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Die Frankfurter Tabelle mit Anmerkungen


von RA Dr. Christian Kotz


I. Einführung:

1. Wenn Sie Ansprüche gegen den Reiseveranstalter geltend machen wollen, muss ein Reisemangel vorliegen. Hierzu enthält § 651c Absatz 1 BGB eine Regelung:

“Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen (= allgemein erwarteten) oder nach dem Vertrage vorausgesetzten (= einzelvertraglich vereinbarten) Nutzen aufheben oder mindern.” Weicht die Reise hiervon ab, spricht man von einem (Reise-)Mangel. Dabei kommt es immer darauf an, ob die Reise insgesamt mangelhaft ist. Dies kann schon der Fall sein, wenn einzelne Reiseleistungen Mängel aufweisen. Ob eine Reise mangelhaft ist, zeigt der Vergleich der Leistungen, die der Veranstalter der Reise nach dem Reisevertrag schuldet mit den tatsächlich von ihm erbrachten Leistungen.

2. Von Reisemängeln zu unterscheiden sind bloße Unannehmlichkeiten, die der Reisende unter Umständen hinzunehmen hat. Unannehmlichkeiten stellen zum Beispiel unvermeidliche Begleiterscheinungen des Massentourismus (z.B. überfüllte Hotels, Lokale und Strände in der Hochsaison) oder landestypische Verhältnisse am Urlaubsort (z.B. andere Hygienevorstellungen) dar.
3. In einer fast unüberschaubaren Fülle von Entscheidungen haben sich die Gerichte bisher zu der Frage geäußert, ob in Einzelfällen Reisemängel vorliegen. Da die Werte, um die zwischen Veranstaltern und Reisenden prozessiert wird, die Grenze von 5.000 € selten übersteigen, werden die meisten Prozesse vor den Amtsgerichten und im Berufungsfall vor den Landgerichten (Eingangsstreitwert 5.000,01 Euro) ausgetragen. Dies hat leider zur Folge, dass es eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch ober-instanzliche Urteile kaum gibt und daher immer der Einzelfall genau zu betrachten ist.

4. a. Wenn ein Reisemangel auftritt, muss der Reisende, bevor er sonstige Ansprüche, z.B. Minderung des Reisepreises geltend machen kann, zunächst vom Reiseveranstalter gem. § 651c BGB Abhilfe, also Beseitigung des Mangels verlangen. Der Veranstalter ist gem. § 7 InfVO verpflichtet, das Abhilfeverlangen entgegen zu nehmen, dafür geeignete Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen und diese dem Reisenden rechtzeitig vor Reisebeginn mitzuteilen.

Ansprechpartner sind in der Regel: die örtliche Reiseleitung, die Zentrale des Veranstalters oder eine sonstige vom Veranstalter benannte Kontaktstelle. Ist keine dieser Stellen so rechtzeitig erreichbar, dass der Mangel behoben werden kann, kann Abhilfe auch vom jeweiligen Hotel etc., bzw. dessen Vertretern verlangt werden.

b. Eine bestimmte Form für das Abhilfeverlangen, etwa eine Schriftform, schreibt § 651 c BGB nicht vor. Sie kann auch vom jeweiligen Veranstalter nicht verlangt werden. Es ist aber trotzdem ratsam, das Abhilfeverlangen schriftlich, zumindest aber unter Zeugen zu stellen, weil der Reisende dafür, dass er Abhilfe verlangt hat, später im Prozess oder bei Verhandlungen mit dem Reiseveranstalter hierfür beweispflichtig ist.

c. Der Reisende sollte dem Veranstalter, bzw. dessen Vertretern für die Beseitigung des Mangels eine angemessene Frist setzen. Denn davon hängt das Recht des Reisenden ab, nach ergebnislosem Fristablauf den Mangel selbst zu beseitigen bzw. beseitigen zu lassen oder den Reisevertrag zu kündigen. Die dem Veranstalter gesetzte Frist muss angemessen sein, sie muss ihm mithin die realistische Möglichkeit zu einer Abhilfe geben. Wie lang die Frist sein muss, richtet sich deshalb nach dem jeweiligen Einzelfall.

d. Wenn die Reise im Sinne des § 651c Abs. 1 BGB mangelhaft ist, mindert sich der Reisepreis für die Dauer des Mangels nach § 638 Abs. 3 BGB. Die Minderung erfolgt in der Weise, dass der Wert der mangelhaften Reise ins Verhältnis zu einer mangelfreien Reise gesetzt wird. Hieraus erfolgt die Höhe der Minderung. In der Regel wird die Höhe der Minderung aber durch den Richter gem. § 638 Abs. 3 S. 2 BGB geschätzt.

II. Die Frankfurter Tabelle:

Da im Raum Frankfurt am Main sehr viele deutsche Reiseunternehmen ihren Hauptsitz haben, muss sich das Landgericht Frankfurt sehr häufig mit Streitigkeiten aus dem Reiserecht auseinandersetzen. Es hat daher zur Vereinfachung und Vereinheitlichung die sog. „Frankfurter Tabelle“ entwickelt. Diese wird vom LG Frankfurt bei Streitigkeiten aus dem Reiserecht zur Berechnung von Reisepreisminderungen angewendet. Diese Tabelle bindet andere Gerichte in der BRD jedoch nicht. Trotzdem kann die Tabelle als eine Art Leitlinie angesehen werden, da sich die meisten anderen Gerichte in Deutschland über diese Tabelle Anregungen und Anhaltspunkte holen.

III. Wie ist die „Frankfurter Tabelle“ zu benutzen?

Folgende Punkte müssen bei der Berechnung des Minderungsbetrages beachtet werden:

1. Geringfügige Beeinträchtigungen bleiben außer Betracht!

2. Die Höhe des Prozentsatzes richtet sich bei Rahmensätzen nach der Intensität der Beeinträchtigung. Diese ist in der Regel unabhängig von den Eigenschaften des einzelnen Reisenden (Alter, Geschlecht, besondere Empfindlichkeit, besondere Unempfindlichkeit).

a. Bei besonderen Umständen eines Reisenden, die dem Reiseveranstalter bei Buchung bekannt waren, kann bei erheblicher Beeinträchtigung der einzelne Höchstsatz um 50% steigen.

b. Bei Mängeln der Gruppe IV entfällt eine Minderung, wenn eine Beeinträchtigung für den Reisenden offenkundig oder nachweisbar nicht gegeben war.

3. Der Prozentsatz wird grundsätzlich vom Gesamtreisepreis (also auch Transportkosten) erhoben.

a. Soweit Beeinträchtigungen während der Reisedauer nur zeitweilig auftreten, wird Minderung nur auf den entsprechenden Anteil angewandt. Gleiches gilt, wenn die Gewährleistungspflicht des Reiseveranstalters wegen schuldhaft unterlassener Anzeige des Mangels (§ 651 d Abs. 2 BGB) oder wegen Nichtannahme eines zumutbaren Ersatzangebots entfällt.

b. Bei kleineren Mängel bis höchstens l0% kann der Prozentsatz auf den Aufenthaltspreis angesetzt werden, wenn durch die Mängel der Reiseablauf nicht wesentlich verändert wurde.

c. Bei zusammengesetzten Reisen, von denen mindestens ein Reiseteil getrennt gebucht werden kann, ist die Minderung in der Regel aus dem Preis für den Reiseteil zu berechnen, auf den die Mängel entfallen.

4. a. Bei Vorliegen mehrerer Mängelpositionen werden die Prozentsätze addiert.

Ist Gegenstand des Vertrages die Unterkunft und Vollpension, so gelten folgende Gesamtprozentsätze für eine Leistungsgruppe als Obergrenze: Gruppe I (Unterkunft) 50%; Gruppe II (Verpflegung) 50%; Gruppe III (Transport) 20%; Gruppe IV (Sonstiges) 30%.
b. Ist Gegenstand des Vertrages die Unterkunft und Halbpension, erhöhen sich die Sätze der Gruppe I um 25% und vermindern sich die Sätze der Gruppe II um 25%. Dabei dürfen folgende Gesamtprozentsätze innerhalb einer Leistungsgruppe nicht überschritten werden: Gruppe I (Unterkunft) 62,5% ; Gruppe II (Verpflegung) 37,5%; Gruppe III (Transport) 20%; Gruppe IV (Sonstiges) 30%.
c. Ist Gegenstand des Vertrages die Unterkunft mit Frühstück, so erhöhen sich die Sätze der Gruppe I um 66,6% und vermindern sich die Sätze der Gruppe II um 66,6%. Dabei dürfen folgende Gesamtprozentsätze innerhalb einer Leistungsgruppe nicht überschritten werden: Gruppe I (Unterkunft) 83,3%; Gruppe II (Verpflegung) l6,7%; Gruppe III (Transport) 20%; Gruppe IV (Sonstiges) 30%.
d. Ist Gegenstand des Vertrages nur die Unterkunft so erhöhen sich die Sätze der Gruppe I um 100%; im Einzelfall kann der Gesamtprozentsatz der Gruppe I bis 100% gehen. Für die Gruppe III verbleibt es beim Gesamtprozentsatz von 20%, für die Gruppe IV beim Gesamtprozentsatz von 30%.

5. Ist die Reise in ihrer Gesamtheit durch Mängel einzelner Reiseleistungen oder durch Pflichtverletzungen des Reiseveranstalters schuldhaft erheblich beeinträchtigt worden, so können die Minderungssätze bis zum vollen Reisepreis steigen (§ 651 f Abs. 2 BGB).

6. Sonstiges:

Eine Kündigung nach § 651 e Abs. 1 BGB kommt nur in Betracht, wenn Mängel von mindestens 20% vorliegen. Hierbei ist bei einer Kündigung nach Fristsetzung (§ 651 e Abs. 2 S. 1 BGB) auf die nicht fristgerecht behobenen Mängel, bei einer sofortigen Kündigung (§ 651 e Abs. 2 S. 2 BGB) auf die bei Abgabe der Kündigungserklärung vorliegenden Mängel abzustellen. § 651 e Abs. 2 BGB in Form eines Ersatzurlaub kommt in der Regel nur in Betracht, wenn nicht fristgerecht behobene Mängel mit einem Gesamtgewicht von mindestens 50% vorliegen.

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