Zusammenfassung:
Bei einem Freundschaftsspiel der Alten Herren kam es zu einer erheblichen Verletzung eines Spielers, nachdem dieser zuvor von einem Gegenspieler am Kopf getroffen worden war. Das Oberlandesgericht Koblenz setzte sich nach dem Hinweisbeschluss vom 17.07.2015 mit der Sach- und Rechtslage auseinander und hielt an seiner Auffassung fest, dass ein den Schmerzensgeldanspruch auslösendes Verhalten nicht erwiesen sei. Aus diesem Grunde wies es die Berufung zurück.
Oberlandesgericht Koblenz
Az: 3 U 382/15
Beschluss vom 10.09.2015
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Trier vom 3. März 2015 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das vorbezeichnete Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Senat hat gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Hinweisbeschluss vom 17. Juli 2015 (Bl. 132 ff GA) darauf hingewiesen, dass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Auch sind die offensichtlichen Erfolgsaussichten der Berufung verneint worden. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss Bezug.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 31. August 2015 der Zurückweisung der Berufung in Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO widersprochen. Er macht geltend, entgegen der Auffassung des Senats liege ein die Haftung rechtfertigendes brutales Spiel des Beklagten vor, weil er mit dem Fuß „nach oben gezogen sei“ und eine Kopfverletzung des Klägers dadurch zumindest billigend in Kauf genommen habe. Bei der Beurteilung sei danach zu differenzieren, für welches Körperteil Gefahr drohe. Bei Tritten in Richtung des Kopfes seien an das Fairnessgebot und an die erforderliche Sorgfalt höhere Anforderungen zu stellen. Diese Differenzierung habe weder das Landgericht noch der Senat vorgenommen. Da eine obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage nicht vorliege, sei die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung und erfordere eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Der Senat habe bei der Beurteilung des Beweiswertes der Zeugenaussagen …[D] und …[C] außer Acht gelassen, dass diese nachweislich fehlerhafte Angaben gemacht hätten, was den Beweiswert ihrer Aussagen mindere.
II.
Nach nochmaliger eingehender Prüfung rechtfertigt das Berufungsvorbringen des Klägers aus den fortgeltenden Gründen des Hinweisbeschlusses vom 17. Juli 2015 keine abweichende und für ihn günstigere Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
1. Der Senat bleibt dabei, dass er aufgrund der unterschiedlichen Zeugenaussagen und Einlassungen der Parteien nicht die Überzeugung hat gewinnen können, der Beklagte sei übertrieben hart in den Zweikampf gegangen ist und habe die Verletzung des Klägers billigend in Kauf genommen. Der Umstand, dass der Beklagte bei dem Bemühen, den Ball zuerst zu erreichen, mit dem „Fuß nach oben gezogen ist“, belegt für sich noch keine übertriebene Härte unter billigender Inkaufnahme einer Verletzung des Klägers. Auch ein besonnener und gewissenhafter Fußballspieler muss sein Spiel nicht unter allen Umständen danach ausrichten, den körperlichen Kontakt mit anderen Spielern zu vermeiden. Gerade in der streitigen Situation, im intensiven Kampf um den Ball, war ein beiderseitiger körperlicher Kontakt naheliegend. Hinzu kommt, dass dem Beklagten nicht zu widerlegen ist, dass sein Angriff dem Ball galt und der Kläger den Ball in Brusthöhe köpfte, d. h. mit dem Kopf tiefer war, als bei einem Kopfball üblich.
2. Dem Kläger ist zuzugeben, dass es wegen des Gefährdungspotentials einen Unterschied macht, ob ein Tritt in Richtung des Kopfes oder eines anderen, „weniger empfindliches“ Körperteil geführt wird und im erstgenannten Fall höhere Anforderungen an das Fairnessgebot und an die erforderliche Sorgfalt zu stellen sind. Für die Annahme eines die Haftung auslösenden Verhaltens muss das Gericht aber im Einzelfall davon überzeugt sein, dass die Grenze zur Unfairness überschritten ist. Diese Überzeugung hat der Senat im Streitfall aber nicht gewinnen können. Auf die Ausführungen in dem Hinweisbeschluss wird Bezug genommen. Es gibt Regelverstöße, die bei der Schnelligkeit der zu treffenden Entscheidung „im Eifer des Gefechtes“ auch einem gewissenhaften und umsichtigen Spieler unterlaufen können, ohne dass damit ohne weiteres ein die Haftung auslösender Verschuldensvorwurf begründet wird (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 27. Mai 2010 – 19 U 32/10 – juris zu der Kopfverletzung eines Torwarts).
3. Der Beweiswert der Aussagen der Zeugen …[D] und …[C] ist gegenüber denjenigen der Zeugen …[A] und …[B] nicht ohne weiteres deshalb geringer, weil sie sich an eine Spielunterbrechung und einen Strafstoß nicht erinnert haben. Es liegt in der Natur menschlichen Erinnerungsvermögens, dass nach einem Zeitablauf von fünf Jahren Einzelheiten eines Ereignisses oder Geschehens nicht mehr vollständig erinnert werden können, insbesondere dann, wenn eine Person, wie der Zeuge …[C], 40 bis 50 Fußballspiele pro Jahr schaut. Dadurch kann nicht ohne weiteres auf eine geringere Glaubhaftigkeit der Aussagen und Glaubwürdigkeit der Zeugen geschlossen werden. Ergänzend verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung.
4. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu. Sie wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellt, sondern betrifft eine Frage im Einzelfall. Bei Fußballspielen kommt es zwar immer wieder auch zu Kopfverletzungen, im Streitfall sogar zu einer höchst bedauerlichen und schweren Verletzung. Gleichwohl stellt sich der Geschehensablauf, der beim Kampf um den Ball zu einer Verletzung führt, stets als Einzelfall dar, der vom Tatrichter zu würdigen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.100 € festgesetzt.