw vereitelt werde, gehöre auch der Schutz privater Rechte zum Aufgabenbereich der Polizei. Zur Aufklärung und Entscheidung hins. der Eigentumslage sei die Polizei nicht zuständig. Dies sei Sache der Zivilgerichte. Um den Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer vor Verlust oder Zerstörung oder anderweitigem Untergang zu schützen, sei die öffentliche Verwahrung vorläufig nicht zu beenden. Das Autohaus habe auch Kontakte ins Ausland und es sei deshalb nicht ausgeschlossen gewesen, dass die Klägerin den Pkw unwiederbringlich aus Deutschland entfernen würde. Die Sicherungsmaßnahme sei auch verhältnismäßig. Nur die Sicherstellung des Schlüssels oder der Fahrzeugpapiere sei kein gleich wirksames Mittel, eine eventuelle Weiterveräußerung an Dritte zu verhindern, da ein Pkw auch ohne die zugehörige Zulassungsbescheinigung II übereignet werden könne. Die Maßnahme stehe auch nicht außer Verhältnis zu dem erstrebten Erfolg, da die Eigentumslage nicht hinreichend belegt worden sei. Die Klägerin sei nicht Besitzerin des PKW gewesen sei. Zwar habe es sich zum Zeitpunkt der Sicherstellung auf dem Grundstück der Klägerin befunden, allerdings sei es vom Bevollmächtigten der Beigeladenen auf den Firmensitz der Klägerin verbracht worden. Ebenso seien der Schlüssel und die Fahrzeugpapiere beim Bevollmächtigten des Beigeladenen sichergestellt worden. Da das Fahrzeug vom Bevollmächtigten des Beigeladenen aus Rumänien auf das Firmengelände der Klägerin verbracht worden sei und sich der Schlüssel und die Fahrzeugpapiere in seinem Besitz befunden hätten, sei davon auszugehen, dass er die tatsächliche Sachherrschaft über den PKW ausgeübt habe. Diese habe er auch nicht durch bloßes Abstellen auf dem Firmengelände der Klägerin verloren. Es würden keine aussagekräftigen Dokumente vorliegen, sondern von beiden Seiten nur pauschale Behauptungen aufgestellt und unvollständige Unterlagen vorgelegt werden. Die Klägerin führe aus, dass eine Übergabe und Übereignung zu keinem Zeitpunkt stattgefunden habe. Zumindest hinsichtlich der Übergabe treffe diese Aussage nicht zu, da Herr R. der unmittelbare Besitz verschafft worden sei, da er das Fahrzeug von Rumänien nach Deutschland gebracht habe. Dem Polizeipräsidium seien Unterlagen zum Teil in rumänischer Sprache zugeleitet worden, welche die Eigentumslage nicht eindeutig nachweisen könnten. Hinzukomme, dass die Beigeladene in die Zulassungsbescheinigung Teil II bereits eingetragen gewesen sei. Der Antrag auf Feststellung, dass der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet sei, sei unzulässig und unbegründet. Die Klägerseite hätte die Möglichkeit im Rahmen einer Leistungsklage einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen.
Die Beteiligten verzichteten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch im Eilverfahren Au 8 E 17.1224, und der vorgelegten Behördenakten des Beklagten und der Staatsanwaltschaft (…).
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die polizeiliche Sicherstellung des PKW Mercedes GLS rechtswidrig war (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Die Klage ist nach Antragsumstellung als sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, wobei davon ausgegangen wird, dass der ursprünglich gestellte Klageantrag auf Herausgabe bereits von Anfang an auf Anfechtung der Sicherstellung verbunden mit einem Folgenbeseitigungsanspruch (Schmidbauer, in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 5. Aufl. 2020, Art. 28 Rn. 10) gerichtet war.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Sie ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft, weil es sich bei der von der Klägerin beanstandeten Maßnahme der Polizei um einen Verwaltungsakt handelt (Art. 35 BayVwVfG), der sich nach Klageerhebung spätestens durch die Herausgabe des PKWs erledigt hat. Die Sicherstellungsmaßnahme war im Zeitpunkt der Klageerhebung auch noch nicht bestandskräftig, da der Verwaltungsakt zwar mit einer Anlage mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen war. Aber nachdem keine der beiden Alternativen (Belehrung für „Maßnahmen gemäß Strafprozessordnung“ oder „Maßnahmen gemäß Polizeiaufgabengesetz“) angekreuzt war, lief gem. § 58 VwGO die Jahresfrist.
b) Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse. Hat sich ein Verwaltungsakt durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern. Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint.
Ein berechtigtes Interesse im Sinne einer Wiederholungsgefahr ist nicht gegeben. Eine Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte, konkrete Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, B.v. 16.10.1989 – 7 B 108.89). Ist dagegen ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (BVerwG, U.v. 25.11.1986 – 1 C 10.86; vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 12.10.2006 – 4 C 12/04 – juris Rn. 8). Gemessen hieran besteht vorliegend keine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr. Dass es noch einmal zu einer solchen Konstellation kommt, ist doch wenig wahrscheinlich.
Ein Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin vorträgt, einen Amtshaftungsprozess vorbereiten zu wollen. Grundsätzlich kann zwar nach einem Anspruchsverlust mit der begehrten Feststellung der bisherige „Ertrag“ des Rechtsstreits für einen angestrebten Amtshaftungs- oder Schadensersatzprozess nutzbar gemacht werden. Das Feststellungsinteresse fehlt aber im Hinblick auf einen Amtshaftungsprozess bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit, z.B. wenn es an einem Schaden fehlt (Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 116). Von einer solchen Aussichtslosigkeit ist im konkreten Fall auszugehen. Es ist ohne ins Einzelne gehende Prüfung erkennbar, dass der behauptete zivilrechtliche Anspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt besteht (s. BVerwG NVwZ 1992, 1092). Die Klägerin kann bereits keinen Schaden geltend machen. Ihr wurde vom Landgericht Augsburg (Az.: …) der Kaufpreis zugesprochen, der ihr objektiv zustand, und von der Beigeladenen gezahlt. Eine Minderung wegen eventueller Standschäden oder sonstigen Wertverlust wurde dabei nicht vorgenommen.
Die Klägerin kann aber jedenfalls ein Rehabilitationsinteresse geltend machen. Mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG besteht ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – BVerwGE 146, 303 = juris Rn. 24 f.). Dies ist vorliegend der Fall. Durch die Sicherstellung des PKWs wird der Eindruck erweckt, als habe sich die Klägerin in einer Weise rechtswidrig verhalten, dass das sofortige Einschreiten der Polizei erforderlich wurde. Die Maßnahme erlangte auch eine gewisse Außenwirkung, da neben der Ehefrau des Geschäftsführers der Klägerin auch der Bevollmächtigte der Beigeladenen und die Rechtsbeistände anwesend waren. Da der PKW vom Hof der Klägerin weggebracht worden ist und somit die Maßnahme im Freien stattfand, ist auch davon auszugehen, dass weitere Dritte von dem Vorfall Kenntnis erlangten. Dieser Makel kann durch eine Feststellung der Rechtswidrigkeit beseitigt werden.
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die von der Polizei getroffene Maßnahme in Gestalt der Sicherstellung war rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Die Voraussetzung für die Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 2 PAG lagen zum damaligen Zeitpunkt bis zur rechtskräftigen Klärung der Eigentumsfrage vor.
a) Zum einen ist bei der Sicherstellung des streitgegenständlichen Mercedes der Aufgabenbereich der Polizei nach Art. 2 Abs. 2 PAG eröffnet. Danach obliegt der Schutz privater Rechte der Polizei nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Es war davon auszugehen, dass es aufgrund der späten Stunde nicht möglich war, zeitgerecht Hilfe durch die Zivilgerichte zu erhalten. Die Überlassung des Fahrzeugs an die Klägerin bzw. an die Beigeladenen hätte die Verwirklichung des auf das Eigentum gestützten Anspruchs der Beigeladenen bzw. der Klägerin wesentlich erschweren und dadurch deren behauptetes Recht beeinträchtigen können. Die Herausgabe vor Klärung der Eigentumsfrage hätte die mögliche Rechtsposition der Beigeladenen erheblich verschlechtern und eventuell faktisch unmöglich machen können (BayVGH, B.v. 11.2.2009 – 10 CE 08.3393 – juris Rn. 14), wenn beispielsweise das Fahrzeug ins Ausland verkauft worden wäre oder der Bevollmächtigte der Beigeladenen mit dem PKW nach Rumänien zurückgefahren wäre. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Bevollmächtigte der Beigeladenen keine ladungsfähige Anschrift im Inland hatte und auch der deutschen Sprache nicht mächtig war. Eine spätere Realisierbarkeit des jeweiligen Anspruchs wäre beiden Beteiligten nur unter erschwerten Umständen möglich gewesen.
b) Es lagen auch die Voraussetzungen für die Sicherstellung des Pkws vor. Nach Art. 25 Nr. 2 PAG kann die Polizei eine Sache sicherstellen, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung einer Sache zu schützen.
Die Klägerin hat jedenfalls nicht vor Ort eindeutig nachweisen können, dass sie Eigentümerin des PKWs ist. Aufgrund der unklaren Situation war zu befürchten, dass entweder der Bevollmächtigte der Beigeladenen mit dem Fahrzeug nach Rumänien fahren oder dass aufgrund der Auslandsbeziehungen der Klägerin diese das Fahrzeug anderweitig ins Ausland verkaufen würde. Die Polizei hat nicht als Schiedsrichter über das „bessere“ Eigentumsrecht aufzutreten. Die Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Frage, wer zivilrechtlich Eigentümer des Mercedes ist, stellte sich als unklar und schwierig dar. Die Klägerin konnte sich auch nicht auf § 1006 BGB berufen. Danach wird zugunsten des (Eigen-)Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache ist. Der Besitzer braucht dann zwar nur den gegenwärtigen Besitz als Tatsachenbasis der Vermutung darzulegen und zu beweisen, nicht aber die den Eigentumserwerb begründende Tatsachen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes bedarf es gewichtiger Indizumstände im konkreten Einzelfall, die geeignet sind, mit dem erforderlichen Grad an Gewissheit die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB zu widerlegen. Dies ist dann der Fall, wenn Indizien oder Erfahrungssätze vorliegen, aufgrund derer „mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit das Eigentum des gegenwärtigen Besitzers weniger wahrscheinlich“ erscheint als das Eigentum eines Dritten bzw. „die vom Besitzer behaupteten Erwerbstatsachen“ konkret widerlegt werden (BayVGH, B.v. 19.11.2010 – 10 ZB 10.1707 – BayVBl 2011, 312 Rn. 11 m.w.N. zur Rspr.).
Im vorliegenden Fall war bereits unklar, wer im Zeitpunkt des Eintreffens der Polizei im Besitz des Autos war. Insoweit sprach für die Klägerin, dass der streitgegenständliche Mercedes auf ihrem Grundstück geparkt war. Die Zulassungspapiere jedoch und auch der Schlüssel waren im Besitz des Bevollmächtigten der Beigeladenen (vgl. Aktenvermerk der Polizei, Bl. 11 der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft). Hinzu kommt entscheidend, dass die Beigeladene in der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) bereits eingetragen war. Dies ist ein Indiz für die Eigentümerstellung dieser Person. Unerheblich ist insoweit, ob die Eintragung mit Wissen und Wollen der Klägerin geschah. Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Bevollmächtigte der Beigeladenen mit einem Mitarbeiter der Klägerin zur Zulassungsstelle fuhr. Nicht relevant ist ebenfalls, ob der Kaufpreis vollständig gezahlt worden ist oder Strafzinsen fällig geworden sind. Gerade die unklare Situation vor Ort mit Verständigungsproblemen, verschiedenen Dokumenten des Bevollmächtigten der Beigeladenen in Rumänisch, gegenseitigen Beschuldigungen und auch das Agieren des Geschäftsführers der Klägerin, der zuerst nur die nicht aktuellen Zulassungspapiere und erst auf Nachfrage der Polizei die Zulassungspapiere, in denen bereits die Beigeladene eingetragen war, herausgab (vgl. Aktenvermerk der Polizei, Bl. 13 der Akte der Staatsanwaltschaft), führten dazu, dass die Eigentumsfrage nicht unmittelbar geklärt werden konnte. Aufgrund dieser Umstände konnte das Eigentumsrecht vielmehr nur nach einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts und der Klärung schwieriger rechtlicher Fragen durch die Zivilgerichte ermittelt werden (BayVGH, B.v. 11.2.2009 – 10 CE 08.3393 – juris Rn. 12). Dies erfolgte mit Urteil des Landgerichts Augsburg (Az.: …) nach einer umfänglichen Beweisaufnahme und nach mehreren Sitzungstagen.
Die Sicherstellung ist auch verhältnismäßig i.S.v. Art. 4 PAG gewesen. Nur die Sicherstellung des Schlüssels oder des Fahrzeugbriefes hätte nicht ausgereicht, da nicht aufgeklärt werden konnte, ob weitere Schlüssel existieren (Bl. 14 der Akte der Staatsanwaltschaft).
3. Mangels Rechtsgrundlage und eines geltend gemachten Schadens kommt auch kein Schadensersatz in Betracht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten mangels Antragstellung und Beteiligung am Prozesskostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO selbst zu tragen.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).