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Fristlose Kündigung wegen Körperverletzung im Amt


LAG Mainz 

Az.: 6 Sa 481/12

Urteil vom 25.01.2013


I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17.9.2012 – AZ: 2 Ca 807/12 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen vermeintlicher Körperverletzung bei Ausübung des Polizeidienstes.

Der am 3. April 1964 geborene und verheiratete Kläger ist seit dem 1. Juli 1982 bei den von der Beklagten gerichtlich vertretenen Alliierten Stationierungsstreitkräfte als (Militär-) Polizist (Security Police) angestellt. Seit dem 1. Januar 2005 übt er die Funktion eines Abteilungs- und Schichtleiters aus (Ablichtung der Personalmaßnahmebestätigung der Arbeitgeberin vom 16. November 2009 in Bl. 6 ff. d.A.). Der zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste Transport und Verkehr am 16. Dezember 1966 abgeschlossene Tarifvertrag für die Stationierungsstreitkräfte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland – TV AL II – findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Bruttomonatsverdienst des Klägers lag zuletzt bei 5.382,48 EUR (einschließlich der jährlichen Sonderleistungen).

In der Nacht vom 26. auf den 27. März 2011 hatte der Kläger zusammen mit den Angestellten (Militär-) Polizisten, Herrn  H., und einem, dem Kläger im Rahmen eines „Trainee on the Job“ zugeteilten Militärangehörigen, Herrn  C., im Bereich der Stadt  K. Streifendienst. Gegen 1:00 Uhr morgens bemerkte die Streife an der Straße auf Höhe des Deutschen Polizeireviers einen Mann, der eine Frau zur Wand drängte, deren Oberbekleidung bis zum Bauchnabel nach oben und deren Unterbekleidung teilweise nach unten gezogen war, und diese offensichtlich bedrängte. Der Kläger ließ – ohne dass die Einsatzleitstelle hierüber eine Funkinformation erhalten hatte – anhalten. Ihm erschien der Mann als amerikanischer Staatsbürger, dessen Personalien er festzustellen suchte. In Umsetzung dieses Entschlusses kam es zu unvermittelten Beleidigungen des angetroffenen Mannes in englischer Sprache, wobei der Mann torkeln, fluchend, stark kopfnickend und Schlagbewegungen ausführend bis auf kürzeste Entfernung auf den Kläger zukam. Sowohl für ihn wie auch den weiteren Streifenangehörigen Herrn  H. ergab sich daraus der Eindruck eines verletzungsträchtigen Angriffs gegenüber dem Kläger. Herr  H. riss den Mann deshalb zu Boden und fixierte ihn, während der Kläger die zu Boden geworfenen Papiere aus der Brieftasche des Mannes aufhob und einsah. Während Herr  H. versuchte, den rechten Arm des auf den Bauch liegenden Mannes zu halten und beide Hände mit Kabelbinder auf dem Rücken festzumachen, hielt der streifenbegleitende Militärangehörige, Herr  C., den Mann an dessen linken Arm. Der hinzutretende Kläger nahm den Kopf des Mannes in seine Hand. Ob er anschließend den Kopf – wie die Beklagte unter Bezugnahme auf eine entsprechende nachträgliche Einlassung des Herrn  C. bei der deutschen Polizei behauptete – ähnlich einem Basketball mehrmals fest zu Boden schlug (Zeugnis Herr  C.) oder – so der Kläger – die Hand nur so gegen den Kopf des sich extrem wehrenden und mit dem Kopf wild um sich schlagenden Mannes hielt, dass dieser nicht mit dem Kopf auf den Boden schlug, ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

Dem Vorfall nachgebend wurde der Mann vom Kläger wieder auf die Beine gestellt. Zugleich stellte sich auf Befragen heraus, dass die vermeintlich belästigte Frau die Ehefrau des Angreifers und ebenfalls amerikanische Staatsbürgerin sowie „SPC“ bei den Alliierten Stationierungsstreitkräften war und keine Anzeige erstatten wollte. Ihrem Wunsch, mit einem Taxi nachhause zu fahren, entsprechend wies der Kläger beide Partner an, den Ort auf diese Weise zu verlassen. Zu jenem Zeitpunkt war an der Stirn des Mannes eine Prellung und eine Wunde zu erkennen, über deren Ausmaß zwischen den Parteien Uneinigkeit herrscht. Auf dem Bodenpflaster, das zur videoüberwachten Hofeinfahrt des Polizeireviers zählt, ergaben sich zwei Blutpunkte. Vom ersten Stock des Polizeigebäudes hatte wenigstens eine Person das Geschehen angesehen.

Ob die Streifenbesatzung sich im Laufe der Nacht bei Begegnung mit einer anderen Streife der Stationierungsstreitkräfte damit brüstete, „einen voll gesoffenen Ami geruschelt “ zu haben – so die Beklagte (Zeugnis Herr  B., Herr  W.) – , blieb zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls begegnete die Streife des Klägers dem Ehepaar nochmals, als es von der deutschen Polizei zum Verlassen eines Taxis aufgefordert wurde, sowie abermals gegen 4:00 Uhr morgens, als die beiden in einem anderen Taxi saßen, wobei zu diesem Zeitpunkt für den Mann eine blutende Wunde an Auge und Stirn zu erkennen war. Eine medizinische Ambulanz wurde zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verständigt. Allerdings hatte der Mann bei Begegnung mit der deutschen Polizei auf Befragen ausdrücklich betont, keine medizinische Hilfe zu wünschen. Im Laufe des weiteren Tages (27. März 2011) informierte der Kläger seinen Vorgesetzten Herrn  S. von dem Geschehen. Einen schriftlichen Bericht erstattete er allerdings nicht. Weiter wurde an diesem Tag – die Beklagte meint, auf Anzeige der Eheleute, aus der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft  Kaiserslautern 6006 Js 7679/11 (dort S. 3) ergibt sich auf polizeiliche Veranlassung von Amts wegen – ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen den Kläger sowie Herrn  H. eingeleitet, im Zuge dessen am 28. März 2011 sämtliche Geschehensbeteiligten von der deutschen Polizei vernommen wurden (was im Fall des Klägers aufgrund von Verzögerungen bei der Einvernahme zur Einreichung einer schriftlichen Äußerung führte).

Die Stationierungsstreitkräfte hörten den Kläger zu dem Vorfall am 30. März 2011 an und unterrichteten die bei ihr gebildete Personalvertretung mit Schreiben vom 7. April 2011 über eine beabsichtigte außerordentliche fristlose Kündigung des Klägers (Bl. 42 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 13. April 2011 (dem Kläger zugegangen am gleichen Tag) sprach die Beklagte die außerordentliche Kündigung zum 15. April 2011 wegen körperlicher Gewaltanwendung gegen einen US-Zivilisten mit Verletzungsfolgen und Missachtung von Verfahrensvorschriften im Streifendienst aus (Kündigungsschreiben mit entsprechender Begründung abgelichtet in Bl. 12 d.A.). Der Kläger erhob hierauf mit Eingang vom 21. April 2011 die vorliegende Kündigungsschutzklage. Das Amtsgericht  Kaiserslautern stellte das gegen den Kläger wie auch Herrn  H. zur Anklage gelangte Strafverfahren unter den 2. Juni 2012 auf staatsanwaltlichen Antrag und ohne Auflagenerteilung gemäß § 153 Abs. 2, Abs. 1 StPO ein.

Der Kläger hat erstinstanzlich zusammengefasst vorgetragen:

Die Sachlage habe anfänglich den Eindruck eines Vergewaltigungsversuchs vermittelt. Bei Halt der Streife habe Herr  H. versucht, einen Funkspruch an die Leitstelle weiterzugeben, wo aber belegt gewesen sei. Ein langwieriges informieren des Vorgesetzten sei in jenem Moment untunlich gewesen. Zudem habe sich der Vorgang im Nachhinein als nicht mehr meldepflichtig erwiesen. Er (der Kläger) habe die Geschehnisse informatorisch weitergegeben, so dass sie noch am 27. März 2011 an den Dienststellenleiter gelangt seien. Gegenüber den Ausführungen des Streifenbegleiters Herrn C. bei der deutschen Polizei vom 28 März 2011 ergäben sich Wahrheitszweifel, weil Herr C offensichtlich unter dem Eindruck angedrohter beruflicher Konsequenzen gestanden habe und seiner Karrierechancen wegen ausgesagt habe, wie geschehen. Weil zwischen dem 27. März 2011 und dem 13. April 2011 mehr als zwei Wochen lägen, und die örtliche Dienststellenleitung bereits am Tag des Geschehens über die Ereignisse – und zwar auch durch die Personalvertretungsrepräsentantin – ins Bild gesetzt worden sei, erscheine die Kündigung verfristet. Es müsse auch angezweifelt werden, dass der Personalvertretung sämtliche Umstände des Kündigungsgeschehens vollständig und schlüssig dargelegt worden seien.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt (sinngemäß) beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 13. April 2011 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat hiergegen die Klageabweisung beantragt und ihrerseits – zusammengefasst – vorgetragen:

Der Kläger habe mit dem unterlassen einer Funkmeldung gegen die Dienstanweisung des SOI 31-3 Chapter 3 Ziff. 3.3 verstoßen („Wenn eine Einheit außer Dienst [nicht im Einsatz] ist oder ihr Fahrzeug verlässt, wird das BDOC [Einsatzleitstelle] informiert.“), ferner mit dem Unterlassen medizinischer Versorgung und Erster Hilfe die Dienstanweisungen SOI 31-3 Attachment 7 A Ziff. 7.2.2 („Erstreben sie medizinische Versorgung für alle Personen, die Verletzungen erlitten haben.“) sowie das Airforce Manual 31-222 Ziff. 9.3.4 („Wird ein polizeiliches Gegenüber beim Anlegen von Handfesseln verletzt, ist als erster Schritt unverzüglich medizinische Versorgung für den polizeilichen Gegenüber zu erreichen.“) bzw. das Airforce Manual 31-201v 3 Chapter 5 Ziff. 5.19.5.1.2 („Es wird Erste Hilfe geleistet und sichergestellt, dass medizinische Versorgung arrangiert wird, wenn eine verletzte oder verstorbene Person anwesend ist.“) missachtet, ebenso schließlich die formgerechte Berichtspflicht nach einem Einsatzende gemäß Dienstanweisung SOI 31-3 Chapter 3 Ziff. 3.1 („Alle Vorfälle werden grundsätzlich untersucht und Streifen erstellen ausreichend Notizen, um in der Lage zu sein, Vorgesetzte zu informieren und/ oder im gerichtlichen Verfahren auszusagen.“) und Ziff. 3.21 („Alle Vorkommnisse und Fälle werden mittels SFMIS verarbeitet.“ [was auf ein Datenverarbeitungs- und Übermittlungssystem amerikanischer Polizeibehörden zu beziehen ist]), zu der auch gehört habe, den Mann mit zur Wache zu bringen. Herr  C. habe nicht falsch ausgesagt und sei auch nicht in seiner Karriere bedroht worden. Die Kündigungsberechtigten der Alliierten Stationierungsstreitkräfte seien erst am 30. März 2011 durch Erhalt der Aussageprotokolle von der deutschen Polizei über die Vorgänge informiert gewesen. Die zuvor kursierenden Informationen hätten lediglich den Gehalt von Gerüchten gehabt. Sämtliche für die Kündigung relevanten Umstände seien in der Unterrichtung an die Personalvertretung aufgeführt gewesen. Der Kläger sei als Repräsentant der Streitkräfte, Schichtführer und Abteilungsleiter, Ausbilder sowie als Waffenträger mit Sonderrechten nicht mehr hinreichend vertrauenswürdig.

Das Arbeitsgericht  Kaiserslautern hat der Klage mit Urteil vom 17. September 2012 – 2 Ca 807/12 – entsprochen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagtenvortrag lasse zwar einen an sich wichtigen Kündigungsgrund erkennen, die Arbeitgeberin sei jedoch wenigstens zur Wahrung einer sozialen Auslauffrist angehalten gewesen. Der Kläger sei immerhin von dem Geschädigten bedroht und beleidigt worden und habe allenfalls ein Augenblicksversagen an den Tag gelegt, wobei von intensiven Schäden gegenüber dem Betroffenen nicht ausgegangen werden könne (wegen der weiteren Einzelheiten von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 138 ff. d.A. Bezug genommen).

Die Beklagte hat gegen das ihr am 20. September 2012 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2012 (eingegangen am 19. Oktober 2012) Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 20. November 2012, eingegangen am gleichen Tag, auch begründet.

Die Beklagte trägt zweitinstanzlich – zusammengefasst – weiter vor:

Die Kündigung sei nicht unverhältnismäßig. Eine Interessenabwägung könne nicht zu Gunsten des Klägers ausfallen. Ihm habe als angestelltem Polizisten die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oblegen, soweit dies zivile Angehörige der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte anbelangt habe, wozu unter anderem auch die Wahrung deren körperlicher Unversehrtheit zähle. Das Kündigungsgeschehen habe sich in der – namentlich von Herrn  C. – bei der deutschen Polizei bekundeten Weise in Gestalt von Schlägen des Klägers gegen die betroffene Person, von der zuletzt keine Gefahr mehr ausgegangen sei, ereignet (Zeugnis Herr  C.). Zudem habe sich der Anlass des Einsatzes im Nachhinein als mehr verbale Auseinandersetzung zwischen Eheleuten entpuppt. Sinngemäß habe der Kläger gegenüber einem deutschen Polizisten auch eingestanden, den Mann bei dem Vorfall geschlagen zu haben (Zeugnis Herr  N.). Der Geschädigte selbst habe das Ganze sogar weitergehend als eine Form des Zusammengeschlagenwerdens empfunden, wie er dies der deutschen Polizei mitgeteilt habe (Zeugnis Herr K.). Bei ausgebildeten Amtsträgern sei die Misshandlung wehrloser Menschen im Dienst nicht hinnehmbar. Ein Affekt habe nicht vorgelegen. Die Polizei der Stationierungsstreitkräfte sei auch in die Gefahren von Rufschädigungen gekommen.

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich, das Urteil des Arbeitsgerichts  Kaiserslautern vom 17. September 2012 – 2 Ca 807/12 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt ergänzend – zusammengefasst – vor:

Etwaige Verletzungen könne sich der Geschädigte nur selbst zugefügt haben. Sie seien jedenfalls nicht von ihm (dem Kläger) ausgegangen, denn er habe ihn weder geschlagen noch sich entsprechend gebrüstet. Nach annähernd 30-jähriger Dienstzeit für die Alliierten Stationierungsstreitkräfte habe er auf dem deutschen Arbeitsmarkt übermäßig große Probleme. Die Kündigung treffe ihn zudem in seiner finanziellen Lage ungewöhnlich hart. Er habe Sparanlagen und eine Gruppenlebensversicherung auflösen müssen, um seine Bankverbindlichkeiten für den getätigten Haus- und Grundstückserwerb weiter bedienen zu können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen (der Beklagten vom 20. November 2012, Bl. 160 ff. d.A., des Klägers vom 11. Dezember 2012, Bl. 200 ff. d.A.) Bezug genommen, ferner auf die zur Akte gereichten Unterlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2013. Die beigezogenen Akten der StA  Kaiserslautern 6006 Js 7679/11 und des ArbG  Kaiserslautern 2 Ca 732/11 (Kündigungsschutzverfahren des Herrn  H.) waren Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen entsprochen.

I.

Die Berufung ist zulässig. Die Statthaftigkeit folgt aus § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1, 2 Buchst. c ArbGG. Das Rechtsmittel wurde form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der zulässigen und begründeten Klage mit Recht entsprochen. Wegen der im Berufungsrechtszug von der Beklagten nochmals vorgebrachten tatsächlichen wie rechtlichen Umstände, gilt das aus folgenden Gründen.

1. Die Klage ist zulässig. Gemäß Art. 56 Abs. 8 Satz 1 und Abs. 1 Buchst. a ZA-NTS unterliegen Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis ziviler Arbeitskräfte bei den Stationierungsstreitkräften der deutschen Gerichtsbarkeit. Der Kläger war als angestellter Polizist bei Kündigungszugang ziviler Angestellter in diesem Sinn. Die Beklagte fungiert gemäß Art. 56 Abs. 8 Satz 2 und 3 ZA-NTS als gesetzliche Prozessstandschafterin der Alliierten Stationierungsstreitkräfte (BAG 10.5.2005 – 9 AZR 230/04 – zu B I 1A der Gründe, NZA 2006, 155; Luczak in Dörner/ Luczak/ Wildschütz Handbuch des Anwalts Arbeitsrecht 10. Aufl. Kap. 15 Rn. 56). Der klägerische Antrag ist in die Formulierung des § 4 Satz 1 KSchG gefasst und genügt damit den Voraussetzungen nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (BAG 13.12.2007 – 2 AZR 818/06 – Rn. 18 f., NZA 2008, 589). Das Feststellungsinteresse bedarf bei Kündigungsschutzklagen – wie vorliegend – aufgrund der besonderen Regelungen in § 4 Satz 1 und § 7 KSchG keiner näheren Prüfung (BAG 7.3.2002 – 2 AZR 173/01 – zu II 1 der Gründe, NZA 2002, 963).

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2. Die Klage ist begründet. Die Kündigung der Stationierungsstreitkräfte vom 13. April 2011 ist nicht aus wichtigem Grund i.S.v. § 45 Abs. 2 TV AL II i.V.m. § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt und deshalb rechtsunwirksam.

a) Für die Entscheidung des Rechtsstreites ist gemäß Art. IX Abs. 4 Satz 2 NTS i.V.m. Art. 56 Absatz 1a und Abs. 9 ZA-NTS deutsches Arbeitsrecht maßgeblich.

b) In formeller Hinsicht wirft der Kündigungsausspruch keine Wirksamkeitszweifel auf. Die Schriftform ist durch handschriftliche Unterzeichnung des Dienststellenleiters im Sinne von § 126 Abs. 1 BGB gewahrt. Ob die Voraussetzungen nach § 47 Abs. 2 Satz 1 TV AL II („Bei der Kündigung müssen die Gründe angegeben werden.“) ein konstitutives Schriftformerfordernis auch für die Kündigungsgründe statuiert (so etwa LAG Hamm 17.3.2011 – 17 Sa 2263/10 – zu B I 2 der Gründe, juris) bedarf keiner Entscheidung, weil das Kündigungsschreiben vom 13. April 2011 mit den auch im Kündigungsschutzverfahren thematisierten Pflichtverletzungen vom 26. / 27. März 2011 konkret nachvollziehbare und nicht bloß pauschale oder floskelhafte Begründungserwägungen enthält (vgl. Bl. 12 d.A.; zu den Anforderungen an konstitutive Begründungserfordernisse etwa im Rahmen von § 22 Abs. 3 BBiG Benecke in Benecke/ Hergenröder BBiG § 22 Rn. 79 ff. m.w.N.).

c) Die sachliche Prüfung der Kündigung ist aufgrund der rechtzeitigen Klageerhebung (Zustellung am 29. April 2011) gemäß § 4 Satz 1 KSchG geboten

d) Die Kündigung entbehrt des wichtigen Grundes.

aa) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB – und dem inhaltsgleichen § 45 Abs. 2 TV AL II – kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der (oder gegebenenfalls einer fiktiven) Kündigungsfrist oder bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise, als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsseiten – jedenfalls bis zum Ablauf der (gegebenenfalls einer fiktiven) Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG 19.4.2012 – 2 AZR 186/11 – Rn. 19 f., NZA 2013, 27).

bb) Aufgrund des Beklagtenvorbringens kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass der Kläger in erheblicher und nachhaltiger Weise gegen arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat.

(1) Eine Kündigung aus wichtigem Grund kann berechtigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine vertragliche Hauptleistungspflichten und / oder vertraglichen Nebenpflichten erheblich verletzt hat (BAG 9.6.2011 – 2 AZR 284/10 – Rn. 21, NZA-RR 2012, 12). Als Vertragspflichtverletzung in diesem Sinn kommt namentlich ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers in Betracht (BAG 24.3.2011 – 2 AZR 282/10 – Rn. 12, NZA 2011, 1029). Es gilt allerdings das Prognoseprinzip. Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für die begangene Pflichtverletzung, sondern die Vermeidung künftiger Verstöße – gegebenenfalls bis zum Ablauf der (einer) Kündigungsfrist. Die fragliche Pflichtverletzung muss sich deshalb noch für die Zukunft belastend auswirken. Eine entsprechende Prognose ist gerechtfertigt, wenn aus der konkreten Pflichtverletzung und der daraus resultierenden Störung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch künftig erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen – was häufig ungewiss ist und deshalb in der Regel eine einschlägige Abmahnung als objektiven Beleg der negativen Prognose voraussetzt (BAG 26.11.2009 – 2 AZR 751/08 – Rn. 10, NZA 2010, 823).

(2) Die Beklagte hat die Hauptpflichtenlage des Klägers als angestelltem Zivilpolizisten der Alliierten Stationierungsstreitkräfte durch Darlegung einzelner Dienstordnungsauszüge vorgebracht – wobei mangels entgegenstehender Anhalte unterstellt werden muss, dass diese für den Kläger in verbindlicher Weise erlassen und dessen Arbeitstätigkeit zu Grunde gelegt worden waren – und im Übrigen auf dessen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung für des zivile Gefolge der Stationierungsstreitkräfte verwiesen (im Gegensatz zu der für das Militär zuständigen Militärpolizei im engeren Sinn). Sie hat ergänzend in der beigezogenen Kündigungsschutzakte gegenüber dem Streifenangehörigen Herrn  H. illustrierend auf eine Pressedarstellung des örtlichen Dienststellenleiters hingewiesen, worin unter anderem der Tätigkeitsinhalt des Streifendienstes zur Aufrechterhaltung von Disziplin und Ordnung aufgeführt ist (Bl. 205 ff. d.A. ArbG  Kaiserslautern 2 Ca 732/11), wie er auch aus der Tätigkeitsbeschreibung des Klägers in der Personalmaßnahmenbestätigung vom 16. November 2009 mit 10 % „Vehicular Patrol Service“ hervorgeht (vgl. Bl. 6 ff. d.A.). Mit diesem Gegenstand überein stimmt auch der Vorbehalt für die (Militär-) Polizei einer Truppe in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 ZA-NTS, die berechtigt, auf öffentlichen Wegen, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Gaststätten und an anderen Orten, die der Allgemeinheit zugänglich sind, Streife zu gehen und gegen Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und gegen Angehörige die zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin notwendigen Maßnahmen zu treffen. Die Beklagte hat weiter auch mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 29. August 2012 (dort S. 1, Bl. 129 d.A.) auf die für diese Tätigkeit geltende Befugnis zur (äußerstenfalls) körperlichen Gewalt aufmerksam gemacht. In der Berufungsverhandlung haben die Parteien schließlich die Zuständigkeiten und Befugnis eines zivilen Militärpolizisten der Alliierten Stationierungsstreitkräfte als im Wesentlichen denen eines deutschen Polizisten vergleichbar dargestellt.

(3) Vor dem Hintergrund dieser Aufgaben sind erhebliche und für eine außerordentliche Kündigung hinreichend nachhaltige Hauptpflichtverletzungen des Klägers am 26. / 27. März 2011 nicht dargetan.

(a) Soweit die Beklagte rügt, der Kläger habe bei Antreffen des auffälligen Paares die notwendige Funkmeldung zur Leitstelle nach SOI 31-3 Chapter 3 Ziff. 3.3 missachtet, als er den Streifenwagen verließ, ist schon fraglich, ob dem in tatsächlicher Hinsicht beigepflichtet werden kann, nachdem der Kläger bereits erstinstanzlich vorgebracht hatte, der Streifenangehörige Herr  H. habe durchaus Funkkontakt zur Leitstelle gesucht, nur sei dort wegen überbelegter Kanäle niemand erreichbar gewesen. Ferner seien weitere Kontaktversuche untunlich gewesen. Die Beklagte ist dem auch in zweiter Instanz nicht weiter entgegengetreten, so dass nach § 138 Abs. 2, 3 ZPO anzunehmen war, dass eine solche Belegung im Funkverkehr eintreten und Absitzmeldungen vereiteln konnte, ohne dass gleichwirksame Meldungswege zur zweckmäßigen Unterrichtung der Leitstelle alternativ offenstanden. Wenn überhaupt dem Kläger noch ein Vorwurf gemacht werden konnte, weil er die Kontaktaufnahme nicht selbst versucht oder sich möglicherweise ohne hinreichende Sorgfalt auf die ggf. unzureichende Durchführung des begleitenden Streifenpolizisten verließ, war dies wegen der bloß auf Ordnung und Information der Streifenfahrzeugverwaltung gerichteten Pflicht eine eher untergeordnete Nachlässigkeit, derentwegen allenfalls eine Abmahnung hätte ausgesprochen werden können (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 2.3.2012 – 9 Sa 667/11 – zu II 1 a der Gründe, juris).

(b) Bezüglich vermeintlicher Verstöße gegen die zeitnahe, förmliche Berichtspflicht bei besonderen Vorfällen nach SOI 31-3 Chapter 3 Ziff. 3.1 und 3.2.1 hat das Landesarbeitsgericht bereits im Kündigungsschutzverfahren des Streifenangehörigen Herrn H. zutreffend erkannt, dass es sich bei dieser im wesentlichen Dokumentationszwecken dienenden Pflicht um eine Anforderung handelte, die spätestens damit erledigt worden war, dass binnen 24 Stunden seitens der deutschen Polizei sämtliche Geschehensbeteiligten einvernommen worden waren, so dass eine umfassende Untersuchung und Dokumentation des Vorfalls bereits in dieser Art gesichert war (LAG Rheinland-Pfalz 2.3.2012 – 9 Sa 667/11 – zu II 1 c der Gründe, juris). Dem Kläger weitere Dokumentationen abzuverlangen, liefe auf eine entbehrliche Förmlichkeit hinaus, die auch im Hinblick auf etwaige interne Datenverarbeitungssysteme keinen nachvollziehbaren Sinn ergab. Weshalb die Beklagte ergänzend dafür hielt, der Kläger habe den angetroffenen Mann letztlich noch zur Wache mitzubringen müssen, erschloss sich anhand der geschilderten Pflichtenlage nicht weiter.

(c) Soweit in Verstoß gegen SOI 31-3 Attachment 7 A Ziff. 7.2.2, Airforce Manual 31-222 Ziff. 9.3.4 und 31-201v 3 Ziff. 5.19.5.1.2 eine Verletzung der Beiziehung ambulanter medizinischer Hilfe bei Anwendung unmittelbaren Zwangs einer anderen Person gegenüber geschah, gilt ebenfalls dieselbe Wertung, die das Landesarbeitsgericht im Kündigungsschutzverfahren des Streifenpolizisten Herrn  H. angestellt hat, nämlich dass die Pflichten nicht nur reinen Interessen der Streitkräfte, sondern auch dem Schutz von Leib und Leben der ihr anvertrauten Personen dienen und deshalb bei Missachtung zu einem schweren Dienstpflichtverstoß führen können, der jedoch mit einer Abmahnung als zunächst angemessener Form zur Wiederherstellung des erschütterten Vertrauens in die sorgfaltsgemäße Arbeitspflichterfüllung angemessen bereinigt werden kann, wenn – wie vorliegend ebenfalls – ein einmaliger Vorfall in Rede steht und die verletzte Person aus freien Stücken, mehrfach und unmissverständlich medizinische Hilfe abgelehnt hat – was vorliegend ebenfalls unstreitig der Fall war (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 2.3.2012 – 9 Sa 667/11 – zu II 2 a der Gründe, juris).

(d) Auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs im Sinne einer Fixierung des Kopfes des am Boden liegenden Mannes war in zulässiger Ausübung polizeilicher Befugnisse durch den Kläger geschehen. Der Mann war anfänglich Störer im Sinne des Polizeirechts. Unabhängig davon, wie ernsthaft der Anschein einer Vergewaltigung gewesen sein mochte, verwirklichte das vom Kläger erkannte Geschehen zumindest den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erheblichen Umfangs. Gemäß § 118 OWiG beeinträchtigt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen (vgl. zum erfüllten Tatbestand der polizeilichen Grundnorm etwa Denninger in Lisken/ Denninger Handbuch des Polizeirechts 4. Aufl. Abschn. D Rn. 17, 29). Von einer Belästigung der Allgemeinheit muss nach bis heute generell geltenden Anstandsgeboten das schamlose Betasten anderer Person auf offener Straße gelten (RG 4.11.1918 – I 458/18 – RGST 53, 138; Senge in KK-OWiG 3. Aufl. § 118 Rn. 20a). Sowohl zur Beseitigung eines solchen Störungszustandes wie auch zur Feststellung der Störeridentität kann nach deutschem Polizeirecht unmittelbarer Zwang angewendet werden, und zwar durch körperliches Ergreifen und Zurückdrängen zum Zweck der Auflösung der örtlichen Gegebenheit (vgl. BGH 30.9.1998 – 5 StR 239/08 – II 1 a, 2 a der Gründe, in NStZ-RR 1999, 272; VGH Baden-Württemberg 17.3.2011 – 1 S 2531/10 – zu II 1 der Gründe, DVBl 2011, 626; VG Berlin 16.6.2003 – 1 A 137.00 – juris, dort Rn. 18 f.), als auch durch Fixieren einer Person am Boden zum Zwecke deren Identifizierung (LG Düsseldorf 23.7.2009 – 2b O 229/08 – juris, dort Rn. 18 ff.; BayVGH 2.12.1991 – 21 B 90.1066 – zu II 2 d der Gründe, juris). Wenn die Beklagte gegenüber dem weiteren Streifenpolizisten Herrn H. aus dem Zu-Boden-Bringen und Fixieren der Störerperson keine kündigungsrechtlichen Folgerungen ableitete (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 2.3.2012 – 9 Sa 667/11 – zu II 1 b der Gründe, juris), muss gleiches auch gegenüber dem die Fixierung des Kopfes vornehmenden Kläger des vorliegenden Verfahrens gelten. Soweit die Beklagte vorliegend behauptete, die Gefahrenlage sei bei Zugriff des Klägers auf den Kopf bereits vollständig behoben gewesen, entbehrt dieses Vorbringen der nötigen Substanz, wie sich aus den den Beklagtenvortrag illustrierenden Vernehmung Einlassungen von Herrn C. und Herrn H. bei der deutschen Polizei ergibt, die erläuterten, der Mann sei lediglich „größtenteils“ unter Kontrolle gewesen (so Herr  C. Anlage B 1 zur Berufungsschrift S. 3, Bl. 173 d.A.) bzw. der Mann habe mit den Füßen um sich getreten und die ganze Zeit mit dem Kopf auf und ab gemacht (so Herr H. Anlage B 2 zur Berufungsschrift S. 2 f., Blatt 179 f. d.A.). Darüber hinaus besteht zwischen den Parteien kein Streit, dass der betroffene Mann als Ehepartner der offensichtlich durch Anstellungsstatus zur Truppe zählenden Gattin dem Streifenzugriff i.S.v. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 ZA-NTS überhaupt unterlag. Ziviles Gefolge ist auch das die Truppe begleitende Zivilpersonal, das bei den Streitkräften beschäftigt ist (Art. I Abs. 1 Buchst. b NTS). Zu deren Angehörigen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 c NTS zählen wiederum namentlich Ehegatten.

(4) Die Berufungskammer kann allerdings nicht gänzlich ausschließen, dass der Kläger durch die von Beklagtenseite behaupteten zusätzlichen Schläge seine vertraglichen Nebenpflichten erheblich missachtete, die auch dahin gingen, die Rechtsgüter der Alliierten Stationierungsstreitkräfte nach Kräften zu wahren.

(a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet (BAG 28.10.2010 – 2 AZR 293/09 – Rn. 19, NZA 2011, 112). Der konkrete Inhalt dieser Pflicht ergibt sich – ohne dass es einer besonderen Vereinbarung dazu bedürfte – aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und seinen spezifischen Anforderungen (BAG 24.3.2011 – 2 AZR 282/10 – Rn. 12, NZA 2011, 1029). Mit dem exterritorialen Polizeirechtsvorbehalt alliierter Streitkräfte in Art. 28 ZA-NTS verbindet sich ein materiell-rechtsstaatliches Bedürfnis zur Sicherung der (auch) individuellen Interessen von Militärangehörigen sowie zivilem Gefolge (vgl. zu generell polizeilichen Interesse etwa Gusy Polizeirecht 4. Aufl. Rn. 10, 24 f.). Es verletzt mithin auch materielles Streitkräfteinteresse, wenn deren Zivilpolizei ziviles Gefolge der Truppe nicht schützt, sondern – umgekehrt – schädigt. Da die Parteien Zuständigkeiten und Pflichtenlage wesentlich gleich der für deutsche Polizisten dargestellt haben, gilt auch insofern, dass ein Vollzugsbeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, in grober Weise gegen den polizeilichen Auftrag der Gefahrenabwehr handelt und eine elementare Pflichtverletzung begeht (vgl. Bay VGH 12.10.2011 – 16a D 09.828 – zu IV 1a bb [1] der Gründe, juris).

(b) Dass sich der Kläger über die Grenzen gestatteter Notwehr hinaus verhalten haben könnte, als er – den Beklagtenvortrag insofern als wahr unterstellt – den Kopf des am Boden Liegenden nicht nur fixierte, sondern anschließend mehrfach aufschlug – dies nach dem Beklagtenvortrag als wahr unterstellt -, kann nicht von vollständig ausgeschlossen werden.

(aa) Nach allgemeinen notwehrrechtlichen Grundsätzen – die auch Polizisten zugute kommen – ist ein Angegriffener berechtigt, rechtswidrige Angriffe mit denjenigen Abwehrmitteln abzuwehren, die eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleisten, wobei er unter mehreren Abwehrmöglichkeiten auf eine für den Angreifenden minder einschneidende nur dann verwiesen werden kann, wenn ihm Zeit zur Auswahl sowie zur Abschätzung der Gefährlichkeit zur Verfügung steht und die für den Angreifer weniger gefährlicher Abwehr geeignet ist, die Gefahr zweifelsfrei und sofort endgültig auszuräumen (BGH 30.6.2004 – 2 StR 82/04 – zu II 1 b, c, NStZ 2005, 31). Etwas anderes gilt auch nicht gegenüber alkoholisierten Personen, die gerade in diesem Zustand zu Gewalttätigkeiten neigen (BGH 21.3.2001 – 1 StR 48/01 – zu II 3 c der Gründe, NJW 2001, 3200) – wie vorliegend durch beklagtenseitige Bezugnahme auf die vernehmungsweise Einlassung des Herrn H. dargetan, demnach die Ehefrau des Betroffenen erklärt hatte, ihr Mann sei unter Alkoholeinfluss öfter so aggressiv (Anlage B 2 zur Berufungsschrift S. 4, Bl. 181 d.A.).

(bb) Ob der Kläger noch in den (zeitlichen) Grenzen der Notwehr gehandelt hatte, als er – den Beklagtenvortrag als zutreffend angenommen – nach Fixierung den Kopf noch mehrfach aufschlug, ist nach dem Vorbringen der Beklagten nicht für sicher aber auch nicht für ausgeschlossen zu halten. Zwar ergibt sich aus deren Vorbringen unter Inbezugnahme der Vernehmung von Herrn H., dass der am Boden liegende seinen Widerstand letztlich erst aufgab, nachdem der Kläger eingegriffen hatte (Anlage B 2 zur Berufungsschrift S. 3, Bl. 180 d.A.), so dass er anschließend wieder aufgestellt werden und zusammen mit seiner Frau nachhause beordert werden konnte, während die Eskalation zu Anfang ihren Anlass darin gehabt hatte, dass der Mann mit beleidigenden Worten mehrmals nach vorne wippend (so Herr  H. Anlage B 2 zur Berufungsschrift S. 3, Bl. 179 d.A.) und unter Anspannen der Arme sowie mehrmaligem (übersetzten) Ausspruch „Lass uns anfangen“ nahezu bis Nase an Nase an den Kläger herangetreten war (so Herr  C. Anlage B 1 zur Berufungsschrift S. 2, Bl. 172 d.A.), was den Eindruck eines beginnenden körperlichen Angriffs geradezu aufdrängend nahelegte, so dass aus objektivierter Perspektive „ex ante“ mit den schlussendlich zum Ablassen des Angreifers führenden Schlägen eine vormalige Gefahr endgültig beseitigt worden war. Gänzlich ausschließen, dass jedoch zu dem Zeitpunkt, als die Schläge – vermeintlich – geführt wurden, der Angriff gegenüber dem Kläger nicht schon sein Ende gefunden hatte, lässt sich aufgrund der vernehmungsweisen Einlassungen von Herrn C. und Herrn H. indessen nicht. Herr C. hatte insofern immerhin ausgeführt, dass der Mann nicht mehr habe flüchten können, so wie er von ihnen (Herr  C. und Herrn H.) festgehalten worden sei (Anlage B 1 zur Berufungsschrift S. 3, Bl. 173 d.A.). Ferner hat Herr  H. vernehmungsweise bestätigt, dass die Gegenwehr des Mannes auch nachgelassen habe, als ihm von dessen (des Herrn H.) Seite die Beine nach unten gedrückt und der Arme auf den Rücken gedreht worden sei (Anlage B 2 zur Berufungsschrift S. 3, Bl. 180 d.A.). Wenn auch aufgrund der vom Landesarbeitsgericht in dem Kündigungsschutzverfahren des Herrn  H. festgestellten Umstand des Augenblicksgeschehens (LAG Rheinland-Pfalz 2.3.2012 – 9 Sa 667/11 – zu II Ziffer 1 b der Gründe, juris) wegen zeitlicher Abfolge der Dinge wenig wahrscheinlich, bleibt doch denkgesetzlich nicht unmöglich, dass aufgrund der einseitigen Fixierung des am Boden Liegenden eine Angriffsbändigung bereits abschließend eingetreten war. Sollte dem so gewesen sein, hätte der Kläger mit mehrmaligen – d.h. allgemein sprachlich zumindest zweimaligen (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort mehrere) – Kopfschlägen seine vertraglichen Nebenpflichten nach den dargestellten Voraussetzungen erheblich verletzt. Die von der Beklagten in Bezug genommenen vernehmungsweisen Einlassungen von Herrn C. und Herrn H. sind, was das Geschehen der Schläge angeht, zwar nicht gleichlautend, schließen einander aber auch nicht völlig aus, da beide Vernommenen gegenüber der Polizei ausführten, dass der Kläger auf Seiten des Herrn H. platziert war, der wiederum den rechten Arm des auf dem Bauch am Boden Liegenden hielt, und mit seiner linken Hand nach dem Haaransatz des Betroffenen griff, während Herr  C. auf der linken Seite war und den linken Arm des am Boden Liegenden zu fixieren suchte, woraus sich wiederum ergab, dass lediglich Herr  C. klare Sicht auf die Linke des Klägers hatte, während Herr  H. das Geschehen aufgrund schlechterer Sicht nicht zu erkennen vermochte (vgl. Anlage B 1 zur Berufungsschrift S. 2 f., Bl. 172 f. d.A. sowie Anlage B 2 zur Berufungsschrift S. 3 ff., Bl. 180 ff. d.A.).

cc) Eine weitere Aufklärung und – im Hinblick auf die im Strafverfahren zu Tage getretene Unerreichbarkeit des Zeugen C. wegen dessen Rückkehr in die USA im Juni 2011 (vgl. StA  Kaiserslautern 6006 Js 7679/11 S. 120, 141) sowie dem beidseitigen Beweismittelverzicht in erster Instanz – nicht unproblematische etwaige Beweisaufnahme konnte indes unterbleiben, weil sich die Fehlverhaltensweise des Klägers unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles als nicht so gravierend dargestellt hätten – deren vorliegen als wahr unterstellt -, dass nicht wenigstens das Abwarten einer Kündigungsfrist oder der Kündigungsfrist entsprechenden sozialen Auslauffrist (ggf. nach Erteilung einer Abmahnung) in Betracht gekommen wäre. Insofern auf sich beruhen konnte auch die ergänzende Aufklärung zusätzlicher Beweisanzeichen, wie etwa der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe doch im Laufe der Nacht vom 26. auf den 27. März 2011 einen deutschen Polizisten sinngemäß offenbart, einen anderen geschlagen zu haben (wie vom Landesarbeitsgericht in Kündigungsschutzverfahren des Herrn  H. ausgeführt fehlte es für den weitergehenden Beklagtenvorwurf, einer der Streifenangehörigen habe sich der Tat sogar gebrüstet, an hinreichend konkretem Vorbringen, wer von beiden das gewesen sein sollte; vergleiche LAG Rheinland-Pfalz 2.3.2012 – 9 Sa 667/11 – zu II 1 e der Gründe, juris).

(1) Bei der Prüfung, ob einem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers trotz Vorliegen erheblicher Pflichtverletzungen jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand deren zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Beruht die Pflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer entsprechenden Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist. Dies gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich (zuletzt etwa BAG 19.4.2012 – 2 AZR 186/11 – Rn. 21 f. m.w.N., NZA 2013, 27).

(2) Vor diesem Hintergrund streiten die überwiegenden Interessen für eine – zumindest zeitweilige – Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses.

(a) Zu Lasten des Klägers ging allerdings, dass der Vorfall, sowie er von Beklagtenseite vorgebracht worden war, vorsätzlich ausgeführt worden sein müsste und dass er in engstem Zusammenhang mit der Durchführung dessen – nur schwer kontrollierbarer – Streifentätigkeit gestanden hätte, weiter dass die abstrakten Verletzungsgefahren bei den (behaupteten) Schlägen des Kopfes auf den gepflasterten Boden hoch anzusiedeln gewesen wären und für die arbeitgebenden Stationierungsstreitkräfte exorbitante Haftungsfolgen bei Schädel- oder Hirnverletzungen hätten zeigen können, sowie dass für den Kläger aufgrund dessen gehobener Stellung die pflichtwidrige Amtsführung mit zusätzlich negativem Gehalt nach außen getreten wäre (vgl. zu den Interessengesichtspunkten Amtsnähe, Schadenshöhe und Stellung im Unternehmen etwa LAG Düsseldorf 23.2.2011 – 12 Sa 1454/10 – zu B II 3 a der Gründe, juris).

(b) Entgegen der Beklagtenansicht konnten weitere Aspekte indessen nicht zu lasten des Klägers gewertet werden. Namentlich war dem Kläger nicht entgegenzuhalten, dass er die Tat etwa zu verheimlichen gesucht hätte, er mit dem verfehlten Verhalten sogar noch kokettierte oder dass schließlich Rufschädigungen für die Alliierten Streitkräfte gedroht hätten. Schon dem unstreitigen Umstand nach, dass das Geschehen von der angrenzenden Polizeiwache aus videoüberwacht werden und eingesehen werden konnte bzw. nach unbestrittenen Klägervorbringen auch von einer Person eingesehen wurde, spricht wenig für etwaige Heimlichkeiten des Klägers. Zudem würde sich auch das von Beklagtenseite dem Kläger vorgehaltene – für seine Person indes nicht nachvollziehbare – Sich-Brüsten mit der Tat gegen jedwede Verheimlichungstendenz sprechen. Selbst wenn der Kläger – wie von Beklagtenseite behauptet – gegenüber einem deutschen Polizisten im Verlaufe der Nacht noch verlautbart gehabt hätte, Schläge gegen eine andere Person geführt zu haben, wäre das weder Beleg der Heimlichkeit, noch erkennbarer Ausdruck der Koketterie. Der Sinngehalt einer solchen Äußerung kann auch ohne weiteres wertneutral, ggf. sogar derart aufgefasst werden, dass es sich um einen Ausdruck der Offenbarung und Bitte um Klärung handelte. Daneben fehlt auch jeder konkrete Vortrag der Beklagten dazu, dass und aufgrund welcher Umstände die arbeitgebenden Stationierungsstreitkräfte an Ansehen eingebüßt haben sollten. Gegenüber der von Beklagtenseite zum Beleg ihrer Behauptung angeführten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2010 (- 1 E 1060/10 – juris, dort Rn. 23) fehlte es im vorliegenden Fall an den im herangezogenen Verfahren beachtlichen, weil Aufsehen erregenden begleitenden Umständen einer größeren, vom Fußballspiel kommenden Gruppe von Menschen vor einer Diskothek, die das Fehlverhalten der belangten Polizeiperson begutachteten. Der Umstand, dass selbst die Person, die das vorliegend in Rede stehende Geschehen vom angrenzenden Polizeirevier aus einsah, nicht weiter nachvollziehbares Aufheben von dem Ereignis machte, lässt eher im Gegenteil schließen, dass der Vorfall für Dritte im Wesentlichen uninteressant war.

(c) Dem Kläger stattdessen zugute zu halten waren demgegenüber die überwiegenden Interessen.

(aa) Dies betraf zunächst die verhältnismäßige Geringfügigkeit der zu Tage getretenen Verletzungsfolgen, die bloß äußerliche Prellungen und Aufschürfungen im Gesichtsbereich ohne nachhaltigen Heil- und / oder Arbeitsunfähigkeitsprozess betrafen, und den Umstand des Augenblicksgeschehens, von dem bereits das Landesarbeitsgericht im Kündigungsschutzverfahren von Herrn  H. ausgegangen war, ohne dass die Beklagte in jenem wie auch im vorliegenden Verfahren anderes hatte erkennen lassen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 2.3.2012 – 9 Sa 667/11 – zu II 1 b der Gründe, juris).

(bb) Der Kläger handelte als Angriffsopfer zudem typischerweise auch nicht völlig frei von Affekten. Gegen ein über das bloße Augenblicksversagen hinausgehendes Unrechts- oder Schuldmaß sprach dabei auch die auflagenfreie Einstellung des gegen den Kläger geführten Strafverfahrens gemäß § 153 Abs. 2, Abs. 1 StPO, für die – entgegen der Beklagtenansicht – auch der materiellrechtlich bedingte Gesichtspunkt sich wechselseitig „aufhebender“ Beleidigungen und leichter Körperverletzungen gemäß § 233 StGB a.F. beachtlich gewesen sein mochten (vgl. Schönke/ Schröder/ Stree StGB 26. Aufl. zu § 233).

(cc) Es fehlt weiter auch an jedem belastbaren Anhalt für eine besondere Gewaltbereitschaft oder Brutalitätsneigung des Klägers.

(dd) Dass der Kläger die schlussendlich im Strafverfahren ermittelten Verletzungsfolgen in Gestalt von Prellungen im Augen- und Stirnbereich bei offener Wundstelle zwischen Augenbraue und Haaransatz vollumfänglich verursacht haben sollte, hat die Beklagte weder substantiiert dargetan, noch auch nur indiziell ausreichend angedeutet. Aus der von ihr in Bezug genommenen vernehmungsweisen Einlassung von Herrn C. und Herrn H. ergibt sich lediglich, dass der Betroffene zu Boden gestoßen worden war, dort gegen seine Abwehr fixiert wurde und – dies zu Gunsten der Beklagten als wahr unterstellt – nach erfolgter Fixierung durch den Kläger mit weiteren Kopfstößen behandelt worden sein mochte. Zu einem konkreten Aufschlag des Kopfes auf den Boden und etwaigen Wundfolgen ließ sich aus der polizeilichen Vernehmung keines der beiden Zeugen etwas entnehmen (vgl. Anlage B 1 zur Berufungsschrift S. 2 f., Bl. 172 f. d.A. sowie Anlage B 2 zur Berufungsschrift S. 2 ff., Bl. 179 ff. d.A.). Nach Darstellung von Herrn C. war immerhin auch möglich, dass der Betroffene auf den Stoß von Herrn H. kopfüber nach vorne gestürzt war, was in Anbetracht dessen alkoholisierten Zustands möglicherweise schon ein unkontrolliertes Aufschlagen mit dem Kopf auf den Bodenpflaster ausgelöst haben konnte. Nach Darstellung von Herrn H. wippte der Mann, als er auf dem Bauch am Boden lag, immer noch eine längere Zeit mit dem Kopf auf und ab, was ebenfalls möglich erscheinen ließ, dass hieraus selbstschädigende Folgen hervorgingen. Hinzukommend meinten beide Zeugen in der polizeilichen Vernehmung weiter, dass die bei Wiederaufstellen des Geschädigten erkennbaren Verletzungen weniger schlimm ausgesehen hätten, als sie aus den vorgelegten Lichtbildern ersichtlich seien, was wiederum den Schluss als möglich erscheinen lässt, dass der Mann erst im Verlaufe des weiteren nächtlichen Geschehens aufgrund von Stürzen oder anderen Geschehnissen in zusätzlicher Weise beeinträchtigt worden war.

(ee) Schließlich war der von Herrn C. in der polizeilichen Vernehmung bildhafte geäußerte Eindruck, der Kläger habe den Kopf des Betroffenen wie einen Basketball auf den Boden geschlagen, schon aus sich heraus wenig ergiebig, um Rückschlüsse auf genaue Kraft- und Sinneshaltungen des Klägers zu gestatten. War der am Boden liegende bereits von drei Personen auf dem Rücken, an beiden Armen und am Kopf fixiert, blieb schon denkgesetzlich kaum Bodenabstand, zumindest jedenfalls keiner wie er beim Aufprall im Basketball vorkommt. Darüber hinaus legen die bloß äußerlichen Verletzungsfolgen – selbst wenn man sie vollständig den Kläger zuschreiben wollte – auch keine vergleichbare Druckintensität nah, wie sie in diesem körperintensiven Sport nötig ist.

(ff) Da der Kläger – unstreitig – weder Waffen einsetzte noch für den Einsatz irgendwie intensivierten unmittelbaren Zwang anordnete, sondern vielmehr veranlasste, dass der Betroffene ungefesselt und zwanglos den Ort des Geschehens wunschgemäß wieder verlassen konnte, führt der Beklagteneinwand, der Kläger sei immerhin Waffenträger, im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter.

(gg) Dem Kläger zugute zu halten war sodann maßgeblich seine erhebliche und unbeanstandete Dauer des zurückliegenden Arbeitsverhältnisses, das annähernd 30 Jahre gewährt hatte, ehe der in Rede stehende Vorfall geschah. Weiter stritt für ihn das unbestritten vorgebrachte besondere Vermittlungshindernis am Arbeitsmarkt aufgrund der während allein bei der Beklagten absolvierten Berufszeit im Polizeidienst, für die erkennbar nur ein eingeschränktes Marktsegment besteht. Weiter stritt für den Kläger dessen fortgeschrittenes Lebensalter mit annähernd 50 Jahren. Hinzu kam der Umstand familiärer Unterhaltspflichten, die im Hinblick auf den im Laufe des Familienlebens begründeten Haus- und Grundbesitz – der offensichtlich wesentlich aus den klägerischen Einkünften zu bestreiten war – zu erheblichen finanziellen Verpflichtungen geführt hatte. Der Kläger bezeichnete sich vor diesem Hintergrund – unwiderlegt – als in akuter Existenzgefahr; das konnte die Arbeitgeberseite nicht gänzlich außer Acht lassen.

(hh) Da die Beklagte den Kläger schlussendlich aufgrund dessen Aufgabenbereite lediglich mit 10 % im Streifendienst einzusetzen hatte, erschien es nicht gänzlich ausgeschlossen, das Arbeitsverhältnis zumindest bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist für diesen eher geringen Teilbereich der Beschäftigung im Wege einer Abmahnung zu handhaben und ggf. kritische Einsätze von vorne herein auszulassen, sowie den Kläger mit den verbleibenden 90 %-igen Tätigkeitsinhalten zu beschäftigen. Dass der Kläger sich insofern nicht zumindest zeitweilig unter Abmahnungsausspruch pflichtkonform verhalten haben würde, war schon nach der langjährig pflichtgetreuen Dienstzeit kaum anzunehmen. Es bestand mithin zumindest für den Zeitrahmen einer nachfolgenden Kündigungsfrist kein abschließender Anhalt für die von Beklagtenseite behauptete unwiederbringliche Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Redlichkeit des Klägers.

dd) Einer abweichende Würdigung des Geschehens ist auch unter Verdachtsgesichtspunkten nicht möglich, da das Beklagtenvorbringen auf keinen Verdacht stärkerer Pflichtverletzungen abstellt, als sie bereits in der behaupteten Tat selbst hervortreten.

e) Eine Prüfung der Kündigung unter dem Gesichtspunkt der ordentlichen (oder gegebenenfalls außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist) erübrigt sich, da die Personalvertretung bei den Stationierungsstreitkräften hierzu weder im Sinne von Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS i.V.m. § 79 Abs. 1 BPersVG um Mitwirkung ersucht worden war, noch ihr vorsorgliches Einverständnis mit einer etwaigen ordentlichen Kündigung (oder außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist) erteilt hatte (vgl. BAG 23.10.2008 – 2 AZR 388/07 – Rn. 38 ff., AP BGB § 626 Nr. 217; 16.10.2000 – 2 AZR 627/99 – zu III der Gründe, NZA 2001, 219), worauf der Kläger mit Rüge der Anhörung auch in ausreichender Weise abgestellt hatte.

B.

Die Beklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Gründe die eine Zulassung der Revision gerechtfertigt hätten, lagen nicht vor (vgl. § 72 Abs. 2 ArbGG).

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