Skip to content

Fristlose Kündigung Geschäftsführerdienstvertrag – Voraussetzungen eines wichtigen Grundes

Fristlose Kündigung eines Verlagschefs geplatzt! Das Oberlandesgericht München kippte die Kündigung und sprach dem Geschäftsführer ausstehende Gehälter zu. Der Verlag hatte schwere Vorwürfe erhoben, doch die Beweise reichten nicht aus. Ein spannender Fall, der zeigt, wie hoch die Hürden für eine fristlose Kündigung sind.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Fall behandelt die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags.
  • Der Kläger war als Geschäftsführer bei einem Verlagsunternehmen tätig, das in finanzieller Hinsicht bedeutend ist.
  • Es wurden Unstimmigkeiten über die Zahlungen an eine Agentur festgestellt, die während eines Projekts auftraten.
  • Der Geschäftsführer und Mitgeschäftsführer war voneinander unterschiedlich informiert über die Zahlungen und die Erbringung der Leistungen.
  • Ein internes Handbuch des Unternehmens regelte die Bedingungen für Zahlungen und genehmigte nur Teilzahlungen nach abgeschlossenen Leistungen.
  • Bei einer Genehmigung der Zahlungen durch den Mitgeschäftsführer kam es zu Abweichungen von den vertraglich festgelegten Vorgaben.
  • Das Gericht stellte fest, dass die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt war.
  • Die Entscheidung basiert auf der Unmöglichkeit einer rechtswidrigen Zahlung durch den Kläger sowie Missverständnissen in der internen Kommunikation.
  • Die Folgen der Entscheidung betreffen die unternehmerische Praxis hinsichtlich Zahlungen und interne Abstimmungen.
  • Geschäftsführer müssen sich der internen Richtlinien bewusst sein und die Kommunikation im Team sichern, um Kündigungen zu vermeiden.

Fristlose Kündigung im Geschäftsführerdienstvertrag: Grundlagen und Fallanalyse

Die fristlose Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags ist ein einschneidendes Ereignis, das sowohl für den Geschäftsführer als auch für das Unternehmen weitreichende Folgen haben kann. Ein solcher Kündigungsgrund muss dabei als „wichtiger Grund“ angesehen werden, der es einer Partei unzumutbar macht, das Vertragsverhältnis aufrechtzuerhalten. Im deutschen Recht ist dies klar geregelt, aber die genauen Voraussetzungen und deren Auslegung können komplex sein.

Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung kann verschiedene Ursachen haben, beispielsweise vertragswidriges Verhalten, grobe Pflichtverletzungen oder Vertrauensbrüche. Das Gesetz stellt jedoch hohe Anforderungen an die Nachweisbarkeit solcher Gründe. Die betroffene Partei muss beweisen, dass die Kündigung nicht nur gerechtfertigt, sondern auch verhältnismäßig war. Dies erfordert eine sorgfältige Prüfung der Umstände des Einzelfalls sowie eine Abwägung der Interessen aller Beteiligten.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall besprochen, der die genannten Aspekte der fristlosen Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags verdeutlicht und analysiert.

Professionelle Unterstützung bei fristlosen Kündigungen

Befinden Sie sich in einer rechtlich komplexen Situation aufgrund einer fristlosen Kündigung Ihres Geschäftsführerdienstvertrags? Unsere Kanzlei verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Analyse und Durchsetzung Ihrer Rechte in solchen Fällen. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung, um die besten nächsten Schritte einzuleiten. Der erste Schritt zur Klärung Ihres rechtlichen Problems kann entscheidend für Ihre Zukunft sein. Vertrauen Sie auf unsere Expertise – wir stehen Ihnen zur Seite.

Ersteinschätzung anfordern

Der Fall vor Gericht


Fristlose Kündigung eines Geschäftsführers wegen angeblicher Pflichtverletzungen

Das Oberlandesgericht München befasste sich in einem Urteil vom 22.06.2017 mit der Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags eines Verlagsunternehmens. Der gekündigte Geschäftsführer klagte gegen die Kündigung und forderte ausstehende Vergütung ein.

Hintergrund des Falls

Der Kläger war seit 2010 als Geschäftsführer bei der beklagten GmbH tätig, einem Verlagsunternehmen mit über 100 Mitarbeitern. Im August 2014 kündigte die Beklagte den Dienstvertrag des Klägers fristlos. Als Hauptgrund wurde angeführt, der Kläger habe eigenmächtig die vollständige Zahlung einer Rechnung an eine Agentur angewiesen, obwohl nur die Hälfte der Leistung erbracht worden war. Zudem wurden weitere Pflichtverletzungen wie Verschleierung von Projektproblemen und mangelnde Information des Mehrheitsgesellschafters vorgebracht.

Entscheidung des Gerichts zur Hauptvorwürfe

Das Gericht sah den Hauptvorwurf der eigenmächtigen Zahlungsanweisung als nicht erwiesen an. Die Zeugenaussagen des Projektleiters und des Agenturmitarbeiters wiesen erhebliche Widersprüche und Erinnerungslücken auf. Es konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass der Kläger tatsächlich die vollständige Zahlung angeordnet hatte.

Bezüglich der angeblichen Falschaussagen des Klägers gegenüber dem Mehrheitsgesellschafter im August 2014 sah das Gericht ebenfalls keine ausreichenden Beweise. Selbst wenn der Kläger den Zeitpunkt einer Teilzahlungsfreigabe falsch dargestellt hätte, wäre dies keine so schwerwiegende Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde.

Bewertung der weiteren Vorwürfe

Die vom Unternehmen angeführten weiteren Gründe wie Anweisungen zur internen Kommunikation, Löschung von Projektplänen oder angebliche Verschleierung von Problemen sah das Gericht ebenfalls nicht als ausreichend für eine fristlose Kündigung an. Es fehlte an konkreten Nachweisen für schwerwiegende Pflichtverletzungen. Teilweise handelte es sich um übliche Weisungen eines Geschäftsführers zur internen Kommunikation.

Auch der Vorwurf, der Kläger habe den Mehrheitsgesellschafter nicht über eine drohende Umsatzsteuersonderprüfung bei einem Joint Venture informiert, rechtfertigte nach Ansicht des Gerichts keine fristlose Kündigung. Der Kläger war für diesen Bereich nicht mehr zuständig und hatte die Information an den verantwortlichen Mitarbeiter weitergeleitet.

Gesamtbewertung und Urteil

In der Gesamtschau aller vorgebrachten Gründe sah das Gericht keine so schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Klägers, die eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten. Die Fortführung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist wäre dem Unternehmen zumutbar gewesen.

Das Gericht gab daher der Klage des Geschäftsführers statt. Es verurteilte das Unternehmen zur Zahlung der ausstehenden Vergütung für den Zeitraum von August bis Dezember 2014 sowie einer Entschädigung für die entgangene Nutzung des Dienstwagens. Vom Vergütungsanspruch wurde das in der Zwischenzeit bezogene Arbeitslosengeld abgezogen.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen an eine fristlose Kündigung eines Geschäftsführers. Unternehmen müssen schwerwiegende Pflichtverletzungen konkret nachweisen können. Bloße Verdachtsmomente oder kleinere Verfehlungen reichen in der Regel nicht aus, um eine sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses zu rechtfertigen. Bei Zweifeln ist eine ordentliche Kündigung der sicherere Weg.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil unterstreicht die hohen Anforderungen an die fristlose Kündigung eines Geschäftsführers. Schwerwiegende Pflichtverletzungen müssen konkret nachgewiesen werden, bloße Verdachtsmomente reichen nicht aus. In der Gesamtschau aller vorgebrachten Gründe sah das Gericht keine so gravierenden Verfehlungen, die eine sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses gerechtfertigt hätten. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung und Beweisführung seitens des Unternehmens vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Geschäftsführer sollten Sie dieses Urteil als deutliche Stärkung Ihrer Position verstehen. Es zeigt, dass eine fristlose Kündigung hohe Hürden zu überwinden hat und Unternehmen schwerwiegende Pflichtverletzungen konkret nachweisen müssen. Selbst bei Verdachtsmomenten oder kleineren Verfehlungen bleibt Ihr Anstellungsverhältnis in der Regel bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bestehen. Im Falle einer unberechtigten fristlosen Kündigung haben Sie gute Chancen, Ihre Vergütungsansprüche gerichtlich durchzusetzen. Dennoch ist Vorsicht geboten: Dokumentieren Sie wichtige Entscheidungen sorgfältig und kommunizieren Sie transparent mit den Gesellschaftern, um Konflikten vorzubeugen.


FAQ – Häufige Fragen

In unserer FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen rund um das Thema Fristlose Kündigung von Geschäftsführern. Ob Sie selbst in einer solchen Situation sind oder einfach nur Ihr Wissen vertiefen möchten – hier erhalten Sie fachkundige Informationen und wertvolle Hinweise, die Ihnen helfen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden und informierte Entscheidungen zu treffen.


Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung eines Geschäftsführers?

Für eine rechtmäßige fristlose Kündigung eines Geschäftsführers müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

Wichtiger Grund

Die Grundlage für eine fristlose Kündigung bildet das Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB. Dieser liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, die es dem Unternehmen unzumutbar machen, das Vertragsverhältnis bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist fortzusetzen.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Gesellschafter einer GmbH und Ihr Geschäftsführer begeht Untreue zu Lasten des Unternehmens. In einem solchen Fall wäre es Ihnen nicht zuzumuten, die reguläre Kündigungsfrist abzuwarten.

Beispiele für wichtige Gründe

Als wichtige Gründe können unter anderem gelten:

  • Strafbare Handlungen wie Betrug oder Untreue zulasten der GmbH
  • Wiederholte Missachtung von Weisungen der Gesellschafterversammlung
  • Einsatz von Arbeitskräften der GmbH für private Zwecke
  • Schuldhafte Insolvenzverschleppung

Beachten Sie, dass nicht jeder Pflichtverstoß automatisch eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Die Schwere des Verstoßes muss im Einzelfall beurteilt werden.

Frist zur Kündigungserklärung

Wenn Sie als Unternehmen von einem wichtigen Grund Kenntnis erlangen, müssen Sie die fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen aussprechen (§ 626 Abs. 2 BGB). Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem das zuständige Organ (in der Regel die Gesellschafterversammlung) von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfährt.

Formelle Anforderungen

Die fristlose Kündigung muss schriftlich erfolgen und sollte dem Geschäftsführer persönlich zugestellt werden. Obwohl eine Begründung für die Wirksamkeit nicht zwingend erforderlich ist, empfiehlt es sich aus Beweisgründen, die Kündigungsgründe schriftlich darzulegen.

Verhältnismäßigkeit

Vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung sollten Sie als Unternehmen prüfen, ob nicht mildere Mittel ausreichen, um auf das Fehlverhalten des Geschäftsführers zu reagieren. In manchen Fällen kann eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung angemessener sein.

Wenn Sie als Geschäftsführer mit einer fristlosen Kündigung konfrontiert werden, sollten Sie umgehend prüfen lassen, ob die genannten Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind. Oft lohnt es sich, die Wirksamkeit der Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen, da die Anforderungen an eine wirksame fristlose Kündigung hoch sind.

zurück


Welche Rolle spielen Beweismittel bei der fristlosen Kündigung eines Geschäftsführers?

Beweismittel spielen eine entscheidende Rolle bei der fristlosen Kündigung eines Geschäftsführers. Sie sind unerlässlich, um den wichtigen Grund für die Kündigung zu belegen und deren Rechtmäßigkeit sicherzustellen.

Bedeutung der Beweismittel

Bei einer fristlosen Kündigung trägt das Unternehmen die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Dies bedeutet, dass Sie als Geschäftsführer nicht beweisen müssen, dass kein Grund vorliegt. Vielmehr muss die Gesellschaft nachweisen, dass Ihr Verhalten eine sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses rechtfertigt.

Arten von Beweismitteln

Als Beweismittel können verschiedene Dokumente und Informationen dienen:

  • Schriftliche Unterlagen wie E-Mails, Verträge oder interne Berichte
  • Zeugenaussagen von Mitarbeitern oder Geschäftspartnern
  • Finanzielle Aufzeichnungen oder Buchführungsunterlagen
  • Protokolle von Sitzungen oder Besprechungen
  • Aufzeichnungen von Telefonaten oder Videokonferenzen

Bedeutung der Compliance-Verstöße

Besonders relevant sind Beweise für Verstöße gegen unternehmensinterne Compliance-Vorschriften. Diese können einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen. Wenn Sie als Geschäftsführer beispielsweise gegen Richtlinien zur Korruptionsprävention oder zum Datenschutz verstoßen, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Zeitlicher Aspekt der Beweissammlung

Die Gesellschaft hat nach § 626 Abs. 2 BGB grundsätzlich nur zwei Wochen Zeit, um die fristlose Kündigung auszusprechen, nachdem sie von den relevanten Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Allerdings hat die Rechtsprechung diesen Zeitraum flexibler gestaltet: Wenn umfangreiche Ermittlungen notwendig sind, um zuverlässige und vollständige Tatsachen zu sammeln, kann die Frist auch länger sein. In einem Fall wurde sogar eine Frist von 10 Wochen als noch rechtzeitig angesehen.

Ihre Position als Geschäftsführer

Als Geschäftsführer sollten Sie sich bewusst sein, dass Ihre Position mit besonderen Pflichten und Verantwortlichkeiten einhergeht. Sorgfältiges Lesen von Unterlagen und die Einhaltung von Compliance-Vorschriften gehören zu Ihren Kernaufgaben. Verstöße gegen diese Pflichten können als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gewertet werden.

Wenn Sie mit einer fristlosen Kündigung konfrontiert sind, ist es ratsam, selbst Beweise zu sichern, die Ihre Position stützen können. Dokumentieren Sie Ihre Handlungen und sammeln Sie Unterlagen, die zeigen, dass Sie im Einklang mit den Unternehmensrichtlinien gehandelt haben. Dies kann Ihnen helfen, sich gegen ungerechtfertigte Vorwürfe zu verteidigen.

zurück


Welche Rechte hat ein Geschäftsführer im Falle einer unrechtmäßigen fristlosen Kündigung?

Im Falle einer unrechtmäßigen fristlosen Kündigung stehen einem Geschäftsführer verschiedene Rechte zu, um sich gegen die unberechtigte Beendigung seines Dienstverhältnisses zu wehren.

Feststellungsklage

Als erste Maßnahme können Sie eine Feststellungsklage beim zuständigen Landgericht einreichen. Damit lassen Sie gerichtlich feststellen, dass das Dienstverhältnis durch die fristlose Kündigung nicht beendet wurde. Wenn Sie als Geschäftsführer eine solche Klage in Betracht ziehen, beachten Sie die dreiwöchige Klagefrist ab Zugang der Kündigung.

Vergütungsansprüche

Bei einer unwirksamen fristlosen Kündigung haben Sie als Geschäftsführer Anspruch auf Fortzahlung Ihrer Vergütung. Dies umfasst nicht nur das Grundgehalt, sondern auch variable Vergütungsbestandteile wie Boni oder Tantiemen. Stellen Sie sich vor, Ihre Gesellschaft verweigert die Zahlung – in diesem Fall können Sie Ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen.

Schadensersatz und Abfindung

Unter bestimmten Umständen können Sie auch Schadensersatzansprüche geltend machen, etwa wenn durch die unrechtmäßige Kündigung ein Reputationsschaden entstanden ist. Ein Anspruch auf Abfindung besteht für Geschäftsführer grundsätzlich nicht, kann aber vertraglich vereinbart sein. Prüfen Sie daher Ihren Anstellungsvertrag auf entsprechende Klauseln.

Wiedereinstellung

In seltenen Fällen kann ein Anspruch auf Wiedereinstellung bestehen. Dies ist jedoch bei Geschäftsführern aufgrund ihrer besonderen Vertrauensstellung eher die Ausnahme. Wenn Sie eine Wiedereinstellung anstreben, sollten Sie die Erfolgsaussichten sorgfältig mit einem Fachanwalt für Gesellschaftsrecht abwägen.

Zeugnisberichtigung

Wurde Ihnen im Zusammenhang mit der fristlosen Kündigung ein unzutreffendes Arbeitszeugnis ausgestellt, haben Sie das Recht auf Zeugnisberichtigung. Ein korrektes Zeugnis ist für Ihre weitere berufliche Laufbahn von großer Bedeutung.

Vorgehen bei Verdachtskündigung

Wenn die fristlose Kündigung auf einem Verdacht basiert, haben Sie das Recht auf Anhörung und Stellungnahme. Nutzen Sie diese Möglichkeit, um den Verdacht zu entkräften und Ihre Sicht der Dinge darzulegen.

Beachten Sie, dass die Durchsetzung Ihrer Rechte als Geschäftsführer komplex sein kann und oft von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig juristischen Beistand zu suchen, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten. Ein erfahrener Anwalt kann Ihnen helfen, die Erfolgsaussichten verschiedener rechtlicher Schritte einzuschätzen und eine geeignete Strategie zu entwickeln.

zurück


In welchen Fällen kann eine ordentliche Kündigung statt einer fristlosen Kündigung angemessen sein?

Eine ordentliche Kündigung kann in vielen Fällen eine angemessene Alternative zur fristlosen Kündigung darstellen, insbesondere wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht eindeutig erfüllt sind.

Unklare Beweislage

Wenn die Beweislage für einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung unklar ist, kann eine ordentliche Kündigung die sicherere Option sein. Stellen Sie sich vor, Sie vermuten einen Diebstahl durch einen Mitarbeiter, können dies aber nicht zweifelsfrei nachweisen. In diesem Fall wäre eine ordentliche Kündigung weniger anfechtbar.

Mildere Pflichtverletzungen

Bei Pflichtverletzungen, die zwar erheblich, aber nicht schwerwiegend genug für eine fristlose Kündigung sind, ist eine ordentliche Kündigung oft angemessener. Wenn beispielsweise ein Mitarbeiter wiederholt zu spät kommt, rechtfertigt dies in der Regel keine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Betriebliche Gründe

Liegen betriebliche Gründe vor, wie etwa eine Umstrukturierung oder ein Auftragsrückgang, ist eine ordentliche Kündigung der übliche Weg. Diese Situation erfordert normalerweise keine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Schutz vor rechtlichen Risiken

Eine ordentliche Kündigung bietet Ihnen als Arbeitgeber mehr rechtliche Sicherheit. Wird eine fristlose Kündigung vom Gericht als ungerechtfertigt angesehen, kann dies erhebliche finanzielle Folgen haben. Eine ordentliche Kündigung reduziert dieses Risiko deutlich.

Wahrung des Betriebsfriedens

In manchen Fällen kann eine ordentliche Kündigung den Betriebsfrieden besser wahren als eine fristlose Kündigung. Sie gibt beiden Parteien Zeit, sich auf die Trennung vorzubereiten und kann eine weniger konfrontative Atmosphäre schaffen.

Erste Verfehlungen

Bei ersten Verfehlungen eines ansonsten zuverlässigen Mitarbeiters kann eine ordentliche Kündigung angemessener sein. Wenn Sie beispielsweise einen langjährigen Mitarbeiter haben, der zum ersten Mal eine ernsthafte Verfehlung begeht, könnte eine ordentliche Kündigung die fairere Option sein.

Beachten Sie, dass die Wahl zwischen ordentlicher und fristloser Kündigung stets eine Einzelfallentscheidung ist. Es empfiehlt sich, in komplexen Fällen rechtlichen Rat einzuholen, um die beste Vorgehensweise zu ermitteln und rechtliche Risiken zu minimieren.

zurück


Was passiert mit den vertraglichen Rechten und Pflichten nach einer fristlosen Kündigung?

Nach einer fristlosen Kündigung enden die meisten vertraglichen Rechte und Pflichten mit sofortiger Wirkung. Dies hat weitreichende Konsequenzen für beide Vertragsparteien:

Beendigung der Hauptleistungspflichten

Die Hauptleistungspflichten des Arbeitsverhältnisses erlöschen unmittelbar. Das bedeutet, der Arbeitnehmer ist nicht mehr zur Arbeitsleistung verpflichtet, und der Arbeitgeber muss keine Vergütung mehr zahlen. Wenn Sie als Geschäftsführer betroffen sind, müssen Sie Ihre Tätigkeit für das Unternehmen sofort einstellen.

Vergütungsansprüche

Ihr Anspruch auf Gehalt endet grundsätzlich mit dem Tag der fristlosen Kündigung. Allerdings haben Sie Anspruch auf die bis zu diesem Zeitpunkt geleistete Arbeit. Überstunden, Boni oder Provisionen, die Sie bis zum Kündigungszeitpunkt erarbeitet haben, müssen Ihnen ausgezahlt werden.

Nebenleistungen und Sachbezüge

Sämtliche Nebenleistungen wie die Nutzung eines Dienstwagens, Mobiltelefons oder Laptops enden ebenfalls sofort. Sie müssen diese Gegenstände unverzüglich zurückgeben. Beachten Sie, dass eine private Nutzung nach der Kündigung als Unterschlagung gewertet werden könnte.

Fortbestehende Pflichten

Trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses können bestimmte Pflichten fortbestehen:

  • Verschwiegenheitspflicht: Sie müssen weiterhin Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse wahren.
  • Wettbewerbsverbot: Falls vertraglich vereinbart, kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot weiterhin gültig sein.
  • Herausgabepflicht: Sämtliche Unterlagen, Daten und Arbeitsmittel des Unternehmens müssen zurückgegeben werden.

Urlaubsansprüche und Überstunden

Nicht genommener Urlaub muss in der Regel finanziell abgegolten werden. Gleiches gilt für aufgelaufene Überstunden, sofern deren Vergütung vereinbart war.

Betriebliche Altersversorgung

Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung bleiben in der Regel bestehen, sofern die Unverfallbarkeitsfristen erreicht wurden. Die genauen Regelungen hängen vom jeweiligen Versorgungswerk ab.

Laufende Projekte und Aufträge

Bei laufenden Projekten oder Aufträgen müssen Sie eine geordnete Übergabe sicherstellen. Dies kann unter Umständen auch nach der Kündigung noch erforderlich sein, um Schadenersatzansprüche zu vermeiden.

Beachten Sie, dass die rechtlichen Folgen einer fristlosen Kündigung komplex sein können, insbesondere wenn die Rechtmäßigkeit der Kündigung umstritten ist. In einem solchen Fall ist es ratsam, sich umgehend juristischen Rat einzuholen, um Ihre Rechte zu wahren und mögliche Ansprüche geltend zu machen.

zurück


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Wichtiger Grund: Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, die unter Berücksichtigung aller Umstände und Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses rechtfertigen. Es muss sich um so schwerwiegende Verfehlungen handeln, dass eine Fortsetzung bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Beispiele können grobe Pflichtverletzungen, Vertrauensbrüche oder strafbare Handlungen sein. Die Schwelle ist bei Geschäftsführern aufgrund ihrer besonderen Vertrauensstellung besonders hoch. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls.
  • Beweislast: Die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes trägt derjenige, der sich auf die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung beruft, also in der Regel das kündigende Unternehmen. Es müssen konkrete Tatsachen bewiesen werden, die den Kündigungsgrund bilden. Bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen nicht aus. Die Beweise müssen so eindeutig sein, dass sie einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Dies können etwa Zeugenaussagen, Dokumente oder E-Mails sein. Je schwerwiegender der Vorwurf, desto höher sind die Anforderungen an die Beweisführung.
  • Annahmeverzug: Annahmeverzug tritt ein, wenn der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt, obwohl dieser arbeitsfähig und arbeitsbereit ist. Im Fall einer unwirksamen fristlosen Kündigung gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ausdrücklich oder konkludent anbietet. Der Arbeitgeber muss dann trotz Nichtbeschäftigung die vereinbarte Vergütung weiterzahlen (§ 615 BGB). Dies gilt auch für gekündigte Geschäftsführer, die ihre Dienste weiter anbieten. Der Annahmeverzug schützt den Arbeitnehmer vor den Folgen einer unberechtigten Kündigung.
  • Ordentliche Kündigung: Eine ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfrist. Im Gegensatz zur fristlosen Kündigung müssen hierfür keine schwerwiegenden Gründe vorliegen. Bei Geschäftsführern sind die Anforderungen an eine ordentliche Kündigung oft geringer als bei normalen Arbeitnehmern. Dennoch müssen auch hier die vertraglichen Regelungen beachtet werden. Eine ordentliche Kündigung kann für Unternehmen der sicherere Weg sein, wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung zweifelhaft sind. Sie ermöglicht eine geordnete Übergabe und mindert Prozessrisiken.
  • Pflichtverletzung: Eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 BGB liegt vor, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis nicht erfüllt. Bei Geschäftsführern können dies Verstöße gegen gesetzliche, vertragliche oder aus der Treuepflicht resultierende Pflichten sein. Beispiele sind Kompetenzüberschreitungen, Missachtung von Weisungen oder Verletzung der Informationspflichten gegenüber Gesellschaftern. Nicht jede Pflichtverletzung rechtfertigt eine fristlose Kündigung. Entscheidend sind Schwere, Häufigkeit und Folgen des Verstoßes sowie eine Interessenabwägung. Auch fahrlässige Pflichtverletzungen können im Einzelfall ausreichen, wenn sie besonders schwerwiegend sind.
  • Geschäftsführerdienstvertrag: Der Geschäftsführerdienstvertrag regelt die Rechte und Pflichten zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer. Er ist ein besonderer Dienstvertrag nach § 611 BGB, enthält aber oft Elemente eines Arbeitsvertrags. Typische Inhalte sind Aufgaben, Vergütung, Kündigungsfristen und Wettbewerbsverbote. Im Gegensatz zu normalen Arbeitnehmern genießen Geschäftsführer weniger Kündigungsschutz. Die Anforderungen an eine Kündigung, insbesondere eine fristlose, sind dennoch hoch. Bei der Auslegung des Vertrags und der Beurteilung von Kündigungsgründen berücksichtigen Gerichte die besondere Vertrauensstellung und Organfunktion des Geschäftsführers.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 626 BGB (fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Ermöglicht die sofortige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, wenn Tatsachen vorliegen, die es der kündigenden Partei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die vorgeworfenen Pflichtverletzungen des Klägers einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellten.
  • § 312b BGB (Verbraucherwiderrufsrecht): Im vorliegenden Fall wurde das Widerrufsrecht geprüft, um festzustellen, ob die Beklagte den Vertrag mit der t. GmbH wirksam widerrufen hatte. Dies war relevant, um zu beurteilen, ob die Zahlung der zweiten Rate an die t. GmbH gerechtfertigt war, was wiederum Auswirkungen auf die Bewertung der Pflichtverletzungen des Klägers hatte.
  • § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Regelt den Anspruch auf Schadensersatz, wenn eine Vertragspartei ihre Pflichten verletzt. Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob der Kläger durch die angebliche Anweisung der vollständigen Zahlung an die t. GmbH seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt hatte und ob dies einen Schadensersatzanspruch der Beklagten begründen würde.
  • § 611 BGB (Dienstvertrag): Regelt die Rechte und Pflichten aus einem Dienstverhältnis. Im vorliegenden Fall war der Geschäftsführerdienstvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Dienstvertrag. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung erfolgte auf Grundlage der allgemeinen Regeln des Dienstvertragsrechts und der besonderen Bestimmungen für Geschäftsführer.
  • § 15 HGB (Vertretungsmacht des Geschäftsführers): Legt fest, dass der Geschäftsführer einer GmbH die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt und dass seine Vertretungsmacht unbeschränkbar und unbeschränkbar ist. Im vorliegenden Fall war die Frage relevant, ob der Kläger seine Vertretungsmacht überschritten hatte, indem er angeblich die vollständige Zahlung an die t. GmbH angewiesen hatte, obwohl dies nicht vereinbart war.

Das vorliegende Urteil

OLG München – Az.: 23 U 3293/16 – Urteil vom 22.06.2017


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 01.07.2016, Az. 3 HK O 3107/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil und das in Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesen Urteilen jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags des Klägers mit der Beklagten.

Die Beklagte ist ein Verlagsunternehmen mit über 100 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von über 30 Millionen Euro. Mitgeschäftsführer ist seit 2003 Herr Clemens S., der zudem über eine Beteiligungsgesellschaft am Stammkapital der Beklagten mit 95 % beteiligt ist.

Die Parteien schlossen am 21.10.2010 einen Geschäftsführerdienstvertrag (Anlage K 1), der nach § 13 Nr. 1 nach dem 31.12.2013 mit einer Frist von 12 Monaten zum Monatsende ordentlich kündbar ist.

In einem Verlagshandbuch der Beklagten und einem Handbuch für Führungskräfte der Beklagten (auszugsweise vorgelegt als Anlage B 1) sind u.a. folgende Handlungsgrundsätze für Mitarbeiter der Beklagten enthalten:

„Bitte beachten Sie: Vorauszahlungen sind nicht möglich! Zahlungen sind immer erst NACH erbrachter Leistung möglich. Bei längeren Projekten ist eine acto-Zahlung nur dann möglich, wenn Teilleistungen bereits abgeschlossen wurden (d.h. die Leistung wurde erbracht, abgenommen und mangelfrei übergeben). ….. Der Geschäftsführer berichtet an den Gesellschafter Clemens S. oder eine von diesem bestimmte Person“.

Anfang September 2013 wurde ein Auftrag zur Neugestaltung des Online-Shops der Beklagten an die t. GmbH vergeben. Dieser Vertrag sah mit Zustimmung des Mitgeschäftsführers S. eine Anzahlung in Höhe von 30 %, eine zweite Rate in Höhe von 30 % nach Abnahme des Screendesigns und eine dritte Rate in Höhe von 40 % vor. Die Anzahlung in Höhe von 9.895,31 Euro wurde im Herbst 2013 an die t. GmbH überwiesen.

Am 17.12.2013 stellte die t. GmbH die zweite Rate in Höhe von 9.895,31 Euro in Rechnung. Zu diesem Zeitpunkt war das Screendesign noch nicht abgenommen. Da die Rechnung nicht bezahlt wurde, erinnerte die t. GmbH mit Schreiben vom 14.03.2014, bei der Beklagten eingegangen am 17.03.2014, an die Bezahlung (Anlage B 3). Mangels vollständiger Leistungserbringung durch die Agentur war auch zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzung für eine Bezahlung der Rechnung in voller Höhe nicht gegeben. Am 17.03.2014 buchte der Buchhalter, Herr W., die zweite Rate in voller Höhe ein und gab diese am nächsten Tag zur Überweisung an die Bank.

Im Rahmen eines Jour Fixe am 18.03.2014 erteilte Herr Clemens S. angesichts der bis dahin erbrachten Teilleistungen der t. GmbH die Zustimmung zur Bezahlung von – nur – 50 % der zweiten Rate.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 29.04.2014 (Anlage K 6) den Dienstvertrag des Klägers ordentlich zum 30.04.2015. Den Bereich Buchhaltung übernahm ab diesem Zeitpunkt Herr S.

In Stellungnahmen gegenüber Herrn S. vom 8. und 12. August 2014 (Anlagen B 5, B 6, B 7) erklärte der Kläger, er habe bis Ende Juli 2014 nicht gewusst, dass die Rechnung über die zweite Rate insgesamt bezahlt worden sei, er vermute, Herrn W. sei ein Fehler passiert.

Mit Schreiben vom 20.08.2014, dem ein Beschluss der Gesellschafterversammlung vom selben Tag beigefügt war, erklärte die Beklagte die außerordentliche fristlose Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags aus wichtigem Grund (Anlage K 4). Der Kläger erhielt die monatliche Festvergütung letztmals im August 2014 anteilig in Höhe von 10.105,35 Euro.

Der Kläger behauptet, er habe nach Erhalt der Mahnung der t. GmbH am 17.03.2014 mit dieser telefoniert und die hälftige Zahlung der Rechnung angekündigt. Dies habe er am selben Tag Herrn P. mitgeteilt, der auf der Originalrechnung die entsprechende Haftnotiz angebracht habe. Der Kläger habe diese mit seiner Paraphe versehen (vgl. Anlage B 8, S. 1, untere Haftnotiz). Eine vollständige Zahlung der zweiten Rate habe er nicht angewiesen.

Sonstige Gründe für eine fristlose Kündigung lägen ebenfalls nicht vor.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 63.685,00 Euro brutto als Vergütung und Nutzungsentschädigung nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.01.2015 zu bezahlen sowie in Höhe von acht Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz aus weiteren

Euro 48.927,17 vom 01.12.2014 bis 31.12.2014

Euro 34.169,04 vom 01.11.2014 bis 30.11.2014

Euro 19.410,91 vom 01.10.2014 bis 31.10.2014

Euro 4.652,78 vom 01.09.2014 bis 30.09.2014

abzüglich

am 21.10.2014 erhaltener Euro 2.253,72 netto Arbeitslosengeld für Leistungszeitraum September 2014

am 31.10.2014 erhaltener Euro 2.414,70 netto Arbeitslosengeld für Leistungszeitraum Oktober 2014

am 28.11.2014 erhaltener Euro 2.414,709 netto Arbeitslosengeld für Leistungszeitraum November 2014 und

am 30.12.2014 erhaltener Euro 2.414,70 netto Arbeitslosengeld für Leistungszeitraum Dezember 2014.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Kläger habe am 17.03.2014 Herrn P. mündlich angewiesen, die zweite Rate vollständig zu begleichen, was dieser sodann an den Buchhalter Herrn W. weitergegeben habe. Die fristlose Kündigung sei daher wirksam, zumal der Kläger im August 2014 die Freigabe von 100 % der Rate gegenüber Herrn S. geleugnet habe. Ferner habe der Kläger auf verschiedene Weise versucht, eigenes Fehlverhalten und den mangelnden Projektfortschritt bei verschiedenen Projekten zu verschleiern. Bezüglich des Joint Ventures „E. H. f. T. M. GmbH“ habe der Kläger Herrn S. nicht über eine drohende Umsatzsteuersonderprüfung informiert.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage in der Hauptsache in vollem Umfang stattgegeben und nur bezüglich der Höhe des Zinssatzes eine teilweise Klageabweisung ausgesprochen. Die außerordentliche Kündigung sei unwirksam. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass der Kläger mündlich die vollständige Bezahlung der zweiten Rate an die t. GmbH angewiesen habe. Zwar habe dies der Zeuge P. bestätigt. Das Landgericht habe aber erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, dass sich der Zeuge an die mündliche Freigabe über 100 % sicher erinnern wolle, an die sogar schriftlich dokumentierte Freigabe über 50 % aber nur ungenaue Erinnerungen habe. Zudem sei nicht nachvollziehbar, wieso der Kläger am 17.3. die vollständige Freigabe angeordnet habe, wenn am nächsten Tag ohnehin der Jour fixe mit Herrn S. stattfand. Die weiteren von der Beklagten behaupteten Kündigungsgründe lägen ebenfalls nicht vor bzw. vermöchten eine fristlose Kündigung nicht zu rechtfertigen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei fehlerhaft. Der Zeuge P. sei glaubwürdig und seine Angaben glaubhaft. Er habe die mündliche Anweisung von 100 % der Rate durch den Kläger bestätigt. Der Kläger habe ferner gegenüber Herrn D. von der t. GmbH in einem Telefonat am 17.03.2014 geäußert, die zweite Rate sei bereits in zwei Teilbeträgen am 10.03.2014 und am 14.03.2014 freigegeben worden, er werde aber bei der Buchhaltung nachhaken, damit alles überwiesen werde. Außerdem hätte sich der Zeuge D. nie auf eine Teilzahlung der zweiten Rate eingelassen. Der Kläger habe auch ein Motiv gehabt, gegenüber Herrn S. zu verschleiern, dass Projekte des Klägers stockten. Im Übrigen stelle das Landgericht zu hohe Anforderungen an das Erinnerungsvermögen des Zeugen P. Zudem habe der Kläger im August 2014 gegenüber Herrn S. bewusst unwahre Angaben über seine Kenntnis von der vollständigen Bezahlung der zweiten Rate gemacht. Dies genüge schon für sich als Kündigungsgrund. Außerdem habe der Kläger Herrn S. über die drohende Umsatzsteuersonderprüfung im Zusammenhang mit dem Joint Venture „E. H. f. T. M. GmbH“ nicht unterrichtet.

Die Beklagte beantragt daher:

Das am 01. Juli 2016 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az. 3 HK O 3107/15 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Der Kläger habe lediglich 50 % der zweiten Rate freigegeben, wie auf dem Post-it auf Anlage B 8 vermerkt. Auch der Zeuge P. habe ein Motiv gehabt, das Projekt voranzutreiben, er sei unter erheblichem Druck von Herrn S. gestanden. Der neue Vortrag der Beklagten über das Telefonat des Klägers mit Herrn D. sei nicht mehr zu berücksichtigen. Ein Telefonat mit dem behaupteten Inhalt am 17.03.2014 vormittags habe wohl zwischen Herrn D. und dem Zeugen P., aber nicht mit dem Kläger stattgefunden. Dieser habe erst am Nachmittag des 17.03.2014 mit Herr D. telefoniert und keinesfalls die vollständige Zahlung der zweiten Rate zugesagt. Der Kläger habe den Projektfortschritt nicht gegenüber Herrn S. verschleiert und diesem gegenüber auch keine falsche Angaben über seine Kenntnis von der Anweisung der vollständigen Rate gemacht. Die E-Mail über die drohende Umsatzsteuersonderprüfung habe er jedenfalls Herrn L. weitergeleitet.

Im Übrigen fehle bereits ein Beschluss der Gesellschafterversammlung, dem entnommen werden könne, welche Gründe zur Rechtfertigung der fristlosen Kündigung dienen sollten.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen Mario D. und Tobias P. Auf das Protokoll der Beweisaufnahme vom 18.05.2017 (Bl. 360 ff d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2017 (Bl. 327 ff d.A.) und die gewechselten Schriftsätze der Parteien wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung verbleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Klage ist zulässig und in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang begründet.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Streitgegenstand hinreichend bestimmt. Der Kläger macht die ihm zustehende Festvergütung für die Zeit ab 21.08.2014 bis einschließlich 31.12.2014 sowie Entschädigung für die entgangene Nutzung des Dienstfahrzeugs für den Zeitraum 03.09.2014 bis 31.12.2014 geltend.

2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Festvergütung abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengelds für den Zeitraum vom 03.09.2014 bis 31.12.2014 aus § 615 BGB.

2.1. Die Beklagte befand sich ab 03.09.2014 in Annahmeverzug, § 615 Satz 1, §§ 293 ff BGB. Der Kläger hatte der Beklagten unstreitig am 03.09.2014 seine Arbeitskraft angeboten, § 294 BGB. Der Geschäftsführerdienstvertrag war auch nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 20.08.2014 (Anlage K 4) beendet worden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein ausreichender Beschluss der Gesellschafterversammlung entsprechend § 46 Nr. 5 GmbHG vorlag. Jedenfalls fehlt es an einem wichtigen Grund für die Kündigung i.S. des § 626 Abs. 1 BGB.

2.1.1. Ein wichtiger Grund für die Kündigung des Dienstvertrags setzt voraus, dass Tatsachen vorliegen, die die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar machen, insbesondere aufgrund grober Pflichtverletzungen des Geschäftsführers (BGH WM 2017 S. 1014, 1016). Verschulden ist hierfür nicht erforderlich. Maßstab ist nicht das subjektive Empfinden des kündigenden Teils, sondern ob objektiv aus Sicht eines verständigen Betrachters unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen der weiteren Zusammenarbeit die Grundlage entzogen ist (Zöllner / Noack, in Baumbach / Hueck, GmbHG, 21. Aufl, § 35 Rz. 218). Ein wichtiger Grund für die Gesellschaft kann je nach den Umständen des Einzelfalls etwa darin liegen, dass ein Geschäftsführer sich Weisungen der Gesellschafterversammlung widersetzt (OLG Nürnberg NZG 2000, 154, 155), gegen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung verstößt (BGH, Beschluss vom 10.12.2007, II ZR 289/06, juris Tz. 2) oder den Alleingesellschafter auf dessen Fragen nach dem Stand einzelner Geschäfte unzureichend informiert (OLG München, Urteil vom 23.02.1994, 7 U 5904/93, juris Tz. 8). Dabei rechtfertigt nicht jede fehlerhafte Leistungserbringung schon eine außerordentliche Kündigung. Die Beweislast für die Tatsachen, die den wichtigen Grund darstellen, trägt derjenige, der gekündigt hat und sich auf die Wirksamkeit der Kündigung beruft (BGH WM 2017 S. 1014, 1015, BGH NJW 2003, S. 431, 432; BGH NJW-RR 2007, S. 690, 691; Weidenkaff in Palandt, BGB, 76. Aufl, § 626 Rz. 6).

2.1.2. Ein wichtiger Grund liegt nicht in der Anweisung zur Zahlung der zweiten Rate in voller Höhe von 9.895,31 Euro durch den Kläger. Denn die Beklagte konnte den ihr obliegenden Beweis nicht führen, dass gerade der Kläger die zweite Rate insgesamt freigegeben hatte:

2.1.2.1. Zwar hat der Zeuge P. in seiner Einvernahme vor dem Senat (Protokoll vom 18.05.2017 S. 5, Bl. 364 d.A.) bestätigt, es habe eine E-Mail der Agentur gegeben, dass sie nur weitermachten, wenn eine vollständige Zahlung erfolge. Er habe dies dem Kläger gesagt. Es habe dann einen Termin mit dem kaufmännischen Leiter (Herrn L.), dem Kläger und dem Zeugen gegeben. Der Kläger habe ihn dann zur vollständigen Zahlung angewiesen. Sie seien mit der Arbeit der Agentur unzufrieden gewesen. Es habe insoweit auch keinen Meinungsumschwung gegeben. Es habe lediglich die mündliche Order zu zahlen gegeben, damit das Projekt voranschreite. Diese mündliche Order sei vom Kläger gewesen.

Indessen bestehen so erhebliche Zweifel am korrekten Erinnerungsvermögen des Zeugen P., dass der Senat von der mündlichen Freigabe durch den Kläger nicht mit der erforderlichen Sicherheit i. S. v. § 286 ZPO überzeugt ist:

Zum einen vermochte der Zeuge P. schon nicht näher darzulegen, wie es zunächst zu der auf dem unteren Post-it der Anlage B 8 (Seite 1) dokumentierten Freigabe der 50 % und später dann zur Weisung des Klägers, die 100 % zu zahlen, gekommen ist. Genauere Angaben, wann welche der beiden Entscheidungen fiel, konnte der Zeuge nicht machen. Er gehe aber davon aus, dass die Überlegungen zur Zahlung von 50 % und die Weisung, 100 % zu zahlen, nicht am selben Tag stattgefunden hätten (Protokoll S. 5, Bl. 364 d.A.). Gegen diesen Zeitablauf spricht, dass unstreitig die Zahlungserinnerung erst am 17.03.2014 bei der Beklagten einging, der Zeuge P. am 17.03.2014 um 11:09 Uhr (Anlage K 23) beim Kläger wegen der Zahlungen nachfragte, der – vom Landgericht als glaubwürdig eingestufte – Zeuge W. unstreitig schon am 17.03.2014 die Rate in voller Höhe einbuchte und in der Zeugeneinvernahme in erster Instanz ausgeführte, er sei schon am 17.03.2014 vom Zeugen P. angewiesen worden, die Zahlung in voller Höhe zu veranlassen. Dies deckt sich zudem mit dem Post-it auf S. 2 der Anlage B 8 sowie der E-Mail des Zeugen W. vom 19.3.2014 (Anlage B 9). Im Übrigen hat die Beklagte selbst behauptet, der Zeuge P. habe den Zeugen W. am 17.03.2014 um Zahlung der vollen Rechnung für die zweite Rate gebeten (Klageerwiderung S. 8, Bl. 23 d.A). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch nicht davon auszugehen, das Post-it auf Seite 1 der Anlage B 8 links unten habe sich schon lange vor dem 17.03.2014 auf der Rechnung befunden. Denn dort ist ausgeführt, 50 % Zahlung solle „heute“ erfolgen. Dass es vor dem 17.03.2014 schon zur Zahlung eines Teilbetrags von 50 % der zweiten Rate gekommen wäre, behauptet auch die Beklagte nicht.

Zudem ist – wie auch schon des Landgericht ausgeführt hat – wenig nachvollziehbar, dass der Zeuge P. sich an die Umstände der sogar schriftlich dokumentierten Freigabe von nur 50 % (Post-it links unten auf der Anlage B 8, 1. Seite) nicht mehr näher erinnert, aber sicher ist, dass es eine bloß mündlich erteilte Weisung durch den Kläger gab, nähere Umstände dazu allerdings ebenfalls nicht angeben kann. So konnte sich der Zeuge an eine konkrete Antwort des Klägers auf die als Anlage K 23 vorgelegte Mail des Zeugen P. vom 17.03.2014, 11:09 Uhr nicht mehr erinnern (Protokoll S. 8, Bl. 367 d.A), obwohl er in dieser Mail gerade den Kläger um Hilfe bat, weil die t. GmbH nachgefragt habe, wann mit den Zahlungen bezüglich der Screendesigns gerechnet werden könne. Auch wusste der Zeuge nicht mehr, ob es an diesem Tag zwei Gespräche mit dem Kläger oder nur eines gegeben habe und ob an dem späteren Gespräch mit Herrn W. auch Herr L. teilgenommen habe (Protokoll S. 8, Bl. 367 d.A.). Auch konnte der Zeuge nicht angeben, um welche Uhrzeit er zu Herrn W. gegangen war (Protokoll S. 7, Bl. 366 d.A.).

Letztlich bleiben damit nach der Aussage des Zeugen P. die Umstände, der nähere Ablauf und Inhalt der angeblichen Gespräche am 17.03.2014 im Unklaren.

Insgesamt ist die Aussage des Zeugen P. vor allem dadurch geprägt, dass er sich auch an sonstige Ereignisse im Zusammenhang mit der zweiten Rate nicht mehr oder zum Teil sogar falsch erinnert. Auch wenn dies aufgrund der Länge der seither verstrichenen Zeit ohne weiteres nachvollziehbar ist, erscheint damit äußerst fraglich, ob sein Erinnerungsvermögen ausgerechnet bezüglich der mündlichen Freigabe der gesamten Rate zutrifft. Entgegen der Behauptung der Beklagten handelte es sich bei den Erinnerungslücken des Zeugen P. auch nicht um unzulässige Fragen außerhalb des Beweisthemas. Beispielsweise konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern, wann der Beschluss fiel, das Screendesign gemeinsam mit dem Marketing zu finalisieren (Protokoll S. 5 / 6, Bl. 364 f d.A.). Der Zeuge wusste nicht mehr, ob er den Kontierungsstempel auf der Anlage B 8 selbst angebracht hatte. Der Zeuge hatte keine konkrete Erinnerung mehr, ob er mit dem Zeugen Dobelmann oder einem anderen Mitarbeiter der Agentur darüber gesprochen hatte, dass nur 50 % der zweiten Teilzahlung geleistet würden (Protokoll S. 6 / 7, Bl. 365 f d.A). Auch konnte sich der Zeuge nicht an die Zahlungsaufforderung der t. GmbH vom März 2014 (Anlage B 3) erinnern, obwohl nach seinen Angaben Zahlungserinnerungen bei ihm aufliefen, weil er der fachliche Bearbeiter war (Protokoll S. 7, Bl. 366 d.A.). Auch hat der Zeuge ausgeführt, er könne sich nicht vorstellen, dass sie die finalen Screens an den Zeugen D. zurückgemeldet hätten. Er könne sich daran nicht erinnern (Protokoll S. 9, Bl. 368 d.A.). Auf Vorhalt der E-Mail des Zeugen vom 20.03.2014 (Anlage zum Protokoll) musste der Zeuge dann einräumen, dass er die Screendesigns „doch“ an die t. GmbH gesendet hatte. Entgegen der Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 19.06.2017 hat der Zeuge P. sich selbst überrascht gezeigt, dass die Screendesigns überhaupt an die Agentur zurückgesendet wurden.

Letztlich verbleiben so erheblich Zweifel an der – korrekten – Erinnerung des Zeugen P., dass der Senat die Behauptung, der Kläger habe dem Zeugen P. die Weisung zur vollständigen Bezahlung der Rate erteilt, nicht für nachgewiesen hält. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob am 17.03.2014 bis 10 Uhr ein IT-Jour Fixe mit dem Kläger stattgefunden hat.

2.1.2.2. Den Aussagen des Zeugen D. lassen sich ebenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit Indizien dafür entnehmen, dass der Kläger selbst die vollständige Rechnung zur Zahlung freigab.

Der Zeuge D. hat in seiner Einvernahme ausgeführt (Protokoll S. 3 / 4, Bl. 362 f d.A.), er habe Kontakt mit Herrn L. gehabt. Die zweite Zahlung sollte in zwei Teilbeträge aufgespaltet werden. Die erste Zahlung sollte am Montag, die zweite an einem Freitag vorgenommen werden. Die angekündigten Zahlungen seien aber nicht gekommen. Danach sei es zu dem Telefonat gekommen, dieses habe mit dem Kläger stattgefunden. In dem Telefonat mit dem Kläger habe es geheißen, dass die Beträge kommen. Er habe zum Kläger gesagt, falls das Screendesign nicht vollgezahlt werde, komme es sofort zum Abbruch des Projekts. Danach habe er intern eine E-Mail (Anlage zum Protokoll vom 18.05.2017) geschrieben. Er könne sich nicht vorstellen, dass in dem Telefonat darüber gesprochen wurde, dass nur 50 % der Teilzahlung geleistet werde. Dann hätte es weitere interne Mails gegeben. Im Übrigen hätten sie sich dann auch wundern müssen, wenn am nächsten Tag die volle Zahlung gekommen sei. Er denke, dass er sich daran erinnern würde.

Jedoch hat der Senat erhebliche Zweifel, ob die Ausführungen des Zeugen D. sich mit den tatsächlichen Abläufen decken. Zwar ist auch nach den Angaben des Klägers unstreitig, dass am 17.03.2014 ein Telefonat zwischen dem Kläger und dem Zeugen D. stattfand. Indessen steht nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass das vom Zeugen D. geschilderte Telefonat mit der Zusage, die vollständigen Beträge kämen, tatsächlich mit dem Kläger geführt wurde. Der Zeuge D. hat eingeräumt, dass er seine Erinnerungen aus den ihm vorliegenden E-Mails rekonstruiere (S. 4, Bl. 363 d.A.). Unmittelbare eigene Erinnerungen hatte der Zeuge D. daher offensichtlich nicht mehr. Aus der als Anlage zum Protokoll vorgelegten internen E-Mail vom 17.03.2014, aus der der Zeuge seine Erinnerung an das Telefonat mit dem Kläger ableitet, ergibt sich zwar, dass die Zahlungen freigegeben seien und „er“ sofort bei der Buchhaltung nachfrage. Indessen ist daraus nur ersichtlich, dass der Zeuge mit dem „Verlagshaus“ telefoniert habe. Mit welcher konkreten Person das Telefonat geführt wurde, ist dieser E-Mail nicht zu entnehmen. Daher ist auch nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass dieses Telefonat gerade nicht mit dem Kläger, sondern mit dem Zeugen P. geführt wurde. Dafür spricht auch der zeitliche Ablauf: Die nach Angaben des Zeugen im Anschluss an das Telefonat erstellte E-Mail datiert vom 17.03.2014, 9:53 Uhr. Ausweislich der Anlage K 23 hat der Zeuge P. am selben Tag um 11:09 Uhr – also später – an den Kläger geschrieben, dass Herr D. von t. nachfrage, wann er mit den Zahlungen bezüglich des Screendesigns rechnen könne. Diese zeitliche Abfolge wäre eher nachvollziehbar, wenn der Zeuge P. und nicht der Kläger vor 9:53 Uhr mit dem Zeugen D. telefoniert hätte.

Soweit der Zeuge D. aus den E-Mails vom 22.04.2014 des Klägers (Anlage B 13) und vom 02.05.2014 (Anlage zum Protokoll vom 18.05.2017) schließt, diese bezögen sich auf das – vormittägliche – Telefonat mit dem Kläger, ist dieser Rückschluss keineswegs zwingend. Unstreitig hat der Kläger am 17.03.2014 mit dem Zeugen D. telefoniert. Daraus lässt sich aber nicht schlussfolgern, das Telefonat mit dem Kläger sei dasjenige vor 9.53 Uhr gewesen, in dem „das Verlagshaus“ die vollständige Zahlung zugesagt habe. Insbesondere hat der Zeuge D. ausgeführt, er habe sicher auch mal mit Herrn P. telefoniert, wisse aber nicht mehr, ob er am 17.03.2014 mehrmals mit dem Verlagshaus und insbesondere mit Herrn P. telefoniert habe (Protokoll S. 3, Bl. 362 d.A.). Auch konnte der Zeuge D. keine Angaben dazu machen, was der Kläger in dem Telefonat konkret zu der Zahlung gesagt habe (Protokoll S. 3, Bl. 362 d.A.).

Schließlich wusste der Zeuge D. weder, ob die t. GmbH zur zweiten Zahlung eine Zahlungserinnerung gestellt hatte (was unstreitig ist und sich auch aus der Anlage B 3 ergibt) noch konnte er sicher bestätigten, dass ein vorheriges Gespräch über die Aufteilung der zweiten Rate in zwei Tranchen gerade mit dem Kläger und nicht mit jemandem anderen stattgefunden hatte (Protokoll S. 4, Bl. 363 d.A).

Insgesamt steht daher mangels ausreichender eigener Erinnerung des Zeugen D. nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass der Kläger schon am 17.03.2014 vormittags mit dem Zeugen D. telefoniert und ihm gegenüber geäußert hatte, die zweite Rate sei, aufgeteilt auf zwei Tranchen, angewiesen, er werde in der Buchhaltung nachfassen.

2.1.2.3. Auch aus anderen Umständen lässt sich nicht ableiten, dass der Kläger tatsächlich wie von der Beklagten behauptet die Weisung erteilt habe, die Zahlung vollständig freizugeben:

Aus der E-Mail des Klägers vom 22.04.2014 (Anlage B 13) ergibt sich zwar, dass der Kläger im März mit dem Zeugen D. telefonierte und die Zahlung „umgehend getätigt worden sei“. Daraus ist aber nicht ersichtlich, in welcher Höhe der Kläger die Zahlung freigegeben hatte. Ob es eine Freigabe in Höhe von 100 % oder nur der Hälfte der zweiten Rate war, ist daraus nicht zu ersehen.

Mit E-Mail des Klägers vom 02.05.2014 (Anlage zum Protokoll vom 18.05.2017, nach Bl. 369 d.A.) teilte dieser dem Zeugen D. mit, der Zeuge D. habe ihn informiert, sie würden die Programmierung, Entwicklung und Projektfinalisierung umgehend aufnehmen, „alsbald wir bezahlt haben“. Auch daraus lässt sich aber nicht ersehen, dass der Kläger tatsächlich eine Zahlung von 100 % der zweiten Rate angewiesen hätte.

Aus der E-Mail vom 19.03.2014 (Anlage B 9) ist nur ersichtlich, dass der Zeuge W. dem Zeugen P. mitteilt, am Vortag des 18.03.2014, also am 17.03.2014, hätten der Zeuge P. und Herr L. (“CLa“) erklärt, die Rechnung sei so schnell wie möglich und zu 100 % zu zahlen. Ob der Kläger zuvor dem Zeugen P. entsprechend angewiesen hatte, lässt sich aus dieser Mail nicht ersehen.

2.1.3. Einen wichtigen Grund für die Kündigung des Klägers kann die Beklagte nicht aus falschen Angaben des Klägers gegenüber Herrn S. im August 2014 herleiten:

2.1.3.1. Soweit der Kläger in den Stellungnahmen vom 08.08.2014 und vom 12.08.2014 (Anlagen B 5, B 6 und B 7) gegenüber Herrn S. ausführte, er habe nur 50 % der Rate angewiesen, hat die Beklagte nicht den Nachweis geführt, dass dies falsch ist (s. oben Ziff. 2.1.2).

2.1.3.2. Soweit der Kläger in den Stellungnahmen Anlage B 5 und B 6 angab, er habe selbst erst Ende Juli 2014 erfahren, dass die zweite Rate zu 100 % überwiesen wurde, hat die Beklagte ebenfalls nicht nachgewiesen, dass dies unzutreffend war. Zwar hätte der Kläger aus der als Anlage B 23 vorgelegten E-Mail des Zeugen W. vom 15.05.2014 ersehen können, dass die zweite Rate für das t. GmbH Shopware Projekt im März 2014 in voller Höhe und nicht nur zu 50 % überwiesen wurde. Indessen hat der Kläger bestritten, dass ihm dies aufgefallen sei. Beweise für ihre anderweitige Behauptung bietet die Beklagte nicht an. Zudem ist ohne weiteres denkbar, dass der Kläger – im Mai 2014 – nur auf den Mailtext „die beiden Raten 1/3 und 2/3 sind umbucht auf das Jahr 2013“ gesehen und die Screenshots, aus denen sich die vollständige Zahlung ergibt, nicht näher beachtet hat.

2.1.3.3. Ein wichtiger Grund für die Kündigung liegt nicht darin, dass der Kläger in den Stellungnahmen vom 12.08.2014 (Anlage B 6 und B 7) gegenüber Herrn S. den Eindruck erweckt, er habe auch 50 % der zweiten Rate erst nach dem Jour fixe mit Herrn S. am 18.03.2014 freigegeben. Dies ist unstreitig falsch. Auch nach dem Vortrag des Klägers hat er bereits am 17.03.2014 gegenüber dem Zeugen P. erklärt, die zweite Rate sei zu 50 % zu überweisen. In den Stellungnahme B 6 und B 7 wird aus der Sicht des Erklärungsempfängers – entgegen der Behauptung des Klägers – dargetan, es habe erst den Jour fixe und dann diese Freigabe gegeben.

Indessen genügt diese falsche Angabe unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht, die Fortbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 30.04.2015 für die Beklagte unzumutbar erscheinen zu lassen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der – über seine Beteiligungsgesellschaft – Mehrheitsgesellschafter und Mitgeschäftsführer S. mit der Bezahlung von 50 % der zweiten Rate unstreitig einverstanden war. Der Schwerpunkt in den Stellungnahmen des Klägers und der maßgebliche Augenmerk des Herrn S. im August 2014 lag daher nicht auf der Frage, ob der Kläger vor oder nach dem Jour fixe 50 % der Rate freigegeben hatte, sondern ob der Kläger oder ein anderer Mitarbeiter die weiteren 50 %, also letztlich die ganze Rate, angewiesen hatte. Vor diesem Hintergrund ist die zeitliche Ungenauigkeit bezüglich der 50 % nur als geringfügige Pflichtverletzung des Klägers zu werten.

2.1.4. Ein wichtiger Kündigungsgrund liegt ferner nicht in der behaupteten Anweisung des Klägers an Herrn P., gegenüber Herrn S. zu sagen, der Kläger habe die Überweisung der zweiten Rate zu 100 % nicht veranlasst. Nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmung (s. oben Ziff. 2.1.2) ist der Beweis nicht geführt, dass der Kläger tatsächlich die Rate insgesamt freigegeben hatte. Eine Pflichtverletzung der Klägers könnte aber allenfalls eine Aufforderung an den Zeugen P. zu einer wahrheitswidrigen Angabe gegenüber Herrn S. sein.

2.1.5. Ein wichtiger Grund für die Kündigung des Klägers liegt nicht darin, dass der Kläger Herrn S. nicht über die drohende Umsatzsteuersonderprüfung in dem Joint Venture „E. H. f. T. M. GmbH“ unterrichtete.

Unstreitig hatte der Kläger die E-Mail vom 13.05.2014 (Anlage B 19) erhalten. Darin wurde er von Herrn W. informiert, dass er eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2012 erstellen / abgeben müsse, was zwar seinerzeit mit Frau N. und Herrn L. besprochen, aber nie umgesetzt worden sei. Er rechne mit einer Umsatzsteuersonderprüfung. Diese Mail leitete der Kläger unstreitig nicht direkt an Herrn S., den Geschäftsführer der E. H. f. T. M. GmbH weiter. Im August 2014 wurde ein Steuerstrafverfahren gegen Herrn S. eingeleitet.

Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt in der unterlassenen Weiterleitung an Herrn S. schon keine Pflichtverletzung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten. Der Kläger war unstreitig nicht Geschäftsführer der E. H. f. T. M. GmbH. Auch bei der Beklagten hatte der Kläger jedenfalls ab 01.05.2014 keine Zuständigkeit mehr für das Rechnungswesen und die Buchhaltung bezüglich der E. H. f. T. M. GmbH und erhielt die E-Mail vom 13.05.2014 auch nur zur Information. Zudem leitete er diese Mail ausweislich der Anlage K 21 Herrn L. weiter, der ab 01.05.2014 Herrn S. direkt unterstellt war.

Selbst wenn man in der mangelnden Weiterleitung an Herrn S. eine Pflichtverletzung sehen wollte, wäre jedenfalls unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine Weiterbeschäftigung bis zum 30.04.2015 nicht unzumutbar. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die falsch gezogene Vorsteuer und die Notwendigkeit eine korrigierten Umsatzsteuervoranmeldung unstreitig kein Fehler des Klägers war. Zum anderen war aus der E-Mail vom 13.05.2014 nur ersichtlich, dass es zu einer Umsatzsteuersonderprüfung kommen könnte, nicht aber zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen Herrn S. Auch ist nicht hinreichend ersichtlich, welche Nachteile oder Schäden allein durch die unterbliebene Weiterleitung eingetreten sind, die hätten vermieden werden können, wenn der Kläger die E-Mail am 13.05.2014 an Herrn S. weitergeleitet hätte. Dass es dann nicht zur Einleitung des Steuerstrafverfahrens gekommen wäre, behauptet auch die Beklagte nicht. Wie das von der Beklagten nur allgemein umschriebene „proaktive“ Verhalten ausgesehen hätte, erschließt sich nicht. Noch weniger ist nachvollziehbar, wie bei rechtzeitiger Weiterleitung an Herrn S. die „Diskreditierung der Beklagten“ bei dem Joint-Venture Partner, der F.-M.-Gruppe hätte verhindert werden können.

2.1.6. Ein wichtiger Grund für die Kündigung lässt sich nicht aus der – vom Kläger bestrittenen – Behauptung der Beklagten ableiten, der Kläger habe gegenüber Herrn S. wahrheitswidrig am 7.8./ 8.8.2014 behauptet, er habe vor dem 7.8.2014 von der Korrektur der Umsatzsteuervoranmeldung nichts gewusst. Nach dem landgerichtlichen Urteil (S. 19) hat die Beklagte den Nachweis nicht geführt, dass der Kläger eine solche unzutreffende Behauptung getätigt habe. Der Verweis der Beklagten in der Berufung auf die Anlage B 19 ist unbehelflich. Aus dieser ergibt sich nur, dass der Kläger tatsächlich Kenntnis von der Korrektur der Umsatzsteuervoranmeldung hatte. Die Anlage B 19 ist aber kein Beweis dafür, dass der Kläger eine entsprechende Kenntnis im August 2014 gegenüber Herrn S. leugnete.

2.1.7. Bezüglich der weiteren ursprünglich von der Beklagten geltend gemachten wichtigen Gründe ist bereits unklar, ob diese von der Beklagten in zweiter Instanz noch geltend gemacht werden. Insoweit trägt die Beklagte nur pauschal vor (Berufungsbegründung S. 17, Bl. 248 d.A.), der Kläger sei allgemein bemüht gewesen, gegenüber den Gesellschaftern und insbesondere Herrn S. zu verschleiern, dass Projekte des Klägers stockten, und nimmt Bezug auf ihren Vortrag in erster Instanz im Schriftsatz vom 30.04.2014, S. 14 bis 18, Bl. 29 bis 33 d.A.). Jedenfalls ist auch insoweit kein wichtiger Grund für eine Kündigung des Klägers feststellbar:

2.1.7.1. Die Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, der Mitarbeiter der Beklagten Herr T. habe mit Mail vom 07.05.2014 (Anlage B 16) den Kläger darauf hingewiesen, dass der von der t. GmbH vorlegte Terminplan völlig unrealistisch sei. Der Kläger habe den Zeugen T. angewiesen, künftig derartige Kritik schriftlich nicht mehr zu äußern, da sie dann aktenkundig werde. Das Landgericht hat insoweit einen wichtigen Grund für eine Kündigung verneint (Urteil S. 14 f). Es fehle an einer Pflichtverletzung, erst recht an einer schweren Dienstpflichtverletzung des Klägers, auch wenn man den vom Kläger bestrittenen Vortrag als wahr unterstelle. Ein berechtigtes Bedürfnis von Herrn T. an einer Dokumentation der Kritik sei nicht vorgetragen. Es handle sich um eine Anweisung des Klägers bezüglich des internen Kommunikationsverhaltens, die ohne nähere Kenntnis der Umstände nicht beurteilt werden könne. Diese Einschätzung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Näherer Vortrag oder Ausführungen, weshalb die Entscheidung des Landgerichts insoweit falsch sein sollte, finden sich in der Berufung nicht.

2.1.7.2. Die Beklagte hat in erster Instanz ferner behauptet, der Kläger habe andere Mitarbeiter angewiesen, die Fehlleistungen des Mitarbeiters G. in der Onlineabteilung nicht gegenüber Herrn S. zu erwähnen. Auch hierin sieht das Landgericht (Urteil S. 15) weder eine schwere Pflichtverletzung noch einen schwerwiegenden Vertrauensbruch, selbst wenn die – vom Kläger bestrittene – Behauptung der Beklagten zutreffe. Es handle sich um eine Anweisung des Klägers bezüglich des internen Kommunikationsverhaltens, insbesondere hätten bei Informationsbedarf nicht die dem Kläger unterstellten Mitarbeiter, sondern der Kläger selbst Herrn S. zu berichten. Außerdem werde dem Kläger nicht vorgeworfen, Mitarbeiter zu unzutreffenden Informationen angestiftet zu haben. Des Weiteren sei unklar, welche Auswirkungen die Anweisung des Klägers gehabt habe, zumal der Mitarbeiter G. unstreitig von Herrn S. selbst wieder in die Buchhaltungsabteilung versetzt worden sei. Diese Ausführungen des Landgerichts sind nicht zu beanstanden. Weshalb das Urteil des Landgerichts insoweit unzutreffend sein soll, wird in der Berufung nicht dargetan.

2.1.7.3. Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe den Zeugen P. aufgefordert, alle Projektpläne hinsichtlich der Online-Projekte mit Datum früher als 16.05.2014 zu löschen. Das Landgericht hat einen wichtigen Kündigungsgrund verneint (Urteil S. 15 f), da es an Tatsachenvortrag der Beklagten zur Beurteilung von Hintergrund und Umfang der Löschung sowie den Auswirkungen einer derartigen Anweisung, sollte sie erfolgt sein, fehle. Eine umfassende Bewertung anhand aller Umstände des Einzelfalls sei daher nicht möglich. Dem schließt sich der Senat an. Näherer Vortrag oder Rügen, weshalb die Ausführungen des Landgerichts unzutreffend seien, finden sich in der Berufung nicht.

2.1.7.4. Die Beklagte hat zudem behauptet, der Kläger habe mit den als Anlage B 17 und B 22 vorgelegten E-Mails suggeriert, der Projektplan bezüglich des Projekts „Vermarktungs-Vertikal Haustiere“ sei schon vor dem 05.08.2014 erstellt worden. Insoweit führt das Landgericht zutreffend aus (Urteil S. 16 f), der Plan suggeriere nicht zwingend, schon im Juni 2013 erstellt worden zu sein. Angriffe hiergegen finden sich in der Berufung nicht.

Zudem ist die fristlose Kündigung nach Ansicht des Landgerichts (Urteil S. 17 f) selbst dann nicht berechtigt, wenn zu Lasten des Klägers die weitere Behauptung der Beklagten unterstellt werde, der Kläger habe Herrn P. angewiesen, bei einer eventuellen Nachfrage durch Herrn S. anzugeben, der Projektplan (Anlage B 22) habe bereits im Juni 2013 vorgelegen. Nicht jede bewusst unzutreffende Information führe zur Berechtigung der fristlosen Kündigung, auch hier müssten Schwere des Verstoßes, Hintergrund und mögliche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit gewürdigt werden. Vorliegend habe Herr P. die Anweisung nicht umgesetzt, mögliche Fehlvorstellungen bei Herrn S. über das Vorliegen des Projektplans seien nicht dargetan, es sei nicht ersichtlich, dass Herr S. für die Kontrolle des Projektforschritts überhaupt auf einen Projektplan angewiesen sei und im Übrigen bedeute das Nichtvorliegen eines schriftlichen Plans nicht, dass dem Projekt keine Planung zugrundelag. Diese Würdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Fehler dieser Einschätzung zeigt die Berufung nicht auf. Soweit die Beklagte rügt, dem Mitarbeiter Herrn B. sei nicht aus Gründen im Zusammenhang mit dem Projekt, sondern wegen eines Wettbewerbsverstoßes gekündigt worden, kann dies als wahr unterstellt werden, führt aber zu keiner anderen Beurteilung. Denn die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts (Urteil S. 18), die Kündigung eines Mitarbeiters des fraglichen Projekts durch Herrn S. seien ohne Kenntnis der Ablaufplanung kaum vorstellbar, sind nur eine weitere, letztlich aber nicht entscheidende Zusatzerwägung des Landgerichts.

2.1.8. Soweit die Beklagte ferner in erster Instanz die Kündigung auch darauf gestützt hat, der Kläger habe seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht, ist dem das Landgericht nicht gefolgt. Die Beklagte sei beweisfällig geblieben (Urteil S. 19). Angriffe hiergegen oder Beweisangebote dazu finden sich in der Berufung nicht.

2.1.9. Entgegen der Ansicht der Beklagten in der Berufung führt auch eine Gesamtwürdigung der von der Beklagten angeführten wichtigen Gründe nicht zur Wirksamkeit der fristlosen Kündigung. Soweit überhaupt Pflichtverletzungen des Klägers vorliegen bzw. bei Wahrunterstellung des Vortrags der Beklagten in Betracht kommen könnten (oben Ziff. 2.1.3.3, Ziff. 2.1.5, Ziff. 2.1.7.4), sind diese auch in der Gesamtwürdigung nicht als so schwerwiegend zu qualifizieren, dass der Beklagten die Fortsetzung des Dienstvertrags bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre.

2.2. Gemäß § 615 Satz 2 BGB ist das ab September 2014 vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld auf den Anspruch anzurechnen (vgl. Weidenkaff in Palandt, BGB, 76. Aufl, § 615 Rz. 19).

3. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Festvergütung für die Zeit vom 21.08.2014 bis 02.09.2014 aus § 7 Ziff. 1 des Geschäftsführerdienstvertrags (Anlage K 1). Danach wird die monatliche Vergütung im Krankheitsfall für die Dauer von drei Monaten in Höhe des vertraglichen Fixums fortgezahlt.

4. Der Kläger hat einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 283, § 249 BGB für die entgangene Nutzung des Dienstfahrzeugs. Gemäß § 4 Ziff. 3 des Geschäftsführerdienstvertrags (Anlage K 1) hatte die Beklagte dem Kläger einen Dienstwagen zur Verfügung zu stellen. Unstreitig gab der Kläger nach Aufforderung der Beklagen im Hinblick auf die ausgesprochene fristlose Kündigung den Dienstwagen am 03.09.2014 an die Beklagte heraus. Der vom Landgericht angesetzte Wert von 799,80 Euro pro Monat wird in der Berufung nicht angegriffen.

5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Auf die Ausführungen des Landgerichts, gegen die die Berufung keine Einwände erhebt, wird Bezug genommen.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

7. Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzlich Bedeutung.


Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelle Jobangebote


Stand: 25.06.2024

Rechtsanwaltsfachangestellte (n) / Notarfachangestellte(n) (m/w/d) in Vollzeit

 

jetzt bewerben

 


 

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)

als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

 

mehr Infos