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Foto-Veröffentlichung auf Facebook – außerordentliche Kündigung


Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Az: 17 Sa 2200/13

Urteil vom 11.04.2014


Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.10.2013  – 57 Ca 8720/13 – wird unter Einschluss des zweitinstanzlichen Auflösungsantrags zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie über einen Auflösungsantrag der Beklagten. Die Beklagte wirft der Klägerin u.a. vor, zu Unrecht Fotografien eines Patienten auf ihr privates Facebook-Profil gestellt und kommentiert zu haben.

Die Beklagte, ein kommunaler Krankenhausbetreiber, beschäftigte die am ….1984 geborene Klägerin, die keine Unterhaltspflichten hat, seit dem 01.05.2009 als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin und setzte sie zuletzt auf der Station der Kinder- und Jugendmedizin im Krankenhaus N. gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 2.750,05 EUR ein. Die Klägerin unterzeichnete am 28.04.2009 eine Niederschrift über die Schweigepflicht nach § 9 BAT (Bl. 90 d.A.) sowie eine Niederschrift über die Verpflichtung zur datenschutzrechtlichen Geheimhaltung nach § 5 des Bundesdatenschutzgesetzes (Bl. 93 d.A.); sie erhielt ferner ein „Merkblatt über die Schweigepflicht in der V. GmbH“ (Bl. 91 f. d.A.).

Die Klägerin betreute auf der Kinderintensivstation u.a. den am 03.02.2013 geborenen und am 09.05.2013 verstorbenen G. B., dessen Zwillingsschwester kurz nach der Geburt verstorben war und dessen Mutter sich von ihm losgesagt hatte. Sie veröffentlichte auf der Startseite ihres Facebook-Auftritts u.a. eine Fotografie von sich und G. sowie für alle oder einen Teil ihrer so genannten „Facebook-Freunde“ aufrufbare weitere Fotografien, auf denen G. allein oder gemeinsam mit ihr zu erkennen war. Die weiteren Fotografien waren jedenfalls am 10., 21.04., 09., 20., 21. und 22.05.2013 zu sehen und von der Klägerin teilweise mit „So ist Arbeit doch schön“, „Kuschelstunde – ich freue mich“ und „Rip kleines engelchen, flieg schön mit deiner schwester durch die wolken und sei ein schutzengel für die ganzen anderen pupsis. Du bist ein tapferer kleiner mann, dicken knutscher“ kommentiert worden. Wegen der Einzelheiten der Fotografien wird auf Bl. 94 bis 103 d.A. verwiesen.

Die Beklagte teilte der Klägerin durch Schreiben vom 23.05.2013 (Bl. 104 f. d.A.) mit, es bestehe wegen der genannten Fotografien der dringende Verdacht schwerwiegender Vertragspflichtverletzungen und bat sie, zu einer Anhörung zu erscheinen. Sie stellte die Klägerin mit Schreiben vom 24.05.2013 von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.

Die Klägerin entfernte unmittelbar nach Erhalt des Schreibens vom 23.05.2013 die genannten Fotografien von ihrem Facebook-Auftritt, dessen Namen sie am 28.05.2013 in „Melli Gehtnurmichwasan“ änderte. Sie äußerte in der Anhörung vom 29.05.2013 u.a., es sei ihre Privatsache, „was sie auf Facebook posten würde“.

Die Beklagte kündigte nach Anhörung des Betriebsrats (Bl. 17 ff. d.A.) das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 03.06.2013, das die Klägerin am 04.06.2013 erhielt, außerordentlich sowie mit weiterem Schreiben vom 07.06.2013 fristgemäß.

Mit ihrer der Beklagten am 21.06.2013 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die ausgesprochenen Kündigungen gewandt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat durch ein am 29.10.2013 verkündetes Urteil der Klage entsprochen und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitbefangenen Kündigungen nicht aufgelöst worden ist. Die außerordentliche Kündigung sei weder als Tatkündigung noch als Verdachtskündigung gerechtfertigt. Zwar habe die Klägerin durch die Veröffentlichung der genannten Fotografien auf ihrer Facebook-Seite ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, was an sich einen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung darstelle. Bei einer Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles könne von der Beklagten jedoch erwartet werden, der Klägerin eine Abmahnung zu erteilen und von einer Kündigung abzusehen; die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei deshalb ebenfalls unwirksam. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 25.11.2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.12.2013 eingelegte Berufung der Beklagten, die sie innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet hat.

Die Beklagte hält die streitbefangene außerordentliche Kündigung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin für rechtswirksam; jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise ausgesprochene Kündigung aufgelöst worden. Die Klägerin habe mit der Veröffentlichung der Bilder in schwerwiegender Weise gegen ihre Schweigepflicht verstoßen und die Persönlichkeitsrechte des Patienten verletzt. So seien die Startseite des Facebook-Auftritts der Klägerin von allen Facebook-Nutzern und die übrigen Seiten der Klägerin mit Bildern des Patienten von ca. 170 „Facebook-Freunden“ der Klägerin einsehbar gewesen. Die eingetretene Rechtsverletzung werde durch die Löschung der Bilder nicht entscheidend abgemildert. Zum einen seien die Fotografien über einen Zeitraum von ca. 1,5 Monaten aufrufbar gewesen; zum anderen habe jeder Besucher des Facebook-Auftritts der Klägerin die Möglichkeit gehabt, die Bilder zu kopieren und weiter zu verbreiten. Eine Beschränkung des Nutzerkreises sei letztlich nicht möglich, so dass im Grunde alle Facebook-Nutzer die Bilder hätten einsehen können. Keinesfalls hätten nur Kollegen der Klägerin Zugriff auf die Bilder gehabt, wie die Einblicke durch eine Mitarbeiterin des Herzzentrums Berlin und eine Cousine der Klägerin zeige. Es komme hinzu, dass der Patient durch die Veröffentlichung der Bilder bloßgestellt worden sei. So sei er mit einem Inkubator und mit Versorgungsschläuchen aufgenommen und die Tatsache seines Todes mitgeteilt worden; auch sei der Name des Patienten auf einer Fotografie erkennbar gewesen. Die Schwere der Pflichtverletzung mache eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch ohne vorherige Abmahnung erforderlich. Der Klägerin sei der Inhalt der Schweigepflicht und des Datengeheimnisses durch die erfolgten schriftlichen Unterrichtungen bekannt gewesen; zudem hätten sie Kollegen auf die Missachtung der Schweigepflicht hingewiesen. Die Klägerin habe vor der Veröffentlichung über deren Zulässigkeit nachgedacht. So habe sie auf ihrem Facebook-Auftritt die Frage, ob es schlimm sei, wenn „Sterneneltern“ (Eltern verstorbener Kinder) Bilder ihrer Kinder „posten“ würden, verneint. Die Veröffentlichung der Bilder beruhe daher nicht auf einer bloßen Gedankenlosigkeit. Die Klägerin habe auch keine Einsicht in ihr Fehlverhalten gezeigt, sondern während der Anhörung in Bezug auf die veröffentlichten Bilder des Patienten geäußert, „es sei ihre Privatsache, was sie auf Facebook poste“; auch die Änderung ihres Facebook-Namens in „Melli Gehtnurmichwasan“ sowie die Äußerung zu den „Sterneneltern“ zeige, dass die Klägerin ihr Verhalten letztlich für zulässig halte. Die Klägerin habe das Vertrauen in ihre Redlichkeit endgültig zerstört, was auch auf – näher geschilderte – unrichtige Einlassungen und Schutzbehauptungen in dem vorliegenden Rechtsstreit zurückzuführen sei. Sie – die Beklagte – müsse bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit weiteren Verstößen gegen die Schweigepflicht rechnen; auch sei ihr Ruf durch das vorsätzliche und eigennützige Verhalten der Klägerin beschädigt und sie der Gefahr von Schadensersatzansprüchen ausgesetzt worden. Die Interessen der Klägerin würden bei einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht in erheblicher Weise beeinträchtigt. Sie werde vielmehr angesichts ihrer Ausbildung und ihres Alters schnell eine neue Beschäftigung finden.

Das Arbeitsverhältnis sei jedenfalls gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit der Parteien sei nicht zu erwarten, was sich aus folgenden Umständen ergebe: Die Klägerin habe auf die Fragen, wie sie dazu käme, das in der Anlage B 6 (Bl. 101 d.A.) aufgeführte Bild nebst Kommentar zu veröffentlichen und ob eine Erlaubnis der Eltern vorgelegen habe, entgegnet: „Die Eltern sind der letzte Dreck und kümmern sich einen Scheiß“. Nach der erfolgten Freistellung habe die Klägerin im Hinblick auf die von ihren Kollegen an die Beklagte herangetragenen Pflichtverletzungen über Facebook wissen lassen: „Das feige Schwein wird gesucht“. Zudem habe die Klägerin am 27.05.2013 Drohungen gegen ihre Vorgesetzte Frau M. F. ausgesprochen; die Beklagte bezieht sich insoweit auf ein Gesprächsprotokoll vom 25.03.2014 der Frau F. (B. 386 d.A.).

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.10.2013 – 57 Ca 8720/13 – abzuweisen,

2. das Arbeitsverhältnis für den Fall, dass es durch die ordentliche Kündigung nicht aufgelöst wurde, gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, wobei die Höhe der Abfindung in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch eine Bruttomonatsvergütung nicht übersteigen sollte.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung unter Einschluss des Auflösungsantrags zurückzuweisen.

Die Klägerin hält die ausgesprochenen Kündigungen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens für unwirksam. Es sei ihr nicht bewusst gewesen, dass sie mit der Veröffentlichung der Bilder gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen habe. Sie habe die Pflegschaft für den Patienten beantragen wollen, wozu es bereits vorbereitende Gespräche mit einem Oberarzt und mit Mitarbeitern des Jugendamtes gegeben habe. Mit der Veröffentlichung der Bilder habe sie ihr kollegiales Umfeld davon unterrichten wollen, wie ihre Bemühungen voranschritten; eine Bloßstellung des Patienten habe sie nicht beabsichtigt, sondern sie habe sich auch außerhalb der Arbeitszeit um ihn gekümmert und letztlich zu seinem Wohl gehandelt. Sie habe den Zugriff auf die Bilder auf ihre allerengsten Familienangehörige und Arbeitskollegen begrenzt; ihre weiteren „Facebook- Freunde“ hätten demgegenüber die Bilder nicht einsehen können. Der Name des Patienten sei auf den Bildern nicht erkennbar gewesen; auch habe sie den Ruf der Beklagten durch die Veröffentlichung der Bilder nicht gefährdet. Sie habe akzeptiert, dass die Beklagte ihr Verhalten nicht dulde und deshalb die Bilder unmittelbar nach Erhalt des Anhörungsschreibens gelöscht. Die Beklagte werfe ihr zu Unrecht eine fehlende Einsicht in ihr Fehlverhalten vor. So habe sich ihre Äußerung, es sei ihre Privatsache, was sie auf Facebook poste, nicht auf die Bilder des Patienten, sondern auf andere – näher geschilderte – Umstände bezogen. Die Änderung ihres Facebook-Namens sei erfolgt, damit ihr Onkel sie nicht auf Facebook finden könne und stehe mit dem Kündigungsgeschehen nicht in Zusammenhang; ihre Äußerung zu „Sterneneltern“ sei ohne Belang. Mit einem erneuten Fehlverhalten der vorgeworfenen Art müsse die Beklagte nicht rechnen. Es könne von ihr daher erwartet werden, das Arbeitsverhältnis nach Ausspruch einer Abmahnung fortzusetzen.

Den Auflösungsantrag hält die Klägerin für unbegründet. Sie habe sich nicht in der ihr vorgeworfenen Weise geäußert und ihre Vorgesetzte Frau F. auch nicht bedroht.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 10.02., 14.03., 02.04. und 10.04.2014 nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 03.06.2013 noch durch die ordentliche Kündigung vom 07.06.2013 aufgelöst worden ist. Der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet.

Die außerordentliche Kündigung vom 03.06.2014 ist rechtsunwirksam, weil für sie ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nicht vorliegt.

1. Das Arbeitsverhältnis kann gemäß § 626 Abs. 1 BGB aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht. Es ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Dabei ist der Einzelfall unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu bewerten, wobei regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf zu berücksichtigen sind. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber mildere Reaktionsmöglichkeiten wie insbesondere eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung unzumutbar sind (vgl. BAG, Urteil vom 25.10.2012 – 2 AZR 495/11 – AP Nr. 239 zu § 626 BGB, m.w.N. in ständiger Rechtsprechung).

2. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Eine außerordentliche (oder ordentliche) Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzt deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Diese ist nur dann nicht erforderlich, wenn bereits von vornherein erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Umständen unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 – NZA 2014, 250 ff.; Urteil vom 25.10.2012 – 2 AZR 945/11 – a.a.O., m.w.N.).

3. Schließlich kann auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Pflichtverletzung tatsächlich begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine auf ihn gestützte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich der Verdacht auf objektive Tatsachen gründet, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (BAG, Urteil vom 20.06.2013 – 2 AZR 546/12 – NZA 2014, 143 ff., m.w.N. in ständiger Rechtsprechung).

Die Beklagte kann ihre außerordentliche Kündigung vom 03.06.2013 bei Anwendung dieser Grundsätze nicht auf einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB stützen.

  1. Die Klägerin hat mit der Veröffentlichung und der Bilder des Patienten G. B. in ihrem Facebook-Auftritt ihre Schweigepflicht als medizinische Mitarbeiterin der Beklagten verletzt. Sie war sowohl arbeitsvertraglich als auch nach § 203 StGB, § 5 BDSG gesetzlich verpflichtet, die Behandlung des Patienten sowie deren nähere Umstände geheim zu halten. Die Klägerin hatte keine Genehmigung zur Veröffentlichung der Bilder; dass sie nach ihrem Vorbringen die Pflegschaft für den Patienten übernehmen wollte, berechtigte sie nicht dazu, Fotografien des Patienten anderen Personen zugänglich zu machen. Eine ungenehmigte Verbreitung von Patientenbildern in einem sozialen Netzwerk wie Facebook  stellt einen erheblichen Verstoß gegen die Schweigepflicht dar. Durch sie können die Persönlichkeitsrechte des betroffenen Patienten schwerwiegend verletzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass letztlich der Personenkreis, der Zugang zu den unerlaubt veröffentlichten Bildern erhalten kann, nicht zu begrenzen ist. Denn selbst wenn der Zugriff auf die Bilder zunächst nur bestimmten Nutzern erlaubt wird, besteht doch keinerlei Möglichkeit, einer weiteren Verbreitung der Bilder durch diese Nutzer entgegen zu wirken. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung, die bereits in der unberechtigten Weitergabe eines Patientenbildes liegt, kann deshalb bei einer Veröffentlichung auf Facebook im Grunde nicht zuverlässig eingegrenzt werden. Ein derartiges Verhalten ist deshalb „an sich“ ohne weiteres geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen.

Soweit die Beklagte demgegenüber geltend macht, sie habe kein Vertrauen mehr in die Klägerin, stellt dies für sich genommen keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar. Entscheidend ist insoweit allein, ob ein – einmal angenommener – Vertrauensverlust aufgrund objektiver Umstände gerechtfertigt ist und ob deshalb dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Ein fehlendes Vertrauen des Arbeitgebers zu dem Arbeitnehmer kann mit anderen Worten nur dann zu einer außerordentlichen Kündigung führen, wenn Gründe für den Vertrauensverlust vorliegen und diese den Arbeitgeber zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigen.

2. Das Verhalten der Klägerin stellt angesichts der besonderen Umstände des Falles keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Es ist der Beklagten vielmehr aus folgenden Gründen zuzumuten, der Klägerin wegen der Veröffentlichung der Bilder eine Abmahnung zu erteilen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen:

a) Auch wenn die Pflichtverletzung der Klägerin nicht verharmlost werden soll, hat die Veröffentlichung der Bilder des Patienten doch zu keiner schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung geführt. Die Bilder zeigen ein Kind in sehr jungem Alter, dessen Gesichtszüge wenig ausgeprägt sind und die sich – wenn der Patient nicht verstorben wäre – sehr bald verändert hätten. Der Patient war auf den Bildern nicht zu individualisieren, er konnte durch einen Betrachter nur dann erkannt werden, wenn er ihm ohnehin bekannt war. Dass auf einem Bild der Vorname des Patienten zu erkennen war, ändert hieran nichts Wesentliches; denn auch mit dieser Namensnennung war eine nähere Individualisierung nicht möglich. Der Patient wurde auf den Bildern ferner nicht verächtlich gemacht oder in sonstiger Weise herabgewürdigt. Zwar erfährt der Betrachter, dass der Patient schwer erkrankt war und schließlich gestorben ist. Die Kommentare der Klägerin zu den Bildern waren jedoch geeignet, den Betrachter für den Patienten einzunehmen und Mitleid für ihn zu wecken; keinesfalls konnte sich ein Betrachter durch die Bilder angeregt fühlen, sich über den Patienten lustig zu machen oder sonstige negative Gefühle zu entwickeln. Auch wenn auch derart positiv besetzte Bilder natürlich nicht ohne Genehmigung veröffentlich werden dürfen, kann die Art der Aufnahmen bei der Bewertung der Pflichtverletzung der Klägerin nicht außer Betracht bleiben.

b) Die Klägerin hat nach der Überzeugung der Berufungskammer mit der Veröffentlichung der Bilder keine unlauteren Ziele verfolgt. Sie hatte – was sich insbesondere aus den Kommentaren zu den Bildern ergibt – ganz offensichtlich eine emotionale Bindung zu dem Patienten aufgebaut, der sie Ausdruck verliehen hat. Ob die Klägerin mit der Veröffentlichung der Bilder darüber hinaus tatsächlich ihr kollegiales Umfeld darüber unterrichten wollte, wie ihre Bemühungen um eine Pflegschaft für den Patienten voranschritten, ist demgegenüber durchaus zweifelhaft. Denn keine der Bilder enthalten einen Bezug zu dieser – einmal unterstellten – Absicht der Klägerin; zudem kam eine Pflegschaft nach dem Tod des Patienten, über den die Betrachter ebenfalls unterrichtet wurden, nicht mehr in Betracht. Die Veröffentlichung der Bilder dürfte daher eher dazu gedient haben, im Allgemeinen über den Kontakt mit dem Patienten zu informieren, ohne dass jedoch eine dies- bezügliche negative Intention der Klägerin festzustellen ist.

c) Die Persönlichkeitsrechte des Patienten werden durch den Facebook- Auftritt der Klägerin nicht mehr verletzt, nachdem die Aufnahmen dort nicht mehr enthalten sind; ob und inwieweit der Persönlichkeitsrechtsschutz nach einem Tod des Betroffenen ändert, kann dabei dahinstehen. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass eine weitere Veröffentlichung der Bilder durch Dritte nicht ausgeschlossen ist. Denn jeder Besucher des Facebook-Auftritts der Klägerin konnte bis zum Löschen der Bilder zumindest das auf der Startseite vorhandene Bild des Patienten einsehen, kopieren und weiter verwenden. Die weiteren Bilder des Patienten waren dem vorgesehenen Nutzerkreis, der – was zugunsten der Beklagten unterstellt werden kann – aus allen ca. 170 Facebook-Freunden der Klägerin bestanden haben mag, zugänglich und konnten insoweit ebenfalls durch Dritte genutzt werden. Es ist jedoch nach Einschätzung der Berufungskammer wenig wahrscheinlich, dass die Bilder noch weiter verbreitet werden. Die Aufnahmen weisen einen besonderen Bezug zur Klägerin auf und sind für sich genommen wenig aussagekräftig. Mit der Löschung der Bilder war deshalb die wesentliche Gefahr für eine weitere Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Patienten beseitigt.

d) Die Beklagte musste aufgrund der Veröffentlichung der Bilder weder mit einer Rufschädigung noch mit Schadensersatzansprüchen rechnen. Auf den Bildern ist nicht erkennbar, dass der Patient bei der Beklagten behandelt wurde. Auch konnte keiner der Betrachter darauf schließen, dass die Aufnahmen unberechtigt gemacht und veröffentlich wurden und dass die Beklagte ein derartiges Verhalten billigt. Schließlich trägt die Beklagte in keiner Weise Verantwortung für die Veröffentlichung der Bilder und kann deshalb insoweit auch nicht haftbar gemacht werden.

e) Die Beklagte musste nicht damit rechnen, dass die Klägerin bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und nach Erhalt einer Abmahnung erneut zu Unrecht Bilder von Patienten bei Facebook veröffentlichen werde. Die Berufungskammer teilt dabei nicht die Auffassung der Beklagten, die Klägerin halte ihr Verhalten letztlich weiterhin für zulässig und könne durch eine Abmahnung nicht zuverlässig von weiteren Veröffentlichungen abgehalten werden. Die Klägerin hat die Bilder des Patienten noch vor der Anhörung durch die Beklagte von ihrem Facebook-Auftritt entfernt und damit unmittelbar nach den ersten Vorhaltungen durch die Beklagte das ihr Mögliche getan, um den von ihr verursachten rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Auch wenn die Klägerin möglicherweise vor der Veröffentlichung der Bilder über die Bedeutung ihrer Schweigepflicht reflektiert und gleichwohl von der Veröffentlichung nicht Abstand genommen hat, bedeutet dies nicht, dass sie nach der Erteilung einer Abmahnung ihre Schweigepflicht zukünftig nicht beachten werde. Denn mit der Abmahnung werden dem Arbeitnehmer die Vertragswidrigkeit seines Handelns und die möglichen Auswirkungen auf den Inhalt oder Bestand des Arbeitsverhältnisses noch einmal deutlich vor Augen geführt. Dass eine derartige Abmahnung nicht zur Änderung eines steuerbaren Verhaltens wie der erfolgten Veröffentlichung der Bilder führen kann, ist – wie ausgeführt – nur bei Vorliegen besonderer Umstände anzunehmen, die im vorliegenden Fall fehlen. So kann sich die Beklagte insbesondere nicht darauf berufen, die Klägerin habe bei ihrer Anhörung zum Ausdruck gebracht, „es sei ihre Sache, was sie bei Facebook poste“. Selbst wenn sich dieses auf die Bilder des Patienten bezog, rechtfertigte diese Äußerung doch nur die Annahme, dass die Klägerin während des Anhörungsgesprächs noch nicht von der Unzulässigkeit ihres Verhaltens überzeugt war; dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Abmahnung zu keiner Sinnesänderung bei der Klägerin führen konnte. Gleiches gilt für die Änderung des Facebook-Namens der Klägerin in „Melli Gehtnurmichwasan“, die vor der Anhörung am 29.05.2013 erfolgte. Auch die Äußerung der Klägerin, es sei nicht schlimm, wenn Eltern die Bilder ihrer verstorbenen Kinder auf Facebook veröffentlichen würden, bedeutet in keiner Weise, dass sie eine Abmahnung unbeachtet und weiterhin unter Verstoß gegen ihre Schweigepflicht selbst Bilder von Patienten veröffentlichen würde. Denn das zu beanstandende Verhalten der Klägerin ist in keiner Weise mit dem Verhalten der genannten Eltern zu vergleichen. Schließlich ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin bereits vor dem Kündigungsgeschehen ihrer Schweigepflicht nicht genügt hat oder auf sonstige Weise zu erkennen gegeben hat, sie werde sich ohnehin an diese Pflicht nicht halten. Nach alledem geht die Berufungskammer davon aus, dass es sich bei der streitigen Veröffentlichung der Bilder um einen einmaligen Vorgang handelt, der sich aus der besonderen emotionalen Bindung der Klägerin zu dem Patienten erklärt und keinen Anlass zu der Annahme bietet, die Klägerin werde ohnehin weiterhin ihre Schweigepflicht verletzen; ihm kann grundsätzlich mit dem Ausspruch einer Abmahnung begegnet werden.

f) Eine Abmahnung ist auch nicht wegen der besonderen Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich. Es handelt sich nicht um ein Verhalten, bei dem von der Beklagten unter keinen Umständen erwartet werden kann, dass sie es ohne Ausspruch einer Kündigung hinnimmt. Die Veröffentlichung der Bilder erfolgte im Hinblick auf eine besondere Beziehung der Klägerin zu dem Patienten, ohne dass es zu einer schwerwiegenden Verletzung der Persönlichkeitsrechte oder zu einer Beeinträchtigung der Belange der Beklagten gekommen ist. Die Klägerin hat ferner die Bilder unmittelbar nach den ersten Vorhaltungen seitens der Beklagten gelöscht. Bei dieser Sachlage war es nicht offensichtlich und für die Klägerin erkennbar, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte objektiv ausgeschlossen ist.

g) Die außerordentliche Kündigung erweist sich auch nicht deshalb als gerechtfertigt, weil das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Kündigung erst ca. vier Jahre bestand und die Klägerin angesichts ihres Alters und ihrer Ausbildung vermutlich wenig Mühe hätte, eine neue Beschäftigung zu finden. Zwar fallen diese Umstände nicht zugunsten der Klägerin ins Gewicht, d.h., die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, sie verliere bei einer Kündigung ein besonders lang bestehendes Arbeitsverhältnis und werde nur unter Schwierigkeiten ein neues Arbeitsverhältnis begründen können. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bei der Gesamtwürdigung aller übrigen Umstände von der Beklagten erwartet werden kann, die Veröffentlichung der Bilder nicht zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung zu nehmen. Soweit die Beklagte auf widersprüchlichen Sachvortrag der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit hinweist, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Unabhängig von der Frage, ob und in welcher Weise ein derartiges prozessuales Verhalten nach Ausspruch der Kündigung im Kündigungsschutzprozess Berücksichtigung finden kann, ist zu erwarten, dass sowohl das Kündigungsgeschehen als auch das Prozessverhalten der Klägerin bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zunehmend an Bedeutung verlieren wird; eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nach alledem nicht geboten.

3. Die Beklagte kann die streitbefangene außerordentliche Kündigung auch nicht mit Erfolg darauf stützen, gegen die Klägerin bestehe ein dringender Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung. Zum einen ist nicht umstritten, dass die Klägerin für das Kündigungsgeschehen verantwortlich ist, so dass von einem bloßen Verdacht gegen die Klägerin nicht die Rede sein kann. Zum anderen stellt im vorliegenden Fall – wie ausgeführt – selbst der Tatvorwurf keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar; dies gilt erst recht für einen gegen die Klägerin gerichteten Verdacht der Pflichtverletzung. Von der Beklagten kann auch insoweit verlangt werden, von dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung abzusehen und das Arbeitsverhältnis nach Ausspruch einer Abmahnung fortzusetzen.

Die ordentliche Kündigung vom 07.06.2013 ist sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG. Sie ist nicht durch Gründe bedingt, die in dem Verhalten der Klägerin liegen. Von der Beklagten konnte erwartet werden, das Verhalten bzw. den gegenüber der Klägerin bestehenden Verdacht einer Pflichtverletzung zum Anlass für eine Abmahnung zu nehmen; die gleichwohl ausgesprochene ordentliche Kündigung ist unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam. Wegen der Einzelheiten kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

Der nach § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG noch in der Berufungsinstanz statthafte Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet.

Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist, ist es auf Antrag des Arbeitgebers durch das Gericht gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen, wenn eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zu erwarten ist, § 9 Abs. 1 Satz 1, 2 KSchG. Hierfür kommt es maßgebend auf die Umstände in der letzten mündlichen Verhandlung der jeweiligen Tatsacheninstanz an. Da das Kündigungsschutzgesetz nach seiner Konzeption jedoch ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz ist, ist die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei bestehender Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise möglich. An die Auflösungsgründe sind deshalb strenge Anforderungen zu stellen. Es kann sich um Umstände handeln, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit gefährdet ist (BAG, Urteil vom 24.11.2011 – 2 AZR 429/10 – NZA 2012, 610; Urteil vom 29.08.2013 – 2 AZR 419/12 – juris, jeweils m.w.N.). Der Arbeitgeber hat die tatsächlichen Voraussetzungen seines Auflösungsantrags vorzutragen und ggf. zu beweisen (BAG, Urteil vom 30.09.1976 – 2 AZR 402/75 – AP Nr. 3 zu § 9 KSchG 1969).

Der Auflösungsantrag der Beklagten hat bei Anwendung dieser Grundsätze keinen Erfolg. Das Vorbringen der Beklagten rechtfertigt nicht den Schluss, es könne eine den Betriebszwecken gedeihliche Zusammenarbeit mit der Klägerin nicht erwartet werden.

1. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer waren seit den Kündigungsvorfällen gut zehn Monate vergangen, ohne dass es in der Zwischenzeit zu einer Beschäftigung der Klägerin und zu weiteren Belastungen des Arbeitsverhältnisses gekommen war. Das Kündigungs- geschehen selbst steht – wie ausgeführt – einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht entgegen.

2. Soweit die Beklagte ihren Auflösungsantrag auf die Äußerung der Klägerin stützt, die „Eltern (des Patienten) seien der letzte Dreck und kümmern sich einen Scheiß“, ist schon nicht erkennbar, wieso dies das Verhältnis der Parteien beeinträchtigen soll. Zudem ist festzustellen, dass sich die Mutter von dem Patienten unmittelbar nach der Geburt losgesagt hatte und der Vater des Patienten offenbar überhaupt nicht in Erscheinung getreten war. Eine abfällige Bemerkung über die Eltern war bei dieser Sachlage zumindest nachvollziehbar.

3. Die behauptete Äußerung der Klägerin auf ihrem Facebook-Auftritt, „das feige Schwein wird gesucht“, kann eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls nicht rechtfertigen. Aus dem beigefügten Gedächtnisprotokoll der Zeugin Sch. lässt sich schon nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit schließen, dass dieser Eintrag wegen der Freistellung der Klägerin erfolgte und sich auf ihre Kollegen bezog. Doch selbst wenn man zugunsten der Beklagten annehmen wollte, die Klägerin habe sich aus dem Kollegenkreis heraus verraten gefühlt und sich deshalb in der genannten Weise geäußert, stellt dies keinen Auflösungsgrund nach § 9 Abs. 1 KSchG dar. Es handelt sich dann zunächst nur um eine – wenn auch drastisch formulierte – Unmutsäußerung über einen Kollegen oder eine Kollegin dar, der oder die die Veröffentlichung der Bilder zur Kenntnis der Beklagten gab. Die im Zusammenhang mit dem Kündigungsgeschehen erfolgte Äußerung führte jedoch offenbar zu keinen weiteren Handlungen der Klägerin. So hat die Beklagte nicht angegeben, dass es zu irgendwelchen Nachforschungen der Klägerin kam, mit denen sie den Informanten der Beklagten ausfindig machen wollte. Vor allem ist nicht erkennbar, dass die Äußerung noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat. Es bleibt vielmehr möglich, dass bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch die – einmal unterstellte – Verärgerung der Klägerin über das Verhalten der Kollegen abgeklungen ist oder abklingen wird und auf längere Sicht die kollegiale Zusammenarbeit nicht erheblich beeinträchtigt.

4. Was die behauptete Drohung der Klägerin gegen ihre Vorgesetzte Frau M. F. angeht, führt auch dieses Vorbringen der Beklagten nicht zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Dabei steht außer Zweifel, dass Drohungen des Arbeitnehmers gegenüber Vorgesetzen oder Kollegen geeignet sind, das Verhältnis zu den übrigen Arbeitnehmern des Betriebs erheblich zu belasten; ein derartiges Verhalten kann deshalb grundsätzlich auch zur gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen. Im vorliegenden Fall sind die Angaben der Frau F. in ihrem Gedächtnisprotokoll jedoch derart ungenau, dass auf sie ein Auflösungsantrag der Beklagten nicht mit Erfolg gestützt werden kann. Weder wurde die Mitarbeiterin genannt, der gegenüber die angebliche Drohung ausgesprochen worden sein soll, noch wurde der Inhalt bzw. der Wortlaut dieser Drohung näher geschildert. Auch die Angabe, die – nicht genannte – Mitarbeiterin habe Frau F. warnen wollen, weil sie wisse, in welchen Kreisen die Klägerin verkehre, sie habe Angst um Frau F., ist nicht geeignet, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zu begründen. So bleibt unklar, welche „Kreise“ gemeint sind und aus welchen Gründen die geäußerte Befürchtung gerechtfertigt sein soll. Vor allem ist auch in Bezug auf die behauptete Drohung gegenüber Frau F. nicht erkennbar, dass sie noch Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat und einer zukünftigen gedeihlichen Zusammenarbeit der Parteien entgegensteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.


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