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Fristlose Kündigung eines Dienstvertrages – Nachschieben von Gründen

LG Mainz – Az.: 2 O 329/13 – Urteil vom 12.08.2016

1. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers bei dem Beklagten nicht durch die außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 16.10.2013 beendet wurde.

2. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers bei dem Beklagten nicht durch die außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 16.10.2015 beendet wurde.

3. Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers bei dem Beklagten nicht durch die außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 15.04.2016 beendet wurde.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte und Widerkläger verpflichtet ist, das Dienstfahrzeug gemäß Ziff. 4 der Klageanträge bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Beendigung des Anstellungsvertrages spätestens alle drei Jahre durch ein Neufahrzeug zu ersetzen, erstmals zum 06.08.2015.

5. Es wird festgestellt, dass der Beklagte und Widerkläger verpflichtet ist, das Dienstfahrzeug gemäß Ziff. 4 der Klageanträge bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Beendigung des Anstellungsvertrages auf sich anzumelden und zu versichern und alle anfallenden Kosten einschließlich der Kraftstoffkosten, Gebühren für Autobahnen oder Landstraßen innerhalb Deutschlands zu übernehmen

6. Der Beklagte und Widerkläger wird verurteilt, an den Kläger und Widerbeklagten 7.646,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 06.07.2015 zu zahlen.

7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

8. Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger 1.058,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen.

9. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

10. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte und Widerkläger 86 % und der Kläger und Widerbeklagte 14 % zu tragen.

11. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger und Widerbeklagten allerdings nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger und Widerbeklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte und Widerkläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Beklagte und Widerkläger ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Mit Beschluss des Verwaltungsrats des Beklagten und Widerklägers vom 13.06.2000 wurde der Kläger und Widerbeklagte wurde zu dessen Geschäftsführer bestellt. Dieses Amt übte er bereits seit dem 01.10.1998 kommissarisch aus.

Der Verwaltungsrat fasste am 27.11.2009 zudem folgenden Beschluss (vgl. Bl. 227 ff., dort insb. 228 und 248, d.A.):

„Der Verwaltungsrat bestätigt – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Stellungnahme des Landesprüfdienstes – das bisher im MDK Rheinland-Pfalz praktizierte Vorgehen der alternierenden Verwaltungsrats-Vorsitzenden und spricht beiden sein Vertrauen aus.

Er beschließt, auch künftig die alternierenden Vorsitzenden des Verwaltungsrates zu bevollmächtigen und zu beauftragen, Einzelverträge zu gestalten und zu modifizieren.

[…]“

Dieser Beschluss beruhte auf einer vorhergegangenen Anfrage an den Landesprüfdienst der Kranken und Pflegeversicherung Rheinland-Pfalz (folgend LPD), in dessen Stellungnahme vom 29.10.2009 (Bl. 229 f. d.A.) es heißt:

„Der Verwaltungsrat kann insbesondere natürlich den Abschluss der erforderlichen AT-Verträge bzw. deren Modifizierung auf einen Ausschuss bzw. auf einen oder beide Vorsitzenden des Verwaltungsrats delegieren.

[…]

Wir raten dem Verwaltungsrat allerdings – aus Gründen der Klarstellung – mit Beschluss eindeutig festzulegen, ob er sich die Kompetenzen zur Gestaltung bzw. Modifikation von Einzelverträgen mit der Geschäftsführung selbst vorbehält oder dafür – wie praktiziert – auch künftig den/die Vorsitzenden des Verwaltungsrates autorisiert bzw. als bevollmächtigt sieht.“

Dem zwischen den Parteien bestehenden Anstellungsverhältnis lag zuletzt ein Anstellungsvertrag vom 11.03.2013 (Bl. 9 ff. d.A.) sowie eine „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ gleichen Datums (Bl. 12 d.A.) zugrunde, die beide von dem Kläger und Widerbeklagten mit den ehemaligen alternierenden Verwaltungsratsvorsitzenden, des Beklagten und Widerklägers, den Zeugen K. und St., ohne Beteiligung des Verwaltungsrats in seiner Gesamtheit, abgeschlossen wurden. Diese Vorgehensweise des Vertragsschlusses war auch schon bei vorangegangenen Verträgen des Klägers wie auch der stellvertretenden Geschäftsführerin praktiziert worden. Dem Vertrag des Klägers vom 11.03.2013 vorausgegangen war ein Anstellungsvertrag vom 15.03.2012, der ab Herbst 2012 seitens des LPD beanstandet wurde.

In dem Anstellungsvertrag aus dem Jahr 2013 sind u.a. folgende Regelungen enthalten:

„§ 2

[…]

(2) Das Anstellungsverhältnis endet außer durch Tod

[…]

c) durch Kündigung

[…]

zu c)

(aa) Kündigung des Anstellungsvertrages seitens des MDK

Das Recht zur ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages durch den MDK wird hierdurch ausgeschlossen. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt davon unberührt.

Die Kündigung bedarf unter Angabe von Gründen der Schriftform.

[…]

(6) Soweit zwischen den Parteien Streit über den Fortbestand dieses Anstellungsverhältnisses besteht (z.B. bei einer Kündigung des Vertrages seitens des MDK und ein gerichtliches/rechtsförmliches Verfahren zur Feststellung des Fortbestehens des Anstellungsverhältnisses anhängig ist, so wird der MDK bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss dem Geschäftsführer die Vergütung gemäß § 4 dieses Vertrages in einem Umfang von 75 % fortzahlen. […]

[…]

§ 9

(1) Der Geschäftsführer unterliegt der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht. Anstelle einer zusätzlichen Altersversorgung bei der VBL übernimmt der MDK die Kosten für eine zusätzliche Vorsorge auf privatrechtlicher Grundlage bis zur Höhe der fiktiven Arbeitgeberanteile zur VBL.

(2) Zweckgebunden erhält der Geschäftsführer zur Finanzierung seiner Altersversorgung zusätzlich einen Betrag von derzeit 1.351,77 € brutto.

[…]“

Weiter enthält die „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ u.a. folgende Regelungen zur Nutzung des Dienstwagens:

„1.

Nutzung eines Dienstwagens

[…]

(2) Das Kfz ist auf den MDK angemeldet und versichert. Der MDK übernimmt alle anfallenden Kosten für das Fahrzeug einschließlich Kraftstoffkosten, Gebühren für Autobahnen oder Landstraßen innerhalb Deutschlands, etc. auch für die Privatnutzung.

[…]

(4) Die Privatfahrten dürfen 30.000 km im Jahr nicht übersteigen.

[…]

(7) Mit der rechtlichen Beendigung des Anstellungsvertrages hat der Geschäftsführer das Kfz an den MDK zurückzugeben. Eine etwaige Freistellung durch den MDK berührt das Recht des Geschäftsführers zur privaten Nutzung des Kfz nicht. Wenn ein Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Beendigung des Anstellungsvertrages bei einem Gericht anhängig ist oder unmittelbar bevorsteht, steht dem Geschäftsführer gegenüber dem MDK bis zu der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts über die Wirksamkeit der Beendigung ein Zurückbehaltungsrecht am Kfz zu. Der Geschäftsführer erstattet dem MDK die Aufwendungen incl. Zinsen (vgl. § 288 Abs. 1 BGB) für die von ihm nach dem gerichtlich festgestellten Zeitpunkt der Beendigung des Anstellungsverhältnisses gezogene private Nutzung des Kfz.“

In einer anonymen Email vom Juni 2013 (Bl. 290 ff. d.A.) wurden diverse Vorwürfe gegen den Kläger und Widerbeklagten erhoben. Darauf folgte eine außerordentliche Verwaltungsratssitzung, in der die Zeugen Sch. und B. als neue Verwaltungsratsvorsitzende gewählt wurden und beschlossen wurde, den LPD mit der Prüfung der anonymen Vorwürfe zu beauftragen.

Der LPD führte darauf bei dem Beklagten und Widerkläger eine Sonderprüfung durch und erstellte unter dem Datum des 11.09.2013 einen Sonderprüfbericht (Bl. 67 ff. d.A.). Vor der Übermittlung des Sonderprüfberichts erhielten die Zeugen B. und Sch. seitens des LPD bereits einen mit „Entwurf“ überschriebenen „Vorläufigen Zwischensachstandsbericht über die Prüfung des MDK“ mit dem Stand vom 26.08.2013 (Bl. 598 ff. d.A.).

Nach Erhalt des Sonderprüfberichts im September luden die Zeugen Sch. und B. mit Schreiben vom 30.09.2013 die Mitglieder des Verwaltungsrates zu einer außerordentlichen Sitzung für den 16.10.2013 ein.

In der an diesem Tag stattfindenden Verwaltungsratssitzung wurde die außerordentliche fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers und Widerbeklagen sowie seine Amtsenthebung beschlossen. Die Kündigung wurde als Tatkündigung auf bestimmte dem Kläger und Widerbeklagten im Sonderprüfbericht vorgeworfene Sachverhalte (Teile I 2. und 3.; II; III 2. und 3. sowie IV) gestützt. Die Vorwürfe bezogen sich danach auf eine ab dem 01.01.2012 bezogenen Gehaltszulage in Höhe von 10 % des Grundgehalts (Teil I 2.), eine auf Kosten des Beklagten und Widerklägers erfolgten Überlassung von Laptops und Smartphones an die ehemaligen alternierenden Vorsitzenden des Verwaltungsrats (Teil I 3.), Vorgänge bei der Ausübung der Amtsgeschäfte zum Jahresrechnungsergebnis 2010 und insbesondere der Hochrechnung für das Geschäftsjahr 2011 (Teil II), eine (von Kläger und Widerbeklagten bestrittene) Abrechnung von Kraftstoffkosten von Privatfahrten in Österreich (Teil III 2.), den Erwerb von 50 Exemplaren eines von dem Kläger und Widerbeklagten als Co-Autor verfassten Buches über das Gleitschirmfliegen für 930,– € und deren Verteilung an die Verwaltungsratsmitglieder (Teil III 3.), die u.a. zum Erwerb zweier Immobilien erfolgte Verwendung der nach § 9 der Anstellungsverträge zur Altersvorsorge erhaltenen Beträge durch den Kläger und Widerbeklagten und die Nichtvorlage von diesbezüglichen Unterlagen an den LPD (Teil IV). Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sonderprüfberichts sowie die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Am 16.10.2015 fasste der Verwaltungsrat des Beklagten und Widerklägers einen Beschluss, nach dem der Kündigung vom 16.10.2013 weitere Kündigungsgründe nachgeschoben werden sollten und diese zeitgleich Grundlage einer erneuten außerordentlichen Tatkündigung sein sollten, die mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 645 ff. d.A.) ausgesprochen wurde. Die hier maßgeblichen Kündigungsgründe betrafen allesamt streitige Vorgänge in Bezug auf eine dem Kläger und Widerbeklagten ab dem 01.08.2008 gewährte Gehaltszulage von 10%, Äußerungen gegenüber dem ehemaligen stellvertretenden Geschäftsführer des Beklagten und Widerklägers, dem Zeugen M., sowie gegenüber dem Zeugen J., wobei der Beklagte und Widerkläger hierzu maßgeblich Inhalte der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Mainz, Az.: 3112 Js 13224/13, anführte. Ein weiterer Kündigungsgrund betraf die Beschaffung eines Allradschleppers bei dem Beklagten und Widerkläger.

Der Verwaltungsrat des Beklagten und Widerklägers fasste am 15.04.2016 einen weiteren Beschluss über das Nachschieben von Kündigungsgründen sowie über eine auf diesen Gründen beruhende erneute außerordentliche Tatkündigung. Die Kündigung wurde wiederum mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 916 ff. d.A.) ausgesprochen und bezog sich auf die zwischen den Jahren 2007 und 2013 erfolgte Zahlung von Leistungsprämien an Beamte des Beklagten und Widerklägers, deren Beanstandungen durch den LPD in den Jahren 2007 und 2012 sowie den Umgang mit den Beanstandungen bzw. die Fortführung dieser Praxis.

Der Kläger und Widerbeklagte nutzte als Dienstfahrzeug zuletzt einen VW Passat Variant Highline, den er bis heute nicht an den Beklagten und Widerkläger herausgegeben hat und der mit Ablauf des 06.08.2015 bereits seit drei Jahren in seinem Besitz befand. Seit der Kündigung aus dem Jahr 2013 hat der Kläger und Widerbeklagte Kraftstoffkosten in Höhe von 2.691,62 € und Zahlungen für Versicherung, Kfz-Steuer und Reifendienste in Höhe von 2.691,59 € aufgewandt.

Für den Zeitraum 17.10. bis 31.10.2013 zahlte der Beklagte und Widerkläger dem Kläger und Widerbeklagten den auf diesen Zeitraum entfallenden Anteil seiner Vergütung in voller Höhe, d.h. 4.235,54 €, aus.

Der Kläger und Widerbeklagte trägt vor, er sei nach der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ zur Abrechnung von im Ausland getanktem Kraftstoff berechtigt. Soweit in der Vereinbarung eine Beschränkung auf Deutschland erfolgt sei, gelte diese nur für gegebenenfalls zukünftig innerhalb Deutschlands anfallende Mautkosten. Die 50 Bücher über das Gleitschirmfliegen seien auf ausdrücklichen Wunsch der damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden, der Zeugen K. und St., erworben worden. Es sei eine geübte Praxis gewesen, dass die Verwaltungsratsmitglieder regelmäßig Bücher erhielten, die durch die Vorsitzenden ausgewählt worden seien. Der Zeuge St. habe ihm zugesagt, er sei in der Verwendung der ihm nach § 9 des Anstellungsvertrages zusätzlich gewährten Gelder zur Altersversorgung frei.

Er ist der Ansicht, die Anstellungsverträge aus den Jahren 2013 und auch 2012 seien wirksam, da diese von den ehemaligen alternierenden Verwaltungsratsvorsitzenden mit Vertretungsmacht mit dem Kläger und Widerbeklagten geschlossen worden seien. Der LPD habe kein Recht von ihm als Privatmann Rechenschaft über die Verwendung der ihm nach seinem Anstellungsvertrag zugeflossenen Beträge zur Altersvorsorge zu verlangen. Zudem sei das Nachschieben von Kündigungsgründen aufgrund eines in seinem Anstellungsvertrag vertraglich vereinbarten Schriftformerfordernisses betreffend die schriftliche Nennung der Kündigungsgründe unzulässig.

Die Kammer hat zunächst die Verfahren 2 O 329/13 und 2 O 193/15 mit Beschluss vom 09.09.2015 (Bl. 415 d.A.) sowie darauf zusätzlich das Verfahren 2 O 374/15 mit Beschluss vom 11.03.2016 (Bl. 635 d.A.) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter hiesigem Aktenzeichen verbunden. Zudem hat der Kläger und Widerbeklagte seine Klage mit Schriftsatz vom 31.05.2016 (Bl. 913 d.A.) erweitert, so dass er insgesamt beantragt,

1. festzustellen, dass sein Anstellungsverhältnis bei dem Beklagten nicht durch die außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 16.10.2013 beendet wurde,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 153.027,28 € brutto sowie 787,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz hieraus

  • aus einem Betrag in Höhe von 8.214,98 € seit dem 15.11.2013,
  • aus einem Betrag in Höhe von 17.924,65 € seit dem 15.12.2013,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.01.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.02.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.03.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.04.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.05.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.06.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.07.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.08.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.09.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 5.763,68 € seit dem 15.10.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 8.759,70 € seit dem 15.11.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 18.197,01 € seit dem 15.12.2014,
  • aus einem Betrag in Höhe von 6.154,52 € seit dem 15.01.2015,
  • aus einem Betrag in Höhe von 6.154,52 € seit dem 15.02.2015,
  • aus einem Betrag in Höhe von 6.154,52 € seit dem 15.03.2015,
  • aus einem Betrag in Höhe von 6.154,52 € seit dem 15.04.2015,
  • aus einem Betrag in Höhe von 6.154,52 € seit dem 15.05.2015,
  • aus einem Betrag in Höhe von 6.154,52 € seit dem 15.06.2015,
  • aus einem Betrag in Höhe von 6.154,52 € seit dem 15.07.2015,

zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen, an die E. Lebensversicherungs AG 3.0504,– € auf den Lebensversicherungsvertrag des Klägers mit der Versicherungsscheinnummer … zu zahlen,

4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm für die Dauer des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Beendigung seines Anstellungsvertrages, derzeit rechtshängig beim LG Mainz unter dem Aktenzeichen: 2 O 329/13, ein Dienstfahrzeug der Klasse Audi Avant A6 in der Version Businessclass inklusive Sonderausstattung zur privaten Nutzung von bis zu 30.000 km im Jahr, zur Verfügung zu stellen,

5. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, das Dienstfahrzeug gemäß Ziff. 4 spätestens alle drei Jahre durch ein Neufahrzeug zu ersetzen, erstmals zum 06.08.2015,

6. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, das Dienstfahrzeug gemäß Ziff. 4 auf sich anzumelden und zu versichern und alle anfallenden Kosten einschließlich der Kraftstoffkosten, Gebühren für Autobahnen oder Landstraßen innerhalb Deutschlands zu übernehmen,

7. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.646,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

8. den Beklagten zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.822,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

9. festzustellen, dass sein Anstellungsverhältnis bei dem Beklagten nicht durch die außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 16.10.2015 beendet wurde,

10. den Beklagten zu verurteilen, ihn zu den fortgeltenden Bedingungen seines Geschäftsführeranstellungsvertrages vom 11.03.2013 sowie unter Beachtung der organschaftlichen Kompetenzzuweisung als Geschäftsführer weiterzubeschäftigen,

11. festzustellen, dass sein Anstellungsverhältnis bei dem Beklagten nicht durch die außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 15.04.2016 beendet wurde.

Der Beklagte und Widerkläger beantragt, die Klage abzuweisen, sowie widerklagend,

1. den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, an ihn 4.235,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. November 2013 zu zahlen,

2. den PKW VW Passat Variant High Line Blue Motion Technology 2,01 TDI mit dem amtlichen Kennzeichen …, Fahrzeugidentifikationsnummer … inklusive drei Schlüsseln und der Zulassungsbescheinigung Teil I an ihn herauszugeben,

3. das Smartphone Samsung, Typ N7000 Galaxy note, Farbe „blue“ mit der Seriennummer … nebst SIM-Karte mit der Kartennummer … an ihn herauszugeben.

Der Kläger und Widerbeklagte beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte und Widerkläger behauptet, mit dem Beschluss vom 27.11.2009 habe sich der Verwaltungsrat nicht seine Letztentscheidungskompetenz bezüglich der Verträge nehmen lassen wollen. Die Kündigungen seien allesamt binnen zwei Wochen nach Kenntniserlangung des Verwaltungsrats ausgesprochen worden.

Bezogen auf die außerordentliche Kündigung aus dem Jahr 2013 trägt er unter Verweis auf Teil III Nr. 2 des Sonderprüfberichts vor, der Kläger und Widerbeklagte habe bei in den Jahren 2012 und 2013 anlässlich privater Fahrten in Österreich getankt und die Kosten von ihm tragen lassen.

Mit der Kündigung vom 16.10.2015 wirft der Beklagte und Widerkläger dem Kläger vor, entgegen seiner Verpflichtung den damaligen stellvertretenden Geschäftsführer, den Zeugen M., nicht wie geschuldet vertreten zu haben als dieser zwischen dem 01.08.2008 und 31.12.2011 parallel für den MDK Saarland gearbeitet habe. Die während der Tätigkeit des Zeugen für den MDK angefallene Arbeit sei einfach liegen geblieben und habe von dem Zeugen M. selbst erledigt werden müssen. Ferner habe der Kläger und Widerbeklagte gegenüber dem Zeugen M. im Herbst 2011 wörtlich geäußert, dass er denjenigen umbringen werde, der ihm seinen MDK wegnehmen wolle. Zudem habe er am 15.10.2013 gegenüber der Zeugin T. gesagt, er werde den Zeugen M. fertigmachen. Auch gegenüber einem Mitarbeiter des Beklagten und Widerklägers, dem Zeugen J., habe sich der Kläger und Widerbeklagte bereits dahin geäußert, dass er denjenigen umbringe, der ihm seinen MDK wegnehme. Letzteren habe der Kläger und Widerbeklagte anlässlich eines Gesprächs im Oktober 2013 dazu verleiten wollen, in einem von diesem gegen den Beklagten und Widerkläger geführten Kündigungsschutzprozess unwahr zu behaupten, dass die Verantwortung für die zu seiner Kündigung herangezogenen Sachverhalte einzig bei dem Zeugen M. gelegen hätten, und so die Kündigung „vom Tisch“ zu bekommen“ sei.

Er ist der Auffassung, Der Verwaltungsrat könne sich nicht wesentlicher Organbefugnisse wie dem Abschluss von Anstellungsverträgen des Geschäftsführers entledigen. Der Vertrag vom 11.02.2013 sei daher unwirksam.

In Bezug auf die außerordentliche Kündigung vom 16.10.2013 ist er der Ansicht, der Kläger und Widerbeklagte habe kein Recht dazu gehabt, Kraftstoffkosten von Privatfahrten im Ausland abzurechnen (Teil III Nr. 2 des Sonderprüfberichts). Mit der Bestellung der 50 Bücher über das Gleitschirmfliegen habe der Kläger und Widerbeklagte ihn zudem bewusst unter Missachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geschädigt, da die Bücher nichts mit den Aufgaben des MDKs zu tun hätten und der Kläger und Widerbeklagte insofern für die Mittelkontrolle verantwortlich gewesen sei. Es handele sich um ein privates Geschenk, gleich von wem die Initiative hierzu ausgegangen sei (Teil III Nr. 3 des Sonderprüfberichts). Der Kläger und Widerbeklagte habe sich zudem pflichtwidrig verhalten als er dem LPD trotz dessen Aufforderung keine Unterlagen zur Verwendung der nach § 9 des Anstellungsvertrages erhaltenen Beträge vorlegte. Die erhaltenen Beträge habe er zudem vertragswidrig zur Finanzierung zweier Immobilien und im Übrigen nicht vollständig zur Altersvorsorge und wie normale Gehaltsbestandteile verwandt. Der Kläger und Widerbeklagte habe über die Deklarierung als Altersvorsorge seine tatsächliche Vergütung verschleiern wollen (Teil IV des Sonderprüfberichts).

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß den (Hinweis- und) Beweisbeschlüssen vom 04.12.2015 (Bl. 564 ff. d.A.), 11.03.2016 (Bl. 634 ff. d.A.), 14.04.2016 (Bl. 755 ff. d.A.) und 03.06.2016 (Bl. 919 d.A.) durch Vernehmung der Zeugen H., Schmitt, K., E., Sch., B., K., St., T., J. und M.. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 05.02.2016 (Bl. 611 ff. d.A.), 20.05.2016 (Bl. 935 ff. d.A.) und 24.06.2016 (Bl. 957 ff. d.A.) verwiesen.

Ferner hat die Kammer die beigezogenen Akten des Landgerichts Mainz Az: 6 O 165/13 und 6 O 152/13, die Akte des LPD über den Sonderprüfbericht des Jahres 2013 sowie die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Mainz zum Az.: 3112 Js 13224/13 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Vervollständigung des Tatbestandes auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

Der allgemeine Zivilrechtsweg nach § 13 GVG ist vorliegend eröffnet. Die Parteien streiten primär um die Wirksamkeit der Kündigung eines als Dienstvertrag einzuordnenden Anstellungsvertrages. Nach diesem ist der Kläger als Geschäftsführer des Beklagten und Widerklägers angestellt und damit dessen Organ und gesetzlicher Vertreter. Mangels Weisungsgebundenheit und persönlicher Abhängigkeit ist der Kläger und Widerbeklagte nicht als Arbeitnehmer i.S.d. § 5 ArbGG zu qualifizieren, so dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet ist.

Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, zum Teil begründet.

I.

Die Klage ist insbesondere hinsichtlich der geltend gemachten Feststellungsanträge zulässig mit Ausnahme des Feststellungsantrages gem. Ziff. 4 der Klageanträge.

Dieser Feststellungsantrag ist aus den im Hinweisbeschluss vom 11.03.2016 (Bl. 635 ff. d.A.) ausgeführten Gründen unzulässig.

Die Unzulässigkeit des Feststellungsantrages folgt aus dem Antrag zu Ziff. 2. der Widerklage. Dieser Antrag auf Herausgabe des Dienstfahrzeugs ist als Leistungsklage nur dann stattzugeben, wenn der Kläger und Widerkläger beim Schluss der mündlichen Verhandlung kein dem entgegenstehendes Recht zum Besitz haben sollte. Dies betrifft selbst den Fall, dass die Kammer zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers und Widerbeklagten (zu welchem Zeitpunkt auch immer) wirksam sein sollte. Der Kläger und Widerbeklagte beruft sich auf ein Besitzrecht aus der Nutzungsvereinbarung zum Dienstwagen, die unter Ziff. 1 Abs. 7 vorsieht, dass diesem ein solches Recht bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts zusteht. Da die Entscheidung der Kammer erst in dem Zeitpunkt rechtskräftig wird, zu dem keine Rechtsmittel mehr gegen diese eingelegt werden können, hat die Kammer also in jedem Fall inzident im Rahmen der Widerklage über die Frage des Rechts des Klägers und Widerbeklagten zum Besitz an dem Fahrzeug zu befinden. Damit ist das Feststellungsinteresse des Klägers und Widerbeklagten insofern erschöpft. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass sich der Kläger und Widerbeklagte bislang mit der Zurverfügungstellung eines VW Passat Variant Highline begnügte. Insofern hat er auf die Zurverfügungstellung des in der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ beschriebenen Audi Avant A 6 (vgl. Ziff. 1. Abs. 1 S. 1 der Vereinbarung, Bl. 12 d.A.) verzichtet, was nach Ziff. 1 Abs. 1 S. 3 dieser Vereinbarung in seinem Belieben steht. Es handelt sich daher im Kern um dieselbe Verpflichtung des Beklagten und Widerklägers, über die hier im Rahmen der Widerklage entschieden wird.

Die Feststellungsanträge der Ziff. 5. und 6. der Klageanträge sind dagegen zulässig. Dem steht anders als der Beklagte und Widerkläger meint nicht entgegen, dass der Kläger und Widerbeklagte eventuell zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch hinsichtlich des Klageantrags zu 5. einen Leistungsantrag für den Austausch des Dienstfahrzeugs stellen könnte. Das Feststellungsinteresse betrifft hier zum einen auch künftige Fahrzeugauswechslungen, die in der weiteren Zukunft stattzufinden hätten und nicht mit einer Leistungsklage zu verfolgen wären. Zum anderen bestätigt die eigene Argumentation des Beklagten und Widerklägers gerade die Zulässigkeit des Feststellungsantrages und nicht das Gegenteil. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfällt die Subsidiarität einer Feststellungsklage trotz der Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage, wenn davon auszugehen ist, dass sich der Klagegegner aufgrund des Feststellungsurteils dazu veranlasst sehen wird, die geschuldete Leistung zu erbringen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig bei öffentlichen Körperschaften oder Anstalten trotz möglicher Leistungsklage anzunehmen, weil von ihnen zu erwarten ist, dass sie sich schon einem Feststellungsurteil beugen werden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 09. Juni 1983 – III ZR 74/82 -, Rn. 15, juris). Dieses Argument hat im konkreten Fall allerdings nur eine bedingte Aussagekraft, da das (vor-)prozessuale Verhalten des Beklagten und Widerklägers zeigt, dass der Beklagte und Widerkläger nicht einmal vorangegangene, rechtskräftige Urteile des Landgerichts betreffend Leistungen aus dem Anstellungsvertrag (Az. 6 O 165/13 und 6 O 152/13) zum Anlass nimmt, die dort ebenfalls seitens der 6. Zivilkammer bejahte Wirksamkeit des Anstellungsvertrages anzuerkennen. Vielmehr streitet er in diesem Verfahren wiederum die Wirksamkeit des Vertrages explizit ab. Das zeigt jedoch im Ergebnis, dass ein gesteigertes Feststellungsinteresse des Klägers und Widerbeklagten im Hinblick auf die Leistungspflichten des Beklagten und Widerklägers besteht.

Das Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag zu 6. entfällt, anders als der Beklagte und Widerkläger meint, nicht, weil der Kläger und Widerbeklagte mit dem Antrag zu 7. bereits im Rahmen einer Leistungsklage hinsichtlich von im Antrag zu 6. enthaltenen Punkten Zahlungen für die Vergangenheit verlangt. Zunächst geht der Feststellungsantrag über den Zahlungsantrag hinaus, da sich letzterer auf die Zahlung von Benzin-, Reifen-, Versicherungskosten sowie der geleisteten Steuerzahlungen beschränkt, während die Feststellung alle anfallenden Kosten inkl. Gebühren für Landstraßen und Autobahnen in Deutschland umfasst.

Zudem handelt es sich bei dem Feststellungsantrag zu 6. teilweise um eine Vorfrage des Leistungsantrages zu 7, für die das Feststellungsinteresse daher bereits im Rahmen einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO besteht. Bei einer Leistungsklage wächst nur der Ausspruch über den Klageanspruch in Rechtskraft, nicht aber die diesen tragenden tatsächlichen Feststellungen und Erwägungen. Diese könnten in einem anderen Prozess betreffend Leistungsklagen zukünftiger Ansprüche abweichend beurteilt werden. § 256 Abs. 2 ZPO ermöglicht es daher einen rechtskräftigen Ausspruch über alle für die Leistungsklage vorgreiflichen Rechtsverhältnisse herbeizuführen. Dadurch erwachsen auch die den Leistungsbefehl tragenden Rechtsgründe in Rechtskraft. Dies ist legitim und auch prozesswirtschaftlich sinnvoll, da über diese Fragen im Rahmen der Leistungsklage ohnehin entscheiden werden muss. Hinzu kommt lediglich der entsprechende Ausspruch im Tenor des Urteils. Eine Vermutung dahingehend, dass solche Zwischenfeststellungsklagen gegenüber öffentlich rechtlichen Körperschaften aufgrund deren Bindung an Recht und Gesetz mangels Feststellungsinteresse unzulässig wären, gibt es nicht. Insbesondere veranschaulicht gerade das bereits aufgezeigte (vor-)prozessuale Verhalten des Beklagten und Widerklägers, dass dieser Schluss offenbar fehl geht und auf Seiten des Klägers und Widerbeklagten ein solches Feststellungsinteresse besteht.

II.

Die Klage ist zum Teil begründet.

1.

Das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien wurde seitens des Beklagten und Widerklägers nicht mit der außerordentlichen Kündigung vom 16.10.2013 beendet.

a)

Soweit sich die Kündigung auf die Ausführungen des Sonderprüfberichts in dessen Teilen I 2. und 3. sowie II – betreffend einige der Vorwürfe aus der anonymen Email vom 03.06.2013 – erstreckt, ist diese mangels Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB verfristet.

Der Beklagte und Widerkläger vermochte es vorliegend nicht darzulegen und zu beweisen, dass er von diesen für die außerordentliche Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung Kenntnis erlangt hat. Ihm oblag insoweit die Darlegungs- und Beweislast (vgl. MüKoBGB/Henssler, 6. Auflage, BGB § 626 Rn. 346 f.).

Zu berücksichtigen war hier grundlegend, dass es bei juristischen Personen wie dem Beklagten und Widerkläger als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Hinblick auf den Fristbeginn nach § 626 Abs. 2 BGB grundsätzlich auf die Kenntniserlangung des zur Kündigung berechtigten Organs in seiner Gesamtheit ankommt (vgl. BGH NJW 1998, 3274, NJW 2000, 1864 OLG Koblenz, Urteil vom 31. Mai 2012 – 6 U 350/12 -, Rn. 59, juris; ErfK/Müller-Glöge, 16. Auflage, BGB § 626 Rn. 207 f. MüKoBGB/Henssler, 6. Auflage, BGB § 626 Rn. 295). Zuständiges Organ für die Kündigung ist hier der Verwaltungsrat des Beklagten und Widerklägers, vgl. § 8 Nr. 6 der Satzung des Beklagten und Widerklägers (Bl. 7 d.A.). Für die Kenntnis i.S.v. § 626 Abs. 2 BGB kommt es allein auf den Wissenstand des zur Entscheidung über die fristlose Kündigung befugten und bereiten Gremiums, hier des Verwaltungsrats, als Plenum an, damit dieses aus seiner Kenntnis die seiner Ansicht nach gebotenen Konsequenzen ziehen kann. Da dies nur im Wege des Zusammentritts möglich ist, reicht es für die Kenntniserlangung auch nicht aus, dass sämtliche Verwaltungsratsmitglieder als einzelne außerhalb einer Verwaltungsratssitzung Kenntnis vom Kündigungssachverhalt haben (vgl. insofern zur GmbH: BGH, Urteil vom 15. Juni 1998 – II ZR 318/96 -, BGHZ 139, 89-95, Rn. 6, juris). Ebenso kommt es dabei grundsätzlich nicht auf die Kenntniserlangung der Verwaltungsratsvorsitzenden an (vgl. BGH NZG 2002, 46, 48).

Die Kenntnis des Verwaltungsrats lag hier noch nicht mit der Besprechung der anonymen Email in der Verwaltungsratssitzung vom 14.06.2013 vor. Der Verwaltungsrat des Beklagten und Widerklägers durfte hier zunächst Ermittlungen zur Aufklärung und ggf. Erhärtung der lediglich im Raum stehenden Vorwürfe anstellen. Sind nämlich bloß Anhaltspunkte für einen Sachverhalt vorhanden, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann der Kündigungsberechtigte Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt. Sie beginnt erst, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind und er eine hinreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt und von den erforderlichen Beweismitteln hat (vgl. BAG, Urteil vom 02. März 2006 – 2 AZR 46/05 -, BAGE 117, 168-177, Rn. 24 juris).

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsrat des Beklagten und Widerklägers nach Besprechung der anonymen Email vom 03.06.2013 in der Verwaltungsratssitzung vom 14.06.2013 den LPD mit der Prüfung der in der Email gegen den Kläger und Widerbeklagten erhobenen Vorwürfe betraute.

Allerdings ist es vorliegend jedoch verfehlt anzunehmen, dass der Verwaltungsrat dann erst mit der Besprechung des Sonderprüfberichts in der Verwaltungsratssitzung vom 16.10.2013 die nötige Kenntnis der aus der Prüfung der anonymen Email folgenden Kündigungsgründe (Teile I 2. und 3. sowie II des Sonderprüfberichts) erlangt hätte. Die Einberufung erfolgte nämlich im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Kündigungsgründe verzögert.

Die vorstehenden Grundsätze zur Kenntniserlangung des zur Kündigung berechtigten Organs gelten nicht uneingeschränkt. Wird dessen Einberufung von den einberufungsberechtigten Mitgliedern nach Kenntniserlangung von dem Kündigungssachverhalt unangemessen verzögert, muss sich der Kündigende so behandeln lassen, als wäre die Einberufung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung erfolgt. Dem Gekündigten ist es nach Sinn und Zweck des § 626 Abs. 2 BGB nicht zuzumuten, bis zu einem unabsehbaren Zusammentritt des Gremiums zuwarten zu müssen (vgl. wieder GmbH: BGH, Urteil vom 15. Juni 1998 – II ZR 318/96 -, BGHZ 139, 89-95, Rn. 7 juris; OLG München, Urteil vom 25. März 2009 – 7 U 4835/08 -, Rn. 34, juris sowie MüKoBGB/Henssler, 6. Auflage, BGB § 626 Rn. 301 f. m.w.N.).

Der LPD hatte die ihm aufgetragene Prüfung zu den in der anonymen Email erhobenen Vorwürfen bereits bei der Übersendung des „Vorläufigen Zwischensachstandsberichts“ vom 26.08.2013 an die damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden des Beklagten und Widerklägers, die Zeugen B. und Schreiber, beendet. Der „Vorläufige Zwischensachstandsbericht“ wurde den Zeugen B. und Sch. am 26.08.2013 via Email durch den Zeugen Sch. übersandt, so dass diese ab diesem Tag Kenntnis von den Prüfungsergebnissen unter Teil A und B des „Vorläufigen Zwischensachstandsbericht“ hatten, die den Teilen I und II des Sonderprüfberichts entsprechen.

Dass der „Vorläufige Zwischensachstandsbericht“ den Zeugen Sch. und B. am 26.08.2013 übersandt wurde steht für die Kammer nach den Ausführungen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2016 (Bl. 611 ff. d.A.) fest. Insofern erhält die Angabe des Beklagten und Widerklägers von einer Übersendung Ende August/ Anfang September 2013 ein konkretes Datum.

Der Zeuge E. hat bei seiner Befragung angegeben (Bl. 612 Rs. ff. d.A.), dass der „Vorläufige Zwischensachstandsbericht“ am 26.08.2013 durch den Zeugen Sch. via Email an die Zeugen B. und Sch. verschickt worden sei, was der Zeuge K. im System des LPD überprüft habe.

Von dem Zeugen K. wurde bestätigt (Bl. 614 ff. d.A.), dass er geprüft habe, wer die Email versandt habe und er herausgefunden habe, dass dies der Zeuge Sch. am 26.08.2013 gewesen sei.

Gleiches hat der Zeuge Sch. bestätigt (Bl. 616 d.A.), er habe insofern vor dem Verhandlungstermin eine Mitteilung von dem Zeugen E. erhalten und auch die Email-Korrespondenz nochmals eingesehen. Die Email sei aber in seinem Auftrag von seiner Sekretärin oder einem weiteren Mitarbeiter abgeschickt worden, da er damals selbst mit seinem Laptop keinen Zugriff auf das Netz des Landesprüfdienstes gehabt habe.

Die Zeugen B. (Bl. 619 f. d.A.) und Sch. (Bl. 618 f. d.A.) konnten sich nicht mehr daran erinnern, wann genau ihnen der Zwischensachstandsbericht zuging, haben jedoch dessen Erhalt bestätigt. Der Zeuge H. konnte hierzu keinerlei Angaben machen (Bl. 617 Rs. d.A.).

Aufgrund der glaubhaften und insofern widerspruchsfreien Angaben der Zeugen E., K. und Sch. steht für die Kammer jedoch fest, dass die Zeugen den Bericht am 26.08.2013 via Email erhielten. Da der Beklagte und Widerkläger eine spätere Kenntniserlangung nicht nachweisen kann, ist von der Kenntniserlangung in diesem Zeitpunkt auszugehen.

Damit hatten die beiden neuen Verwaltungsratsvorsitzenden ab diesem Zeitpunkt die sichere und umfassende Kenntnis der hier in Rede stehenden kündigungsrelevanten Tatsachen (Teile I 2. und 3. sowie II des Sonderprüfberichts). Sie hatten insofern alles in Erfahrung gebracht, was als notwendige Grundlage für eine Entscheidung über Fortbestand oder Auflösung des Dienstverhältnisses anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 09. April 2013 – II ZR 273/11 -, Rn. 15, juris). Der Beklagte und Widerkläger trägt auch im Übrigen selbst vor, dass es später nach Eingang des Sonderprüfberichts der nur vorsorglich durchgeführten Anhörung nicht bedurft habe. Insbesondere weil diese bei einer Tatkündigung ohnehin entbehrlich sei. Daran sieht man, dass er selbst davon ausgeht, dass ihm die wesentlichen Tatsachen bekannt waren und keine zusätzlichen Ermittlungen mehr erforderlich waren (vgl. BGH, a.a.O.). Die im Sonderprüfbericht enthaltenen Feststellungen zu den hier relevanten Kündigungsgründen waren jedoch dieselben wie in dem „Vorläufigen Zwischensachstandsbericht“. Dass letzterer insoweit bereits endgültige Feststellungen enthielt, war auch ganz offensichtlich zu erkennen und damit hinreichend klar.

Es handelte sich lediglich aus Sicht des LPD um einen „vorläufigen“ Bericht, weil der LPD eigenständig, ohne insofern von dem Verwaltungsrat des Beklagten und Widerklägers beauftragt zu sein, nicht nur die Vorwürfe der anonymen Email überprüfte, sondern „darüber hinaus“ weitere Prüfungen vornahm und untersuchte, „ob dem Geschäftsführer des MDK RLP Leistungen des MDK RLP in rechtswidriger oder unwirtschaftlicher Weise gewährt wurden und inwieweit pflichtwidriges Verhalten bei der Ausübung der Amtsgeschäfte vorgelegen haben könnte“ (vgl. S. 1 des Berichts, Bl. 598 d.A.). Die eigenmächtige Prüfung war seitens des Verwaltungsrats nicht in Auftrag gegeben worden. In dem „Vorläufigen Zwischensachstandsbericht“ wird die anonyme Email unter Teil A behandelt und ausdrücklich davon gesprochen, dass zu den Vorwürfen aus der anonymen Email „folgende Feststellungen zu treffen“ waren. Diese werden darauf unter den Ziffern 1. – 6. ausgeführt (Bl. 599 ff. d.A.). Teil B befasst sich bereits mit eigenmächtigen Prüfungen des LPD zum Jahresrechnungsergebnis 2010 und der Hochrechnung für das Geschäftsjahr 2011 (Bl. 605 d.A.). Auf der letzten Seite des „Vorläufigen Zwischensachstandsberichts“ wird dann zu Teil C ausgeführt, dass die Ausformulierung dieses Teils betreffend „Reisekosten (Parkgebühren)“, „Tankbelege bzw. Privatfahrten ins Ausland“, „Buch Gleitschirmfliegen (Kostenübernahem durch MDK?)“, „Nebentätigkeit (Urlaub?, Zuwendungen gem § 274 Abs. 4?)“ und „Nachweis Altersversorgung“ nach Eingang von Antworten des Klägers und Widerbeklagten erfolgen. Die unter den Teil B und C angesprochenen Punkte finden sich auch nicht in der durch den Beklagten und Widerkläger zur Akte gereichten Ausdruck der anonymen Email vom 03.06.2013 (Bl. 290 ff. d.A.). Folglich erhielten die Zeugen B. und Sch. mit der Übersendung des „Vorläufigen Zwischensachstandsberichts“ umfassende Kenntnis über die Prüfungsergebnisse des LPD hinsichtlich der Vorwürfe der anonymen Email. Diese betrifft Teil A des Berichts, der inhaltlich mit Teil I des Sonderprüfberichts übereinstimmt. Ferner erhielten sie Kenntnis über die Ergebnisse der eigenmächtigen Prüfung des LPD unter Teil B des Berichts, der mit Teil II des Sonderprüfberichts inhaltlich übereinstimmt. Die unter Teil C des „Vorläufigen Zwischensachstandsberichts“ aufgeführten stichwortartigen Punkte (später im Sonderprüfbericht in die Teile III und IV aufgeteilt) lassen keinerlei Sachverhalte erkennen, die eine außerordentliche Kündigung auch nur möglich erscheinen lassen. Hier wird ganz abstrakt von Prüfungsthemen ohne jedwede Ausführung zu möglichen kündigungsrelevanten Umständen gesprochen. Zudem betreffen sie gänzlich andere Fragestellungen wie die anonymen Vorwürfe aus der Email, insofern wird auf die Ausführungen der Email verwiesen (Bl. 293 f. d.A.). Wenn der Beklagte und Widerkläger vor diesem Hintergrund die Auffassung vertritt, dass die Zeugen B. und Sch. als damalige Verwaltungsratsvorsitzende aufgrund des „Vorläufigen Zwischensachstandsberichts“ nicht von einer endgültigen Bestätigung entsprechender Pflichtverletzungen hätten ausgehen können, ist dies unverständlich. Letztlich war die von dem Verwaltungsrat in Auftrag gegebene Prüfung abgeschlossen, die Betitelung als „Entwurf“ und „vorläufig“ erfolgte ersichtlich nur, weil die Prüfer des LPD die von ihnen selbständig angestoßene – jedoch in keiner Hinsicht näher umschriebene – weitere Prüfung unter Teil C noch nicht abgeschlossen hatten.

Dies wird auch durch die Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2016 bestätigt.

Zunächst hat der Zeuge E. bekundet (Bl. 612 Rs. ff. d.A.), dass die wesentlichen Ergebnisse und Kernaussagen zu Teil A und B des Berichts vorgelegen hätten und in diesem enthalten gewesen seien. Danach habe es bei einzelnen Formulierungen und im Aufbau noch Änderungen gegeben wie sie dann in den Sonderprüfbericht eingeflossen seien.

Der Zeuge K. hat im Rahmen seiner Vernehmung (Bl. 614 ff. d.A.) angegeben, dass im „Vorläufigen Zwischensachstandsberichts“ die Teile unter A, B und C gegliedert worden seien, während man im Sonderprüfbericht in die Teile I bis IV gegliedert habe. Die Teile A und B im „Vorläufigen Zwischensachstandsbericht“ seien auch inhaltlich vom Ergebnis her fertig gewesen, lediglich zu Teil C hätten noch Ermittlungen gefehlt. Teil A des Berichts sei durch ihn und den Zeugen H. geprüft worden. Dem Zeugen B., der den Bericht formuliert habe, sei durch sie zuvor mitgeteilt worden, dass dies zu Teil A bereits der Sachstand sei, den sie aus den Unterlagen hätten entnehmen können. Inhaltlich habe dies das Ende der Prüfung dargestellt.

Auch der Zeuge Sch. bestätigte (Bl. 616 ff. d.A.), dass die Prüfungen zu den Punkten A und B des Zwischensachstandsberichts inhaltlich fertig gewesen seien, es habe allenfalls noch redaktionelle Änderungen gegeben. Er könne sich auch an eine Information seitens des Zeugen K. zur Fertigstellung von Teil A des Berichts erinnern. Teil B sei von ihm selbst verfasst worden, er könne sich zwar nicht mehr genau erinnern, glaube aber dass dieser auch fertig gewesen sei und auf einer vollständigen inhaltlichen Auswertung des Materials beruht habe. Lediglich Teil C sei noch nicht fertig gewesen. Im Sonderprüfbericht sei die Gliederung dann insofern geändert worden als dass die Teile A und B des Zwischensachstandsberichts nun den Teilen I und II entsprechen würden und Teil C in die Teile III und IV aufgegliedert worden sei.

Anders als die Beklagten- und Widerklägerseite ausführt, wird diese Auffassung auch durch den Zeuge B. untermauert. Dieser hat bei seiner Vernehmung vom 05.02.2016 (Bl. 619 d.A.) angeben, dass er auf seinem Exemplar des „Vorläufigen Zwischensachstandsberichts“ Anmerkungen von sich gefunden habe. Er sei Arbeitsrechtler und habe sich mit dem Bericht befasst. Dabei sei er zu dem Schluss gekommen, dass die Feststellungen in diesem Bericht noch nicht für den Ausspruch einer Kündigung ausreichen würden. Dies lässt darauf schließen, dass man die abgeschlossenen Feststellungen des LPD zu den hier Rede stehenden Kündigungsgründen nicht als eine Kündigung hinreichend tragend erachtete und man wohl daher die Ergebnisse der eigenmächtigen Prüfung des LPD zu den nur schlagwortartig bezeichneten und ansonsten gänzlich unbekannten Thematiken abwarten wollte.

Einzelne Änderungen in den Formulierungen oder der Gliederung bei der Abfassung des Sonderprüfberichts führen aus den dargelegten Gründen nicht dazu, dass die Zeugen B. und Sch. im Hinblick auf die in Rede stehenden Kündigungsgründe nur einen unfertigen und damit unbeachtlichen Entwurf bekommen hätten. Dies betrifft nur den ersichtlich unfertigen Teil C des Berichts, der aus den genannten Gründen hier unbeachtlich ist.

Indem die Zeugen B. und Sch. darauf die Übersendung des Sonderprüfberichts abwarteten und den Verwaltungsrat erst am 30.09.2013 zu einer außerordentlichen Sitzung am 16.10.2013 einberiefen, haben sie die Kenntniserlangung des Verwaltungsrats unangemessen lange verzögert.

Selbst unter Beachtung der in der in § 1 Nr. 3 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats niedergelegten Ladungsfrist (Bl. 129 d.A.), die „in der Regel“ eine schriftliche Einladung zwei Wochen im Voraus zu der Sitzung fordert, wäre die Abhaltung der Verwaltungsratssitzung vor Ende September 2013 ohne weiteres möglich und auch erforderlich gewesen. Der Zeitraum innerhalb dessen die zur Einberufung des zur Kündigung berechtigten Organs Befugten nach Kenntnis von den der Kündigung zugrundeliegenden Tatsachen eine Versammlung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einzuberufen haben, ist gesetzlich nicht geregelt. Der Bundesgerichtshof hat eine Zeitspanne von drei Wochen zur Vornahme der Einberufung (d.h. der Ladung der Gesellschafter) zu einer Gesellschafterversammlung im Wege des Selbsthilferechts nach § 50 Abs. 3 GmbHG als angemessen angesehen, wobei hier seitens des Bundesgerichtshofs ausdrücklich die Besonderheit berücksichtigt wurde, dass der im dortigen Fall gekündigte Geschäftsführer zuvor selbst die Einberufung der Versammlung zum Zweck seiner Kündigung mehrfach verzögerte, was ihn in Anbetracht des Zwecks der Ausschlussfrist in § 626 Abs. 2 BGB weniger schutzwürdig erscheinen ließ. Im Anschluss an die Zeit bis zur Vornahme der Einberufungspflicht hat der Bundesgerichtshof zudem eine Ladungsfrist von zwei Wochen gebilligt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1998 – II ZR 318/96 -, BGHZ 139, 89-95, Rn. 10 f.). Die Besonderheiten dieser Entscheidung bestehen vorliegend allerdings nicht. Dass sich ein zu kündigender Geschäftsführer, der die Gesellschafterversammlung nicht fristgerecht einberief, im Zusammenhang mit § 626 Abs. 2 BGB nicht ohne weiteres auf eine dadurch bewirkte Verzögerung berufen kann, versteht sich, weil in einem solchen Fall – gerade anders als hier – bei dem zu Kündigenden keine Ungewissheit darüber bestehen kann, ob er mit einer fristlosen Kündigung zu rechnen hat (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. März 2014 – 20 U 5/13 -, Rn. 13 f., juris). Für die Frage der unangemessenen Verzögerung stellt das Oberlandesgericht Stuttgart auf die Situation ab, in der sich der Kündigungsberechtigte befindet. Hier wie dort befand sich der Kläger und Widerbeklagte gerade im Ungewissen darüber, ob er mit einer fristlosen Kündigung zu rechnen hat oder nicht. Zur Überprüfung, ob die Einberufung mit zumutbarer Beschleunigung geschah, zieht das Oberlandesgericht Stuttgart daher die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB als Maßstab heran, wobei es allerdings nicht zwischen der Zeit zur Vornahme der Ladung und der Ladungsfrist differenziert, sondern der Gesamtzeitraum von der Kenntniserlangung bis zum Zusammentritt des Organs gemeint ist. Dieser Maßstab gilt danach jedenfalls dann, wenn der Beklagte und Widerkläger – wie hier – keine Umstände schildert, die eine größere Bemessung der Frist nötig erscheinen lassen (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O. Rn. 15 ff, juris). Danach ist für die Frage der rechtzeitigen Abhaltung der Aufsichtsratssitzung einer AG, die einzige Gesellschafterin der GmbH ist, deren Geschäftsführer gekündigt werden soll, eine Zweiwochenfrist anzusetzen. Wenn die Satzung der AG eine Einberufungsfrist von drei Wochen vorsieht, ggf. maximal von drei Wochen (insofern letztlich offen gelassen in OLG Stuttgart, a.a.O. Rn. 16, juris). Für die Frage der Einberufung des Aufsichtsrats einer GmbH nach §§ 110 AktG, 52 GmbHG mit billigerweise zumutbarer Beschleunigung wurde sogar lediglich eine Wochenfrist als angemessen angesehen (vgl. KG NZG 2000, 101, 102). Zudem besteht nach dem Oberlandesgericht München ein gewichtiges Indiz für die Annahme der unangemessenen Verzögerung der Einberufung einer Gesellschafterversammlung, wenn die vom Dienstberechtigten durchgeführten oder angeordneten Ermittlungen mehr als zwei Wochen in Stillstand geraten. Andernfalls bestehe die Gefahr der Manipulation des Zeitraumes bis zum Ausspruch der Kündigung durch das für die Aufklärung der Kündigungsgründe verantwortliche Organ (vgl. OLG München, Urteil vom 25. März 2009 – 7 U 4835/08 -, Rn. 40, juris).

Vorliegend befanden sich die jedenfalls am 26.08.2013 abgeschlossenen Ermittlungen (dazu s.o.) bereits seit mehr als zwei Wochen in Stillstand als am 30.09.2013, d.h. fünf Wochen nach Kenntniserlangung, überhaupt erst die Einladung zur Verwaltungsratssitzung vom 16.10.2013 erfolgte. Damit war auch die als Maßstab anhand von § 626 Abs. 2 BGB zu bestimmende Zeitspanne zur Einberufung des Verwaltungsrats längst verstrichen. Gründe, die in Bezug auf die hier in Rede stehenden Kündigungsgründe weitere Ermittlungen nötig gemacht hätten wurden nicht dargetan (s.o.). In der vorliegenden Konstellation, die mit keiner der oben geschilderten Konstellationen direkt vergleichbar ist, ist, wie der Beklagte und Widerkläger richtig anführt, zu berücksichtigen, dass den Zeugen B. und Sch. aufgrund ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit ein gewisser Zeitraum zur Sichtung des Sonderprüfberichts, zur organisatorischen Planung der Sitzung und für den Entwurf des Ladungsschreibens zugestanden werden muss. Letztlich mussten sie dafür Sorge tragen, dass die Ladung ordnungsgemäß erfolgt, da damit gerechnet werden musste, dass der Kläger und Widerbeklagte ein hier mangelhaftes Vorgehen beanstanden würde.

Diese Besonderheiten führen jedoch in keinem Fall dazu, dass die Einberufung der Verwaltungsratssitzung vom 16.10.2013 – knapp über sieben Wochen seit der Kenntniserlangung am 26.08.2013 – mit der zumutbaren Beschleunigung geschehen wäre. Schon die Einladung am 30.09.2013, fünf Wochen nach Kenntniserlangung, erfolgte weit zu spät. Die Verwaltungsratssitzung hätte hier im Spannungsverhältnis zwischen der als Maßstab heranzuziehenden Frist des § 626 Abs. 2 BGB und den vorliegenden Besonderheiten vielmehr drei Wochen nach Kenntniserlangung stattfinden müssen. Bei einer solchen fiktiven Einberufung des Verwaltungsrats wäre die Frist des § 626 Abs. 2 BGB bei Ausspruch der Kündigung am 16.10.2013 längst abgelaufen gewesen. Selbst wenn man hier eine Zeitspanne von vier Wochen bis zur Abhaltung der Sitzung für angemessen halten würde, wäre das Ergebnis dasselbe. Erörterungen dazu, welche Zeitspanne den Zeugen hier bis zur Vornahme der Ladung zuzubilligen war und ob die nur als Regelfrist in § 1 Nr. 3 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats ausgestalteten zweiwöchige Ladungsfrist zu beachten war (wogegen einiges spricht, vgl. etwa zu solchen Überlegungen OLG Stuttgart, a.a.O. Rn. 16, juris), erübrigen sich daher. Denn bei einer Zeitspanne von vier Wochen hätten die Zeugen B. und Sch. in jedem Fall mehr als genug Zeit zur Vornahme der Ladung und auch zur Beachtung der Regelfrist aus der Satzung gehabt.

Die Kündigung vom 16.10.2013 war damit in Bezug auf die hier in Rede stehenden Kündigungsgründe verfristet.

Hinsichtlich der übrigen Kündigungsgründe des Sonderprüfberichts ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB – anders als der Kläger und Widerbeklagte meint – jedenfalls nicht durch ein zu langes Zuwarten mit der Einberufung der Verwaltungsratssitzung vom 16.10.2013 versäumt worden.

Diese Kündigungsgründe beziehen sich auf Sachverhalte, die nicht in dem Zwischensachstandsbericht vom 26.08.2016 enthalten waren. Selbst wenn man hypothetisch eine Kenntnis der Zeugen B. und Sch. von diesen Kündigungsgründen am 11.09.2013 (dem Datum des Sonderprüfberichts) unterstellt, hätte ihnen jedenfalls nach den oben ausgeführten Grundsätzen ein Zeitraum von drei Wochen zugestanden, binnen dem die Verwaltungsratssitzung einzuberufen gewesen wäre. Wäre dieser Zeitrahmen genutzt worden, hätte die Sitzung mit der billigender Weise zumutbaren Beschleunigung am 02.10.2013 stattgefunden und der Lauf der Ausschlussfrist aus § 626 Abs. 2 BGB begonnen. Die Kündigung vom 16.10.2013 wäre daher noch rechtzeitig gewesen.

Nach der Beweisaufnahme ist die Kammer ohnehin davon überzeugt, dass die Zeugen B. und Sch. erstmals am 20.09.2013 Kenntnis von diesen übrigen Kündigungsgründen erhielten.

Dies hat der Zeuge E. in seiner Vernehmung vom 05.02.2016 dargelegt (Bl. 613 Rs. f. d.A.). Er habe am 12.09.2013 mit dem Zeugen Sch. zwecks einer Terminabsprache zur Vorstellung der Ergebnisse des Sonderprüfberichts telefoniert. Man habe nicht über die Ergebnisse der Prüfung gesprochen. Bei dem Gespräch sei die Wahl des Termins auf den 20.09.2013 gefallen. An diesem Tag habe das Treffen auch stattgefunden, bei dem er eine Version des Berichts an die Zeugen B. und Sch. überreicht habe. Dabei wisse er aber nicht mehr ob dies schon eine gebundene oder eine noch ungebundene Version gewesen sei. Zwischen dem 26.08.2013 und dem 20.09.2013 habe er nicht mit den Zeugen Sch. und B. über Inhalte des Sonderprüfberichts korrespondiert. Er habe den Sonderprüfbericht am 11.09.2013 im Entwurf per Email an das Ministerium versandt, jedoch nicht an die Zeugen B. und Sch.. Der Prüfbericht trage das Datum vom 11.09.2013, da er dann mehr oder minder die Endfassung dargestellt habe. Wenn später grammatikalische Änderungen vorgenommen würden, ändere man das Datum nicht mehr. Der Bericht sei am 13.09.2013 zur Druckerei gegangen.

Auch der Zeuge K. hat bestätigt (Bl. 615 f. d.A.), dass er für sich soweit ausschließen könne, dass er zwischen dem 26.08.2013 und dem 20.09.2013 mit den Zeugen B. und Sch. über Inhalte des Sonderprüfberichts gesprochen habe. Er könne dies aber aufgrund nicht mehr ganz genauer Erinnerungen nicht zu 100 % ausschließen. Für seine Kollegen könne er nicht sprechen. Er habe hinsichtlich der Fahrtkosten, Reisekosten und des Buches über das Gleitschirmfliegen noch Fragen an den Kläger und Widerbeklagten gehabt, die dieser am 05.09.2013 beantwortet habe. Die Fragen des Zeugen Sch. zur Altersversorgung seien am 03.09.2013 beantwortet worden. Am 20.09.2013 habe bei dem Gespräch mit den Zeugen B. und Sch., an dem er teilgenommen habe, eine Druckversion des Sonderprüfberichts vorgelegen. Ob diese übergeben worden sei wisse er aber nicht mehr.

Zudem hat der Zeuge Sch. bekundet (Bl. 616 Rs. d.A.), er habe ebenfalls abseits des 26.08.2013 nicht mit den Zeugen B. und Sch. über Inhalte gesprochen. Allenfalls habe er mit dem Ministerium gesprochen.

Der Zeuge H. konnte hierzu nur angeben (Bl. 617 Rs. d.A.), dass er nur die ihm zugewiesene Prüfung vorgenommen habe. Sonst sei er weder bei der Fertigung der Berichte involviert gewesen noch habe er Außenkontakte gehabt.

Auch der Zeuge Sch. hat sich nicht an Informationen durch den LPD abseits des Zwischensachstandsbericht vom 26.08.2013 und dem Gespräch vom 20.09.2013 erinnern können (Bl. 618 f. d.A.). Er könne dies nicht 100 % ausschließen, halte das aber für sehr unwahrscheinlich. Am 20.09.2013 sei eine als Entwurf titulierter Version des Prüfberichts übergeben worden. Er sei davon ausgegangen, dass dieses Schriftstück sozusagen den Abschlussbericht darstellte mit den abschließenden Prüfergebnissen. Es sei davon die Rede gewesen, dass noch der endgültige Bericht erstellt würde. Es sei in diesem Zusammenhang davon die Rede gewesen, dass er gebunden werden müsse. Inwiefern sich dies auf die Bindung bezog wisse er nicht mehr, er gehe aber davon aus. Er habe auch vor dem 20.09.2013 keine Email mit dem Sonderprüfbericht von dem Zeugen E. bekommen oder Gespräche hierüber mit dem Sozialministerium geführt. Der telefonische Kontakt mit dem LPD habe sich auf die Terminfestlegung vom 20.09.2013 bezogen.

In diesem Zusammenhang hat der Zeuge B. angegeben (Bl. 619 d.A.), dass bei dem Gespräch am 20.09.2013 ein Entwurf des Sonderprüfberichts übergeben worden sei, den der Zeuge Sch. an sich genommen habe. Außer dem Gespräch am 20.09.2013 und der Übersendung des Zwischensachstandsberichts habe es von ihm keine Kommunikation mit dem LPD gegeben.

Die Aussagen der Zeugen sind miteinander in Einklang zu bringen, widersprechen sich nicht und waren auch sonst überzeugend. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass die Zeugen bestrebt gewesen wären, Angaben zurückzuhalten oder zu verschleiern. Aufgrund der langen Zeitspanne waren die Zeugen erkennbar bestrebt sich nicht zu genau in ihren Erinnerungen festzulegen. Daher fand sich öfter die Einschränkung, dass man sich nicht zu 100 % festlegen wolle. Dies war jedoch einer erkennbaren Bestrebung der Zeugen geschuldet keine falschen Angaben machen zu wollen, was sicherlich damit zusammenhängt, dass seitens des LPD keine einheitliche Akte mit entsprechenden Gesprächsvermerken geführt wurde, sondern dass die Aktenführung (auch durch die verschiedenen Prüfer) jeweils rein aufgaben-/ zweckorientiert und themenbezogen erfolgt. Dies haben die Zeugen bereitwillig und nachvollziehbar erklärt. Da auch die nachträgliche Auffindung des Zwischensachstandsbericht vom 26.08.2013 offen angesprochen und insbesondere seitens des Zeugen Sch. ohne Umschweife erklärt wurde, hat die Kammer keinerlei Veranlassung an den Angaben der Zeugen zu zweifeln, so dass sie von einer Kenntnisnahme der Ergebnisse des Sonderprüfberichts am 20.09.2013 überzeugt ist.

Selbst wenn man den Zeugen B. und Sch. ab diesem Zeitpunkt nur eine – nach Sicht der Kammer hier zu kurze – Zeitspanne von zwei Wochen bis zur Einberufung des Verwaltungsrats zugestehen wollte, hätte diese billigerweise am 04.10.2013 stattfinden müssen, so dass die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB am 16.10.2013 noch nicht abgelaufen wäre.

Eine Verfristung der übrigen Kündigungsgründe aufgrund einer Einberufung des Verwaltungsrats ohne billigerweise zumutbare Beschleunigung kommt daher nicht in Betracht. Allerdings führen die übrigen Kündigungsgründe – wie unten ausgeführt werden wird – nicht zur Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 16.10.2013.

b)

Bezüglich der unter dem 16.10.2015 und 15.04.2016 nachgeschobenen Kündigungsgründe war ein solches Nachschieben vorliegend unzulässig und daher unbeachtlich, worauf die Kammer in der letzten mündlichen Verhandlung hingewiesen hat (Bl. 957 Rs. d.A.). Im Übrigen haben sich die Kündigungsgründe vom 16.10.2015 in der erfolgten Beweisaufnahme auch nicht bestätigt (dazu s.u.).

Grundsätzlich ist ein Nachschieben von Kündigungsgründen im Prozess möglich. Insbesondere steht einem Nachschieben an sich nicht das Fristerfordernis § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB entgegen. Da es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung allein auf die objektive Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Zugangs ankommt und der Arbeitgeber nicht nach § 626 Abs. 1 BGB zur (abschließenden) Angabe der Kündigungsgründe verpflichtet ist, ergeben sich aus dem BGB grundsätzlich keine Beschränkungen, auch nicht aus § 626 Abs. 2 BGB. Die Angabe eines Kündigungsgrundes gehört nicht zum notwendigen Inhalt der Kündigungserklärung. Werden Gründe angegeben, können grundsätzlich weitere Gründe auch noch im Rechtsstreit nachgeschoben werden, soweit sie bei Ausspruch der Kündigung objektiv vorlagen und dem kündigenden Gesellschaftsorgan nicht länger als zwei Wochen zuvor bekannt geworden waren (vgl. insbesondere BAG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 AZR 256/14 -, Rn. 46 juris sowie BGH, Urteil vom 01. Dezember 2003 – II ZR 161/02 -, Rn. 12, juris ; ferner: BAG, Urteil vom 23. Mai 2013 – 2 AZR 102/12 -, Rn. 33, juris ErfK/Müller-Glöge, 16. Auflage, BGB § 626 Rn. 230 m.w.N.).

Vorliegend ergibt sich jedoch eine Besonderheit aus den Anstellungsverträgen des Klägers. In allen der Kammer vorliegenden Verträgen heißt es im Hinblick auf das außerordentliche Kündigungsrecht des Beklagten und Widerklägers: „Die Kündigung bedarf unter Angabe von Gründen der Schriftform“ (vgl. § 2 Abs. 2 zu c) (aa) Anstellungsvertrag v. 11.03.2013, Bl. 9 Rs. d.A. § 2 Abs. 2 zu c) Anstellungsvertrag v. 13.06.2000 und v. 15.03.2012, jeweils Bl. 322 d.A.). Damit wurde ein schriftliches Begründungserfordernis der außerordentlichen Kündigung vereinbart, das die abschließende Aufzählung der Kündigungsgründe verlangt und damit einem Nachschieben von Kündigungsgründen entgegensteht.

Eine Regelung wie in § 22 Abs. 3 BBiG, wonach die Kündigung schriftlich unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen muss, führt dazu, dass sich der Kündigende zur Begründung der außerordentlichen Kündigung nur auf diejenigen Gründe berufen kann, die er im Kündigungsschreiben angibt. Ein Nachschieben von dort nicht aufgeführten Kündigungsgründen ist selbst dann ausgeschlossen, wenn nachgeschobene Kündigungsgründe bereits im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs vorhanden waren, dem Ausbildenden jedoch erst nachträglich bekannt geworden sind (so für den Fall des § 22 Abs. 3 BBiG: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Januar 2008 – 10 Sa 845/06 -, Rn 38, juris). Ferner wurde für die Vorgängerregelung in § 15 Abs. 3 BBiG a.F. in anderem rechtlichen Zusammenhang höchstrichterlich entschieden, dass die Nichtigkeit einer Kündigung wegen fehlender oder nicht ausreichender schriftlicher Angabe des Grundes nach § 125 BGB nicht durch eine spätere Nachholung der Begründung geheilt werden kann (so BAG, Urteil vom 22. Februar 1972 – 2 AZR 205/71 -, BAGE 24, 133, Rn. 22). Da es im Hinblick auf die Wirksamkeit einer Kündigung auf die objektive Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Zugangs ankommt, kann dann nichts Anderes geltend, wenn ein solches Schriftformerfordernis individualvertraglich festgelegt wurde. Die Regelungen in § 22 Abs. 3 BBiG und § 9 Abs. 3 S. 2 MuSchG sind die normativen Vorbilder für eine solche individualvertragliche Vereinbarung. Mit einem solchen Begründungsgebot verfolgen die Parteien einen über den bloßen Sinn der Schriftform für die Kündigungserklärung hinausgehenden Zweck. Die Verpflichtung, im Falle einer Kündigung die Kündigungsgründe anzugeben, dient dem Interesse des Gekündigten, schon bei Ausspruch der Kündigung über deren Gründe informiert zu werden. Dadurch wird er in die Lage versetzt, zeitnah zu überprüfen, ob eine gerichtliche Auseinandersetzung über die Wirksamkeit der Kündigung sinnvoll erscheint. Eine verlässliche Entscheidungsgrundlage schafft nur eine schriftliche Angabe der Gründe (vgl. BAG, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 2 AZR 845/11 -, Rn. 24, juris).

Sofern der Beklagte und Widerkläger hiergegen argumentiert, es hieße in den jeweiligen vertraglichen Regelungen zur außerordentlichen Kündigung lediglich, dass diese schriftlich unter Angabe von Gründen erfolgen müsse, was gerade nicht die Angabe der, d.h. aller, Gründe bedeute, kann diesem Verständnis nicht gefolgt werden. Eine Auslegung der Regelung nach §§ 133, 157 BGB führt zu dem Ergebnis, dass die Parteien hiermit nur gemeint haben können, dass der Beklagte und Widerkläger im Falle der außerordentlichen Kündigung alle für die Kündigung maßgeblichen Gründe schriftlich angeben muss. Der von dem Beklagten und Widerkläger bemühten Auslegung ist insoweit zwar zuzugestehen, dass diese auf einem misslich gewählten Wortlaut der Regelung beruht, allerdings würde diese Auslegung den Sinn der Regelung geradezu entleeren, so dass diese für den Kläger und Widerbeklagten wertlos und damit überflüssig wäre. Dann hätte man es nämlich bei der gesetzlichen Regelung belassen können. Nach § 626 Abs. 2 S. 3 BGB hat der Gekündigte ohnehin einen Anspruch gegen den Kündigenden, dass dieser ihm auf Verlangen alle Kündigungsgrunde vollständig und wahrheitsgemäß bekanntgibt (vgl. ErfK/Müller-Glöge, 16. Auflage, BGB § 626 Rn. 242 f.). Eine vertragliche Vereinbarung, die zur Wirksamkeit der Kündigung lediglich die Angabe von überhaupt irgendeinem Kündigungsgrund ohne Anspruch auf Vollständigkeit verlangt, würde dem Kläger und Widerbeklagten hier keinerlei Vorteil bringen. Der Beklagte und Widerkläger könnte dann nämlich lediglich belanglose Kündigungsgründe angeben und den gewichtigen Teil der Gründe zurückhalten. Der Kläger wäre dann zur Erlangung vollständiger Klarheit ohnehin auf die Inanspruchnahme seines Rechts aus § 626 Abs. 2 S. 3 BGB angewiesen, da er sich der Kündigungsgründe nie zeitnah sicher sein könnte. Dies ist jedoch gerade der Zweck der Vereinbarung der schriftlichen Angabe der Kündigungsgründe (s.o.). Daher macht die Vereinbarung aus den Anstellungsverträgen dem rechtlichen Zusammenhang nach und angesichts der erkennbaren Interessen der Parteien nur Sinn, wenn sie dahin verstanden wird, dass der Beklagte und Widerkläger zur Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung die Kündigungsgründe vollständig schriftlich angeben muss. Die Regelung beabsichtigt eindeutig, die Rechtsstellung des Klägers und Widerbeklagten gegenüber der gesetzlichen Regelung zu verbessern, was nur durch dieses Verständnis erreicht wird. Ein objektiver und verständiger Betrachter kann sie nur so verstehen. Dafür, dass hier dagegen seitens der Parteien eine dem Kläger und Widerkläger letztendlich nutzlose, seine Rechtsstellung nicht entscheidend verbessernde Regelung angestrebt wurde, lassen sich keinerlei überzeugende Gründe heranführen.

c)

Die Tatsache, dass der Kläger und Widerbeklagte gegenüber dem Beklagten und Widerkläger im Jahr 2012 und 2013 Tankvorgänge für Privatfahrten in Österreich abrechnete, führt nicht zur Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung.

Unabhängig von der Frage, ob es dem Kläger und Widerbeklagten hier überhaupt möglich ist die Tankvorgänge in Österreich abstrakt mit Nichtwissen zu bestreiten, ist die Kammer davon überzeugt, dass er solche Tankvorgänge abrechnete. Der Beklagte und Widerkläger hat entsprechende Tankbelege vorgelegt (Bl. 845 ff. d.A.), die belegen, dass der Kläger und Widerbeklagte diese zur Abrechnung von Tankvorgängen an einer Tankstelle in H. (Österreich) vom 31.03.2013, 12.09.2012, 26.09.2012, 01.05.2013, 10.05.2013, 19.06.2013, 29.06.2013 und 15.09.2013 vorgelegt hat. Das dort aufgeführte Kennzeichen A….. stimmt mit dem Kennzeichen überein, das nach dem Vorbringen des Beklagten und Widerklägers dem Dienstfahrzeug des Klägers und Widerbeklagten zuzuordnen ist.

Dem Kläger und Widerbeklagten war es erlaubt, Tankvorgänge, die anlässlich von Privatfahrten im Ausland stattfanden, gegenüber dem Beklagten und Widerkläger abzurechnen, was aus Ziff. 1 Abs. 2 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ (Bl. 12 d.A.) wie auch bereits aus dem gleichlautenden § 8 Abs. 2 des Anstellungsvertrags vom 15.03.2012 (rechte Spalte Bl. 328 d.A.) folgt. Dies ergibt die Auslegung der Regelung nach §§ 133, 157 BGB.

Für dieses Verständnis der Regelung streitet zunächst schon der objektive Wortlaut der Vereinbarung. Der Passus „innerhalb Deutschlands“ bezieht sich lediglich auf den durch Kommata vom Rest der Regelung abgetrennten Satzteil betreffend die Gebühren für Autobahnen oder Landstraßen und nicht auf die vorstehend erwähnten Kraftstoffkosten. Insofern heißt es: „[…] einschließlich Kraftstoffkosten, Gebühren für Autobahnen oder Landstraßen innerhalb Deutschlands,[…]“.

Dieses Verständnis der Regelung wird zudem durch die Aussagen der Zeugen K. und St. gestützt, die die Vereinbarung mit dem Kläger abschlossen.

Der Zeuge K. hat bei seiner Vernehmung am 20.05.2016 (Bl. 935 Rs. ff. d.A.) angegeben, er könne sich noch an den Abschluss der in Rede stehende Vereinbarung gemeinsam mit dem Zeugen St. und dem Kläger und Widerbeklagten erinnern. Sie seien dabei davon ausgegangen, dass der Dienstwagen auch im Ausland sowohl dienstliche wie auch eine privat genutzt werden dürfe. Dabei sei für ihn klar gewesen, dass im Ausland auf Kosten des Beklagten und Widerklägers getankt werden darf. Dabei sei nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden. Für ihn sei es vollkommen klar gewesen, dass aufgrund dieser Regelung ein Tanken im Ausland sowohl bei privaten wie auch dienstlichen Fahrten erlaubt sei. Insbesondere bei dienstlichen Fahrten ins Ausland müsse es vollkommen klar sein, dass dann auch im Ausland getankt werden dürfe. Nach Vorhalt des Wortlauts aus Ziff. 1 Abs. 2 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/ Handys“ und dem Hinweis, dass dieser gleichlautend mit § 8 Abs. 2 Anstellungsvertrag vom 15.03.2012 (rechte Spalte Bl. 328 d.A.) sei, hat der Zeuge angegeben, dass der Wortlaut so zu verstehen sei, dass man auf die Gefahr einer Einführung von Mautkosten in Deutschland eingehen habe wollen. Damit habe nur ausgeschlossen werden sollen, dass der Kläger und Widerbeklagte in Deutschland Mautkosten zahlen müsse. Diese hätten dann vom MDK getragen werden sollen. Der Passus sei nicht derart zu verstehen, dass die Kraftstoffkosten außerhalb Deutschlands nicht mehr übernommen werden sollten.

Der Zeuge St. hat zur in Rede stehenden Thematik der Kraftstoffkosten am 20.05.2016 ausgesagt (Bl. 938 Rs. ff. d.A.), dass er sich an die Regelungen mit dem Kläger und Widerbeklagten im Rahmen der Anstellungsverträge erinnern könne. Sie hätten mit diesem vereinbart, dass die Kraftstoffkosten generell von dem Beklagten und Widerkläger zu ersetzen seien. Im Rahmen dieser Gespräche sei auch das Thema der Einführung einer Maut in aufgekommen. Hier hätten sie klarstellen wollen, dass bei Einführung einer solchen Maut in Deutschland auch diese Kosten seitens des Beklagten und Widerklägers erstattet würden. Er erinnere sich noch, dass in diesem Zusammenhang das Stichwort Vignetten gefallen sei. Man habe aber nicht gewollt, dass dem Kläger und Widerbeklagten Mautkosten im Ausland erstattet würden. Nach Vorhalt des Wortlaut aus den Anstellungsverträgen bzw. der Zusatzvereinbarung hat der Zeuge ebenfalls erklärt, dass er dahin richtig verstanden worden sei, dass die dort gewählte Formulierung „innerhalb Deutschlands“ sich nur auf die Gebühren für Autobahn und Landstraßen beziehe, nicht auf die Kraftstoffkosten. Auf die Frage, wie es sich verhalten hätte, wenn der Kläger dienstlich auf einer Reise in die Schweiz unterwegs gewesen wäre, dort eine Vignette hätte kaufen müssen und ob diese ihm dann erstattet worden wäre, könne er sagen, dass sie sich damals nicht so konkrete Gedanken gemacht hätten.

Desweiteren spricht gegen dieses Verständnis auch nicht die Entwicklung der Anstellungsverträge des Klägers und Widerbeklagten, wie sie in dem Sonderprüfbericht des LPD dargestellt wurde. Nach der dortigen Schilderung (Bl. 77 d.A.) war zunächst im Anstellungsvertrag vom 13.06.2000 eine unentgeltliche private Nutzung des Dienstfahrzeuges geregelt, die mit Vereinbarung vom 15.07.2004 auf eine unentgeltliche Nutzung im In- und Ausland konkretisiert wurde. Sofern der LPD dann davon ausgeht, dass die nunmehrige Regelung eine Abweichung hiervon darstelle und die Kostenübernahme für die private Nutzung auf Kosten innerhalb Deutschlands beschränkt worden sei, überzeugt dies nicht. Zum Einen folgt dies aus dem dargestellten Wortlaut der Regelung, zum Anderen aus den glaubhaften Darlegungen der Zeugen, die die jetzige vertragliche Regelung zu verantworten haben. In diesem Kontext wird dagegen sogar klar, dass vielmehr ein Fortbestand der bisherigen alten Regelungen angedacht gewesen ist, und man lediglich eine Extraregelung für zukünftig etwaig geschaffene Mautgebühren in Deutschland hinzugenommen hat. Aus der Nichterwähnung des Auslands folgt jedenfalls nicht, dass Kraftstoffkosten dort nicht übernommen werden würden. Letztlich steht dem Kläger und Widerbeklagten eine private Nutzung von bis zu 30.000 km im Jahr zu. Ob diese private Nutzung im In- oder Ausland erfolgt ist letztlich egal, da es sich jeweils um die dem Kläger und Widerbeklagten zustehende private Verwendung des Dienstfahrzeugs handelt.

Auch ergibt sich aus diesem Verständnis der Regelung kein sinnlogischer Widerspruch. Dies auch nicht bei gedanklicher Einbeziehung der Thematik eines Vignettenkaufs bei einer Dienstfahrt. Dies wird im Zusammenspiel mit § 7 Abs. 2 des Anstellungsvertrages (Bl. 10 Rs. d.A.) deutlich. In letzterer Bestimmung ist geregelt, dass der Geschäftsführer seine Auslagen für Dienstfahrten nach dem Landesgesetz über die Reisekostenvergütung für Landesbeamte Rheinland-Pfalz erstattet bekommt. Auslagen sind auch Mautkosten für die Straßennutzung – egal ob innerhalb oder außerhalb Deutschlands. Damit sind dem Geschäftsführer lediglich Mautkosten für Privatfahrten im Ausland nicht zu ersetzen, was sinnlogisch erscheint, da diese nicht wie Tankkosten zwingend bei der ihm zustehenden privaten Nutzung des Dienstwagens anfallen, sondern weil er den Dienstwagen privat in einer Mautgebühren auslösenden Weise nutzt. Wenn dann seitens des Klägers und Widerbeklagten zusammen mit den Zeugen K. und St. angedacht gewesen ist, klarzustellen, dass der Kläger innerhalb Deutschlands eventuell zukünftig anfallende Mautgebühren nicht zu tragen hat, ist dies nachvollziehbar. Schließlich ist klar, dass der Kläger und Widerbeklagte das Dienstfahrzeug hauptsächlich innerhalb Deutschlands privat wie dienstlich nutzen wird und ihm dabei keinerlei Kosten entstehen sollen. Das ist der typische Zweck, der mit der Zurverfügungstellung eines Dienstfahrzeugs beabsichtigt ist.

Ebenso geht die Argumentation des Beklagten und Widerklägers fehl, wenn er anführt, er wolle als Körperschaft des öffentlichen Rechts nichts mit Urlaubsfahrten des Klägers und Widerbeklagten im Ausland zu tun haben und dass aus diesem Grund die vorstehende Auslegung der Vereinbarung abwegig sei. Nach dieser Argumentation müsste der Beklagte und Widerkläger Kraftstoffkosten für Urlaubsfahrten des Klägers und Widerbeklagten innerhalb Deutschlands, nicht jedoch im Ausland finanzieren. Diese Trennung ist nicht nachzuvollziehen. Dem Kläger steht das Dienstfahrzeug für Privatfahrten zur Verfügung. Eine Einschränkung wie und wo diese stattzufinden haben enthält die Vereinbarung nicht. Auch Urlaubsfahrten sind Privatfahrten – gleich mit welchem Ziel. Eine Trennung in Auslandsfahrten und Inlandsfahrten ist rein willkürlich, zudem wurde eine Höchstgrenze für Privatfahrten von 30.000 km im Jahr festgelegt, die in beiden Fällen einzuhalten ist.

Sofern der Beklagte und Widerkläger hier argumentiert (vgl. Bl. 861 d.A.), auf die Zeugen K. und St. komme es von vornherein nicht an, da es ihnen an der maßgeblichen Vertretungsmacht zum Abschluss der Verträge gemangelt habe und es hier nur auf den Willen des Verwaltungsrats ankomme, so dass aus ihren Angaben gegenüber dem Kläger und Widerbeklagten kein Vertrauenstatbestand abgeleitet werden könne, kann dem nicht gefolgt werden. Daran ändert auch die beklagten- und widerklägerseits erfolgte Inbezugnahme des Urteils des OLG Hamm vom 03.03.2016 (OLG Hamm, Urteil vom 03. März 2016 – I-27 U 24/15, 27 U 24/15 -, Rn. 77 ff., juris) nichts.

Zunächst sind Verträge nicht einseitig nach dem Willen einer Vertragspartei auszulegen. Wenn zwischen den Parteien Uneinigkeit über die Auslegung besteht – wie hier – ist der betreffende Vertragsteil nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. Diese Auslegung ergibt für sich bereits das gerichtlich festgestellte Ergebnis. Die Aussagen der Zeugen stützen dieses dabei in maßgeblicher Weise. Der Verwaltungsrat muss die Intentionen der Zeugen hier auch gegen sich gelten lassen. Zum Einen geht die Kammer zumindest von einer wirksamen Rechtsscheinvollmacht der beiden Zeugen als damalige alternierende Verwaltungsratsvorsitzende aus (s.u.). Zum Anderen betrifft das von dem Beklagten und Widerkläger angeführte Urteil auch eine gänzlich andere Sachverhaltskonstellation. Dort wurde der Vertrag durch den Verwaltungsrat in Sitzungen durch Beschlüsse gebilligt bevor er abgeschlossen wurde. Es fanden lediglich Vorgespräche mit dessen Vorsitzenden statt wobei der dortige Kläger positive Kenntnis von einer im Rahmen von Vorgesprächen nicht bestehenden Vertretungsmacht des Vorsitzenden hatte. Das OLG Hamm hat es dem Kläger daher verwehrt, sich aufgrund eines Rechtsscheins auf Aussagen des Vorsitzenden bei den Vorgesprächen zu stützen (OLG Hamm, Urteil vom 03. März 2016 – I-27 U 24/15, 27 U 24/15 -, Rn. 78 ff., juris).

Würde man der Argumentation der Beklagten- und Widerklägerseite im Übrigen folgen und die Anstellungsverträge nebst zusätzlichen Vereinbarungen aus den Jahren 2012 und 2013 als unwirksam erachten, hätte der Kläger und Widerbeklagte nicht gegen diese verstoßen können. Sein Verhalten wäre dann jedenfalls nicht zu beanstanden. Dann könnte man nämlich nur auf die im Sonderprüfbericht erwähnte Vereinbarung vom 15.07.2004 abstellen, in der eine unentgeltliche Nutzung des Dienstfahrzeugs im In- und Ausland konkretisiert wurde (s.o.). Dann hätte sich der Kläger und Widerbeklagte selbst nach der Argumentation des Sonderprüfberichts, auf die sich der Beklagte und Widerkläger beruft, nichts zu Schulden kommen lassen.

d)

Die außerordentliche Kündigung kann mangels Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht auf die im Jahr 2009 erfolgte Übersendung der 50 Bücher über das Gleitschirmfliegen an die Verwaltungsratsmitglieder gestützt werden. Zudem ist hierin auch kein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB zu sehen, der eine fristlose Kündigung des Klägers und Widerbeklagten rechtfertigen würde.

Die Beschaffung der Bücher auf Kosten des Beklagten und Widerklägers durch den Kläger und Widerbeklagten stellt für sich genommen einen Verstoß gegen die von dem Kläger und Widerbeklagten bei der Führung der Geschäfte nach §§ 279 Abs. 4, 281 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 69 Abs. 2 SGB IV i.V.m § 8 Abs. 2 der Richtlinien für den Geschäftsführer (Bl. 216 d.A.) geltenden Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dar. Die Beschaffung diente nicht der Aufgabenerfüllung des Beklagten und Widerklägers, war nicht dienstlich veranlasst und stellte in dieser Form auch keine dort geübte Praxis dar, was aus der Vernehmung der beiden Zeugen K. und St. deutlich wurde. Daher stellte die Beschaffung der Bücher insofern einen Verstoß gegen die genannten Grundsätze dar (vgl. Burdinski in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 69 SGB IV, Rn. 25 ff.). Die Übersendung der Bücher als „Aufmerksamkeit“ an die Verwaltungsratsmitglieder ist in diesem Rahmen auch nicht durch die „Richtlinien für die Repräsentation und Bewirtung für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz“ (Bl. 878 ff. d.A.) gedeckt. Die im Abschlussbericht des Polizeibeamten F. vom 14.04.2014 wiedergegebene Aussage des Haushaltsbeauftragten des Beklagten und Widerklägers, Herrn J. Müller, wonach zur Anschaffung der Bücher einen Haushaltsposten für die Geschäftsführung vorhanden sei, sagt in diesem Zusammenhang nichts darüber aus, ob dieser Posten für solche Anschaffungen auch angegangen werden darf (Bl. 171 d.A.).

An dieser grundsätzlichen Wertung ändert auch die von den damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden, den Zeugen K. und St., bestätigte Billigung bzw. Aufforderung zur Bestellung der Bücher durch sie nichts.

Beide Zeugen haben bei ihrer jeweiligen Vernehmung vom 20.05.2016 übereinstimmend angegeben, dass die Idee der Anschaffung der Bücher sowie deren Übersendung an die Verwaltungsratsmitglieder auf ihre Initiative zurückzuführen sei (Bl. 937 f. sowie Bl. 940 d.A.).

Die Pflichtverletzung des Beklagten kann jedoch nicht wegen der Initiierung des Bücherkaufs durch die damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden entfallen. Denn der Beklagte war in diesem Fall dazu verpflichtet, auf die nicht dienstliche Veranlassung des Erwerbs der Bücher hinzuweisen, was er unstreitig nicht tat (vgl. zum vergleichbaren Fall des Vorstands einer gesetzlichen Krankenkasse: LG Bochum, Urteil vom 15. Januar 2015 – 3 O 430/12, Rn. 30, juris). Die Pflichtverletzung würde selbst bei einer Billigung des Verhaltens des Klägers und Widerbeklagten durch den Verwaltungsrat nicht entfallen. Die Pflicht des Klägers und Widerbeklagten, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten, hängt von einer solchen Billigung nicht ab. Im Gegenteil handelt selbst der Verwaltungsrat pflichtwidrig, wenn er einem Geschäft zustimmt, das unter Verstoß gegen die vorstehenden Grundsätze getätigt wird. Der Verwaltungsrat ist ebenfalls an diese Grundsätze gebunden, § 281 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 69 Abs. 2 SGB IV (vgl. LG Bochum, a.a.O. Rn. 52).

Allerdings ist vorliegend anzunehmen, dass den Verwaltungsratsmitgliedern bei Erhalt der Bücher klar gewesen ist, dass diese (höchst wahrscheinlich) mit Mitteln des Beklagten und Widerklägers beschafft wurden und daher die Frist des § 626 Abs. 2 BGB für die außerordentliche Kündigung nicht eingehalten wurde.

Dem zu dieser Frage angebotenen Zeugenbeweis der Beklagten- und Widerklägerseite wonach die Verwaltungsratsmitglieder nicht davon ausgehen hätten müssen, dass die Bücher mit Mitteln des MDK aufgewandt worden seien (Bl. 296 d.A.), war nicht nachzugehen. Die Beweisfrage ist entweder auf die Abgabe von subjektiven Vermutungen der drei angebotenen Zeugen gerichtet oder aber sie dient der Ausforschung der Zeugen, da hier keinerlei Tatsachen vorgebracht werden, aus denen sich ein Schluss ziehen ließe, wovon die Mitglieder des Verwaltungsrats auf welcher Grundlage hätten ausgehen dürfen oder auch nicht. Letzteres wäre aber nötig gewesen, insbesondere ließe sich nur hierüber feststellen, ob eine bloß fahrlässige Unkenntnis des Kündigungsgrundes vorliegen könnte. Sofern der Beklagte und Widerkläger dieses Beweisangebot nach Hinweis der Kammer später dahin umformuliert, dass der Verwaltungsrat nicht über die Herkunft der Mittel für die Bücher informiert worden sei (Bl. 834 d.A.), konnte dies dahinstehen, da es vorliegend nicht auf eine explizite (Nicht-)Information des Verwaltungsrats als Plenum ankommt.

Die Zeugen K. und St. haben, im Rahmen ihrer jeweiligen Vernehmung, angegeben, dass den Mitgliedern des Verwaltungsrats bereits in der Vergangenheit von dem Kläger und Widerbeklagten mitverfasste Fachbücher mit Bezug zum Beklagten und Widerkläger übersandt worden seien (Bl. 936 Rs. f. sowie Bl. 939 Rs. f. d.A.). Von einer üblichen Übersendung fachfremder Bücher an die Verwaltungsratsmitglieder war jedoch nicht die Rede. Zu diesen Angaben der Zeugen und auch ihrer Bestätigung der Veranlassung des Bücherkaufs durch sie passt der Inhalt des durch sie in ihrer Eigenschaft als alternierende Verwaltungsratsvorsitzende an die Verwaltungsratsmitglieder übersandten Schreibens vom 10.08.2009, das der Übersendung der Bücher beilag (s. S. 33 f. des Sonderprüfberichts, Bl. 98 f. d.A.). In diesem unter dem Briefkopf des Beklagten und Widerklägers verfassten Schreiben werden die Verwaltungsratsmitglieder darauf hingewiesen, dass der Kläger und Widerbeklagte „wieder ein neues Buch heraus gebracht“ habe, welches „diesmal nicht wie gewohnt ein Fachbuch, sondern ein Reisebuch mit dem Gleitschirm“ sei. Weiter heißt es direkt im ersten Satz des Begleitschreibens: „vielleicht überlegen Sie, was der Titel des Buches mit dem MDK Rheinland-Pfalz zu tun hat?“. Letztlich endet das Schreiben damit, dass man anhand des Buches „Einblicke in die Gedankenwelt und zu Ansichten und Überzeugungen „unseres“ Geschäftsführers“ gewinnen könne und die beiden Zeugen sich entschlossen hätten, den Verwaltungsratsmitgliedern aus diesem Grund ein Exemplar als Urlaubslektüre zukommen zu lassen. Das Schreiben führt ferner als Ansprechpartner den Kläger und Widerkläger an und trägt damit unverkennbar seinen dienstlichen Charakter nach außen.

Vor diesem Hintergrund war den Verwaltungsratsmitgliedern klar, dass es sich bei der Übersendung der Bücher um eine Übersendung durch den Beklagten und Widerkläger handelte, initiiert von den beiden Verwaltungsratsvorsitzenden unter offensichtlicher (organisatorischer) dienstlicher Beteiligung des Klägers und Widerbeklagten. Die Behauptung des Beklagten und Widerklägers, die Verwaltungsratsmitglieder hätten nicht gewusst, dass es sich um eine mit Mitteln des Beklagten und Widerklägers finanzierte Übersendung handelte, ist eine prozesstaktische Behauptung, die jeder tatsächlichen Grundlage entbehrt. Bei einem solch offiziellen Schreiben konnte man nicht davon ausgehen, dass es sich um ein privat finanziertes Geschenk handeln könnte, auch wenn es in dem Schreiben heißt, dass sich die Zeugen dazu entschlossen hätten, das Buch als Urlaubslektüre an die Verwaltungsratsmitglieder herauszugeben. Das Schreiben bietet aus sich heraus keinerlei Anlass, eine Finanzierung durch die beiden Zeugen oder gar den Kläger annehmen zu können. Von einem privaten Geschenk ist weder die Rede noch bedürfte es dann eines solch offensichtlich dienstlichen Schreibens. Anders würde auch die zu Beginn des Schreibens erfolgende Erwähnung des offensichtlich fehlenden Bezugs zum Beklagten und Widerkläger und die folgende Begründung für die Übersendung keinen Sinn ergeben. Einer solchen bedürfte es gerade nicht, wenn es sich um ein privates Geschenk handeln würde. Die Zeugen traten hier erkennbar in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsratsvorsitzende auf und nannten den Kläger und Widerbeklagten und damit den Geschäftsführer des Beklagten und Widerklägers als Ansprechpartner in dieser Sache. Damit war die Beschaffung der Bücher durch den Beklagten und Widerkläger klar. Dass diesem die Bücher kostenlos zur Verfügung gestellt worden sein könnten wird weder behauptet, noch ergibt sich dies aus dem Sinnzusammenhang des Schreibens. Im Gegenteil wird, wie dargelegt, ausgeführt, dass der Kläger und Widerbeklagte ein neues Buch herausgebracht habe und die Zeugen sich entschlossen hätten, dieses als Urlaubslektüre zu übersenden. Es wird gerade nicht gesagt, dass die Zeugen oder etwa der Kläger und Widerbeklagte die Bücher als Urlaubslektüre für die Verwaltungsratsmitglieder zur Verfügung gestellt habe. Dies wäre in diesem Fall aber wohl zu erwarten gewesen. Eine Finanzierung der Bücher mit Mitteln des Beklagten und Widerklägers war danach klar, zumindest aber ohne weiteres erkennbar höchst wahrscheinlich.

Damit hat der Beklagte und Widerbeklagte nicht darlegen können, dass eine Kenntnis der Verwaltungsratsmitglieder von der auf Kosten des Beklagten und Widerklägers erfolgten Büchersendung erst aufgrund der ausdrücklichen Information mit der Übersendung des Sonderprüfberichts bzw. dessen Besprechung in der Verwaltungsratssitzung vom 16.10.2013 als Plenum gegeben war. Vielmehr liegt hier ganz eindeutig auf der Hand, dass den Verwaltungsratsmitgliedern des Jahres 2009 aufgrund der Art und Weise der Übersendung bekannt gewesen ist, dass es sich hier (zumindest höchst wahrscheinlich) um eine mit Mitteln des Beklagten und Widerklägers finanzierte Büchersendung handelt.

Für den Fristbeginn i.S.d. § 626 Abs. 2 BGB kommt es auf die sichere und möglichst vollständige positive Kenntnis des Verwaltungsrats der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen an (s.o.). Nicht ausreichend ist die Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Anlasses, d. h. des „Vorfalls”, der einen wichtigen Grund darstellen könnte. Dem Kündigungsberechtigten muss eine Gesamtwürdigung möglich sein. Ohne umfassende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt kann er sein Kündigungsrecht nicht verwirken. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann dann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Solange er die Aufklärung des Sachverhalts betreibt und auch die gegen eine außerordentliche Kündigung sprechenden Gesichtspunkte ermittelt, kann die Ausschlussfrist nicht beginnen.Sie ist allerdings nur solange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte aus verständlichen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen anstellt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts und der notwendigen Beweismittel verschaffen sollen (vgl. BAG NZA 2007, 744, 746 sowie NJW 1994, 1675, 1676).

Nach diesen Grundsätzen lag bei dem Verwaltungsrat in den darauffolgenden Verwaltungsratssitzungen die Kenntnis von dem in Rede stehenden Kündigungsgrund vor, da sich die Mitglieder als Plenum versammelten (s. dazu oben). Sie hatten auch die Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen (Finanzierung der Büchersendung mit Mitteln des Beklagten und Widerklägers). Hier steht auch nicht lediglich ein Kennenmüssen oder eine grobfahrlässige Unkenntnis zur Debatte, die für den Fristbeginn nicht genügen würden (vgl. BGH, Urteil vom 09. April 2013 – II ZR 273/11 -, Rn. 15, juris sowie BAG jeweils a.a.O.). Für eine grobfahrlässige Unkenntnis der Mittelaufbringung durch den Beklagten und Widerkläger liegen keine greifbaren Anhaltspunkte vor (s.o.). Solche hätten von dem beweisbelasteten Beklagten und Widerkläger dargelegt werden müssen. Von einer fahrlässigen Unkenntnis oder einem bloßen Kennenmüssen der Mitglieder des Verwaltungsrats in Bezug auf die  Mittelaufbringung für die Bücher durch den Beklagten und Widerkläger zu sprechen, wäre aufgrund der Klarheit des Schreibens der Zeugen St. und K. eine nicht belegbare Unterstellung.

Dem Verwaltungsrat wäre es im Rahmen der Sitzungen auch möglich gewesen, die Frage der Übersendung der fachfremden Bücher auf die Tagesordnung zu setzen um die nötigen Ermittlungen anstellen zu können. Über die Tagesordnung wird zu Beginn jeder Sitzung abgestimmt, wobei Angelegenheiten, die nicht auf der Tagesordnung stehen auf diese zu setzen sind, wenn dies ein Drittel der anwesenden Mitglieder des Verwaltungsrates fordert (§ 9 Abs. 1 und 3 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates, Bl. 131 d.A.). Der Verwaltungsrat konnte dann aber die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht über einen Zeitraum von vier Jahren (2009 bis 2013) dadurch hinauszögern indem er es schlichtweg unterließ sich in der nächsten Sitzung mit dem den Mitgliedern bekannten Sachverhalt zu befassen. Eine Fristhemmung konnte mangels jeder Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts auch nicht eintreten (vgl. BAG jeweils a.a.O.).

Die Nichtbefassung des Verwaltungsrats mit diesem Sachverhalt zeigt im Gegenteil sogar, dass der Verwaltungsrat diesen unbeanstandet zur Kenntnis nahm und dem Kläger und Widerbeklagten hieraus ganz offenbar keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden sollte.

Selbst wenn man dies anders sehen wollte und von einer Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgehen wollte, würde die hier in Rede stehende Pflichtverletzung des Klägers- und Widerbeklagten für sich genommen nicht ausreichen, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

Die fristlose Kündigung eines Dienstverhältnisses ist gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann, § 626 Abs. 1 BGB (vgl. BGH NJW 2000, 1638, 1638). Dabei ist zunächst unter Außerachtlassung der Thematik der ordentlichen Unkündbarkeit darauf abzustellen, ob ein Kündigungssachverhalt vorliegt, der so schwerwiegend ist, dass auch einem ordentlich kündbaren Beschäftigten fristlos hätte gekündigt werden können (BAG, Urteil vom 02. März 2006 – 2 AZR 53/05 -, Rn. 44, juris). Sollte dies nicht der Fall sein, ist die ordentliche Unkündbarkeit des Beschäftigten in die Interessenabwägung miteinzubeziehen. Bei einem unkündbaren Beschäftigten ist auch dann ein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung gegeben, wenn dem Kündigenden die Weiterbeschäftigung des Betreffenden zwar für die Dauer einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist zumutbar, die Weiterbeschäftigung darüber hinaus (ggf. bis zur Erreichung des Pensionsalters) aber unzumutbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 13. April 2000 – 2 AZR 259/99 -, BAGE 94, 228-245, Rn. 40). Bei der anzustellenden Interessenabwägung ist ferner zu berücksichtigen, dass einer fristlosen Kündigung von Leitungsorgangen mit Arbeitgeberfunktion, wie hier dem Kläger und Widerbeklagten, keine Abmahnung vorausgehen muss (vgl. BGH a.a.O. sowie NZG 2002, 46, 47 und NZG 2007, 674, 674).

Die nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Interessenabwägung führt in der hier vorliegenden Konstellation nicht dazu, dass ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Klägers und Widerbeklagten vorliegt.

Im Zeitpunkt der Kündigung war der Kläger und Widerbeklagte bereits 15 Jahre bei dem Beklagten und Widerkläger angestellt, wobei die Übernahme der Aufgaben als Geschäftsführer vom 01.10.1998 bis zu seiner Bestellung am 13.06.2000 kommissarisch erfolgte. Die fiktive ordentliche Kündigungsfrist würde hier demnach nach § 622 Abs. 2 Nr. 6 BGB analog sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats betragen.

Vorliegend ist kein Sachverhalt gegeben, der so schwerwiegend ist, dass auch einem ordentlich kündbaren Beschäftigten fristlos hätte gekündigt werden können. Dies würde nämlich voraussetzen, dass die Vertrauensgrundlage dermaßen schwer gestört ist, dass jede weitere Zusammenarbeit für den Kündigenden unzumutbar ist, so dass es auf die Frage, wie lange das Arbeitsverhältnis noch dauerhaft – fiktiv – bestehen könnte, nicht ankommt (vgl. BAG, Urteil vom 02. März 2006 – 2 AZR 53/05 -, Rn. 44, juris). Hierfür reicht das pflichtwidrige handeln des Klägers und Widerbeklagten jedoch unter Berücksichtigung der konkreten Situation nicht aus. Vorliegend handelt es sich zwar um einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund, der oftmals dazu führt, dass das Vertrauensverhältnis so schwer gestört ist, dass eine Weiterbeschäftigung unter keinen Umständen in Betracht kommt. Vorliegend kann jedoch von einer solch schweren Beschädigung des Vertrauensverhältnisses nicht die Rede sein.

Dies folgt zunächst daraus, dass die Mitwirkung des Klägers und Widerbeklagten bei der Beschaffung der Bücher auf Wunsch der Zeugen K. und St. aufgrund des oben erwähnten Schreibens vom 10.08.2009 hinreichend erkennbar war. Der Kläger und Widerbeklagte handelte hier gerade nicht hinter dem Rücken des Verwaltungsrates, durch das Schreiben wurden dessen Mitglieder von dem maßgeblichen Sachverhalt gerade in Kenntnis gesetzt. Auch ist hier nach dem auch im Rahmen einer fristlosen Kündigung geltenden Prognoseprinzip die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt, da im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits vier Jahre vergangen waren und ganz offensichtlich keine weiteren Verfehlungen solcher Natur vorgekommen sind. Dies wäre dem Verwaltungsrat nämlich dann aufgrund seiner Involvierung zweifellos bekannt und hätte zu entsprechenden Reaktionen geführt. Von einer Wiederholungsgefahr konnte der Verwaltungsrat in Bezug auf den hier in Streit stehenden Kündigungsgrund im Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr ausgehen. Es handelte sich daher ganz offenbar um eine einmalige Verfehlung, die zu einem zwar nicht unbeachtlichem jedoch auch nicht außergewöhnlich hohem Schaden von knapp über 900,– € bei dem Beklagten und Widerkläger führte.

Tatsachen, die dem Kündigungssachverhalt ein schwereres Gewicht verleihen würden, wurden dagegen nicht vorgetragen, bzw. sind diese nicht erweislich.

Der Vorwurf des Beklagten und Widerklägers, dass der Kläger und Widerbeklagte an dem Kauf der Bücher verdient hätte, wurde von diesem bestritten und bleibt damit eine nicht belegbare Unterstellung des Beklagten und Widerklägers. Es spricht kein der Kammer bekannter Erfahrungssatz dafür, dass der Kläger und Widerbeklagte als Co-Autor zwingend an dem Kauf der Bücher durch den Beklagten und Widerkläger verdient haben muss oder auch nicht, so dass die Unerweislichkeit dieses Vorwurfs und damit der Möglichkeit einer strafbaren Handlung zu Lasten des Beklagten und Widerklägers geht. Ebenfalls hat der Beklagte und Widerkläger nicht dazu vorgetragen, dass das konkret in Rede stehende Verhalten des Klägers und Widerbeklagten zu einem erheblichen Rufschaden oder einer Minderung seiner Reputation als Körperschaft des öffentlichen Rechts nach außen hin geführt hätte. Lediglich hierüber wäre es vor dem Hintergrund der Finanzierung des Beklagten und Widerklägers aus einer Umlage der Kassen (vgl. § 281 Abs. 1 SGB V) noch denkbar gewesen, dem Kündigungssachverhalt ein solches Gewicht beizumessen, dass er eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte.

Aus den genannten Gründen ist dem Beklagten und Widerkläger auch eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses (Eintritt des Rentenalters, vgl. § 2 Abs. 2 des Anstellungsvertrages) nicht unzumutbar. Ohne eine Wiederholungsgefahr liegt jedenfalls bei einer wie hier lediglich untergeordneten und daher nicht ins Gewicht fallenden Verletzung des Vertrauensgrundsatzes kein Sachverhalt vor, der dazu führen würde, dass dem Gekündigten im Rahmen der Interessenabwägung seine ordentliche Unkündbarkeit dahin zum Nachteil gereichen würde, dass eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist hinzunehmen wäre. Die Möglichkeit einer Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine solche mit sozialer Auslauffrist steht hier daher nicht zur Debatte.

e)

Auch die Vorwürfe im Hinblick auf die Verwendung der dem Kläger und Widerbeklagten nach § 9 des Anstellungsvertrages (Bl. 11 d.A.) zur Altersvorsorge gezahlten Beträge vermögen es nicht die außerordentliche Kündigung vom 16.10.2013 zu tragen.

Zunächst bleibt unklar, wie der Sonderprüfbericht die von dem Kläger und Widerbeklagten angegebenen Beträge den Regelungen in § 9 Abs. 1 und 2 des Anstellungsvertrages zuordnet (S. 15, letzter Absatz des Sonderprüfberichts, Bl. 80 d.A.). Diese Zuordnung ergibt sich jedenfalls nicht aus den seitens des Klägers und Widerbeklagten dem LPD gegenüber getätigten Angaben (Schreiben vom 02.09.2013 nebst Anlagen, S. 41 ff. des Sonderprüfberichts, Bl. 106 ff. d.A.) und ist so nicht nachzuvollziehen. Es ist unklar, weshalb der Betrag von 70.000,– € seitens des LPD den Regelungen in § 9 Abs. 2 und 3 des Anstellungsvertrages und der Betrag von 160.000,– €, der der Finanzierung zweier Immobilien diente, der Regelung in § 9 Abs. 1 des Anstellungsvertrages zugewiesen wurde. Der Kläger und Widerbeklagte hat im Hinblick auf seine Gesamtaufwendungen für die Altersvorsorge lediglich Bestätigungen vorgelegt, nach denen er mehr als 160.000,– € zur Finanzierung zweier Immobilien aufwendete und mehr als 70.000,– € in diverse Anlagen zur Altersvorsorge investierte (s. Bl. 106 ff. d.A.).

Wenn in dem Sonderprüfbericht dann zunächst davon gesprochen wird, dass es unzulässig sei, nach § 9 Abs. 1 des Anstellungsvertrages erhaltene Beträge zur Finanzierung zweier Immobilien zu verwenden, kann dem nicht gefolgt werden. Gleiches gilt im Übrigen für die Regelung in § 9 Abs. 2 des Anstellungsvertrages.

Nach der Regelung in § 9 Abs. 1 des Anstellungsvertrages übernimmt der Beklagte und Widerkläger die Kosten einer Altersversorgung des Klägers und Widerbeklagten auf privatrechtlicher Grundlage bis zur Höhe der fiktiven Arbeitgeberanteile einer Versorgung bei der VBL (wohl: Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder). Insofern sind dem Kläger und Widerbeklagten – anstatt einer Altersvorsorge über die VBL – Beträge zur Finanzierung einer privaten Altersvorsorge gewährt worden. Hier sei angemerkt, dass die Übernahme von Kosten darauf hindeutet, dass seitens des Beklagten und Widerklägers Kosten für nachgewiesene Aufwendungen des Klägers für dessen private Altersvorsorge übernommen werden sollten. In diese Richtung deutet auch das von dem Kläger und Widerbeklagten im Rahmen der Klageerweiterung vorgelegte Schreiben des Beklagten und Widerklägers vom 22.10.2013 (Bl. 402 d.A.), in dem dieser ausführt, dass die Zahlungen auf eine Lebensversicherung des Klägers und Widerbeklagten seitens des Beklagten und Widerklägers eingestellt werden. Hierzu haben sich die Parteien jedoch nicht weiter erklärt. Sofern in diesem Gesamtzusammenhang erhaltene Beträge in Immobilien investiert wurden, ist dies jedenfalls nicht per se zu beanstanden. Der Erwerb von Immobilien ist jedenfalls eine anerkannte Form der privaten Altersvorsorge (vgl. etwa BGH NJW 2006, 3344, 3347 und OLG Brandenburg NJW 2014, 323, 324). In welcher Weise der Kläger und Widerbeklagte vermögensbildende Aufwendungen zum Zweck der privaten Altersvorsorge trifft, ist diesem selbst überlassen. Eine Beschränkung des Klägers und Widerbeklagten auf bestimmte Formen der privaten Altersvorsorge ergibt sich vertraglich weder aus § 9 Abs. 1 noch § 9 Abs. 2 des Anstellungsvertrages.

Daran kann auch der beklagten- und widerklägerseits bemühte Verweis auf § 279 Abs. 4 S. 3 SGB V nichts ändern. In dieser Vorschrift findet sich keinerlei Definition des Begriffs der (privaten) Altersvorsorge, sondern lediglich die gesetzliche Anordnung der Veröffentlichung der Höhe der jährlichen Vergütungen des Klägers und Widerbeklagten einschließlich Nebenleistungen sowie der wesentlichen Versorgungsregelungen im Bundesanzeiger. Sofern Spalte 10 der Veröffentlichung im Bundesanzeiger die Überschrift trägt „Arbeitgeber-Beiträge/-Umlagen für die Zusatzversorgung/Betriebsrente“ ergibt sich hieraus, anders als der Beklagte und Widerkläger meint, ebenfalls nichts Anderes. Zum einen kann aus einer im Bundesanzeiger gewählten Überschrift nicht auf den Inhalt eines Anstellungsvertrages geschlossen werden, zum anderen handelt es sich hier ausweislich der vertraglichen Regelung gerade nicht um arbeitgeberseitige Beiträge für eine Zusatzversorgung. Die VBL ist eine Zusatzversorgungskasse des öffentlichen Dienstes. Beiträge des Beklagten und Widerklägers zur VBL fallen demnach thematisch unter die beschriebene Spalte 10 des Bundesanzeigers. Der Kläger erhielt nach § 9 Abs. 1 des Anstellungsvertrages jedoch gerade keine zusätzliche Altersversorgung bei der VBL. Der Beklagte und Widerkläger übernahm, wie geschildert, die Kosten für eine zusätzliche private Vorsorge bis zur Höhe der fiktiven Arbeitgeberanteile zur VBL. Die Argumentation des Beklagten und Widerklägers verfängt auch vor diesem Hintergrund nicht.

Zudem haben auch die Zeugen St. und K. im Rahmen ihrer jeweiligen Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2016 (Bl. 935 ff. d.A.). bestätigt, dass der Kläger in der Verwendung der ihm aufgrund der vertraglichen Regelung zweckgebunden überlassenen Beträge (§ 9 Abs. 2 des Anstellungsvertrages) frei gewesen sei. Dies sei mit dem Kläger besprochen worden. Der Zeuge St. hat dies auch mit einem dem Sonderprüfbericht beigefügten Schreiben vom 15.08.2013 (Bl. 109 d.A.) bestätigt. Dem Kläger und Widerbeklagten war damit gestattet, auch diese Beträge in Immobilien zu investieren.

Der Kläger und Widerbeklagte war gegenüber dem LPD im Übrigen nicht verpflichtet, offen zu legen, wie er die nach § 9 des Anstellungsvertrages erhaltenen Beträge verwendete. Eine solche Verpflichtung ergibt sich entgegen der seitens des Beklagten und Widerklägers geäußerten Auffassung insbesondere nicht aus §§ 274, 281 Abs. 3 SGB V. Danach hat der LPD den Geschäftsbetrieb der zu prüfenden Einrichtung, hier also des Beklagten und Widerklägers nach den Maßstäben der Gesetzmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Gegenstand der Prüfung sind dabei die Geschäftsführung, Rechtmäßigkeit des Handelns, Rechnungsführung, Ordnungsmäßigkeit der Buchführung/Richtigkeit der Rechnungslegung, Betriebsführung sowie die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung. (Dortants in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 274 SGB V, Rn. 15 ff.). In diesem Zusammenhang ist der Beklagte und Widerkläger nach § 274 Abs. 1 S. 6 SGB V verpflichtet, dem LPD alle Unterlagen vorzulegen und alle Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung der Prüfung erforderlich sind. Danach konnte der LPD von dem Kläger und Widerbeklagten lediglich die Vorlage solcher Unterlagen verlangen, die zur Prüfung des Geschäftsbetriebs des Beklagten und Widerklägers erforderlich sind. Die persönliche Vertragstreue des Klägers und Widerbeklagten im Hinblick auf seinen Anstellungsvertrag ist nicht Gegenstand des Geschäftsbetriebs des Beklagten und Widerklägers und damit keine dem LPD zur Prüfung zugewiesene Thematik. Sie wird auch nicht etwa dadurch Teil des Geschäftsbetriebs des Beklagten und Widerklägers weil der Kläger und Widerbeklagte dessen Geschäftsführung wahrnahm, da es hier um dessen Verhalten als Privatmann geht. Daher war der Kläger und Widerbeklagte nicht verpflichtet, dem LPD Auskünfte über seine privaten Angelegenheiten zu erteilen. Eine solche Verpflichtung ergibt sich dagegen – wie der Beklagte und Widerkläger im Ansatz richtig erkennt – lediglich gegenüber diesem selbst als Anstellungskörperschaft des Klägers und Widerbeklagten. Richtig ist, dass sich der Kläger und Widerbeklagte vertragswidrig verhalten würde, wenn er die ihm zweckgebunden zur Finanzierung seiner Altersversorgung überlassenen Beträge anderweitig ausgegeben hätte. Insofern ist er dem Beklagten und Widerkläger gegenüber aufgrund des Anstellungsvertrages rechenschaftspflichtig, nicht aber gegenüber dem LPD. In diesem Zusammenhang wurde auch nicht vorgetragen, dass der LPD seitens des Beklagten und Widerklägers den Auftrag gehabt hätte, für diesen die Vertragstreue des Klägers und Widerbeklagten im Hinblick auf die nach § 9 des Anstellungsvertrages erhaltenen Beträge zu prüfen. Unstreitig hat der Beklagte und Widerkläger den LPD lediglich mit der Prüfung der anonymen Vorwürfe aus der Email vom 03.06.2013 beauftragt. Alle weiteren Prüfungen hat der LPD aus eigenem Antrieb heraus vorgenommen ohne hierzu einen Auftrag seitens des Beklagten und Widerklägers erhalten zu haben (vgl. z.B. den Beschluss in der Niederschrift der Verwaltungsratssitzung vom 14.06.2013, Bl. 300 d.A. und das Vorwort des Sonderprüfberichts, Bl. 69 d.A.). Daher durfte sich der Kläger gegenüber dem LPD auch auf dessen fehlende Berechtigung zur Prüfung seiner persönlichen Verhältnisse berufen und die Vorlage von Unterlagen verweigern.

Soweit sich die Kündigung darauf stützt, dass der Kläger von dem ihm nach § 9 Abs. 2 und 3 des Anstellungsvertrages zugeflossenen Beträgen lediglich 70.000,– € anstatt eines Bruttobetrages von 159.470,39 € angelegt habe, was vertragswidrig sei, beruht dies auf keiner tragfähigen Sachverhaltsdarlegung des Beklagten und Widerklägers und ist damit auch für die Kammer nicht nachprüfbar. Die Zuordnung der Beträge zu der vertraglichen Regelung ist bereits unklar (s.o.). Selbst der LPD schreibt von „vermutlich“ angelegten Beträgen, was ersichtlich darauf beruht, dass seitens des Klägers und Widerbeklagten – wie bereits dargelegt – keine vollständige Auskunft über die Verwendung der erhaltenen Beträge zur Altersvorsorge erteilt wurde. Insofern wurde seitens des Klägers lediglich die Auskunft erteilt, mehr als 70.000,– € in diverse Anlagen zur Altersvorsorge investiert zu haben. Damit ist nicht einmal klar, welcher Betrag seitens des Klägers und Widerbeklagten konkret nachvollziehbar in diverse Anlagen zur Altersvorsorge investiert wurde. Auch bleibt unklar, weshalb der Kläger und Widerbeklagte einen Betrag von mehr als 70.000,– € angab. Da er ausdrücklich keinen Grund darin sah, den LPD detailliert über die konkrete Verwendung der Beträge in Kenntnis zu setzen, ist es möglich, dass er sich letztlich mit dieser pauschalen Angabe begnügte, da damit seiner Auffassung nach die Verwendung aller erhaltenen Mittel zur Altersvorsorge bereits dargelegt sein sollte, was sich aus seinem Schreiben vom 02.09.2013 und der als Anlage beigefügten tabellarischen Auflistung ergibt (s. Bl. 107 f. d.A.). Ob der Kläger und Widerbeklagte letztlich noch höhere Beträge in die private Altersvorsorge investierte – oder nicht – bleibt hier unklar. Über die Motive des Klägers und Widerklägers, die ihn trotz der Verweigerung konkreter Angaben dazu bewegten, die hier in Rede stehenden pauschalen Angaben zu treffen, ließe sich nur spekulieren, was hier nicht weiter führt. Für den Beklagten und Widerkläger hätte sich nach Erhalt des Sonderprüfberichts jedenfalls Gelegenheit ergeben, selbst von dem Kläger und Widerbeklagten Rechenschaft über die Verwendung der erhaltenen Beträge zu verlangen, was unterblieben ist. Ohne Angabe der konkret aufgewandten Beträge zur jeweiligen Anlageform lassen sich aus den vorgenannten Gründen jedenfalls keinerlei Schlüsse auf ein vertragswidriges Verhalten des Klägers und Widerbeklagten ziehen. Dass dem Beklagten hier darüber hinaus auch eine genauere Darlegung möglich gewesen wäre zeigt schon das zuvor erwähnte Schreiben vom 22.10.2013 (Bl. 402 d.A.). Die Darlegungen des Beklagten und Widerklägers bleiben damit rein spekulativ, was für die Wirksamkeit der seitens des Beklagten und Widerklägers ausdrücklich als solcher ausgesprochenen Tatkündigung nicht ausreichend ist.

Der dem Kläger und Widerbeklagten in diesem Zusammenhang gemachte Vorwurf der bewussten Verschleierung von Gehaltsbestandteilen durch deren Deklarierung als Zuwendungen zur Altersvorsorge bleibt vor diesem Hintergrund ebenfalls rein spekulativ.

Da der Beklagte und Widerkläger im Verfahren mehrfach betont hat, dass es sich bei der Kündigung (und im Übrigen bei allen in Streit stehenden Kündigungen dieses Verfahrens) einzig und allein um Tatkündigungen handelt (vgl. etwa S. 11 des Schriftsatzes vom 05.11.2015, Bl. 546 d.A. S. 2 des Schriftsatzes vom 25.04.2016, Bl. 872 d.A.), erübrigt sich bereits die Frage, ob hier eine Verdachtskündigung in Frage käme. Bei Verdachts- und Tatkündigung handelt es sich um zwei verschiedene Kündigungssachverhalte (vgl. MüKoBGB/Henssler, 6. Auflage, BGB § 626 Rn. 241). Grundlegende Voraussetzung zur Prüfung einer Verdachtskündigung ist, dass der Kündigende zumindest hilfsweise die Kündigung auf einen entsprechenden Verdacht gründet, woran es fehlt wenn er sich in keinem Stadium des Verfahrens auf eine Verdachtskündigung beruft. Andernfalls ist es dem Gericht verwehrt die Kündigung nach den Maßstäben der Verdachtskündigung zu beurteilen (vgl. BAG, Urteil vom 23. Oktober 2008 – 2 AZR 483/07 -, Rn. 64, juris sowie ErfK/Müller-Glöge, 16. Auflage, BGB § 626 Rn. 181 m.w.N.). Im Übrigen dürften die Voraussetzungen einer Verdachtskündigung auch nicht vorliegen, da mangels entsprechender Anforderung einer Rechenschaft über die Verwendung der erhaltenen Mittel zur privaten Altersvorsorge bereits nicht alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen wurden (s.o.). Dies ist jedoch Wirksamkeitsvoraussetzung einer solchen Kündigung (vgl. ErfK/Müller-Glöge a.a.O. Rn. 178). Zudem wäre die nachträgliche Berufung auf eine Verdachtskündigung hier als Nachschieben eines Kündigungsgrundes anzusehen (vgl. ErfK/Müller-Glöge a.a.O. Rn. 181) und damit nach den obigen Ausführungen zu diesem Themenkomplex ohnehin unzulässig.

Die fristlose Kündigung vom 16.10.2013 ist vor diesem Hintergrund nicht wirksam.

Die zu den einzelnen Kündigungsgründen erfolgten Angaben der Zeugen St. und K. waren auch glaubhaft. Weder waren Widersprüche erkennbar, noch vermittelten diese den Eindruck falsche Angaben zu machen. Insbesondere haben die Zeugen auch nicht lediglich alle Behauptungen des Klägers und Widerbeklagten bestätigt, vielmehr haben sie differenzierte Angaben gemacht und hier insbesondere auch nicht die Behauptung des Klägers und Widerbeklagten gestützt, dass die Versendung von durch sie ausgewählte Büchern wie dem in Rede stehenden Gleitschirmbuch an die Verwaltungsratsmitglieder üblich gewesen sei. Hier haben sie ohne Umschweife klargestellt, dass es sich ansonsten um Bücher mit Fachbezug gehandelt hat. Sofern die Zeugen versucht waren in einigen Bereichen selbst die Verantwortung zu übernehmen führt dies anders als der Beklagte und Widerkläger meint jedenfalls nicht dazu, dass ihre Angaben unglaubhaft wären.

2.

Die außerordentliche Kündigung vom 16.10.2015 ist unwirksam.

a)

Hinsichtlich des Kündigungsgrundes bezüglich der Beschaffung eines Allradschleppers hat der Beklagte und Widerkläger mit Schriftsatz vom 15.01.2016 (dort S. 17, Bl. 703 d.A.) eingestanden, die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB im Hinblick auf die erneute außerordentliche Kündigung vom 16.10.2015 nicht eingehalten zu haben.

Dementsprechend hat sich die Kammer nicht weiter mit diesem Kündigungsgrund befassen müssen.

b)

Im Hinblick auf die übrigen seitens des Beklagten und Widerklägers vorgebrachten Kündigungsgründe hat der Beklagte und Widerkläger trotz entsprechenden Hinweises der Kammer (Beschluss v. 11.03.2016, Bl. 637 d.A.) nicht schlüssig zur Kenntniserlangung vorgetragen und auch nicht entsprechenden Beweis angeboten. Sofern er Beweis durch Vernehmung des Zeugen R. angeboten hat, musste keine Vernehmung des Zeugen erfolgen, da der Zeuge nur davon hätte berichten können, dass er der alternierenden Verwaltungsratsvorsitzenden und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten und Widerklägers am 08.10.2015 von der Einsicht in die staatsanwaltliche Ermittlungsakte berichtete. Damit wäre aber etwa nichts dazu gesagt, ob der Verwaltungsrat bereits früher Kenntnis von (einigen) der Kündigungsgründe hatte. Aufgrund der Ergebnisse der Beweisaufnahme bestünde hier jedenfalls in Bezug auf die Kündigungsgründe, die auch Gegenstand der Strafanzeige des Zeugen M. vom 28.10.2013 aus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte (Bl. 501 der BA) sind, Anlass zur Klärung durch den Beklagten und Widerkläger (dazu ausführlicher unten). Zur Kenntniserlangung fehlt demnach ein vollends schlüssiger Vortrag inklusive tauglichem Beweisangebot zum von dem seitens des Klägers und Widerbeklagten bestrittenen Zeitpunkt der Kenntniserlangung.

c)

Unabhängig von den Ausführungen unter b) hat sich die Kammer angesichts der erfolgten Beweisaufnahme auch nicht davon überzeugen können, dass die mit der Kündigung vorgebrachten übrigen Gründe (d.h. abgesehen des unter a) genannten Grundes) tatsächlich vorliegen bzw. dass sie, soweit sie bestätigt wurden, die außerordentliche Kündigung tragen könnten.

Die Vernehmung der von jeder der Parteien angebotenen Zeugen stellt auch nicht aufgrund des Mangels an Angaben zu Ort, Zeit und näherer Angaben zum Kontext der unter Beweis gestellten Behauptungen eine unzulässige Ausforschung dar. Hierzu wurden seitens der Kammer bereits im Beschluss vom 14.04.2016 (Bl. 756 d.A.) grundsätzliche Feststellungen getroffen, die im Hinblick auf die im Termin nachfolgende abermalige Rüge – diesmal beider Parteien – wiederholend ausgeführt werden.

Dem Beweisführenden obliegt es nicht per se in jedem Fall Angaben zu Ort, Zeit und oder Kontext der Beweisbehauptungen anzugeben (vgl. BGH NJW-RR 1988, 1529). Vorliegend geht es aus Sicht des Beklagten und Widerklägers um Erlebnisse der Zeugen selbst, die er aus der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte entnommen haben will und wozu er auch konkret Bezug auf diese nimmt. Der Beklagte und Widerkläger hat aufgrund der Ermittlungsakte konkrete Anhaltspunkte für seine Beweisbehauptungen, so dass es sich nicht um völlig vage und unsubstantiierte Beweisanträge handelt, mittels derer er erst noch versucht bei Gelegenheit der erstrebten Beweisaufnahme Tatsachen in Erfahrung zu bringen, die genaueres Vorbringen oder die Benennung weiterer Beweismittel, ermöglichen (vgl. Musielak ZPO/Foerste ZPO, 13. Auflage, § 284 Rn. 17; MüKoZPO/Prütting ZPO, 4. Auflage, § 284 Rn. 79).

Zu der Beweisbehauptung des Beklagten und Widerklägers in dem Beweisbeschluss vom 11.03.2016 unter III.B.1. ist überdies insofern hinreichend vorgetragen, als dass diese dahin geht, dass der Kläger und Widerbeklagte überhaupt keine Mehrarbeiten übernommen habe, die aufgrund der Vertretung des Zeugen M. angefallen sei (vgl. den Schriftsatz v. 15.01.2016, dort S. 5). Der Beklagte und Widerkläger hat vorgetragen, dass die während der Tätigkeit des Zeugen M. für den M. Saarland angefallene Arbeit in A. liegengeblieben und von ihm aufzuarbeiten gewesen sei, was in diesem Sinnzusammenhang die Behauptung impliziert, dass die Absprache dahingehend eine andere gewesen sein soll. Von daher bedurfte es keiner Darlegung einer Arbeitsaufteilung oder einer Konkretisierung, welche Arbeiten übernommen werden sollten. Letzteres ist vielmehr eine Frage, die abhängig von den Angaben der Zeugen im Rahmen der Beweiswürdigung zu klären ist.

Die gleichen Erwägungen gelten im Übrigen für die Beweisbehauptungen des Klägers und Widerbeklagten, insbesondere soweit es sich lediglich um Angebote zum Gegenbeweis handelt. Im Übrigen hat er die Beweisbehauptungen im Hinblick auf deren Kontext hinreichend substantiiert. Angaben zu Zeit und Ort etwa bezüglich der Gespräche mit den Zeugen St. und K. sind daher nicht zwingend zu fordern. Die Tatsachen über die Beweis erhoben werden soll sind klar, eine Ausforschung ist so nicht zu befürchten. § 273 ZPO verlangt lediglich die Angabe der Zeugen und der Tatsachen, über die diese vernommen werden sollen (vgl. BGH a.a.O.). Inwieweit in diesem Rahmen eine Substantiierung der Angaben erforderlich ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die hier aus den genannten Gründen nicht zur Unzulässigkeit der Beweisbehauptungen führt.

aa)

Die Kammer hat sich nicht davon überzeugen können, dass der von dem Beklagten und Widerkläger erhobene Vorwurf, der Kläger und Widerbeklagte habe sich am 15.10.2013 gegenüber der Zeugin T. dahin geäußert, er werden den Zeugen M. „fertig machen“ wenn er den Beklagten und Widerkläger verlassen müsse, zutrifft.

Die Zeugin T. hat im Termin vom 20.05.2016 ausgesagt (Bl. 941 f. d.A.), dass dies nicht der Fall gewesen sei. Sie habe sich an diesem Tag um kurz nach 20:00 Uhr wegen einer außerordentlichen Personalversammlung noch im Büro befunden. Der Kläger und Widerbeklagt sei dann erschienen und habe sich verabschieden wollen. Das Gespräch habe sich allein darum gedreht, dass er gewollt habe, dass im Falle seiner Kündigung alles weiterlaufe wie bisher. Über den Zeugen M. sei nicht gesprochen worden. Dieser sei seitdem er den Beklagten und Widerkläger verlassen habe bei Gesprächen mit ihr nie ein Thema gewesen. Auf Vorhalt der Email des Zeugen J. an den Zeugen M. vom 23.10.2013 aus der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Mainz zu Az.: 3112 Js 13224/13 (Bl. 502 d.BA.), in der der Zeuge J. mitteilte, dass er in einem Telefonat mit der Zeugin von dieser erzählt bekommen habe, dass der Kläger und Widerbeklagte die hier thematisierte Äußerung ihr gegenüber an jenem Tag getroffen habe, erklärte die Zeugin, dass dies nicht stimme. Sie habe als Vertrauensperson telefonischen Kontakt mit dem Zeugen J. gehabt, da dieser mehrfach gekündigt worden sei. Eine Aussage wie in der Email habe sie ihm gegenüber jedoch nicht getätigt. Der Zeuge M. sei kein Thema der Gespräche gewesen.

Bei seiner Vernehmung vom selben Tag hat der Zeuge J. angegeben (Bl. 942 ff. d.A.), dass er sich nicht mehr an eine Email an den Zeugen M. vom Oktober 2013 erinnern könne, in der er von einem Telefonat mit der Zeugin T. und davon berichtet habe, dass diese ihm von solchen Äußerungen des Klägers und Widerbeklagten in Bezug auf den Zeugen M. erzählt habe. Wenn es diese Email gebe, könne es sein, dass er sie geschrieben habe. Er könne sich heute aber auch nicht mehr an ein Telefonat mit der Zeugin T. erinnern, in dem sie ihm von solchen Äußerungen des Klägers und Widerbeklagten berichtet hätte. Er sei vom 18.10.2011 bis zum 07.03.2014 wegen einer depressiven Erkrankung krankgeschrieben gewesen, was an äußeren Umständen – u.a. sechs kurz hintereinander ausgesprochenen Kündigungen – gelegen habe. In dieser Zeit habe er sich verfolgt gefühlt und viele sicherlich sehr emotionale SMS und Emails mit dem Zeugen M. ausgetauscht. Auch auf Vorhalt der Email hat sich der Zeuge nicht weiter erinnern können. Er habe zu dieser Zeit häufiger mit der Zeugin T. telefoniert.

bb)

Ebenfalls hat sich die Kammer nicht davon überzeugen können, dass der Kläger und Widerbeklagte gegenüber dem Zeugen J. geäußert habe, er bringe denjenigen um, der ihm seinen MDK wegnehme.

Der Zeuge J. hat hierzu erklärt (Bl. 942 Rs. d.A.), der Kläger und Widerkläger habe ihm gegenüber eine solche Aussage nie getroffen. Der Zeuge M. habe ihm vielmehr von einer solchen Aussage des Klägers und Widerbeklagten berichtet.

cc)

Der Vorwurf des Beklagten und Widerklägers, wonach der Kläger und Widerbeklagte den Zeugen J. in einem Gespräch vom 07.10.2013 dazu habe veranlassen wollen in dessen Kündigungsschutzprozess wahrheitswidrig anzugeben, dass der Zeuge M. für die Sachverhalte verantwortlich sei, die Gegenstand der Kündigungen seien, hat sich für die Kammer ebenfalls nicht erwiesen.

Hierzu hat der Zeuge J. berichtet (Bl. 942 Rs. d.A.), dies sei nicht der Fall gewesen. Wenn er dies in einer wirren Mail geschrieben habe, treffe das nicht zu. Die ihm vorgelesenen Passagen aus der Email seien unzutreffend. Es habe am 07.10.2013 ein Gespräch mit dem Kläger und Widerbeklagten gegeben, bei dem die Zeugin T. Protokoll geführt habe. Dabei sei es auch um die ihm zur Last gelegten Kündigungsgründe gegangen, von denen einige dem Kläger und Widerbeklagten nicht bekannt gewesen seien. Man habe auch über die vom Bundesarbeitsgericht für gegenstandslos erklärte Kündigung gesprochen, die hier angesprochene Aussage sei seitens des Klägers und Widerbeklagten aber nicht getroffen worden.

Danach ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass der Kläger und Widerbeklagte den Zeugen J. in dessen Kündigungsschutzprozess zu der wahrheitswidrigen Angabe veranlassen wollte, die den Kündigungen zugrundeliegenden Sachverhalte hätten in der Verantwortung des Zeugen M. gelegen. Dem stehen sowohl die Aussage des Zeugen J. als auch das zur Akte gereichte Protokoll des Gesprächs der Zeugin T. (Bl. 875 ff d.A.) entgegen. In diesem Protokoll heißt es, wie der Beklagte und Widerkläger richtig ausführt, lediglich, der Kläger und Widerkläger habe bei dem Gespräch geäußert, dass es für ihn in Bezug auf die Themenkomplexe Zeiterfassung, Leasingverträge und Ausschreibung Bürosysteme Rhein-Main außer Frage stehe, dass der Zeuge J. eben nicht einfach so Verträge und Entscheidungen getroffen habe, sondern dass er immer im Auftrag des Zeugen M. gehandelt haben müsse. Es sei übereinstimmend festgestellt worden, dass der Zeuge M. für die Unterzeichnung der Leasingverträge P & I sowie die Ausschreibung Bürosysteme Rhein-Main verantwortlich gewesen sei. Der Kläger und Widerbeklagte habe sich bereit erklärt, u.a. dies vor dem Arbeitsgericht zu bezeugen und den Zeugen J. ermuntert, dies auch zu tun (Bl. 876 d.A.). Hieraus ergibt sich kein Hinweis auf einen Versuch, den Zeugen J. dazu zu verleiten, wahrheitswidrige Angaben zu machen. Die Kammer hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass die dort angesprochenen Themen wahrheitswidrige wären. Auch ist nicht klar, ob dies alle Kündigungsgründe waren. Hierzu hat sich der Beklagte und Widerkläger bei Vorlage des Protokolls auch nicht erklärt, so dass ohnehin nur darauf abgestellt werden konnte, ob der Zeuge J. bezogen auf seine Email einen (ggfl. nicht im Protokoll wiedergegebenen) Sachverhalt bestätigen würde, bei dem er zur Angabe wahrheitswidriger Umstände aufgefordert worden wäre. Da der Zeuge jedoch schon verneinte, dass es eine solche Aufforderung zur wahrheitswidrigen Verantwortlichmachung des Zeugen M. gegeben hat, war dem nicht weiter nachzugehen.

dd)

Schließlich hat sich für die Kammer auch nicht der Vorwurf des Beklagten und Widerklägers bestätigt, wonach der Kläger und Widerbeklagte trotz diesbezüglicher 10 %iger Gehaltserhöhung zwischen dem 01.08.2008 und dem 31.12.2011 keinerlei Mehrarbeit aufgrund der ihm obliegenden teilweisen Vertretung des stellvertretenden Geschäftsführers des Beklagten und Widerklägers, des Zeugen M., geleistet habe. Es ließ sich auch nicht feststellen, dass der Kläger und Widerbeklagte die ihm zugewiesene Vertretungsleistungen nicht erbracht hätte, deshalb die während der parallelen Tätigkeit des Zeugen M. beim MDK Saarland angefallene Arbeit einfach liegen geblieben wäre und dann von dem Zeugen M. selbst erledigt hätte werden müssen.

Der Zeuge M. hat bei seiner Vernehmung hierüber in der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2016 (Bl. 958 ff. d.A.) angegeben, er habe ab dem 01.10.2008 beim MDK Saarland eine Tätigkeit aufgenommen, wofür es bereits im August Vorgespräche gegeben habe. Er sei zu diesem Zeitpunkt Verwaltungsleiter des Beklagten und Widerklägers gewesen. Als er seine parallele Tätigkeit bei dem MDK Saarland aufnehmen sollte, sei besprochen worden, dass dann anderen Personen entsprechende Mehrbezüge gewährt werden sollten. An eine Übergabe von Arbeiten an den Kläger und Widerbeklagten könne er sich nicht erinnern. Dies sei seines Wissens nach auch nicht gewollt gewesen. Der Kläger und Widerbeklagte habe eine Aussage dahin getätigt, dass er seine, also des Zeugen, Arbeit nicht übernehmen werde und er keine Unterschriften innerhalb des ihm, dem Zeugen, zugewiesenen Bereichs tätigen wolle. Die Aussage sei gefallen, als er dem Kläger und Widerbeklagten erläutert habe, dass er Geschäftsführer des MDK Saarland werden wolle. Das habe er auch nachvollziehen können, da eine Trennung der Arbeiten für den MDK Saarland und den Beklagten und Widerkläger vorzunehmen gewesen sei, die er akzeptiert habe. Es sei so gewesen, dass im Zeitraum 01.08.2008 bis 31.12.2011 die Verwaltungsarbeit, soweit sie von ihm gestammt habe, von dem Zeugen J. verrichtet worden sei. Der Kläger und Widerbeklagte habe eine entsprechende Verfügung erlassen, die dies geklärt habe. Für eine Übernahme von Arbeiten durch den Kläger und Widerbeklagten habe seines Erachtens auch keine Veranlassung bestanden. Die während seiner Abwesenheit anfallenden Mehrarbeiten seien von dem Zeugen J. erledigt worden bzw. wenn er nach zwei bis drei Tagen wieder vor Ort gewesen sei, von ihm selbst. Der Kläger und Widerbeklagte habe von ihm verlangt, dass er jedenfalls an vier Tagen in der Woche zwar nicht volle Tage aber wenigstens einmal bei dem Beklagten und Widerkläger in A. sei. Das sei schwierig zu machen gewesen, weshalb er letztlich in der Regel zwei bis drei Tage in A. und die anderen Tage im Saarland gewesen sei. In der Woche darauf habe er das dann jeweils umgekehrt gehandhabt. Die darauf basierende Arbeitsteilung mit dem Zeugen J. habe funktioniert, worauf es ihm angekommen sei. Der Zeuge J. sei dazu ermächtigt gewesen, ihn umfassend zu vertreten. Eine Organisation, wer welche Arbeiten übernehmen sollte, habe es aber nicht gegeben. Der Kläger und Widerbeklagte habe in dieser Zeit auch seinen Laptop mit in den Urlaub genommen und von dort aus die ihm anfallende Arbeit weiter erledigt, obwohl er als Stellvertreter die Arbeit ja dann hätte übernehmen müssen. Das sei aber auch Usus und eine Absprache gewesen. Während dieser Zeit habe es keinen Punkt gegeben, an dem er für irgendwelche Arbeiten keine Zeit gehabt hätte. Er habe die ihm übertragenen Aufgaben vollständig erfüllen können.

Es habe auch sowohl vor wie nach Aufnahme seiner Tätigkeit für den MDK Saarland Aufträge des Klägers und Widerbeklagten gegeben, wonach er in der Funktion des stellvertretenden Geschäftsführers auf Gespräche fahren und dort Verhandlungen führen solle. Diese habe er auch wahrgenommen und ausgeführt als er schon bei dem MDK Saarland beschäftigt gewesen sei.

Als er die parallele Tätigkeit für den MDK Saarland habe aufnehmen sollen, sei auch besprochen worden, dass dann andere Personen anteilsmäßig entsprechende Mehrbezüge erhalten sollten, die seine nicht zu erledigende Arbeit für den Beklagten und Widerkläger abfangen müssten. Bei einer Verwaltungsratssitzung habe der damalige Verwaltungsratsvorsitzende, der Zeuge St., erläutert, dass andere Personen eine Gehaltsanhebung bekommen sollten, die Namen wisse er jedoch nicht mehr. Das sei ihm auch nicht so wichtig gewesen.

Nach Vorhalt seiner Ausführungen gegenüber dem Polizeibeamten Herrn F. aus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte (Bl. 491 d. BA) hat der Zeuge M. erklärt, er habe diese Ausführungen gemacht, nachdem ihm der ergänzende Vertrag zum Anstellungsvertrag des Klägers und Widerbeklagten zugespielt worden sei. Dieser habe eines Morgens auf seinem Tisch gelegen. In dem Vertrag sei eine Gehaltserhöhung des Klägers und Widerbeklagten in Höhe von 10% an seine, des Zeugen, Tätigkeit für den MDK Saarland gekoppelt gewesen. Er habe davon zuvor nichts gewusst und während der hier in Rede stehenden Zeitspanne niemals Unterlagen gesehen, die eine Unterschrift von dem Kläger und Widerbeklagten getragen hätte, so dass er nicht davon ausgegangen sei, dass dieser irgendwelche Arbeiten übernommen hätte, die der Zeuge J. nicht hätte ausführen können. Deswegen habe er dies dann so gegenüber dem Polizeibeamten geäußert.

Im Rahmen seiner Vernehmung vom selben Tag hat der Zeuge J. berichtet (Bl. 962 f. d.A.), er habe wie der Kläger und Widerbeklagte eine 10 %ige Gehaltserhöhung ab dem 01.08.2008 erhalten. Aufgrund der Doppeltätigkeit des Zeugen M. habe er dessen nicht zu erledigende Arbeit im Bereich der Verwaltung übernommen. Der Kläger und Widerbeklagte habe die Gehaltserhöhung bekommen, da dieser den Zeugen M. in dessen Eigenschaft als stellvertretender Geschäftsführer habe vertreten sollen und dort anfallende Aufgaben dann habe mitübernehmen sollen, die der Zeuge M. nicht mehr hätte wahrnehmen können. Er wisse dies, da er Leiter des Personalwesens bei dem Beklagten und Widerkläger gewesen sei und gewusst habe, was in die Akte des Klägers und Widerbeklagten gekommen sei. Der Kläger und Widerbeklagte habe ihm die Regelung auch gezeigt, er wisse jedoch nicht mehr genau, was explizit in dieser Ergänzung stehe und wie diese formuliert gewesen sei. Das, was er gerade ausgeführt habe, sei der Sprachgebrauch bei dem Beklagten und Widerkläger gewesen. Die Aufgabenverteilung sei auch bekannt gewesen. Die anderen Referatsleiter seien auf ihn zugekommen, wenn der Zeuge M. nicht da gewesen sei. Ob in der Kommunikation untereinander auch bekannt gewesen sei, dass die Gehaltszulage des Klägers und Widerbeklagten daran gekoppelt gewesen sei, dass er die Pflichten des Zeugen M. als stellvertretender Geschäftsführer in dessen Abwesenheit übernehmen habe sollen, wisse er nicht. Er könne jedenfalls nichts dazu sagen, warum der Zeuge M. zuvor angegeben habe, nicht zu wissen, weshalb der Kläger und Widerbeklagte eine Gehaltszulage erhalten habe.

Aus alldem ergibt sich für die Kammer letztlich nicht, dass von dem Kläger und Widerbeklagten in Vertretung des Zeugen M. zu erfüllende Aufgaben einfach liegen geblieben wären und dass diese dann von dem Zeugen M. hätten aufgearbeitet werden müssen. Genau dies wurde von dem Beklagten und Widerkläger aufgrund der Ausführungen des Zeugen M. gegenüber dem Polizeibeamten Herrn F. (Bl. 501 d. BA) behauptet. Der Zeuge M. hat vor der Kammer jedoch deutlich ausgeführt, dass sich seine Ausführungen gegenüber dem Polizeibeamten nur auf Arbeiten im Bereich der Verwaltung bezogen hätten, die soweit er nicht da gewesen sei von dem Zeugen J. vorgenommen worden seien. Wenn der Zeuge M. vor Ort war, hatte er die ihm übertragenen Aufgaben schon nach der getroffenen Regelung selbst zu erfüllen, so dass insofern auch nach seinen eigenen Angaben keinerlei Vertretung angezeigt war. Ebenfalls hat er zudem gesagt, dass die Arbeitsaufteilung mit dem Zeugen J. funktioniert habe und dieser die Mehrarbeit, d.h. die aufgrund seiner Abwesenheit von ihm nicht zu bearbeitenden Dinge, von dem Zeugen J. erledigt worden seien. Von einem Liegenbleiben angefallener und dem Kläger und Widerbeklagten zugewiesener Arbeit kann demnach keine Rede sein. Der Zeuge M. hat allein dadurch die Angaben, wie sie seitens des Polizeibeamten Herrn F. niedergelegt wurden, mehr als relativiert.

Bedenklich erscheint in diesem Kontext zunächst, dass der Beklagte und Widerkläger sich hier pauschal – und nach der Beweisaufnahme offensichtlich wider besseren Wissens, da es sich um seine eigenen Arbeitsabläufe handelt – darauf berief, dass allein der Kläger den Ausfall des Zeugen M. zu kompensieren gehabt und dies nicht getan hätte.

Für die Kammer treten darüber hinaus aufgrund der Beweisaufnahme deutliche Widersprüche auf, die eine weitere Bewertung der Vorgänge unmöglich machen. Der Zeuge J. gibt an, es sei der Sprachgebrauch bei dem Beklagten und Widerkläger gewesen, dass er die nicht mehr von dem Zeugen M. zu erledigenden Verwaltungsaufgaben übernommen habe und der Kläger und Widerkläger den Zeugen M. in dessen Eigenschaft als stellvertretender Geschäftsführer habe vertreten sollen. Die Aufgabenverteilung sei bekannt gewesen. Weshalb der Zeuge M. diese Aufgabenverteilung dann mit keinem Wort erwähnt, erschließt sich nicht. Wenn er jedoch auf Nachfrage des Kläger- und Widerbeklagtenvertreters angibt, dass er durchaus auch in der Eigenschaft als stellvertretender Geschäftsführer im Auftrag des Klägers und Widerbeklagten auf Gespräche gefahren sei und Verhandlungen geführt habe, zeigt dies eben gerade, dass es wohl oder übel abseits von der Tätigkeit als Verwaltungsleiter weitere Tätigkeiten gab, die dem Zeugen M. als stellvertretendem Geschäftsführer zugewiesen waren oder wurden. Ob der Kläger und Widerbeklagte in diesem Bereich, der ihm nach den Angaben des Zeugen J. zur Vertretung des Zeugen M. übertragen war, eine Mehrarbeit vornahm oder nicht bleibt damit letztlich offen und kann seitens der Kammer nicht geklärt werden. Die pauschale Angabe des Zeugen M., auch während seiner parallelen Tätigkeit für den MDK Saarland noch als stellvertretender Geschäftsführer Verhandlungen und Gespräche geführt zu haben, ändert hieran auch nichts. Der Kammer ist weder bekannt wie häufig es zu solchen kam, noch ob aufgrund der teilweisen Abwesenheit des Zeugen M. vermehrt solche Gespräche durch den Kläger und Widerbeklagten selbst haben vorgenommen werden müssen oder nicht. Dies würde jedenfalls eine Mehrarbeit darstellen. Im Übrigen bleibt auch unklar, in wie weit der Zeuge M. Aufgaben als stellvertretender Geschäftsführer abseits seiner Verwaltungstätigkeit wahrnahm.

Diese dargestellten Unwägbarkeiten gehen zu Lasten des Beklagten und Widerklägers. Es wäre generell an ihm gewesen darzulegen, wie die Aufgabenverteilung zwischen dem Zeugen M. und dem Kläger und Widerbeklagten generell aussah und wie sie während der Abwesenheit des Zeugen M. hätte aussehen sollen. Davon ausgehend hätte er dann darlegen und beweisen müssen, dass keine der dem Kläger und Widerbeklagten danach übertragenen Mehrarbeiten geleistet wurden. Hierfür hätte spätestens nach der Beweisaufnahme Anlass bestanden, da ab hier eine Differenzierung und Aufklärung nötig wurde. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers und Widerbeklagten haben die Nichtoffenlegung der Aufgabenverteilung im Übrigen bereits vor der Beweisaufnahme kritisiert. Die Kammer hat die Beweisaufnahme ausdrücklich allein deshalb zugelassen, weil aus den Ausführungen des Beklagten und Widerklägers mit der Bezugnahme auf die Angaben des Zeugen M. gegenüber dem Polizeibeamten Herrn F. (Bl. 501 d. BA) hervorging, dass allein der Kläger und Widerbeklagte sämtliche durch die Vakanz des Zeugen M. anfallende Mehrarbeit habe auffangen müssen, was er trotz hierfür erhaltener Gehaltserhöhung nicht getan habe. Insofern bedurfte es aus Sicht der Kammer keiner genaueren Differenzierung der einzelnen Aufgaben durch den Beklagten und Widerkläger (vgl. Hinweis im Beschluss vom 14.04.2016, Bl. 255 Rs. d.A.). Nachdem sich diese Darstellung des Beklagten und Widerklägers aufgrund der ausgeführten Angaben beider Zeugen jedoch als unrichtig herausstellte und sich darüber hinaus die dargestellten Widersprüche zeigten, hat die Kammer keinerlei Grundlage um ein Fehlverhalten des Klägers und Widerbeklagten feststellen zu können.

ee)

Dagegen hat die Beweisaufnahme für die Kammer ergeben, dass der Kläger und Widerbeklagte gegenüber dem Zeugen M. in einem Gespräch zwischen beiden äußerte, er bringe denjenigen um, der ihm seinen MDK wegnehme und sei bereit dafür ins Gefängnis zu gehen. Allerdings erscheint dieser Vorgang anhand der Aussage des Zeugen M. in einem anderen Licht als dies durch den Verweis des Beklagten und Widerklägers auf die Strafanzeige in der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte (Bl. 500 f. d.BA.) zunächst erscheinen mag. Insbesondere steht hier für die Kammer fest, dass diese Aussage in der konkreten Gesprächssituation keinerlei Bedrohungscharakter hatte und auch seitens des Zeugen M. nicht derart verstanden wurde.

Hierzu hat der Zeuge M. bei seiner Vernehmung (Bl. 960 Rs. ff. d.A.) ausgesagt, diese Aussage des Klägers und Widerbeklagten sei im Herbst 2011 im Rahmen eines Gesprächs in dessen Büro nach einer hitzigen Verwaltungsratssitzung gefallen, bei der der Kläger und Widerbeklagte kritisiert worden sei. Die Aussage sei als Allgemeinplatz bei diesem Gespräch zwischen dem Zeugen und dem Kläger und Widerbeklagten getroffen worden und nicht direkt an den Zeugen gerichtet gewesen. Er, der Zeuge, habe die Aussage als nicht direkt gegen sich gerichtet verstanden, sondern dahin, dass der Kläger und Widerbeklagte, wenn man ihm etwas wolle, er sich dagegen wehren würde. Dazu habe er allerdings diese drastischen Worte gewählt, die ihn, den Zeugen, verwundert hätten. Die Aussage habe er jedoch nicht dahin verstanden, dass der Kläger und Widerbeklagte, wenn seine Stellung als Geschäftsführer in Gefahr wäre, wirklich eine Person umbringen werde. Er habe dies als Warnung dahin verstanden, dass der Kläger und Widerbeklagte bereit sei um seine Stellung zu kämpfen. Hintergrund der Äußerung sei gewesen, dass einige der Kritiken im Verwaltungsrat von Verwaltungsratsmitgliedern oder Kassenvorständen gekommen sei, die sowohl im Verwaltungsrat des Beklagten und Widerklägers als auch im Verwaltungsrat des MDK Saarland gesessen hätten. Bei dem Kläger und Widerbeklagten sei damals wohl der Eindruck entstanden, dass Mitglieder des Verwaltungsrats, die eine Verbindung zum MDK Saarland hatten, ihm nicht wohlgesonnen seien. Er habe sich zu unrecht kritisiert gefühlt. Dabei sei immer von denen aus dem Saarland gesprochen worden. Er, der Zeuge, sei zu diesem Zeitpunkt bereits Geschäftsführer des MDK Saarland gewesen und habe das dann auch auf sich bezogen. Grund für seine Strafanzeige sei letztlich die Information des Zeugen J. bezüglich des Gesprächs zwischen der Zeugin T. und dem Kläger vom 15.10.2013 gewesen, wie es der Zeuge J. dann auch in der Email an ihn vom 23.10.2103 formuliert habe. Er habe den Zeugen J. in diesem Zusammenhang gefragt, ob das denn wirklich stimme, was dieser bejaht habe. Darauf habe er eine regelrechte Angst entwickelt und die von dem Zeugen J. geschilderte Aussage mit der Aussage des Klägers aus dem Jahr 2011 verknüpft, was ihn zur Stellung der Strafanzeige bewogen habe, um dem Kläger und Widerbeklagten zu zeigen, dass er die Finger von ihm und seiner Familie lassen solle.

Auch hat der Zeuge J. bei seiner Vernehmung vom 24.06.2016 bestätigt (Bl. 963 d.A.), dass der Zeuge M. irgendwann im Jahr 2011 zu ihm gekommen sei und erzählt habe, dass der Kläger und Widerbeklagte ihm gegenüber geäußert habe, dass er denjenigen umbringe, der ihm den MDK wegnehmen wolle. Zu den Umständen des Gesprächs sei aber nichts gesagt worden.

Aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich nur schließen, dass sich der Kläger und Widerbeklagte in diesem Wortlaut gegenüber dem Zeugen M. äußerte, jedoch nicht, dass er diesen oder andere Mitarbeiter konkret bedroht hätte. Dies führt jedenfalls nach den oben bereits dargelegten Grundsätzen der Interessenabwägung zum Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht dazu, dass aufgrund einer solch einmaligen Äußerung ein wichtiger Grund gegeben wäre, der eine außerordentliche Kündigung, egal ob mit sozialer Auslauffrist oder nicht, rechtfertigen könnte. Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge M. selbst angibt, die Aussage dahin verstanden zu haben, dass sich der Kläger und Widerbeklagte gegen Angriffe auf ihn als Geschäftsführer vehement wehren werde. Dass er dieser Aussage an und für sich keinerlei Bedrohungscharakter beimaß, beweist letztendlich, dass er auch erst nach der Email des Zeugen J. vom Oktober 2013 Anzeige erstattete, da er sich maßgeblich aufgrund der ihm geschilderten angeblichen Aussage des Klägers und Widerbeklagten gegenüber der Zeugin T. vom 15.10.2013 nun bedroht fühlte und dies dann in der konkreten Situation in einen Kontext zu der früheren Aussage des Klägers und Widerbeklagten setzte. Dies wird im Übrigen auch durch den Inhalt der Strafanzeige bestätigt, in der der Zeuge M. angibt, dass das Gespräch des Klägers und Widerbeklagten mit der Zeugin T. vom 15.10.2013 für ihn „entscheidend“ sei (Bl. 501 d. BA). Die Wortwahl wurde von dem Zeugen jedoch als befremdlich erachtet. Das wird auch seitens der Kammer so gesehen. Das einmalige Verwenden dieser – nach Sicht der Kammer grob unangemessenen – Wortwahl, führt jedoch nicht dazu, dass hier eine außerordentliche Kündigung berechtigt wäre. Eine Widerholungsgefahr ist seitens der Kammer aufgrund des wohl einmaligen Vorfalls, der bereits im Jahr 2013 gut zwei Jahre zurücklag, nicht erkennbar. Auch ist nicht zu erkennen, dass hieraus das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und Widerbeklagten und dem Beklagten und Widerkläger in so nachhaltiger Weise gestört sein sollte, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers und Widerbeklagten (ggfls. bis zum Eintritt des Rentenalters) unzumutbar wäre.

Zudem hat der Zeuge M. angegeben, den Zeugen Sch. im zeitlichen Zusammenhang mit der Stellung der Strafanzeige vom 28.10.2013 (Bl. 501 d. BA) über diese informiert zu haben (Bl. 961 Rs. d.A.), so dass sich hier jedenfalls die Frage nach der Kenntniserlangung der Umstände der Strafanzeige durch den Zeugen Sch. als damaligen Vorsitzenden des Verwaltungsrates stellt, und eine Verfristung der diesbezüglichen Kündigungsgründe (Äußerungen des Klägers und Widerbeklagten 2011 gegenüber dem Zeugen M. sowie am 15.10.2013 gegenüber der Zeugin T.) nicht auszuschließen ist. Hierzu hätte der Beklagte und Widerkläger jedenfalls im Nachgang zu der Beweisaufnahme entsprechend Stellung nehmen müssen, was nicht geschehen ist. Aus den vorstehenden Gründen kommt es jedenfalls ohnehin nicht entscheidend auf diesen Gesichtspunkt an.

Die Kammer hat auch keinerlei Anlass dazu, an den Aussagen der Zeugen zu zweifeln. Die Zeugin T. hat nachvollziehbare Angaben gemacht und die Hintergründe des Gesprächs mit dem Kläger und Widerbeklagten vom 15.10.2013 erläutert. Insbesondere steht ihre Aussage im Einklang zu den Angaben, die der Zeuge J. diesbezüglich tätigte. Dass der Zeuge J. in seiner Email an den Zeugen M. generell andere Angaben machte führt hier, anders als der insofern beweisbelastete Beklagte und Widerkläger meint, jedenfalls nicht dazu, dass die Kammer vom Gegenteil überzeugt wäre oder sein müsste. Der Zeuge J. hat insofern nachvollziehbar dargelegt, dass er sich in einer belastenden Ausnahmesituation befand. Er sei zu der maßgeblichen Zeit depressiv erkrankt gewesen und habe Medikamente einnehmen müssen. Ihm hätten die mehrfachen Kündigungen zu schaffen gemacht. Weshalb sich der Zeuge J. in der mündlichen Verhandlung – bei der eine größere Zahl an Zuschauern, u.a. Pressevertreter, anwesend waren – wahrheitswidrig die Blöße geben sollte, dort offen von seiner psychischen Erkrankung zu berichten und zuzugeben, dass die Ausführungen in seiner Email nicht den Tatsachen entsprechen, ist für die Kammer nicht ersichtlich. Ganz im Gegenteil spricht dies eher für die Richtigkeit seiner mündlichen Angaben als für deren Wahrheitswidrigkeit. Dies insbesondere, da der Zeuge – wie aus dem Inhalt der hier in Rede stehenden Email an den Zeugen M. offensichtlich hervorgeht – kein gutes Verhältnis zu dem Kläger und Widerbeklagten pflegte und diesen geradezu mit Anwürfen überzog. Dieses Verhältnis wurde auch ganz offensichtlich durch die ausgesprochenen Kündigungen gegenüber dem Zeugen J. geprägt, was seine Aussagen gegenüber der Kammer sowie der Inhalt der Email vom 23.10.2013 (Bl. 502 d. BA) nahelegen. In letzterer schreibt der Zeuge J., dass der Kläger und Widerbeklagte ihm aufgrund von Differenzen inzwischen sechsmal gekündigt habe. Auch durch das vorgelegte Gesprächsprotokoll der Zeugin T. über das Gespräch vom 07.10.2013 (Bl. 875 d.A.) wird dieser Eindruck verstärkt. Nach der Einleitung des Protokolls fand das Gespräch statt, weil seitens des Beklagten und Widerklägers neue Kündigungsgründe im Kündigungsschutzprozess des Zeugen J. nachgeschoben wurden, obwohl der Kläger und Widerbeklagte der Zeugin T. gegenüber zuvor anderes behauptet habe. Weshalb sich dieses Verhältnis zwischen dem Kläger und Widerbeklagten und dem Zeugen J. nun plötzlich seit der Freistellung des Klägers und Widerbeklagten im Jahr 2013 so radikal geändert haben sollte, dass der Zeuge für ihn sogar unwahre Angaben vor Gericht machen würde, ist nicht erkennbar. Hinzu kommt, dass er sich in seiner Vernehmung auch übereinstimmend mit der Zeugin T. äußerte. Dass zwischen beiden eine freundschaftliche Beziehung besteht führt nicht dazu, dass deren Aussagen unglaubhaft wären. Letztendlich muss sich die Kammer auch nicht davon überzeugen, dass die mündlichen Angaben der Zeugen nicht zutreffen, sondern davon, dass die von dem Beklagten und Widerkläger erhobenen Vorwürfe zutreffen. Der Beklagte und Widerkläger verkennt hier grundlegend, dass er sich in der Beweislast befindet und allein die bemerkenswerte Differenz zwischen der Email des Zeugen J. vom 23.10.2013 und seinen aus vorstehenden Gründen nicht als unglaubhaft zu bewertenden Angaben vor der Kammer nicht die Überzeugung zulassen, dass allein die Angaben in seiner Email der tatsächlichen Sachlage entsprechen. Hierfür müssten die Aussagen der Zeugen T. und J. als unglaubhaft anzusehen sein, wofür – wie ausgeführt – keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Daran ändern auch die glaubhaften Angaben des Zeugen M. nichts, der betont sachlich und nachvollziehbar ohne jeden Belastungseifer gegenüber dem Kläger und Widerbeklagten die Fragen der Kammer beantwortete. Er hat dabei sowohl für wie gegen den Kläger und Widerbeklagten sprechende Umstände erläutert. Sofern der Zeuge M. davon gesprochen hat, dass ihm die damalige psychische Angeschlagenheit und Medikamenteneinnahme des Zeugen J. bekannt gewesen sei, dieser ihm jedoch immer wieder die in der Email angegebenen Aussagen des Klägers und Widerbeklagten geschildert habe, so dass er nicht davon ausgegangen sei, dass er diese nicht ernst nehmen müsse, ändert dies nichts an der Bewertung der Aussage des Zeugen J. durch die Kammer. Aus diesen Ausführungen des Zeugen M. ergibt sich letztlich nur nachvollziehbar, weshalb er sich zur Stellung der Strafanzeige entschloss. Wenn der Zeuge J. im Zeitraum, in dem er die hier in Rede stehende Email an den Zeugen M. verfasste, immer wieder deren Inhalt gegenüber dem Zeugen M. bestätigte, heißt dies nicht im Umkehrschluss, dass seine Aussagen vor der Kammer unglaubhafter werden würden. Letztlich wurde die psychische Erkrankung des Zeugen J. sogar von dem Zeugen M. bestätigt, so dass für die Kammer nicht ausgeschlossen ist, dass die damaligen Ausführungen des Zeugen J. gegenüber dem Zeugen M. in entsprechendem Zusammenhang mit seinem damaligen allgemeinen Befinden zu sehen sind und seine Angaben vor der Kammer den Tatsachen entsprechen.Sofern sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten und Widerklägers im Schriftsatz vom 22.07.2016 Spekulationen hingibt, wonach der Zeuge die von ihm eingenommenen Medikamente wie deren Wirkstoffgruppe nicht habe benennen können, so dass eine medikamentenindizierte Bewusstseinsveränderung, die die Email an den Zeugen M. – insbesondere angesichts ihrer Ausführlichkeit – seiner Phantasie habe entspringen lassen, nicht dargelegt sei, geht dies an der Sache vorbei. Gleiches gilt für die dem Pschyrembel entnommene Definition einer Depression. Der Zeuge hat mit seinen Angaben vor der Kammer klar ersichtlich ausdrücken wollen, dass er zum damaligen Zeitpunkt in einer belastenden Ausnahmesituation stand. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dass der Inhalt der Email allein auf bewusstseinsverändernde Auswirkungen seiner Medikamente zurückzuführen sei, hat der Zeuge nicht behauptet, sondern wird ihm hier unterstellt. Der Zeuge hat ausgeführt, dass er sich in diesem Zeitraum verfolgt gefühlt habe und auch viele sicherlich sehr emotionale SMS und Emails mit dem Zeugen M. ausgetauscht habe. Daher könne es sein, dass es zu so einer Email gekommen sei. Dies zielt klar auf sein Allgemeinbefinden in der damaligen Zeit ab, was auch seitens des Zeugen M., wie dargelegt, bestätigt wurde. Wenn der Zeuge auf die Frage, ob er in der damaligen Email gelogen habe, antwortete, dass er gerade erläutert habe, dass er damals depressiv erkrankt gewesen sei und unter Psychopharmaka gestanden habe, folgt hieraus nichts anderes. Der Zeuge bezog sich damit auf seine vorherigen Ausführungen und wollte sich ganz offensichtlich angesichts seiner damaligen Situation nicht der Lüge als negativ besetztem Begriff bezichtigt sehen. Aus welcher Motivation und Bewusstseinslage heraus der Zeuge die Email vom 23.10.2013 schrieb, lässt sich nicht beurteilen. Eine Erklärung dafür, warum der Zeuge wahrheitswidrige Angaben vor der Kammer gemacht haben sollte, liefert der Prozessbevollmächtigte des Beklagten und Widerklägers mit seinen Bemühungen überdies ohnehin nicht. Darüber hinaus hat sich der Zeuge J. in seiner Vernehmung vom 24.06.2016 differenziert geäußert und im Hinblick auf die Äußerungen des Klägers und Widerbeklagten gegenüber dem Zeugen M. angegeben, dass der Zeuge M. ihm von dieser Aussage berichtet habe, was er auch bereits in seiner Vernehmung vom 20.05.2015 so andeutete. Hätte der Zeuge J. den Kläger und Widerbeklagten wie von dem Beklagten und Widerkläger letztlich unterstellt schützen wollen, würde eine solche Aussage keinen Sinn ergeben.

3.

Die außerordentliche Kündigung vom 15.04.2016 ist ebenfalls unwirksam.

Der Beklagte und Widerkläger hat hier seiner im Hinblick auf die Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB bestehenden Darlegungs- und Beweislast nicht genügt.

Wie zuvor ausgeführt, trägt der Kündigende die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Dabei hat er substantiiert seine Kenntniserlangung darzulegen und ggfls. zu beweisen (vgl. MüKoBGB/Henssler, 6. Auflage, BGB § 626 Rn. 347). Die Darlegungspflicht ist nicht bereits erfüllt, wenn der Kündigende lediglich allgemein vorträgt, er kenne die Kündigungsgründe nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung. Er muss vielmehr die Umstände schildern, aus denen sich ergibt, wann und wodurch er von den maßgebenden Tatsachen erfahren hat. Um den Zeitpunkt, in dem der Wissensstand des Kündigungsberechtigten ausreicht, bestimmen zu können, und um es dem Gekündigten zu ermöglichen, die behauptete Schilderung zu überprüfen und gegebenenfalls qualifiziert zu bestreiten, muss grundsätzlich angegeben werden, wie es zu der Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll (vgl. BAG NZA 2007, 744, 746). Daran mangelt es vorliegend.

Der Beklagte und Widerkläger hat trotz entsprechenden Bestreitens der Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist keinerlei Beweis für die Kenntniserlangung der hier in Rede stehenden Kündigungsgründe angeboten. Er hat lediglich die Behauptung aufgestellt, der Verwaltungsrat sei erst durch die Einladung zur außerordentlichen Verwaltungsratssitzung vom 08.04.2016 über die Gründe informiert worden. Dazu wurden das Einladungsschreiben samt der Beratungsunterlage und dem Beschlussvorschlag der außerordentlichen Sitzung vom 15.04.2016 zur Akte gereicht. Aus Ziff. 1 der Beratungsunterlage (Bl. 830 d.A.) ergibt sich, dass sich der zur Kündigung führende Sachverhalt „aktuell“ aus der Befassung mit einer ergänzenden Anfrage des LPD vom 14.07.2015 ergeben habe, was nach Ansicht des Prozessbevollmächtigen des Beklagten und Widerklärgers eine erneute Kündigung des Klägers und Widerbeklagten nahelege. Dies lässt im Hinblick auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung jedenfalls Fragen offen und stellt diese nicht substantiiert dar. So ist bereits unklar, was mit der Zeitangabe „aktuell“ gemeint sein soll. Auch ist unbekannt, wer diesbezüglich zunächst Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen erlangt hat und weshalb diese Kenntnis auf einer Befassung mit einer ergänzenden Stellungnahme des LPD vom 14.07.2015 beruht, die im Zeitpunkt der Kündigung bereits seit neun Monaten vorlag. Hier wäre jedenfalls vorzutragen gewesen, was Inhalt der erwähnten ergänzenden Stellungnahme ist, womit sich also – von wem – befasst wurde, wer aus welchen Gründen wann von den Kündigungsgründen Kenntnis erlangt haben soll und in welchem zeitlichen Zusammenhang dazu die Einberufung der Verwaltungsratssitzung erfolgte. Dies ist unschwer zu erkennen auch der Grund, weshalb der Kläger und Widerbeklagte den Beklagten und Widerkläger im Rahmen des Bestreitens der Einhaltung der Frist dazu aufforderte, die in der Anlage B46 erwähnte Anfrage des LPD vom 14.07.2015 vorzulegen (vgl. Schriftsatz vom 09.05.2016, Bl. 903 d.A.). Das war dem Beklagten und Widerkläger auch zur Substantiierung abzuverlangen, da die Formulierung der Ziff. 1 der Beratungsunterlage nahelegt, dass die erwähnte Anfrage des LPD dem Verwaltungsrat bekannt gewesen ist. Daher bleibt offen, ob sich der maßgebliche Sachverhalt schon aus der Anfrage ergeben hat und der Verwaltungsrat lediglich aufgrund einer neun Monate später folgenden Stellungnahme seines Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf die Kündigung tätig wurde. Der Ablauf der Kenntniserlangung bleibt aus den genannten Gründen offen. Wenn bereits die seitens des Beklagten und Widerklägers vorgelegte Beratungsunterlage des Verwaltungsrates Fragen und Unklarheiten bezüglich des Zeitpunkts der Kenntniserlangung aufwirft, wird damit der eigene Vortrag einer angeblichen Kenntniserlangung aufgrund der Beratungsunterlage erschüttert. Es erscheint aufgrund des Prozessverlaufs und der eingereichten Unterlagen mehr als naheliegend, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten und Widerklägers hier beauftragt war, gezielt nach weiteren Kündigungsgründen zu suchen, weshalb das Vorenthalten jedweder substantiierten Information zur Kenntniserlangung vor dem Hintergrund der bestehenden Darlegungs- und Beweislast kritisch zu sehen ist. Dies auch deshalb, da im Falle einer solchen Beauftragung gerade keine Verschleppung der Kenntniserlangung erfolgen darf. Denn sonst hätte es der Beklagte und Widerkläger in der Hand durch die Beauftragung Dritter die Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu unterlaufen. Er könnte sich dann jeweils damit begnügen, darauf zu verweisen, wann der Verwaltungsrat als Gremium zusammentrat um über die Kündigungsgründe zu beraten. Zu einer substantiierten Darlegung der Einhaltung der Kündigungsfrist gehörte aufgrund der bestehenden Anhaltspunkte daher auch der Vortrag, dass es nicht zu einer unsachgemäßen Verzögerung der Einberufung der Verwaltungsratssitzung gekommen ist (vgl. OLG München, Urteil vom 25. März 2009 – 7 U 4835/08 -, Rn. 36, juris).

Der Beklagte und Widerkläger wurde auch bereits mehrfach auf die ihm obliegende Beweislast im Hinblick auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB hingewiesen (u.a. Beschlüsse v. 11.03.2016, Bl. 637 sowie v. 14.04.2016, Bl. 255 Rs. d.A.). Ebenso wurden seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers und Widerbeklagten umfangreiche Ausführungen zu Beweis- und Darlegungslast, insbesondere für den Fall von in den Schriftsätzen des Beklagten und Widerklägers auftauchenden Anknüpfungstatsachen für eine mögliche frühere Kenntniserlangung getroffen (vgl. den Schriftsatz v. 19.02.2015, dort Ziff. I, Bl. 360 ff. d.A.). In gerade einem solchen Kontext hat der Kläger und Widerbeklagte den Beklagten und Widerkläger, wie schon geschildert, aufgefordert, die erwähnte Anfrage des LPD vom 14.07.2015 vorzulegen. Damit wurde ganz eindeutig das Problem der Kenntniserlangung zur Sprache gebracht und – unschwer zu erkennen – beabsichtigt, den Beklagten und Widerkläger zur genaueren Darlegung der Hintergründe der Kenntniserlangung zu drängen. Ebenfalls war dem Beklagten und Widerkläger aufgrund der in diesem Verfahren bereits hinreichend geführten Diskussion bekannt, dass es zur Frage der Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB grundsätzlich auf die Kenntnis des Verwaltungsrats als Organ ankommt, es jedoch auch auf die Kenntniserlangung anderer Personen ankommen kann – etwa wenn die zur Einberufung der Verwaltungsratssitzungen Berechtigten die Einberufung in Kenntnis der Kündigungsgründe unangemessen verzögern, mit der Prüfung beauftragte Personen ihre Kenntnisse nicht in angemessener Zeit weiterleiten oder aber die Prüfung unentschuldbar verzögert wird (vgl. etwa die Hinweise unter Ziff. 1 und 2 im Protokoll der mündlichen Verhandlung v. 05.02.2016, Bl. 611 Rs. d.A. sowie die in diesem Kontext gewechselten Schriftsätze der Parteien – insbesondere die Ausführungen auf S. 4 unter Ziff. III des Schriftsatz vom 29.02.2016, Bl. 632 d.A. sowie ab Ziff.  II. auf S. 7 ff. des Schriftsatzes vom 19.04.2016, Bl. 838 ff. d.A.). Ein nochmaliger gerichtlicher Hinweis nach § 139 ZPO war vor diesem Hintergrund nicht nötig. Dem Beklagten und Widerkläger war die Sach- und Rechtslage hinreichend bekannt.

4.

Der Kläger und Widerbeklagte hat einen Anspruch gegen den Beklagten und Widerkläger auf Zahlung von 7.646,21 € aus Ziff. 1 Abs. 7 i.V.m. Abs. 2 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ (Bl. 12 d.A.) vom 11.03.2013.

a)

Der Anstellungsvertrag sowie die „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ vom 11.03.2013 sind wirksam zu Stande gekommen. Die Zuständigkeit für deren Abschluss liegt beim Verwaltungsrat des Beklagten und Widerklägers. Dies ergibt sich als Annexkompetenz aus § 280 Abs. 1 Nr. 6 SGB V sowie § 8 Nr. 6 der Satzung des Beklagten und Widerklägers (Bl. 7 d.A.).

Die damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden K. und St. haben beim Abschluss der Verträge mit Vertretungsmacht gehandelt.

Der Verwaltungsrat hat seine Kompetenz zum Abschluss der in Rede stehenden Verträge durch Beschluss vom 27.11.2009 unter Top 6 (vgl. Bl. 227 ff., dort insb. 228 und 248, d.A.) auf die Verwaltungsratsvorsitzenden übertragen. Hierin heißt es, dass „die alternierenden Verwaltungsratsvorsitzenden“ auch künftig „bevollmächtigt und beauftragt werden, Einzelverträge zu gestalten und zu modifizieren.“

Angesichts der Stellungnahme des Landesprüfdienstes vom 29.10.2009 (Bl. 229 d.A.) war hiermit nicht nur eine Bevollmächtigung der Verwaltungsratsvorsitzenden zur Modifikation oder Aushandlung von Verträgen beabsichtigt, sondern ebenso eine Bevollmächtigung zum (Neu-)abschluss von Verträgen (= Gestaltung). In der Stellungnahme wird dies deutlich angesprochen.

Ob die Intention des Verwaltungsrats hierbei eine andere war, er sich also doch wie von dem Beklagten und Widerkläger behauptet, die Letztentscheidungskompetenz vorbehalten wollte, ist unerheblich, da hier §§ 133, 157 BGB gelten, mithin der objektive Empfängerhorizont. Dem entsprechend angebotenen Zeugenbeweis musste daher nicht nachgegangen werden.

Die Frage, ob die Bevollmächtigung der Verwaltungsratsvorsitzenden aus rechtlichen Gründen unzulässig gewesen wäre, weil sich der Verwaltungsrat wesentlicher Organbefugnisse nicht entledigen kann, kann letztlich dahinstehen.

Die Vertretungsmacht der Verwaltungsratsvorsitzenden ergibt sich hier letztlich auch aus den Grundsätzen der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht, da beide als Verwaltungsratsvorsitzende bereits den Vertrag mit dem Kläger vom 15.03.2012 abschlossen. Ferner haben sie auch den Vertrag vom 13.06.2000 mit diesem sowie auch Verträge mit der damaligen stellvertretenden Geschäftsführerin, Frau Dr. W.-V., abgeschlossen. Dies hat der Kläger und Widerbeklagte unbestritten vorgetragen (vgl. die unbestrittenen Ausführungen des Klägers in der Verhandlung vom 05.02.2016, Bl. 612 d.A.). Auch wird dies durch den Verweis des Klägers und Widerbeklagten auf den durch ihn vorgelegten Beschluss vom 12.06.2014 aus dem Parallelverfahren des Landgericht Mainz, Az.: 6 O 165/13 bestätigt (Bl. 249 ff. d.A.).

b)

Die auf diese Wiese geschlossenen Verträge sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Missbrauchs der Vertretungsmacht nichtig bzw. ist es dem Kläger und Wiederbeklagten nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf diese zu berufen.

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2016 darauf hingewiesen, dass sie im Vorbringen des Beklagten und Widerklägers Anhaltspunkte dafür sieht, den Abschluss der Verträge unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs der Vertretungsmacht zu prüfen. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass der Beklagte und Widerkläger sich nirgends ausdrücklich hierauf beruft, jedoch verteilt über die bislang eingereichten Schriftsätze vereinzelt Ansatzpunkte enthalten sind, die der Kammer vor dem Hintergrund der in anderem Zusammenhang immer wieder beanstandeten Wirksamkeit der Verträge (insb. vom 11.03.2013) in dieser Hinsicht prüfungswürdig erscheinen.

Auf diesen Hinweis ist der Beklagte und Widerkläger jedoch in seinen weiteren Schriftsätzen nicht eingegangen. Insbesondere hat er sich nirgends ausdrücklich auf ein kollusives, d.h. bewussten Zusammenwirken des Klägers und Widerbeklagten mit den Zeugen K. und St. zu seinem Nachteil und der sich daraus ergebenden Nichtigkeit der Verträge berufen. Lediglich im Hinblick auf die Übergabe neuer Smartphones an die Zeugen K. und St. am 15.03.2012 spricht der Beklagte und Widerkläger davon, dass an diesem Tag auch der dem letzten Anstellungsvertrag maßgeblich vorhergehende Vertrag vom 15.03.2012 unterzeichnet wurde. Diese Ausführungen erfolgen anlässlich der Erläuterungen zu dem hier verfristeten Kündigungsgrund aus Teil I Nr. 3 des Sonderprüfberichts. Der Beklagte und Widerkläger spricht dabei jedoch selbst nur von einem möglichen Anfangsverdacht der Untreue und Vorteilsnahme. Seitens des Klägers und Widerbeklagten wird ein Zusammenhang zwischen den Abschluss des Anstellungsvertrags und der Übergabe der Smartphones (mit entspr. Ausführungen) bestritten. Hierauf wurde sich seitens des Beklagten und Widerklägers nicht weiter erklärt und auch kein Beweis angeboten. In Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen den Kläger und Widerbeklagten bezüglich der Abrechnung von Tankvorgängen in Österreich, führt der Beklagte und Widerkläger aus, eine Kenntnis von den Tankvorgängen der Zeugen K. und St. sei unbeachtlich, da diese offensichtlich zugunsten des Klägers und Widerbeklagten mitgewirkt hätten. Hiermit ist offensichtlich der Abschluss der Verträge vom 11.03.2013 gemeint. Allerdings wird hier wieder nur eine Vermutung in den Raum gestellt. Im Übrigen wäre hier ein kollusives Zusammenwirken insofern ohnehin aufgrund der Vorgängerregelungen zur Abrechnung von Kraftstoffkosten schwer zu begründen, wenn nicht gar widerlegt. Diesbezüglich wird auf die entsprechenden Ausführungen an obiger Stelle verwiesen.

Auch die Prüfung der Kammer im Hinblick auf einen evidenten Vollmachtsmissbrauch, der als Unterfall von § 242 BGB von Amts wegen geprüft werden kann (MüKoBGB/Schubert, 7. Auflage, BGB § 242 Rn. 88) führte anhand der vorgebrachten Tatsachen zu keinem eindeutigen Ergebnis. Ein evidenter, das heißt ein sich dem Kläger und Widerbeklagten aufgrund massiver Verdachtsmomente aufdrängender, Vollmachtsmissbrauch (vgl. OLG Koblenz ZEV 2008, 334, 335) der Zeugen K. und St. lässt sich aus den nur sporadischen Angaben solcher Anhaltspunkte nicht mit hinreichender Sicherheit herleiten. Allein die Tatsache, dass die Zeugen K. und St. den Verwaltungsrat nicht (unmittelbar) über den Abschluss des erheblich geänderten Anstellungsvertrages vom 15.03.2012, die seit Herbst 2012 erfolgenden Beanstandungen des LPD und den darauf vorgenommenen Neuabschluss des Vertrages vom 11.02.2013 informierten, lässt sich noch nicht mit der maßgeblichen Sicherheit ableiten, dass hier ein (bewusst oder unbewusster) Vollmachtsmissbrauch zu Lasten des Beklagten und Widerklägers für den Kläger evident ersichtlich gewesen sein müsste. Die Kammer sieht hierin allein deutliche Anhaltspunkte dafür, dass dies möglich wäre. Dies reicht jedoch nicht zu einer zweifelsfreien Überzeugungsbildung aus. Hier hätte zumindest dargelegt werden müssen, wie sich der Kläger und Widerbeklagte und die Zeugen K. und St. im Hinblick auf die Korrekturwünsche des LPD verhielten, so dass man hieraus entsprechende Schlüsse hätte ziehen können. Aus dem Vorbringen des Beklagten und Widerklägers wird lediglich deutlich, dass die Zeugen zusammen mit dem Kläger und Widerbeklagten zwar reagierten, jedoch offenbar nicht zur Zufriedenheit des LPD und ohne Information des Verwaltungsrats. Weshalb und wie bleibt unklar. Aus dem Schreiben der Zeugen K. und St. vom 08.04.2013 geht hier noch hervor, dass die Vertragsüberlassung des Vertrages vom 11.03.2013 mit berücksichtigten Korrekturwünschen des LPD lediglich dann erst erfolgt sei, weil weitere Anpassungen/Änderungen geprüft werden würden, die vor der Verwaltungsratssitzung nicht mehr umgesetzt werden könnten. Ohne zumindest grobe Darlegung des Ablaufs der Gespräche mit dem LPD bzw. dessen Beanstandungen und der Reaktionen der Zeugen K. und St. bzw. des Klägers und Widerbeklagten, ist eine hinreichend sichere Bewertung dieser Vorgänge geradezu unmöglich. Auch hätte die sonstige Praxis der Zeugen K. und St. beim Abschluss der vorherigen Verträge mit dem Kläger und Widerbeklagten und Frau Dr. W.-V. dargelegt werden können, um aufzuzeigen, dass sich das Verhalten der Zeugen K. und St. hier als besonders atypisch und damit evident missbräuchlich darstellt. Sollte es dagegen „üblich“ gewesen sein, dass keine (unmittelbare) Information des Verwaltungsrates erfolgte, ließe sich hieraus im Falle des Klägers dagegen ggfls. nichts ableiten. Auch wurde seitens des Beklagten und Widerklägers nicht näher auf den Inhalt des Vertrages vom 11.03.2013 eingegangen. Hierzu heißt es unter Verweis auf den Sonderprüfbericht lediglich, dass alle handelnden Personen inklusive des Geschäftsführers vorsätzlich in Kauf genommen hätten, dass im Falle einer Kündigung aus wichtigem Grund die Vermögensinteressen des Beklagten und Widerklägers unter Umständen nicht ausreichend gewahrt würden. Hierbei wird ersichtlich auf § 2 Abs. 5 des Anstellungsvertrages vom 11.03.2013 Bezug genommen. Dieser bezieht sich allerdings nur auf Regelungen im Falle einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung (insbesondere im Zuge einer Fusion). Weitere Erläuterungen erfolgen hierzu allerdings nicht. Insbesondere wird auch nicht dargelegt, weshalb die Regelung auf einen evidenten Vollmachtsmissbrauch der Zeugen K. und St. hindeuten könnte – dies wird von dem Beklagten und Widerkläger nicht einmal in Erwägung erzogen. All dies sind letztlich offene Überlegungen, die vorliegend nicht weiterführen, jedoch aufzeigen sollen, weshalb der Kammer eine sichere Überzeugungsbildung aufgrund dieser Grundlage nicht möglich war.

c)

Die Regelung in Ziff. 1 Abs. 7 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/ Handys“ ist auch ansonsten wirksam.

Zunächst ist nicht erkennbar, weshalb die Regelung nicht hinreichend zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung differenzieren sollte. Dem Beklagten und Widerkläger steht ohnehin gemäß § 2 Abs. 2 zu c) (aa) des Anstellungsvertrages vom 11.03.2013 lediglich das Recht der außerordentlichen Kündigung zu.

Die Regelung ist auch nicht wegen einer unzumutbaren Erschwerung des Rechts des Beklagten und Widerklägers zur außerordentlichen Kündigung unwirksam. Erschwernisse der fristlosen Kündigung, durch die der Kündigende zusätzliche Lasten übernehmen muss wenn er zur Kündigung greift, sind nicht generell unzulässig. Nur eine für den Vertragspartner unzumutbare Erschwerung seines fristlosen Kündigungsrechts ist zu beanstanden (vgl. MüKoBGB/Henssler, 6. Auflage, BGB § 626 Rn. 55 sowie ErfK/Müller-Glöge, 16. Auflage, BGB § 626 Rn. 196 ff. je m.w.N.).

Der Beklagte und Widerkläger hat hier lediglich aufgrund der Existenz der Regelung behauptet, diese diese aufgrund einer unzulässigen Erschwernis seines Rechts zur außerordentlichen Kündigung unwirksam sei. Dargelegt, aus welchen Gründen ihn die Regelung unzumutbar an der Ausübung seines außerordentlichen Kündigungsrechts hindern könnte, hat er nicht. Auch ist dies nicht offen ersichtlich. Die Regelung enthält ein Zurückbehaltungsrecht des Klägers und Widerbeklagten an dem Dienstwagen und das Fortbestehen seines Rechts zur privaten Nutzung für die Zeit des Streits über die Beendigung des Anstellungsvertrags bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss. Daneben wird dem Kläger und Widerbeklagten die Pflicht auferlegt, dem Beklagten und Widerkläger im Fall der rechtskräftigen Feststellung der Beendigung des Anstellungsvertrags alle Aufwendungen inkl. Zinsen für die während des Streits um die Wirksamkeit einer Kündigung erfolgte private Nutzung des Dienstwagens zu ersetzen. Dem Beklagten und Widerkläger wird also keine einseitige Zahlungspflicht auferlegt, die an die Ausübung des Kündigungsrechts anknüpft. Weshalb es ihm hier unzumutbar sein sollte in Vorleistung zu treten ist damit nicht ersichtlich.

Die Parteien haben hiermit nämlich lediglich für den Schwebezustand hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der Beendigung (bzw. Kündigung) des Anstellungsvertrages eine selbständige Anspruchsgrundlage vereinbart, die die jeweiligen Rechten und Pflichten anhand der gegenseitigen Interessenlage klärt. Ziffer 1 Abs. 7 der Vereinbarung enthält damit eine Güteregelung für eine rechtlich unklare Vertragssituation.

Die Vereinbarung ist nach §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass dem Kläger und Widerbeklagten alle Vorteile einer privaten Nutzung des Dienstwagens erhalten bleiben sollen. Hiervon ist auch die Regelungen zur Kostentragung aus den Ziff. 1 Abs. 2 der Vereinbarung umfasst. Letztlich hat der Kläger und Widerbeklagte nach Ziff. 1 Abs. 7 der Vereinbarung dem Beklagten und Widerkläger im Fall der gerichtlich festgestellten Beendigung des Anstellungsvertrages die entstandenen Aufwendungen zu erstatten. Dies umfasst denklogisch alle Ausgaben des Beklagten und Widerklägers in Bezug auf die Zurverfügungstellung des Fahrzeugs für die private Nutzung des Klägers und Widerbeklagten, was nicht nötig wäre, wenn der Beklagte und Widerkläger keinerlei Kosten mehr tragen sollte und nur ein Nutzungsersatz seitens des Klägers und Widerbeklagten zu zahlen wäre. Das Wort „Aufwendungen“ setzt voraus, dass seitens des Beklagten und Widerklägers weitere Ausgaben im Hinblick auf die private Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger und Widerbeklagten erfolgen. Hiernach ist also eindeutig gewollt, dass es beim Streit über die Beendigung des Anstellungsverhältnisses zunächst bei der Kostentragung des Beklagten und Widerklägers für die private Nutzung des Dienstwagens, wie in Ziff. 1 Abs. 2 der Vereinbarung vorgesehen, bleibt. Er ist dadurch geschützt, dass der Kläger und Widerbeklagte jedwede Ausgabe, gleich ob Leasingraten, Versicherungskosten, Kraftstoffkosten, etc. im Fall der Wirksamkeit der Kündigung zu ersetzen hat. Dies ist auch interessengerecht. Sollte gerichtlich rechtskräftig die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt werden, hätte sich der Beklagte und Widerkläger andernfalls gegenüber dem Kläger und Widerbeklagten in unkalkulierbarem Rahmen schadensersatzpflichtig gemacht. Durch die Regelung soll erkennbar die Zeit der Unklarheit über die Beendigung des Anstellungsvertrages einem Interessenausgleich und klaren Verhältnissen zugeführt werden.

d)

Die Regelung in Ziff. 1 Abs. 7 wird auch nicht von § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages überlagert. Letztere sollte nach dem erkennbaren Parteiwillen keinerlei Regelungsinhalt für die Überlassung des Dienstwagens und des Handys entfalten. In § 8 des Anstellungsvertrages haben die Parteien ausdrücklich festgelegt, dass die näheren Einzelheiten hierzu einer separaten Regelung überlassen bleiben.

e)

Da der Kläger und Widerbeklagte vorliegend angegeben hat, seit dem 16.10.2013 Benzinkosten in Höhe von 4.954,62 € sowie Zahlungen für Versicherung, Kfz-Steuer und Reifendienste in Höhe von 2.691,59 € vorverauslagt zu haben, sind ihm diese, mithin insgesamt ein Betrag von 7.646,21 €, nach Ziff. 1 Abs. 7 der Vereinbarung zu ersetzen. Der Beklagte und Widerkläger hat die Entstehung dieser Kosten auch nicht bestritten. Sofern er meint, die konkrete Darlegung der einzelnen Positionen mittels der Tabellen als Anlage zum Schriftsatz vom 16.06.2015 (Bl. 428 d.A. i.V.,m Bl. 444 ff. d.A.) sei unsubstantiiert, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. Die einzelnen Tankkosten und sonstigen Positionen sind hier nachvollziehbar einzusehen. Eine Darlegung in Form eines Schriftsatzes war hier überflüssig.

f)

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 ZPO ab der Zustellung der Klage in dem verbundenen Verfahren 2 O 193/15 am 06.07.2015.

5.

Dem Kläger und Widerbeklagten steht gegen den Beklagten und Widerkläger aufgrund Ziff. 1 Abs. 7 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/ Handys“ (Bl. 12 d.A.) ein Anspruch darauf zu, dass letzterer das Dienstfahrzeug nach Ziff. 4 der Klageanträge bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung auf sich anmeldet und versichert und er alle anfallenden Kosten einschließlich der Kraftstoffkosten, Gebühren für Autobahnen oder Landstraßen innerhalb Deutschlands übernimmt (s.o.).

Der Kläger und Widerbeklagte hat mit Schriftsatz vom 30.03.2016 (Bl. 749 d.A.) nochmals klargestellt, dass er die Feststellung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Beendigung des Anstellungsvertrages begehrt. Der Antrag war entsprechend auszulegen, was sich auch durch die Bezugnahme auf Ziffer 4 der Klageanträge ergab.

Damit ist der Feststellungsantrag begründet.

6.

Dem Kläger und Widerbeklagten steht gegen den Beklagten und Widerkläger aufgrund Ziff. 1 Abs. 7 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/ Handys“ (Bl. 12 d.A.) ein Anspruch darauf zu, dass das ihm zustehende Dienstfahrzeug bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit einer Kündigung alle drei Jahre durch ein Neufahrzeug – wie in Ziffer 4 der Klageanträge bezeichnet – und erstmals zum 06.08.2015 ersetzt wird.

Durch diese Vereinbarung wird der Schwebezustand im Hinblick auf die Nutzung des Dienstwagens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigung abschließend geregelt.

Die Auslegung der Vereinbarung ergibt, dass dem Kläger und Widerbeklagten alle Vorteile einer privaten Nutzung des Dienstwagens erhalten bleiben sollen (s.o.). Dass davon auch die alle drei Jahre zu erfolgende Auswechslung des Fahrzeugs nach Ziff. 1 Abs. 1 der Vereinbarung umfasst sein soll ergibt sich ebenfalls aus dem Gesamtkontext und ist auch für den Beklagten und Widerkläger interessengerecht. Der Kläger und Widerbeklagte hat ihm im Fall der gerichtlich festgestellten Beendigung des Anstellungsvertrages die diesem entstandenen Aufwendungen für die private Nutzung zu erstatten. Dies umfasst alle Ausgaben des Beklagten und Widerklägers in Bezug auf die Zurverfügungstellung des Fahrzeugs für die private Nutzung des Klägers und Widerbeklagten, also insb. auch die Leasingkosten. Sollten hier aufgrund der Zurverfügungstellung auch neuer Fahrzeuge aufgrund der Turnusregelung weitere Kosten bei dem Beklagten und Widerkläger entstehen, hätte der Kläger und Widerbeklagte im Fall der rechtskräftigen Feststellung der Beendigung des Anstellungsvertrages für diese einzustehen.

Im anderen Falle müsste der Beklagte und Widerkläger bei einer rechtskräftigen Feststellung der Wirksamkeit des Vertrages ggfls. ad hoc neue Leasingverträge abschließen um dem Kläger und Widerbeklagten das geschuldete Neufahrzeug zur Verfügung zu stellen. Er liefe zudem Gefahr für das Dienstfahrzeug, das der Kläger und Widerbeklagte aufgrund seines Zurückbehaltungsrechts zurückhalten könnte, den Leasingvertrag entsprechend anpassen und dann parallel Leasingraten für zwei Fahrzeuge anstatt eines zahlen zu müssen.

Der Kläger und Widerbeklagte hat mit Schriftsatz vom 30.03.2016 (Bl. 749 d.A.) hier ebenfalls klargestellt, dass er die Feststellung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Beendigung des Anstellungsvertrages begehrt. Auch dieser Antrag war daher entsprechend auszulegen, was sich auch durch die Bezugnahme auf Ziffer 4 der Klageanträge ergab.

Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet.

7.

Der Kläger und Widerbeklagte hat keinen Anspruch gegen den Beklagten und Widerkläger, dass er ihn zu den fortgeltenden Bedingungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages vom 11.03.2013 sowie unter Beachtung der organschaftlichen Kompetenzzuweisung als Geschäftsführer weiterbeschäftigt.

Ein solcher Anspruch scheitert am vorliegend geltenden Trennungsprinzip zwischen der Organstellung des Klägers und Widerbeklagten und dessen Anstellungsverhältnis. Er ist einerseits Organ des Beklagten und Widerklägers und steht zu diesem andererseits aufgrund des Dienstvertrages in einem Anstellungsverhältnis.

Das Verhältnis von Organ- und Anstellungsverhältnis wird vorliegend durch das Trennungsprinzip bestimmt (vgl. BeckOK SozR/Heberlein SGB V, 41. Edition, § 279 Rn. 27 m.w.N.). Nach diesen sind die Kündigung des Anstellungsvertrags und der Widerruf der Bestellung strikt voneinander zu trennen. Der Widerruf der Bestellung berührt das Anstellungsverhältnis ebenso wenig wie die Kündigung des Anstellungsvertrags die Bestellung. Beide Rechtsverhältnisse werden nach den jeweiligen dafür geltenden Vorschriften beendet. Diese Grundsätze gelten ebenso für die Rechtsstellung der Mitglieder von Organen juristischer Personen, etwa von Vorstandsmitgliedern einer AG oder Geschäftsführern einer GmbH (vgl. BGH NZG 2011, 112, 113; MüKoBGB/Henssler, 6. Auflage, BGB § 626 Rn. 29).

Für den Fall des GmbH-Geschäftsführers wurde bereits höchstrichterlich entschieden, dass sich aus dem Anstellungsvertrag weder schuldrechtlicher Anspruch auf Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer einer GmbH, noch ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung in einer seiner früheren Tätigkeit vergleichbaren leitenden Funktion herleiten lässt. Zur Begründung wurden in diesen Fällen das einerseits bestehende Trennungsprinzip (s.o.) sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs der Geschäftsführerbestellung nach § 38 Abs. 1 GmbHG angeführt, der der Gesellschaft im Bereich der Geschäftsführung eine weitgehende Organisationsfreiheit gewährt (vgl. BGH a.a.O sowie NJW 2003, 351, 351).

Vorliegend gestaltet sich die Rechtslage anders. Nach § 2 Abs. 3 des Anstellungsvertrages gilt die Kündigung durch den MDK zugleich als Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer, die Pflichten einer Amtsentbindung oder Amtsenthebung sollen davon unberührt bleiben. Hier erfolgte die Beendigung der Organstellung des Klägers und Widerbeklagten jedenfalls zusätzlich durch eine Amtsenthebung nach § 279 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 59 Abs. 2 SGB IV (s. Bescheid vom 16.10.2013, Bl. 15 d.A.), die an einen groben Verstoß des Klägers und Widerbeklagten gegen seine Amtspflichten geknüpft ist. Ob die Amtsenthebung zu Recht erfolgte oder nicht, unterliegt wegen des dargestellten Trennungsprinzips und des insofern anderweitig gegebenen Rechtswegs letzten Endes der Prüfung des Sozialgerichts. Dessen Prüfung ist für die Frage der Kündigung des Anstellungsvertrages unerheblich und damit dem vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgreiflich (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26. März 2013 – 6 U 62/12 -, Rn. 62, juris BeckOK SozR/Heberlein SGB V, 41. Edition, § 279 Rn. 43).

Ob der Kläger und Widerbeklagte Organ des Beklagten und Widerklägers ist oder nicht, kann seitens der Kammer nicht entschieden werden und hat wegen des Trennungsprinzips auch keinen Einfluss auf die Beurteilung der Kündigung des Anstellungsvertrages. In diesem Kontext ist insbesondere auch zu sehen, dass die Amtsenthebung nach § 279 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 59 Abs. 2 SGB IV anders als eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages nach § 626 BGB nicht fristgebunden ist.

Das Trennungsprinzip steht damit einer Verurteilung des Beklagten und Widerklägers zur Weiterbeschäftigung des Klägers und Widerbeklagten als Geschäftsführer entgegen. Der Beklagte und Widerkläger kann den Geschäftsführer unabhängig vom Bestehen des Anstellungsvertrages nach § 58 Abs. 2 SGB IV seines Amtes entheben, was einer auf dem Anstellungsvertrag beruhenden Verpflichtung des Beklagten und Widerklägers zur Weiterbeschäftigung des Klägers und Widerbeklagten als Geschäftsführer entgegensteht.

8.

Der Kläger und Widerbeklagte hat derzeit keinen Anspruch gegen den Beklagten und Widerkläger auf Zahlung von 153.027,28 € nebst Zinsen.

Die Kammer schließt sich ausdrücklich der rechtlichen Auffassung, wie sie schon seitens der 6. Zivilkammer in den zwischen den Parteien geführten Verfahren 2 O 152/13 und 2 O 165/13 in den den Parteien bekannten Vorbehaltsurteilen geäußert wurde, an. Die Akten wurden auf Antrag der Kläger- und Widerbeklagtenseite beigezogen.

Gemäß § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages (Bl. 10 d.A.) haben die Parteien vereinbart, dass bei Streit über den Fortbestand des Anstellungsverhältnisses und Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens zur Feststellung des Fortbestehens des Anstellungsverhältnisses die Vergütung gem. § 4 des Anstellungsvertrages in einem Umfang von 75 % bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens fortgezahlt wird.

Der Beklagte und Widerkläger wurde in den o.g. Verfahren bereits rechtskräftig zur Zahlung von 75 % der Grundvergütung und der Aufwandsentschädigung nach § 4 des Anstellungsvertrages ab November 2013 verurteilt. Soweit der Kläger und Widerbeklagte in diesem Verfahren die Differenz zur vollen Zahlung der Grundvergütung und zur vollen Aufwandsentschädigung geltend macht, muss er sich an der Regelung des § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages festhalten lassen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung steht ihm danach nur die Zahlung in Höhe von 75 % zu. Die weitergehende Differenz kann er demnach erst mit der rechtskräftigen Feststellung des Fortbestehens des Anstellungsverhältnisses verlangen. Ebenfalls steht ihm aufgrund der Regelung derzeit nicht der geltend gemachte weitere Zahlungsanspruch nach der Regelung zur zusätzlichen Altersvorsorge in § 9 des Anstellungsvertrages zu. Bezüglich der ebenfalls begehrten Zahlung der Leistungszulage hat der Kläger und Widerbeklagte dagegen nicht dargelegt, warum ihm eine solche für den geltend gemachten Zeitraum zustehen soll.

Mit der Regelung in § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages haben die Parteien  für den Schwebezustand hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der Kündigung des Anstellungsvertrages eine selbständige Anspruchsgrundlage vereinbart, welche vorliegend allein maßgeblich ist. § 2 Abs. 6 schließt nach dem erkennbaren Willen der Vertragsparteien in seinem Anwendungsbereich die übrigen Zahlungsverpflichtungen aus dem Anstellungsvertrag aus. Zahlungsverpflichtungen des Beklagten und Widerklägers bestimmen sich in diesem Fall ausschließlich und auch im Umfang nur noch nach § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages. Dies ergibt sich sowohl aus dem eindeutigen Wortlaut, als auch aus dem an der Interessenlage gemessenen eindeutigen Willen der Parteien. § 2 Abs. 6 enthält eine Güteregelung für eine rechtlich unklare Vertragssituation. Dabei geht die Regelung grundsätzlich davon aus, dass die Unklarheit über die Wirksamkeit der Kündigung für beide Seiten in gleichem Umfang besteht. Der Beklagte und Widerkläger hat dennoch nach § 4 des Vertrages beim Ausgleich der wechselseitigen Unsicherheit mit 75 % der Vergütung wirtschaftlich zunächst den weit überwiegenden Anteil des Risikos zu seinen Lasten übernommen. Dies muss bei einer Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB umso mehr berücksichtigt werden, als die Regelung nach dem aufgenommenen Regelbeispiel insbesondere eingreifen soll, wenn der Beklagte und Widerkläger gekündigt hat und daher aus dessen Sicht keine zu vergütende Arbeitsleistungspflicht des Klägers und Widerbeklagten mehr besteht. Daher kann dem Willen der Parteien nur entnommen werden, dass in den Fällen des § 2 Abs. 6 der Kläger und Widerbeklagte über die 75%ige Vergütung nach § 4 des Vertrages hinaus keine weitergehenden Zahlungen von dem Beklagten und Widerkläger beanspruchen kann.

Weitergehende Zahlungsansprüche – wie solche nach § 9 des Vertrages – wurden danach von den Parteien in die Vereinbarung nicht aufgenommen und sind daher nach dem erkennbaren Willen der Parteien ausgeschlossen.

Auch kann der Kläger und Widerbeklagte nicht die Zahlung der Leistungszulage nach § 4 Abs. 5 des Anstellungsvertrages verlangen. Auf diese Regelung wird grundsätzlich in § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages Bezug genommen. Allerdings setzt die Zahlung der vollen Leistungszulage nach ihrem Wortlaut einen Zielerreichungsgrad von 100 % voraus – was nach der Regelung in § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages dann zu 75 % zu vergüten wäre. Der Kläger und Widerbeklagte hat hier nichts zu einer Zielerreichung vorgetragen. Er hat lediglich angegeben, dass die Leistungszulage in der Vergangenheit gezahlt wurde, was allerdings aufgrund der klaren vertraglichen Regelung nicht ausreichend ist. Nach dieser kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Leistungszulage als regulärer Gehaltsbestandteil unabhängig von einer Zielerreichung gezahlt wurde. Mangels entsprechenden Vortrags steht dem Kläger damit kein Anspruch auf diesbezügliche Zahlungen zu.

9.

Aus den unter Ziffer 8. genannten Gründen hat der Kläger und Widerbeklagte derzeit keinen Anspruch gegen den Beklagten und Widerkläger auf Zahlung eines Betrages von 3.504,– € an die E. Lebensversicherungs AG auf seinen Lebensversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer 430137055.0-00191-1014.

10.

Dem Kläger und Widerbeklagten steht kein Anspruch auf Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.822,96 € zu.

Vorliegend ist unklar, in Höhe welchen geschuldeten Betrages der Beklagte und Widerkläger verzugsbegründend gemahnt worden sein soll. Der Kläger und Widerbeklagte hat vorliegend lediglich vorgetragen, den Beklagten und Widerkläger in der Vergangenheit aufgefordert zu haben, die laufenden Kosten des Dienstfahrzeugs seit dem Kündigungszeitpunkt zu tragen. Dem habe sich der Beklagte und Widerkläger verweigert. Hier ist schon unklar, ob überhaupt die Zahlung konkreter Summen gefordert wurde, oder ob es sich lediglich um die Aufforderung zum generell vertragsgemäßen Verhalten handelte. Für letzteres spricht jedenfalls, dass auch die Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers und Widerbeklagten vom 18.05.2015 und 29.05.2015 nicht die Zahlung von durch den Kläger und Widerbeklagten vorverauslagter Beträge einfordern. Der Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten käme aber nur dann in Betracht, wenn sie als Verzugsschaden anzusehen sind. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich der Beklagte und Widerbeklagte bei Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten des Klägers und Widerbeklagten am 18.05.2016 bereits in Verzug befunden hätte, was vorliegend eine vorherige Mahnung i.S.d. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB voraussetzt. Diese muss jedoch eindeutig und bestimmt sein, d.h. etwa für Zahlungsansprüche, dass diese grundsätzlich betragsmäßig beziffert werden müssen (vgl. Palandt/Grüneberg, 73. Auflage, BGB § 286 Rn. 19), was hier nicht geschehen ist. Bezüglich der erst im August 2015 möglichen Forderung eines neuen Dienstwagens konnte hier überdies nicht einmal ein Verzug des Beklagten und Widerklägers begründet werden.

B.

Die Widerklage ist zulässig aber zum überwiegenden Teil unbegründet.

1.

Der Beklagte und Widerkläger hat lediglich einen Anspruch gegen den Kläger und Widerbeklagten auf Rückzahlung überzahlten Gehalts für den Zeitraum 17.10. bis 31.10.2013 in Höhe von 1.058,89 €. Der Anspruch folgt zumindest aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

Aufgrund der Wirksamkeit des Anstellungsvertrages vom 11.03.2013 steht dem Kläger für den Zeitraum 17.10. bis 31.10.2013 nach § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages bis zur rechtskräftigen Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung (s.o.) nur die Zahlung von 75 % seines Gehalts zu.

Der Kläger und Widerbeklagte hat dem Beklagten und Widerkläger demnach 25 % des überzahlten (vollen) Gehalts von 4.235,54 €, d.h. 1.058,89 €, für den oben genannten Zeitraum zurückzuerstatten, jedoch nicht den vollen begehrten Betrag von 4.235,54 €.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs.1, 286 Abs. 1 S. 1 BGB ab dem 01.12.2013 aufgrund der mit Schreiben vom 18.11.2013 (Bl. 134 d.A.) erfolgten Fristsetzung zur Zahlung bis zum 30.11.2013.

2.

Da der Anstellungsvertrag des Klägers und Widerbeklagten vom 11.03.2013 wirksam ist und dies auch für die „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ vom selben Tag gilt (dazu s.o.), hat der Beklagte und Widerkläger weder einen Anspruch auf Herausgabe des Dienstwagens noch des Diensthandys des Klägers und Widerbeklagten.

Dem Kläger und Widerbeklagte steht nach Ziff. 1 Abs. 7 und Ziff. 2 Abs. 3 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ vom 11.03.2013 im Falle eines Rechtsstreits über die wirksame Beendigung des Anstellungsvertrages bis zur rechtskräftigen Entscheidung ein Zurückbehaltungsrecht an dem Dienstfahrzeug wie auch dem Handy zu.

Diese Regelungen sind nach Auffassung der Kammer auch wirksam. Die Ausführungen zu Ziff. 1 Abs. 7 der Vereinbarung (s.o.) geltend sinngemäß auf für Ziff. 2 Abs. 3. Sollten diese Regelungen dagegen aufgrund einer unzumutbaren Erschwerung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung unwirksam sein, würde dem Kläger und Widerbeklagten trotz dessen ein entsprechendes Besitzrecht aus Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 1 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/ Handys“ zustehen, da der Anstellungsvertrag, wie ausgeführt, nicht wirksam gekündigt wurde.

Die Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 1 der „Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens/Handys“ sind auch nicht durch die Regelung in § 2 Abs. 6 des Anstellungsvertrages überlagert (s. o.). Demnach kann sich der Kläger und Widerbeklagte bereits vor Rechtskraft der Entscheidung auf sein Recht zum Besitz aufgrund der vertraglichen Regelungen berufen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

D.

Der Streitwert wird auf 473.946,26 € (Klageantrag zu 1. nach § 42 Abs. 1 S. 1 GKG: 392.206,68 €; Klageantrag zu 2.: nicht streitwerterhöhend;  Klageantrag zu 3.: nicht streitwerterhöhend; Klageanträge zu 4.: 33.000,– €; Klageantrag zu 5.: 5.000,– €; Klageantrag zu 6.: 5.000,– €; Klageantrag zu 7.: 7.646,21 €; Klageantrag zu 8.: nicht streitwerterhöhend; Klageantrag zu 9.: nicht streitwerterhöhend; Klageantrag zu 10.: 11.557,83 € (einfaches Grundgehalt im Jahr 2015); Klageantrag zu 11.: nicht streitwerterhöhend; Widerklageantrag zu 1.: 4.235,54 €: Widerklageantrag zu 2.: 15.000,– €; Widerklageantrag zu 3.: 300,– €) festgesetzt.

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